Urteil des OLG Braunschweig vom 24.11.2010

OLG Braunschweig: anzeige, eugh, negative feststellungsklage, einstweilige verfügung, gewerblicher rechtsschutz, option, kennzeichnungskraft, widerklage, befreiung, unternehmen

Gericht:
OLG Braunschweig, 02. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 2 U 113/08
Datum:
24.11.2010
Sachgebiet:
Normen:
VMarkenG § 14 II Nr 1 und 2, MarkenRL Art 5 Abs 1
Leitsatz:
Leitsätze:
1. Zur Umsetzung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Markenrechtsverletzungen
durch Adword-Anzeigen.
2. Wer Adword-Anzeigen unter Wahl der Option „weitgehend passende Keywords“ aufgibt, ist auch für
Markenrechtsverletzungen verantwortlich, die dadurch erfolgen, dass über diese Funktion von Google
ein eine fremde Marke enthaltendes Keyword zur Liste der Keywords hinzugefügt wird, bei dem die
Anzeige erscheint. Das gilt jedenfalls dann, wenn das hinzugefügte Keyword bei Buchung der Anzeige
auf der aufrufbaren Liste der hinzugefügten Keywords erscheint und abgewählt werden kann.
Volltext:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 27.8.2008 wird mit der Maßgabe
zurückgewiesen,
dass Ziffer 1 des angefochtenen Urteils wie folgt lautet:
Der Beklagten wird es untersagt, im geschäftlichen Verkehr Google AdwordsAnzeigen, die auf den unter der URL
„http://www.s….de´ in das Internet eingestellten Onlineshop verweisen, in der Art und Weise zu gestalten und/oder
zu verbreiten bzw. gestalten zu lassen und/oder verbreiten zu lassen, dass diese bei Google (www.google.de) nach
erfolgter gezielter Suche nach ´M… Pralinen´ in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zur
GoogleSuchergebnisliste erscheinen und auf den genannten OnlineShop verweisen, obgleich dieser keinerlei
Produkte der Marke ´M…´ anbietet und/oder vertreibt, wenn dies wie folgt geschieht:
(hier ist im Original der Screenshot der angegriffenen Werbung enthalten)
und dass Ziffer 3 des angefochtenen Urteils wie folgt lautet:
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 699,90 € durch
Zahlung an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin freizustellen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin wegen der Verurteilung zur
Unterlassung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5000 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Beklagte kann die Vollstreckung im Übrigen und wegen der Kosten durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht
die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e :
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte nach einem vorausgegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren (LG
Braunschweig 9 O 310/07) wegen Verletzung von Markenrechten an der für die Warenklasse 30 eingetragenen
deutschen Wort/ Bildmarke „M…“ durch eine AdwordAnzeige bei Google in Anspruch. Die Klägerin hat eine
ausschließliche Lizenz an der Streitmarke. Sie ist von der Markeninhaberin IP Ltd. ermächtigt worden,
Markenverletzungen zu verfolgen (Anlage K1). Sie betreibt unter der InternetDomain „www.m…shop.com“ einen „M…
Shop“, über den sie hochwertige Konfiserie und Schokoladenprodukte vertreibt.
Die Beklagte ist Betreiberin eines OnlineShops für Geschenke, Pralinen und Schokolade unter den Internetdomains
„www.s….de“ und „www.f….geschenke.de“. Die Beklagte schaltete im Januar 2007 bei der Suchmaschine Google
eine AdwordAnzeige für ihren InternetShop unter Eingabe der Suchworte gemäß Anlage B4, insbesondere auch des
Suchwortes „Pralinen“ mit der Option „weitgehend passende Keywords“. Bei Eingabe des Suchbegriffs „M…Pralinen“
(Eingabe mit Anführungszeichen) bei Google erschien am 19.1.2007 rechts neben den Suchergebnissen die Anzeige
der Beklagten:
„Pralinen
Weine, Pralinen, Feinkost, Präsente
Geniessen und schenken!
