Urteil des OLG Celle vom 17.12.2010

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Gericht:
OLG Celle, 14. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 14 W 36/10
Datum:
17.12.2010
Sachgebiet:
Normen:
GKG § 45
Leitsatz:
Auch wenn ein Rechtsstreit insgesamt nicht streitig durch Urteil, sondern einvernehmlich durch
Vergleich beendet wird, erhöhen (mitverglichene) hilfsweise zur Aufrechung gestellte bestrittene
Gegenforderungen den Streitwert für das Verfahren (jeweils) bis zur Höhe des Klagebetrags. Denn
sämtliche Gegenforderungen sind endgültig und mit ebensolchen Wirkungen wie bei einer
Verfahrensbeendigung durch Urteil in diesem Prozess erledigt worden.
Volltext:
14 W 36/10
24 O 21/10 Landgericht Hannover
B e s c h l u s s
In der Beschwerdesache
A. E. GmbH & Co. KG, vertreten durch die persönlich haftende Gesellschafterin ...,
Beklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro …,
Beschwerdeführer,
gegen
K. Dachdecker GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer …,
Klägerin und Beschwerdegegnerin,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte …,
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Richter am Oberlandesgericht … als Einzelrichter am
17. Dezember 2010 beschlossen:
Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 28. September 2010 wird der
Streitwertbeschluss der Einzelrichterin der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover vom 21.
September 2010 abgeändert:
Der Streitwert des Verfahrens beträgt 20.959,33 €.
Der Gegenstandswert des Vergleichs beträgt 25.785,67 €.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
G r ü n d e :
Die Beschwerde hat Erfolg.
1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht gemäß §§ 68 Abs. 1 Satz 3, 63 Abs. 3 Satz 2 GKG,
eingelegt worden.
2. Streitwert des Verfahrens:
Zunächst war hier der Wert der Klageforderung von 8.291,12 € zu berücksichtigen (vgl. Bl. 2 d. A.). Darüber hinaus
waren in die Berechung - allerdings nicht gemäß den zunächst wiedergegebenen ungeminderten Beträgen - diese
Gegenforderungen in der von der Beklagten angegebenen Reihenfolge (Bl. 124 d. A.) einzustellen:
4.149,26 € (vgl. S. 24 des Schriftsatzes vom 9. Februar 2010, Bl. 45 d. A.),
502,52 € (vgl. S. 26 des genannten Schriftsatzes, Bl. 47 d. A.),
8.086,18 € (vgl. S. 26 des Schriftsatzes vom 12. August 2010, Bl. 117 d. A.),
833,49 € (vgl. S. 29 des genannten Schriftsatzes, Bl. 50 d. A.) und
2.137,90 € (vgl. S. 29 des zuvor genannten Schriftsatzes, Bl. 120 d. A.).
Die Gegenforderungen summieren sich auf 15.709,35 €. Sie waren jedoch nicht alle in voller Höhe bei der
Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen. Denn die Beklagte hat 1.623,04 € der Klageforderung für berechtigt
erachtet (S. 33 des Schriftsatz vom 12. August 2010, Bl. 124 d. A.). Gegenüber dieser Restforderung von 1.623,04 €
hat die Beklagte nicht hilfsweise, sondern unbedingt aufgerechnet („Primäraufrechnung“). Eine derartige Aufrechnung
erhöht nicht den Gebührenstreitwert (vgl. § 45 Abs. 3 GKG). Die Primäraufrechnung vermindert allerdings die
Summe der Gegenforderungen um 1.623,04 € auf 14.086,31 €.
Mit den verbliebenen Gegenforderungen hat die Beklagte überdies hilfsweise die Aufrechnung erklärt gegenüber der
noch streitigen Klageforderung von 6.668,08 € (8.291,12 € abzüglich 1.623,04 €). Bei der Wertberechnung waren nun
- insoweit entgegen der Ansicht des Landgerichts - nicht der Gesamtbetrag der Gegenforderungen bis zur Höhe der
Klageforderung, soweit sie noch streitig ist, werterhöhend zu berücksichtigen, sondern jede einzelne Gegenforderung
bis zur Höhe der verbliebenen streitigen Klageforderung von 6.668,08 €. Auch wenn der Rechtsstreit insgesamt nicht
streitig durch Urteil, sondern einvernehmlich durch Vergleich beendet wird, erhöhen hilfsweise zur Aufrechung
gestellte bestrittene Gegenforderungen den Streitwert für das Verfahren (jeweils) bis zur Höhe des Klagebetrags.
