Urteil des OLG Celle vom 05.03.2003

OLG Celle: fristlose kündigung, treu und glauben, geschäftsführer, gesellschafter, verdachtskündigung, beglaubigung, anhörung, widerruf, auskunft, muttergesellschaft

Gericht:
OLG Celle, 09. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 9 U 111/02
Datum:
05.03.2003
Sachgebiet:
Normen:
BGB § 626 Abs 2
Leitsatz:
1. Werden die Ermittlungen zur Aufklärung des Sachverhalts, die eine umfassende und zuverlässige
Kenntnis des Kündigungssachverhalts für den GmbHGeschäftsführer ermöglichen sollen, ohne
Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden betrieben, hat dies ohne schuldhafte Verzögerung zu
geschehen, wenn die Kündigungsfrist. des § 626 Abs. 2 BGB trotz der Dauer der Ermittlungen
gewahrt bleiben soll.
2. Die Hemmung der Frist hält nur so lange an, wie der Kündigungsberechtigte die Ermittlungen, die
eine Gesamtwürdigung unter Einbeziehung von Gegengesichtspunkten gewährleisten sollen, „mit, der
gebotenen Eile“ anstellt.
3. Zur Kündigung eines GmbHGeschäftsführervertrages im Zuge ungarischer kriminalpolizeilicher
Ermittlungen.
Volltext:
Oberlandesgericht Celle
Im Namen des Volkes
Urteil
9 U 111/02
3 O 318/01 LG L
Verkündet am
5. März 2003
Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
pp.
XXXXXXX
XXXXXX
gegen
XXXXX
XXXXX
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ##### und
die Richter am Oberlandesgericht ##### und ##### aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. Januar 2003 für
Recht erkannt:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts L vom 26. April 2002 wird. zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsrechtszuges hinsichtlich ihrer eigenen Berufung und hinsichtlich der
Berufung des Klägers. Die erstinstanzliche Kostenentscheidung bleibt auch hinsichtlich des von den beiderseitigen
Erledigungserklärungen betroffenen Streitgegenstandes unberührt.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
115 1% des v o l l s t r e c k b a r e n Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 115
% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Beschwer: über 20.000 Euro.
Gründe
I.
Die Parteien streiten nur noch über die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung des
Geschäftsführeranstellungsvertrages, den der Kläger mit der beklagten GmbH abgeschlossen hatte, und über die
Wirksamkeit einer mit der Anstellung verbundenen Altersversorgungszusage. Den aufgrund der Berufung des
Klägers zunächst noch anhängigen Streit über die Pflicht zur Auskunft über die Identität von Informanten, deren
Informationen Grundlage der Kündigungserklärung der Beklagten gewesen sind und über einen etwaigen Widerruf
haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend für erledigt erklärt.
Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug
genommen. Die Beklagte trägt in zweiter Instanz ergänzend und vertiefend vor, das Landgericht habe § 626 Abs. 2
BGB unrichtig angewandt, weil es den Kenntnisstand der. Beklagten von Anfang Mai 2001 mit demjenigen im
August 2000 verwechselt habe. In erster Instanz sei nicht unstreitig gewesen, dass die Beklagte die nach dem
30.04.2001 erstmals erworbenen Kenntnisse bereits im August 2000 gehabt oder jedenfalls einen schwer wiegenden
Verdacht gehabt habe. Übereinstimmend hätten beide Parteien vorgetragen, der Kenntnisstand der Beklagten sei
anlässlich der Anhörung des Klägers vom 12.07.2000 noch unspezifisch gewesen. Die gegenteilige Feststellung des
Landgerichts beruhe auf einem Verfahrensmangel. Der Beratungsanwalt der Beklagten habe im August 2000 wegen
des damaligen Informationsstandes keinen Grund für eine fristlose Kündigung gesehen - auch wenn man den Kläger
schon damals ohne Rücksicht - auf einen Verdacht habe „loswerden“ wollen. Die Beklagte habe bis zum 30. April
2001 nur über Informationen verfügt, die sich aus einer Aktennotiz des Zeugen R#### vom 25. Mai 2000 ergeben. Im
August 2000 habe die Beklagte keine Kenntnis der Zeugen B####, S#### und S#### gehabt, und auch keinen
Kontakt zu diesen Personen gehabt. Dem Zeugen R####, einem Vetter des Klägers seien die Informationen, die in
der Notiz vom 25. Mai 2000:niedergelegt seien, zugetragen worden. Er habe sie der Beklagten übermittelt, so dass
diese Anlass, gehabt habe, den Kläger damit zu konfrontieren. Der Kläger habe selbst zugestanden, dass die
Vorwürfe bei seiner Anhörung vom 11. Juli 2000 unspezifisch gewesen seien. Erstmals hätten konkrete
Informationen am 2. Mai 2001 vorgelegen, nachdem der Beratungsanwalt der Beklagten aus Wien mit
eidesstattlichen Versicherungen zurückgekommen sei. Die Beklagte sei nach Bekanntwerden der Aktennotiz des
Zeugen R#### nicht neun Monate untätig gewesen. Sie habe vielmehr ununterbrochen recherchiert.