„www.f…geschenke.de“
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage K4 Bezug genommen. Über den in der Anzeige angegebenen Link
„www.f…geschenke.de“ gelangte der Suchmaschinennutzer auf die Homepage der Beklagten unter „www.s....de“. In
dem Onlineshop der Beklagten wurden keine Produkte mit dem Zeichen „M…“ vertrieben noch enthält der
Onlineshop der Beklagten Informationen zur Klägerin oder zu Produkten mit der Marke „M…“.
Anzeigen erscheinen bei Google auf Grund eines Auftrages im Rahmen der AdwordFunktion, bei dem der Kunde den
Anzeigentext und Suchworte eingibt, bei deren Aufruf durch den Suchmaschinennutzer die Anzeige erscheinen soll.
Zum Zeitpunkt der Aufgabe der Anzeige der Beklagten hatte der Anzeigenkunde mehrere Optionen für die Wahl der
sogenannten Keywords, bei deren Eingabe durch den Suchmaschinennutzer die Anzeige erschien. Der
Anzeigenkunde gab selbst Keywords ein und hatte dann die Möglichkeit, unter den Funktionen „weitgehend
passende Keywords“, „passende Wortgruppen“ oder „genau passende Keywords“ zu wählen.
Traf er keine ausdrückliche andere Wahl, erschien die Anzeige entsprechend der Funktion „weitgehend passende
Keywords“ bei den von dem Anzeigenkunden eingetragenen Suchworten sowie bei weiteren von Google ermittelten
Keywords. Welche Keywords das zum Zeitpunkt der Buchung waren, konnte sich der Anzeigenkunde anzeigen
lassen. Dabei bestand die Möglichkeit, das Erscheinen bei nicht gewünschten Keywords durch Anklicken in der
angezeigten Liste oder durch Eingabe des nicht gewünschten Keywords als „ausschließendes Keyword“
auszuschließen. Durch die Wahl einer anderen Option konnte das Erscheinen der Anzeige auf die von dem
Anzeigenkunden selbst gewählten Keywords beschränkt werden. Die Möglichkeiten wurden von Google erläutert
(vgl. Anlage K6). Dabei wurde auf die Verantwortlichkeit des Anzeigenkunden für die Auswahl der Keywords sowie
für etwaige Markenrechtsverletzungen durch Verwendung von Marken als Keywords hingewiesen (Anlage K9). Zum
Zeitpunkt der Buchung der Anzeige der Beklagten erschien bei Wahl des Keywords „Pralinen“ in der Liste der bei
Wahl der Funktion „weitgehend passende Keywords“ von Google für die Anzeigenplatzierung hinzugefügten und per
Klick abwählbaren Keywords das Keyword „m… pralinen“.
Die Klägerin mahnte die Beklagte durch Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 2.2.2007 (Anlage K 13) ab.
Auf Antrag vom 9.2.2007 erließ das Landgericht Braunschweig im Verfahren 9 O 310/07 am 12.2.2007 eine
einstweilige Verfügung, mit der der Beklagte die näher bezeichnete Adwordwerbung verboten wurde. Mit EMail vom
22.2.2007 teilte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten der Klägerin mit, dass die Beklagte an einer
grundsätzlichen Klärung interessiert sei und beabsichtige, eine negative Feststellungsklage zu erheben. Mit
Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 23.2.2007 (Anlage K15) forderte die Klägerin die Beklagte persönlich
zur Abgabe einer Abschlusserklärung auf. Daneben korrespondierten die Prozessbevollmächtigten.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass eine Markenrechtsverletzung vorliege, und hat mit der Klage einen
Unterlassungsanspruch sowie die Befreiung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung vom
2.2.2007 (Anlage K 13) und das Abschlussschreiben vom 23.2.2007 (Anlage K 15) geltend gemacht. Die Beklagte
nutze die Lotsenfunktion der bekannten Klagemarke, um auf ihre Produkte in der sehr stark genutzten
Suchmaschine Google aufmerksam zu machen. Trotz der Hinweise im GoogleAdwordsProgramm habe sie
Markenverletzungen nicht durch Wahl einer anderen Keywordoption vermieden. Die Kosten für die Rechtsverfolgung
könne sie als Schadensersatz bzw. nach den Grundsätzen über die Geschäftsführung ohne Auftrag beanspruchen.
Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung dieser Forderung wird auf den Schriftsatz vom 24.9.2007 (Bl. 51ff)
Bezug genommen.
Die Klägerin hat beantragt.
1. der Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr GoogleAdWordsAnzeigen, die auf den unter URL
„http://www.s....de“ in das Internet eingestellten Onlineshop verweisen, in der Art und Weise zu gestalten und/ oder
zu verbreiten bzw. gestalten zu lassen und/ oder verbreiten zu lassen, sodass diese bei Google („www.google.de“)
nach erfolgter gezielter Suche nach „M… Pralinen“ in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zur
Google.Suchergebnisliste erscheinen und auf den genannten Onlineshop verweisen, obgleich dieser keinerlei
Produkte der Marke „M…“ anbietet und/ oder vertreibt.
2. für jeden Fall der Zuwiderhandlung der Beklagten Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten oder ein Ordnungsgeld von
bis zu 250.000 € anzudrohen, wobei an die Stelle des Ordnungsgeldes bei Nichtbeitreibbarkeit Ordnungshaft trete.
3. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von den entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.399,80 €
nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit durch Zahlung an die
Prozessbevollmächtigten der Klägerin freizustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
1. die Klage abzuweisen.
2. im Wege der Widerklage die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 1.379,80 € zu zahlen und die Beklagte durch
Zahlung weiterer 1.379,80 € an die Rechtsanwälte ABC freizustellen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass keine Markenrechtsverletzung vorliege. Die Klagemarke sei nicht bekannt. Die
Beklagte habe bei der Buchung der AdwordAnzeige kein Keyword hinzugefügt, das einen Herstellernamen beinhalte,
insbesondere habe sie „M…“ nicht benutzt. Jedenfalls stelle die Verwendung einer fremden Marke bei der Buchung
einer AdwordAnzeige keine markenmäßige Benutzung dar. Adwords seien nicht wie Metatags zu behandeln. Es
bestehe auch keine Verwechslungsgefahr, denn die Anzeige erscheine außerhalb der Trefferliste in dem markierten
Bereich für Anzeigen.
Mit Urteil vom 27.8.2008 hat das Landgericht Braunschweig der Klage unter Abweisung des Zinsantrages bezüglich
der Rechtsanwaltskosten der Klägerin stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Hinsichtlich der weiteren
Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil und den Tatbestandsberichtigungsbeschluss vom 24.9.2008 Bezug
genommen. Gegen dieses Urteil richtet sich die form und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der
Beklagten.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Einwand, dass die Benutzung einer fremden Marke als
Keyword bei der Adwordwerbung keine markenmäßige Benutzung der fremden Marke darstelle, keine
Verwechslungsgefahr bestehe und die Rechtsprechung des BGH zu Metatags nicht auf Adwords übertragbar sei. Die
Klägerin nutze ihre Marken einschließlich der Klagemarke nur in dem „passiven“ Werbemedium Internet, so dass
eine rechtserhaltende Benutzung nicht erkennbar sei und die Kennzeichnungskraft äußerst gering sei. Das
Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass es sich bei der Klagemarke um eine Wort/Bildmarke handele, und habe
den Bildbestandteil vernachlässigt. Die Beklagte sei auch nicht verantwortlich für einen etwaigen
Markenrechtsverstoß, denn sie habe das die Erscheinung der Anzeige auslösende Keyword „m… pralinen“ nicht
selbst eingegeben und den Störungszustand nach Abmahnung beseitigt. Die Beklagte habe angesichts der schwer
verständlichen Erläuterungen von Google nicht erkennen können, dass ihre AdwordAnzeige auf Grund der
Standardvorgabe „weitgehend passende Keywords“ auch bei Aufruf des Suchwortes „M… Pralinen“ erscheine.
Jedenfalls sei der Verbotsausspruch zu weit.
