Urteil des OLG Celle vom 22.12.2011

OLG Celle: bestrafung, besitz, vollzug, angeklagter, strafrecht, datum

Gericht:
OLG Celle, 02. Strafsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 32 Ss 116/11
Datum:
22.12.2011
Sachgebiet:
Normen:
StPO § 321 Abs 1, STPO § 358 ABS 2, MRK Art 6 Abs 1 MRK
Leitsatz:
Das in §§ 358 Abs. 2 Satz 1, 321 Abs. 1 StPO kodifizierte Verbot der Schlechterstellung gilt auch für
einen im angefochtenen Urteil enthaltenen Kompensationsausspruch wegen rechtsstaatswidriger
Verfahrensverzögerung.
Volltext:
Oberlandesgericht Celle
32 Ss 116/11
112 Js 12420/07 StA Verden
B e s c h l u s s
In der Strafsache
gegen I. O.,
geboren am xxxxxxxx 1973 in V.,
wohnhaft M., V.,
zur Zeit in anderer Sache in der JVA V. Teilanstalt V.,
S.straße, V.,
Verteidiger: Rechtsanwalt T., V.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft durch den
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxxxxxxxx, den Richter am Oberlandesgericht xxxxxxxxx und den
Richter am Amtsgericht xxxxxx am 22. Dezember 2011 einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 12. kleinen Strafkammer des Landgerichts Verden vom 11. Mai
2011 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworden (§ 349 Abs. 2 StPO), dass sich der Angeklagte wegen
unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen strafbar gemacht hat.
Der Angeklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Der Erörterung bedarf im Hinblick auf die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft vom 23. November 2011
lediglich noch das Folgende:
1. Der im Urteil enthaltene Kompensationsausspruch, wonach 8 Monate der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von
zwei Jahren wegen rechtswidriger Verfahrensverzögerung als verbüßt gelten, darf wegen des Verbots der
Schlechterstellung in einem nur vom Angeklagten betriebenen Rechtsmittelverfahren nicht aufgehoben werden.
Das in §§ 358 Abs. 2 Satz 1, 321 Abs. 1 StPO kodifizierte Verbot der Schlechterstellung trägt dem Grundsatz
Rechnung, dass ein Angeklagter bei seiner Entscheidung über die Einlegung eines Rechtsmittels nicht durch die
Besorgnis beeinträchtigt werden soll, es könne ihm dadurch ein Nachteil entstehen (BGHSt 7, 86. BGHSt 25, 38.
vgl. auch Meyer Goßner, StPO, 54. Aufl., § 331 Rdnr. 1). Dem Angeklagten sollen die durch das angefochtene Urteil
erlangten Vorteile belassen werden, und dies selbst dann, wenn sie gegen das sachliche Recht verstoßen (Meyer
Goßner a. a. O.).
Um einen solchen Vorteil handelt es sich auch bei der Kompensation von Verfahrensverzögerungen im
Strafausspruch, denn auch der nachträgliche Wegfall einer durch das Tatgericht angeordneten Kompensation würde
durch den längeren Vollzug im Ergebnis eine härtere Bestrafung für den Angeklagten bedeuten. Die zu verbüßende
Strafe kann deshalb im Rechtsmittelverfahren nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden (vgl. auch BGH,
NStZ RR 2008, 168 und StV 2008, 400).
Deshalb kann auch dahinstehen, ob auf die vom Landgericht erkannte Kompensation - wie die
Generalstaatsanwaltschaft meint - nicht oder nicht in diesem Ausmaß hätte erkannt werden dürfen.
2. Der Schuldspruch war gemäß § 354 Abs. 1 StPO wie erkannt zu berichtigen. Das Landgericht hat keine
Feststellungen zum Handeltreiben mit den erworbenen Betäubungsmitteln getroffen, während der Besitz
rechtsfehlerfrei festgestellt ist.
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