Der Zeuge R#### habe den Zeugen S#### gekannt, der offenbar seinerseits Kontakte zu dem Zeugen S#### gehabt
habe, dessen Name der Kläger am 12. Juli 2000 offenbart habe. So sei die Beklagte mittelbar an die Informanten
S#### und B#### herangekommen. Die Informationen hätten sich erst im Frühjahr 2001 so weit verdichtet, dass die
Beklagte und ihr Rechtsberater zu der Auffassung gelangt seien, die Gerüchte müssten verifiziert werden.. Daher
hätten sie den Zeugen R#### gebeten, die weiteren Zeugen zu veranlassen, ihre Wahrnehmungen über fehlerhafte
Verhaltensweisen vor einem Notar in Form einer eidesstattlichen Versicherung zu Protokoll zu geben. So sei es zu
den eidesstattlichen Versicherungen vom 25.04.2001 gekommen. Aufgrund der Aktennotiz vom 25. Mai 2000 habe
die Beklagte wegen des Alters der Informationen keine Verdachtskündigung aussprechen können; sie habe die Notiz
nach gewissenhafter Überprüfung ihres Beratungsanwalts nicht für ausreichend gehalten. Herr B#### habe in einem
Gespräch mit dem Zeugen R#### am 20.Juni 2000 eine Unterstützung der Beklagten verweigert. Die Beklagte sei
mit Recherchen erst weitergekommen, als der Kläger selbst den Namen S#### offenbart habe.
Auch ohne Klärung der Vorwürfe durch Beweisaufnahme sei die fristlose Kündigung als Verdachtskündigung
gerechtfertigt. Der Verlust des Vertrauens in den Kläger wegen Verdachts einer Käuflichkeit zu Lasten der Beklagten
ergebe sich u. a. daraus, dass der Kläger die Vorwürfe nicht auszuräumen vermocht habe.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen;
hilfsweise, das angefochtene Urteil und das Verfahren aufzuheben und die Sache zwecks anderweitiger Verhandlung
an das Landgericht zurückzuverweisen (§ 539 ZPO),
weiter hilfsweise, die Revision zuzulassen;
weiter hilfsweise, als Sicherheit im Rahmen des § 711 ZPO die unwiderrufliche, unbefristete, selbstschuldnerische
und schriftliche Bürgschaft einer Bank, die einem anerkannten Einlagensicherungsfonds angehört, oder einer
öffentlichen Sparkasse zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt, die Ausurteilung der Feststellungsanträge. Die fristlose Kündigung sei unbegründet erfolgt und
habe nur dem Zweck gedient, den Kläger „Ioszuwerden“. Selbst eine Verdachtskündigung sei auf der Grundlage der
von C### R### beschafften „Dokumente“ nicht begründet gewesen. Der Informant R### habe einen persönlichen
Hintergrund, der Zweifel an der Substanz der Vorwürfe begründe und d er ein ernsthaftes Aufklärungsbemühen
notwendig gemacht habe. Der Kläger sei aufgrund der unspezifischen Vorwürfe am 12.01.2000 gefragt worden, ob er
sich von einem Lieferanten der Muttergesellschaft habe bestechen lassen, ob er auf Kosten des Lieferanten
Prostituierte in Anspruch genommen sowie Jagdeinladungen angenommen habe und ob er im Gegenzug
mangelhafte oder minderwertige Rohware akzeptiert habe. Nachdem die Muttergesellschaft erstmals mit Schreiben
vom 7. Mai 2001 Namen ungarischer „Mittäter'“ genannt habe, sei er selbst den Vorwürfen nachgegangen. Bestätigt
durch die ungarische Polizei habe er belegen können, dass die Vorwurfe auf eidesstattliche Versicherungen