Der Klägerin stehe jedenfalls nicht die Befreiung von den Kosten des Abschlussschreibens vom 23.2.2007 zu, denn
die Beklagte habe bereits vorher mit EMail vom 22.2.2007 mitgeteilt, dass sie eine grundsätzliche Klärung, auch
über eine negative Feststellungsklage, anstrebe, woraus sich ergebe, dass eine Abschlusserklärung nicht
abgegeben werden würde. Die Vollmacht, die im Abmahnschreiben erwähnt werde, umfasse auch das
Hauptsacheverfahren. Erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 27.10.2010 hat die Beklagte die
Aktivlegitimation der Klägerin gerügt. Es liege keine diesen Prozess erfassende Ermächtigungserklärung der
Markeninhaberin vor.
Die Beklagte beantragt,
1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Braunschweig vom 27.8.2008 die Klage abzuweisen.
2. im Wege der Widerklage die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 1.379,80 € zu zahlen und die Beklagte durch
Zahlung weiterer 1.379,80 € an die Rechtsanwälte ABC freizustellen.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 27.10.2010 vor dem Senat die Klage bezüglich der Befreiung
von Kosten in Höhe von 699,90 € für das Abschlussschreiben mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen. Sie
beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, und zwar hinsichtlich Ziffer 1 des angefochtenen Urteils mit der
Maßgabe wie erkannt.
Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen
Vortrages. Die Traditionsmarke M… sei bekannt und werde nicht nur im Rahmen des Internetshops der Klägerin,
sondern auch im Vertrieb von mit der Marke gekennzeichneten Süßwaren im Rahmen eines ShopinShop Systems in
Süßwarenfilialen (H… und C…) und in Hotels (K…, H..., A…) benutzt. Die Klagemarke bestehe zwar aus einem Wort
und einem Bildbestandteil. Sie werde jedoch durch den Wortbestandteil geprägt.
Es liege hier eine markenmäßige Benutzung der Klagemarke durch die Beklagte vor. Sie nutze die Lotsenfunktion
der Marke und begründe eine Verwechslungsgefahr, denn es liege bei mindestens durchschnittlicher
Kennzeichnungskraft Produktidentität und weitgehende Zeichenähnlichkeit zwischen „M…“ und „m… pralinen“ vor.
Die Erläuterungen, die Google für den Anzeigenkunden im Januar 2007 bei der Aufgabe einer AdwordAnzeige
bereitgehalten habe, hätten die erforderlichen Hinweise zu den Optionen enthalten und insbesondere auch darauf
hingewiesen, dass der Anzeigenkunde bei der Auswahl der Keywords für etwaige Markenrechtsverletzungen selbst
verantwortlich sei. Die Beklagte sei verantwortlich, denn auch das Beibehalten der Standardoption „weitgehend
passende Keywords“ beim Schalten der AdwordAnzeige beruhe auf ihrer Entscheidung. Es genüge bereits die Wahl
„weitgehend passende Keywords“ für eine Verantwortlichkeit. Außerdem sei unstreitig, dass im Januar 2007 bei der
Wahl des Keywords „Pralinen“ auf der Liste der von Google bei der Option „weitgehend passende Keywords“
hinzugefügten weiteren Keywords ´m… pralinen´ mit der Möglichkeit der Ausschließung erschien.
Soweit die Klägerin zunächst einen Anspruch auf Befreiung von den Rechtsanwaltskosten für das
Abschlussschreiben vom 23.2.2007 (K25) verteidigt hat, hat sie diesen Anspruch nach Erörterung in der mündlichen
Verhandlung insbesondere auch des in der beigezogenen Akte des einstweiligen Verfügungsverfahrens 9 O 310/07
enthaltenen unstreitigen Schriftwechsels zwischen den Prozessbevollmächtigten der Parteien nicht mehr
aufrechterhalten und insofern die Klage zurück genommen.
Mit Beschluss vom 24.4.2009 hat der Senat das Verfahren bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs
über die Vorlage des Bundesgerichtshofs vom 22.1.2009 in dem Verfahren I ZR 125/07 („BananaBay“) im
Einverständnis mit den Parteien ausgesetzt. Die Parteien haben zu den Entscheidungen des EuGH in den
AdwordFällen Stellung genommen. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Anzeige der Beklagten, in der nur
generische Begriffe verwendet würden, nicht deutlich mache, dass keine wirtschaftliche Verbindung zu der
Markeninhaberin bestehe, so dass nach den Grundsätzen des EuGH eine Verletzung der Herkunftsfunktion der
Marke vorliege.