Denn sämtliche Gegenforderungen sind endgültig und mit ebensolchen Wirkungen wie bei einer
Verfahrensbeendigung durch Urteil in diesem Prozess erledigt worden (vgl. OLG München, MDR 1998, 680. OLG
Köln, MDR 1979, 412. LG Köln, Beschl. v. 2. April 2004 - 10 T 42/04, juris. Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 3 Rdnr.
16 ´Aufrechnung/Prozessvergleich´).
Damit ist von der bei der Primäraufrechnung an erste Stelle gesetzten Gegenforderung über 4.149,26 € (Bl. 124 d.
A.) zunächst der durch die Primäraufrechnung „verbrauchte“ Betrag von 1.623,04 € abzuziehen. Es verblieben hier
somit 2.526,22 €. Die weiteren Gegenforderungen über 505,52 €, 833,49 € und 2.137,90 € waren unvermindert
hinzuzurechnen, weil sie keine Minderung über die Primäraufrechnung erfuhren und nicht den Wert der verbliebenen
Klageforderung von 6.668,08 € überschritten.
Hingegen war die hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung über 8.086,18 € (vgl. auch Bl. 124 d. A. und
Anlage B 31) nur in Höhe von 6.668,08 € in die Wertberechnung einzustellen, weil sie nur insoweit einer
rechtskraftfähigen Entscheidung hätte zugänglich sein können. Denn nur dieser Betrag blieb nach der
Primäraufrechnung noch übrig und konnte Gegenstand der Hilfsaufrechnung sein.
Der Wert des Verfahrens setzt sich damit wie folgt zusammen:
8.291,12 € aus der Klage und
2.526,22 € gemäß Rechnung Anlage B 15 über 4.149,26 € abzüglich 1.623,04 € für die Primäraufrechnung und
502,52 € gemäß Rechnung Anlage B 17, weiter
6.668,08 € gemäß Rechnung Anlage B 31, soweit sie die Klageforderung noch
zum Erlöschen hätte bringen können, außerdem
833,49 € gemäß Anlage B 20 sowie
2.137,90 € gemäß Rechnung Anlagen B 33 bis B 36 (s. je auch Bl. 124 d. A.).
Die Beträge summieren sich auf den Verfahrensstreitwert von 20.959,33 €.
Der Senat war nicht an die Streitwertfestsetzung der Kammer gebunden und hat von Amts wegen auch über den
begehrten Verfahrenswert hinaus den Streitwert festsetzen können (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl., § 68
GKG, Rdnr. 16 a. E.. s. zur Wertberechnung in diesen Fällen auch BGH, Urt. v. 30. Januar 1979 VI ZR 154/78, NJW
1979, 927, jurisRdnr. 4. Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 3 Rdnr. 16 „Aufrechnung/Primäraufrechnung/mehrere
Gegenforderungen“. Prütting/Gehrlein/Gehle, ZPO, § 5 Rdnr. 11 - je m. w. N.).
3. Gegenstandswert des Vergleichs:
Mit dem im Verhandlungstermin vom 7. September 2010 zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich (Protokoll
Bl. 128 d. A.) haben die Parteien zusätzlich auch nicht rechtshängige Sicherheitseinbehalte von insgesamt 3.408,24
€ erledigt (wie im angefochtenen Beschluss erwähnt, Bl. 138 d. A.). Diese mit dem Vergleich erledigten nicht
rechtshängigen Sicherheitseinbehalte waren dem Wert des Verfahrens von 20.959,33 € hinzuzurechnen, sodass sich
der Gegenstandswert des Vergleichs demgegenüber um 3.408,24 € erhöhte. Darüber hinaus war hier nicht die
Grenze des § 45 Abs. 3 GKG zu berücksichtigen, so dass die Gegenforderung von 8.086,18 € nun ungemindert
angesetzt werden konnte (und nicht lediglich in Höhe von 6.668,08 €). Damit erhöhte sich der Vergleichswert um
weitere 1.418,10 € auf insgesamt 25.785,67 €.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.