zurückzuführen seien, die unter Vorlage gefälschter Personalpapiere errichtet worden seien. Falsch sei die
Behauptung der Beklagten, sie sei erst aufgrund der Äußerung des Klägers vom 12. Juli 2000 an die Informanten
S### und R### „herangekommen“. Der Name B#### habe sich dezidiert: aus der Aktennotiz: vom 25. Mai 2000
ergeben. Die Herren S#### und L#### hätten sich am 14. Juli 2000 nach Ungarn begeben, um dort Erkundigungen
bei dem Zeugen O#### über die Richtigkeit der Vorwürfe in der Aktennotiz vom 24. Mai 2000 einzuholen. Dieser
Zeuge habe beiden Herren mitgeteilt, dass er die Vorwürfe für völlig unberechtigt halte. Aufgrund des Gesprächs
vom 14. Juli 2000 hätten sich die Herren S#### und L#### veranlasst gesehen, den Zeugen R#### zur
Untermauerung der in der Aktennotiz enthaltenen Vorwürfe aufzufordern. R#### habe die Informationen überhaupt
nicht von B#### erhalten, so dass dieser ebenso wie S#### nicht als Zeuge zur Verfügung gestanden habe.
Stattdessen habe sich der Zeuge R#### des Zeugen S#### bedient, um inhaltlich falsche, unter Vorlage gefälschter
PersonaIpapiere errichtete eidesstattliche Versicherungen zu beschaffen. Bei Existenz unmittelbarer Informationen
des Zeugen B#### und/oder des Zeugen S#### hätte es nicht eines Zeitraums von einem dreiviertel Jahr bedurft,
um entsprechende Urkunden zu beschaffen. Dieser lange Zeitraum sei nur deshalb erforderlich gewesen, weil es
krimineller Vorbereitungen bedurft habe, um die Vorwürfe in der Aktennotiz zu untermauern. Die Beklagte äußere
sich bewusst nicht zu den Kanälen, auf denen sich angeblich Informationen im Frühjahr 2001 verdichtet hätten.
Schon der Inhalt der Aktennotiz vom 24. Mai 2000 habe in Verbindung mit dem bisherigen Lebenslauf des Zeugen
R#### und dessen verwandtschaftlicher Beziehung zu den Gesellschaftern der Beklagten Anlass gegeben, diesem
Zeugen massive Vorhaltungen zu machen. Er habe nach unternehmerischen Misserfolgen im Ausland wieder
Kontakt zu dem Unternehmen der Beklagten gesucht und als Einstand angebliche Dossiers über den Kläger
angeboten, von dem er gewusst habe, dass die Beklagte ihn habe „loswerden“ wollen. Geschäftsführer,
Gesellschafter und Beiratsmitglieder der Beklagten hätten: offensichtlich bewusst davon abgesehen, weitere
Aufklärung zu suchen, um nicht Argumente zu verlieren, mit deren Hilfe der Kläger gekündigt werden konnte. Der
Informant sei für seine Mühen mit einer Wiedereinstellung belohnt worden.
Im Zuge der ungarischen kriminalpolizeilichen Ermittlungen wegen des Verdachts der Urkundenfälschung sei
festgestellt worden, dass eine unbekannt gebliebene Person am 25.04.2001 und 17.08.2001 vor der Notarin auf
internen Aufzeichnungen die Beglaubigung ihrer Unterschriften beantragt habe und sich dabei mit einem gefälschten
Personalausweis auf den Namen S#### ausgewiesen habe. Der vorgelegte Personalausweis sei in Wirklichkeit auf
den Namen einer anderen Person ausgestellt gewesen und dieser von unbekannten Tätern im März 2001 entwendet
worden.
Wegen des weiter gehenden Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug
genommen.
II.
1. Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet, weil die außerordentliche Kündigung unter Verletzung
der Frist des § 626 Abs. 2 BGB verspätet ausgesprochen worden ist. Die Gesellschafter der Beklagten hatten,
nachdem sie den Anfangsverdacht geschöpft hatten, die Pflicht, die Aufklärung des Sachverhalts zügig und ohne
Unterbrechungen voranzutreiben. Der Senat hat davon auszugehen, dass diese Pflicht verletzt wurde, weil die
Beklagte trotz entsprechender dringlicher Aufforderung durch den Kläger nichts Konkretes dazu vorgetragen hat, mit
welcher Qualität und in welcher zeitlichen Abfolge sie Aufklärungsbemühungen unternommen hat. Darauf hat bereits
das Landgericht sein Urteil gestützt, ohne. dass es den Kenntnisstand der Beklagten vom Mai 2001 mit dem
Kenntnisstand vom August 2000 verwechselt hat. Auch die eingehende Erörterung dieses Punktes in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat zu keinen weiteren Erkenntnissen geführt.
Die Beklagte hat die außerordentliche Kündigung der Qualität nach auf dieselben Gründe gestützt die dem Kläger
bereits im August 2000 als Verdacht vorgehalten worden waren. Der Vorhalt ist von den Geschäftsführern der
persönlich haftenden Gesellschafterin der KG gemacht worden, die die Gesellschafterrechte in der Beklagten
wahrgenommen haben. Dass der Verdacht schon zu diesem Zeitpunkt bestand, hat die Beklagte GA II 160/161
explizit vorgetragen, sodass es auf die Erwägungen der Beklagten zu einer verfahrensfehlerhaften Feststellung des
vom Landgericht beurkundeten Tatbestandes und der Überwindung dieser Beurkundung trotz fehlenden rechtzeitigen
Tatbestandsberichtigungsantrages nicht ankommt. Der Wissensstand und die Beweislage Beklagten hat sich bis
zum Mai 2001 nicht einmal wesentlich erweitert.
Erlangen die Gesellschafter einer GmbH Informationen, die den Verdacht auslösen, dass ihr Geschäftsführer
schwere Pflichtverletzungen zum Nachteil der Gesellschaft begangen hat, die eine außerordentliche Kündigung des
Anstellungsvertrages rechtfertigen könnten, haben sie unverzüglich für eine Aufklärung der Verdachtsmomente zu
sorgen. Sie können dafür bei strafbaren Vorwürfen Strafanzeige erstatten und das Ergebnis der strafrechtlichen
Ermittlungen abwarten. Werden die Ermittlungen zur Aufklärung des Sachverhalts, die eine umfassende und
zuverlässige Kenntnis des Kündigungssachverhalts ermöglichen sollen, statt dessen ohne Einschaltung der
Strafverfolgungsbehörden betrieben, hat dies ohne schuldhafte Verzögerung zu geschehen, wenn die
Kündigungsfrist. des § 626 Abs. 2 BGB trotz der Dauer der Ermittlungen gewahrt bleiben soll (vgl. – beiläufig BGH -
NJW 1996, 1403, 1404; BAG NJW 1994, 3117, 3118 zur Hemmung des Fristenlaufs bei vorheriger Anhörung des
Geschäftsführers; grundlegend BAG NJW 1994, 1675, 1676 f.; s. ferner Goette DStR 1998,1137, 1142). Die
Hemmung der Frist hält also nur so lange an, wie der Kündigungsberechtigte die Ermittlungen, die eine
Gesamtwürdigung unter Einbeziehung von Gegengesichtspunkten gewährleisten sollen, „mit, der gebotenen Eile“
anstellt (BAG NJW 1994, 676; s. ferner BAG NJW 1994, 3117, 3118; NJW 1989, 733, 734; NJW 1973, 214; NJW
1972, 1486, 1487). Der Senat hat dabei berücksichtigt, dass die Anforderungen an die Wahrung des
Fristerfordernisses aus § 626 Abs. 2 BGB auf gesellschaftsrechtliche Besonderheiten Rücksicht zu nehmen hat,
sich also arbeitsrechtliche Bedürfnisse der Wahrung des Betriebsfriedens und der kurzfristigen Klärung der
Verhältnisse nicht uneingeschränkt übertragen lassen (vgl. Goette DStR 1998, 1137, 1141). Andererseits ist aber
auch im Gesellschaftsrecht zu beachten, dass § 626 Abs. 2 BGB eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und
Glauben ist. Die Darlegungslast für die Abfolge von Maßnahmen, aus denen sich ein zügiges Aufklärungsbemühen
ergibt, liegt bei der Gesellschaft. Ihr ist die Beklagte nicht nachgekommen.