Den in der mündlichen Verhandlung vom 27.10.2010 geschlossenen Vergleich hat die Beklagte innerhalb der
vorbehaltenen Frist widerrufen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist, soweit darüber nach der Teilklagerücknahme bezüglich der Kosten des
Abschlussschreibens (Teilbetrag von Ziffer 3 des angefochtenen Urteils) noch zu entscheiden ist, unbegründet, denn
der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche zu, während die Widerklage der Beklagten unbegründet ist.
Soweit die Verurteilung zur Unterlassung entsprechend dem Antrag der Klägerin durch die Aufnahme der konkreten
Verletzungsform in den Tenor präzisiert worden ist, handelt es sich lediglich um eine Klarstellung. Im Einzelnen:
Der Klägerin steht auf Grund der Buchung der streitgegenständlichen AdwordAnzeige durch die Beklagte der geltend
gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 14 II Nr. 1 und 2, V MarkenG zu. Die Klägerin ist entgegen der erstmals
in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 27.10.2010 geltend gemachten Ansicht der Beklagten als
ausschließliche Lizenznehmerin gemäß § 30 III MarkenG berechtigt, diesen Anspruch geltend zu machen. Die
erforderliche Zustimmung der Markeninhaberin ist mit der Anlage K1, die bereits mit der Klage eingereicht worden
ist, nachgewiesen.
Mit der bei Eingabe des Suchbegriffs „M… Pralinen“ bei Google unstreitig am 19.1.2007 im Anzeigenbereich
erschienenen angegriffenen AdwordAnzeige hat die Beklagte die Rechte aus der Klagemarke verletzt. Über den in
der Anzeige angegebenen Link „www.f…geschenke.de“ gelangte der Suchmaschinennutzer unmittelbar zu dem
OnlineShop der Beklagten unter „www.s….de“, in dem unstreitig Pralinen, die in die von der Klagemarke
beanspruchte Warenklasse 30 fallen, jedoch keine Waren mit der Marke „M…“ angeboten wurden.
Nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH setzt eine Markenverletzung nach Art. 5 Abs. 1 MarkenRL, § 14 Abs.
2 MarkenG voraus, dass die geschützte Bezeichnung markenmäßig verwendet wird, dass die Bezeichnung also im
Rahmen des Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines
Unternehmens von denen anderer Unternehmen dient (vgl. BGH Vorlagebeschluss vom 22.1.2009 GRUR 2009, 498
„Bananabay“. EuGH C206/01 GRUR 2003, 55 = WRP 2002, 1415 „Arsenal Football Club/Reed“. BGHZ 153, 131ff
„Abschlussstück“. BGHZ 164, 139ff „Dentale Abformmasse“). Die Rechte des Markeninhabers sollen sicherstellen,
dass die Marke ihre Funktion erfüllen kann. Die Geltendmachung der Rechte ist daher auf die Fälle beschränkt, in
denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der Marke und insbesondere ihre
Hauptfunktion, die Gewährleistung der Herkunft der Ware gegenüber dem Verbraucher, beeinträchtigt oder
beeinträchtigen könnte (vgl. BGH Vorlagebeschluss vom 22.1.2009 GRUR 2009, 498 „Bananabay“. EuGH GRUR
2003, 55 „Arsenal Football Club/Reed“. BGH GRUR 2005, 427f = WRP 2005, 616 „LilaSchokolade“).
Ob in der Verwendung von Marken als Schlüsselwort/ Keyword für eine AdwordAnzeige eine markenmäßige
Benutzung in diesem Sinne zu sehen ist, war in der Literatur und Rechtsprechung umstritten (vgl. die Darstellung
des Meinungsbildes bei OLG Braunschweig MMR 2007, 789 = MarkenR 2007, 449 „Bananabay“. BGH
Vorlagebeschluss vom 22.1.2009 GRUR 2009, 498 „Bananabay“). Der Senat hat bisher (vgl. zusammenfassend:
OLG Braunschweig MMR 2007, 789 = MarkenR 2007, 449 „Bananabay“) in der Verwendung von Marken als
Schlüsselwort für eine AdwordAnzeige eine markenmäßige Benutzung in diesem Sinne gesehen. Es besteht kein
Unterschied, ob das von der Suchmaschine gefundene Ergebnis wie bei der Verwendung des Suchwortes als
Metatag in der Trefferliste aufgeführt wird oder ob das Ergebnis im Anzeigenteil erscheint, weil das Suchwort als
Schlüsselwort/Keyword für die Schaltung einer AdwordAnzeige benutzt wird. In beiden Fällen wird die eigentliche
Funktion der Marke, über ihre kennzeichenspezifische Aussagekraft auf bestimmte Produkte aufmerksam zu
machen bzw. zu diesen hinzuführen, genutzt.
Der Europäische Gerichtshof hat mit Beschluss vom 26.3.2010 (C91/09 GRUR 2010, 641 „Eis.de GmbH/ BBY
Vertriebsgesellschaft mbH“) über die Vorlage des BGH (Vorlagebeschluss vom 22.1.2009 GRUR 2009, 498
„Bananabay“) entschieden und dabei auf die weiteren Entscheidungen des EuGH vom 25.3.2010 (C278/08 GRUR
2010, 451 „BergSpechte“) und 23.3.2010 (C236/08 bis 238/08 GRUR 2010, 445 „Google und Google France“) Bezug
genommen. Nunmehr liegt auch die Entscheidung des EuGH vom 8.7.2010 (GRUR 2010, 841ff
„Portakabin/Primakabin“) vor (zu den EuGH Entscheidungen vgl. auch: Ohly GRUR 2010, 776ff. Splittgerber NJW
2010, 2014ff. Eichelberger EuZW 2010, 731ff).
Der EuGH legt Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur
Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken dahin aus, dass der Inhaber einer Marke es
einem Werbenden verbieten darf, auf ein mit dieser Marke identisches Schlüsselwort, das von diesem Werbenden
ohne seine Zustimmung im Rahmen eines Internetreferenzierungsdienstes ausgewählt wurde, für Waren oder
Dienstleistungen, die mit den von der Marke erfassten identisch sind, zu werben, wenn aus dieser Werbung für einen
Durchschnittsinternetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder
Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder doch
von einem Dritten stammen (Urteil vom 23.3.2010 C236/08 bis 238/08 GRUR 2010, 445 „Google und Google
France“. Beschluss vom 26.3.2010 C91/09 GRUR 2010, 641 „Eis.de GmbH/ BBY Vertriebsgesellschaft mbH“). Die
Richtlinie 89/104/EWG ist auch auf diesen Fall anzuwenden. Sie ist mit Wirkung vom 28.11.2008 durch die Richtlinie
2008/95/EG abgelöst worden, die allerdings in Art. 5 mit der vorherigen Richtlinie übereinstimmt.
Nach der grundlegenden Entscheidung des EuGH vom 23.3.2010 (C236/08 bis 238/08 GRUR 2010, 445 „Google und
Google France“) ist das vom Werbenden als Schlüsselwort im Rahmen eines Referenzierungsdienstes ausgewählte
Zeichen der Auslöser für das Erscheinen seiner Werbung und wird somit „im geschäftlichen Verkehr“ im Sinne von
Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 89/104 benutzt. Es handelt sich auch dann um eine Benutzung für Waren oder
Dienstleistungen des Werbenden, wenn das als Schlüsselwort ausgewählte Zeichen nicht in der Anzeige selbst
vorkommt. Der Inhaber der Marke kann sich der Benutzung eines mit seiner Marke identischen Zeichens als
Schlüsselwort dann widersetzen, wenn sie eine der Funktionen der Marke beeinträchtigen könnte.