Verzögerungen der Aufklärung sprechen im Übrigen dagegen, dass ein angegebener Kündigungsgrund für die
Gesellschaft hinreichendes Gewicht hat. Wenn die Zusammenarbeit mit dem Geschäftsführer unter
Berücksichtigung aller Umstände nicht mehr zumutbar sein soll, weil das Vertrauen in den Geschäftsführer entfallen
ist, setzt dies voraus, dass der Kündigungssachverhalt für eine redlich getroffene Entschließung aus der Sicht der
Gesellschafter wichtig und ursächlich war. Daran fehlt es, wenn die Gesellschafter sich selbst trotz
Anfangsverdachts nicht um eine zügige und geeignete Aufklärung bemühen.
Die Kündigung hätte sich im Übrigen, ohne dass es darauf hoch ankommt, nicht auf den Gesichtspunkt einer
Verdachtskündigung stützen lassen. Eine Kündigung darf auf den nicht sofort auszuräumenden Verdacht schwerer
Pflichtverletzungen, insbesondere den Verdacht strafbaren Verhaltens gestützt werden, wenn allein schon durch den
bloßen Verdacht das Vertrauensverhältnis zum Geschäftsführer nachhaltig erschüttert ist und deshalb eine
Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses nicht mehr zumutbar ist. Dafür müssen jedoch objektive Anhaltspunkte
vorhanden sein, die eine erhebliche Wahrscheinlichkeit begründen, damit der Geschäftsführer nicht haltlosen
Verdächtigungen mit der Folge willkürlicher Beendigung des Anstellungsverhältnisses ausgesetzt ist. Im Streitfall ist
ein als ausreichend zu qualifizierender Verdacht zu verneinen. Die eidesstattliche Versicherung und erst recht die
bloßen Schriftstücke mit ungarischer notarieller Beglaubigung begründeten keinen erkennbaren Strafbarkeitsdruck
auf den Aussteller dieser Schriftstücke, sodass schon deshalb Zweifel an der Richtigkeit der Aussagen verblieben.
Dubios war auch das Anlegen der Dossiers, die, nach ihrem Inhalt und der Zeitdifferenz zwischen Anfertigung und
notarieller Beglaubigung sowie der Freigabe für die Verwendung durch Dritte wie Erpressungsmaterial anmuten. Die
Beklagte trägt zu den Umständen der Erlangung des Materials trotz entsprechenden Drängens des Klägers nichts
vor, sodass eine Klärung der „Produktionsumstände“ nicht möglich ist. Gegen die Berechtigung des Verdachts
musste aus der Sicht der Gesellschaft auch sprechen, dass ihr eine positive Stellungnahme des Herrn G####
zugunsten des Klägers vorlag, und dass von Herrn B#### keine Erklärung zu bekommen war. Sollten, wie in der
mündlichen Verhandlung spekulativ erwogen wurde, ungarische Zeugen nur gegen Zahlung hoher Vergütungen zur
Aussage bereit gewesen sein, war die Glaubhaftigkeit ihrer potentiellen Aussagen und damit gegebenenfalls auch
des Inhalts der Aktennotiz von vornherein stärk eingeschränkt. Die Beklagte war im Übrigen um eine Abwägung aller
Gesamtumstände von vornherein nicht bemüht, weil sie nach ihrem eigenen Vortrag den Kläger überhaupt ohne
Verdacht loswerden wollte (GA II 335) und nach späterem ergänzenden Vortrag schon aufgrund der Aktennotiz am
12. Juli 2000 hat kündigen wollen (GA II 395).
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsrechtszuges nach §§ 97, 91 a, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
a) Hinsichtlich ihrer eigenen Berufung ergibt sich dies aus ihrem Unterliegen.
b) Hinsichtlich der Berufung des Klägers hätte die Beklagte nach dem Sach und Streitstand im Zeitpunkt der Abgabe
der beiderseitigen Erledigungserklärungen teilweise aus Rechtsgründen obsiegt; teilweise waren die vom Kläger
erhobenen Ansprüche mit tatsächlichen und rechtlichen Unsicherheiten belastet, die nach Abgabe der
Erledigungserklärungen im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen waren. Der von
dem möglichen Unterliegen des Klägers betroffene Teil des Gesamtstreitwertes hat keine Mehrkosten ausgelöst.