Zwar ist nach Ansicht des EuGH die Werbefunktion in derartigen Fällen nicht beeinträchtigt. Zur Beeinträchtigung der
Herkunftsfunktion hat der Gerichtshof jedoch ausgeführt, dass die Frage, ob es diese Funktion beeinträchtigt, wenn
Internetnutzern anhand eines mit der Marke identischen Schlüsselworts eine Anzeige eines Dritten gezeigt wird,
insbesondere davon abhängt, wie diese Anzeige gestaltet ist. Die herkunftshinweisende Funktion der Marke ist
beeinträchtigt, wenn aus der Anzeige für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer
nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem
Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder vielmehr von einem Dritten
stammen. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu würdigen, ob nach dem jeweiligen Sachverhalt eine
Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion vorliegt oder vorliegen könnte. Wenn in der Anzeige des
Dritten suggeriert wird, dass zwischen diesem Dritten und dem Markeninhaber eine wirtschaftliche Verbindung
besteht, oder wenn die Anzeige hinsichtlich der Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen so vage
gehalten ist, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer auf der Grundlage des
Werbelinks und der dazu gehörigen Werbebotschaft nicht erkennen kann, ob der Werbende im Verhältnis zum
Markeninhaber Dritter oder doch mit diesem wirtschaftlich verbunden ist, wird auf eine Beeinträchtigung der
herkunftshinweisenden Funktion zu schließen sein (EuGH Urteil vom 23.3.2010 C236/08 bis 238/08 GRUR 2010,
445 „Google und Google France“. Beschluss vom 26.3.2010 C91/09 GRUR 2010, 641 „Eis.de GmbH/ BBY
Vertriebsgesellschaft mbH“).
Für den Fall, dass das verwendete Keyword mit der Marke nicht identisch sondern ähnlich ist, gilt gemäß Art. 5 Abs.
1 Buchstabe b MarkenRL nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 25.3.2010 C278/08 GRUR 2010, 451
„BergSpechte“) das gleiche. Dabei handelte es sich in diesem Fall um die Wort/Bildmarke „BergSpechte“ und das
Suchwort „Bergspechte“. Mit den Fragen der Erschöpfung und der beschreibenden Benutzung befasst sich der
EuGH in seinem Urteil vom 8.7.2010 (GRUR 2010, 841ff „Portakabin/Primakabin“) für den Fall eines
Weiterverkäufers gebrauchter Waren.
Nach dieser Rechtsprechung des EuGH liegt bei einer Benutzung des Suchwortes „m… pralinen“ bei der Schaltung
einer AdwordAnzeige, die daraufhin auch bei Eingabe von „M… Pralinen“ erscheint, eine Benutzung im
geschäftlichen Verkehr vor. Hier liegt keine Zeichenidentität vor, weil es sich bei der Klagemarke um eine
Wort/Bildmarke handelt. Es kommt daher gemäß § 14 II Nr. 2 MarkenG auf die Verwechslungsgefahr an (vgl. EuGH
Urteil vom 25.3.2010 C278/08 GRUR 2010, 451 „BergSpechte“), die hier gegeben ist. Die Verwechslungsgefahr ist
nach der ständigen Rechtsprechung des BGH unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalles umfassend zu
beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder Ähnlichkeit der Waren oder
Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in
der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen
höheren Grad der Ähnlichkeit der Marke oder durch ein gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke
ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. z.B. BGH GRUR 2006, 859 „Malteser Kreuz“).
Es besteht eine sehr hohe Zeichenähnlichkeit zwischen der Klagemarke und dem Suchwort „M… Pralinen“, bei
dessen Aufruf die streitgegenständliche AdwordAnzeige der Beklagten unstreitig erschien. Das gleiche gilt für das in
der Liste der „weitgehend passenden Keywords“ bei Buchung der Anzeige unstreitig enthaltene Zeichen „m…
pralinen“. Bei der Klagemarke handelt es sich zwar um eine Wort/Bildmarke, die jedoch durch den Wortbestandteil
geprägt wird. Es handelt sich bei „M…“ im Zusammenhang mit Pralinen nicht um einen beschreibenden Begriff.
Vielmehr erkennt der Internetnutzer, dass es sich um einen Personenamen handelt. Personennamen sind ein
klassisches Kennzeichnungsmittel, denen der Verkehr im Allgemeinen einen klaren Herkunftshinweis entnimmt (vgl.