aa) Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Auskunft über die Informanten der Verdachtsgrundlagen der
außerordentlichen Kündigung ist von Beginn des Verfahrens an nicht als akzessorischer Anspruch erhoben worden;
das Widerrufsbegehren war mit dem Auskunftsbeigehren nicht im Wege einer Stufenklage verknüpft. Ein
akzessorischer Auskunftsanspruch wird im Übrigen durch den Gesichtspunkt der Erforderlichkeit zur Vorbereitung
des Hauptanspruchs begrenzt. Informationen über etwaige Drittverletzer, an denen der Kläger interessiert ist, können
damit nicht verlangt werden. In Betracht gekommen wäre nur ein selbständiger Informationsanspruch. Losgelöst von
sondergesetzlich mit dem Produktpirateriegesetz geschaffenen deliktsrechtlichen Anspruchgrundlagen zur
Erforschung von Drittbeziehungen zu weiteren Verletzern hat der l. Zivilsenat des BGH auf der Grundlage des § 242
BGB in Kombination mit einem Beseitigungsanspruch einen Informationsanspruch anerkannt, der die Ermittlung von
dritten Verletzern ermöglichen soll (BGH GRUR 2001, 841, 843.f. - Entfernung der Herstellungsnummer ll; dazu
Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl. 2002, Kap. 38 Rdnr. 35). Demgegenüber wird im
Recht des Persönlichkeitsschutzes pauschal angenommen, gegen den Persönlichkeitsrechtsverletzer bestehe kein
Anspruch auf Auskunft über den Informanten (MünchKommBGB/Rixecker, Band. 1, 4. Aufl., § 12 Anh. Rdnr. 229).
Dies trifft möglicherweise nur zu, soweit Presseunternehmen gem. Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG der Schutz der
Vertraulichkeit ihrer Informanten garantiert ist, der für ungehinderten Informationsfluss als Grundlage der
Pressearbeit sorgen soll (BVerfG NAW 1999, 2880 Fall Holst), nicht aber soweit es um sonstige Verletzungen des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des geschäftlichen Rufes (§ 824 BGB) geht. Unabhängig von deliktischen
Anspruchsgrundlagen und von einer etwaigen Neubestimmung des Auskunftsanspruchs im Recht der
Persönlichkeits und Geschäftsrufverletzung wäre im Streitfall möglicherweise aufgrund nachwirkender
dienstvertraglicher Fürsorgepflicht ein Anspruch in Betracht gekommen. Unentschieden bleiben kann, ob der
Beklagte nicht bereits alte Informationen erteilt bekommen hat und ob Rechte des Klägers durch eine unrichtige
Tatsachenbehauptung beeinträchtigt worden sind, wozu es der Beweisaufnahme zur Klärung des Vorwurfs der
Bestechlichkeit bedurft hätte.
bb) Der Kläger hatte gegen die Beklagte keinen Anspruch auf uneingeschränkten Widerruf, weil die Beklagte den
Vorwurf zunächst in Wahrnehmung berechtigter Interessen erhoben hat. In Betracht kam nur eine Berichtigung nach
Feststellung der Unrichtigkeit der Tatsachenbehauptung und auch insoweit nur gegenüber Drittempfängern der
Äußerung außerhalb des Rechtsstreits, weil die Äußerungen im Rahmen der Rechtsverfolgung privilegiert waren (vgl.
nur BGH NJW 1986, 2502, 2503). Die etwaige Unrichtigkeit hätte sich nur nach einer Beweiserhebung über die den
Kündigungsgrund bildenden Tatsachen, gegebenenfalls im Wege einer Rechtshilfevernehmung in Ungarn, feststellen
lassen. Soweit die Berichtigung auch gegenüber „Dritten“ verlangt worden ist, war der Antrag prozessual zu
unbestimmt und daher unzulässig. Der Kläger hätte erstinstanzlich die Möglichkeit gehabt, sein Auskunftsbegehren
mit dem Berichtigungsverlangen prozessual im Wege einer Stufenklage zu verbinden. Soweit der Kläger einen
Unterlassungsanspruch als Minus zum Widerrufsanspruch ansieht, ist diese Deutung unzutreffend. Es handelt sich
um einen anderen Streitgegenstand; Unterlassung ist ein aliud zum Widerruf (vgl. nur BGH NJWRR 1994, 1404).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 S. 2 ZPO.
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