BGH GRURRR 2010, 205 „Haus und Grund IV“). Das angegriffene Suchwort „M… Pralinen“ weicht vom
Wortbestandteil der Klagemarke „M…“ nur hinsichtlich des glatt beschreibenden Zusatzes „Pralinen“ ab. Das
Keyword „m… pralinen“ unterscheidet sich noch hinsichtlich der für die Funktion von Google irrelevanten
Abweichung in der Groß bzw. Kleinschreibung.
Es besteht Identität der Waren, denn es werden unstreitig von der Beklagten die in den von der Klagemarke
beanspruchten Warenklassen genannten Waren Pralinen und Schokolade vertrieben. Die Kennzeichnungskraft der
Klagemarke, die von einem Personennamen geprägt wird, ist mindestens durchschnittlich. Sie wird unstreitig
zumindest für einen Internetshop und damit auf jeden Fall im Sinne des §§ 25, 26 MarkenG rechtserhaltend benutzt.
Die Argumentation der Beklagten, bei dem Internet handele es sich um ein „passives“ Werbemedium, so dass nur
eine äußerst schwache Kennzeichnungskraft vorliege, ist nicht nachvollziehbar.
Es liegt auch eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion entsprechend den oben dargelegten Grundsätzen des
EuGH vor. Es ist aus der konkreten Werbung für einen Durchschnittsinternetnutzer nicht zu erkennen, ob die in der
Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich
verbundenen Unternehmen oder doch von einem Dritten stammen. Nach dem Wortlaut der Anzeige der Beklagten
„Pralinen
Weine, Pralinen, Feinkost, Präsente
Geniessen und schenken!
„www.f…geschenke.de“
erwartet der Nutzer der Suchmaschine Google, der mit dem Suchbegriff „M… Pralinen“ gesucht hat, dass er unter
dieser Anzeige ein Angebot für Pralinen der Marke „M…“ erhält. Dabei geht er von einer wirtschaftlichen Verbindung
zwischen dem Inhaber (bzw. Lizenznehmer) der Marke und dem Werbenden in dem Sinne aus, dass der Werbende
jedenfalls in den Vertrieb der Markenprodukte eingebunden ist. Das ist jedoch unstreitig nicht der Fall, denn die
Beklagte vertreibt keine Produkte der Marke „M…“ und steht auch sonst nicht in Verbindung zu der Klägerin oder der
Markeninhaberin. Letzteres ist aus der Anzeige nicht zu erkennen. Jedenfalls ist die Anzeige für einen
Internethandel hinsichtlich der Herkunft der angebotenen Waren so vage gehalten ist, dass ein normal informierter
und angemessen aufmerksamer Internetnutzer auf der Grundlage des Werbelinks und der dazu gehörigen
Werbebotschaft nicht erkennen kann, ob der Werbende im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder doch mit
diesem wirtschaftlich verbunden ist.
An dieser Beurteilung ändert auch nichts, dass die Anzeige der Beklagten neben den anderen Suchergebnissen in
dem mit „Anzeige“ gekennzeichneten Bereich erschienen ist. Wenn es sich bei dem Suchbegriff, so wie hier mit der
Zeichenfolge „M… Pralinen“, um eine Marke handelt, die einen Personennamen als klassisches
Herkunftskennzeichen enthält und keinen beschreibenden Inhalt und damit auch keinen Sachbezug bezüglich der
darunter angebotenen Produkte erkennen lässt, ist die Bezeichnung nur noch geeignet, eine darunter angebotene
Leistung vom Angebot eines anderen Unternehmens zu unterscheiden, und wird daher vom Verkehr auch nur als
Herkunftshinweis verstanden.
Dieses wird deutlich, wenn man reflektiert, welcher konkrete Verkaufsvorgang durch die Art einer solchen
Internetnutzung ersetzt wird. Die Suchmaschinen nehmen nämlich die Aufgabe eines Verkäufers wahr, indem sie
gleich einem Verkäufer die vom Kunden/Internetnutzer benannten Produkte heraussuchen. Fragt der
Kunde/Internetnutzer unter Nennung eines konkreten Markennamens oder Unternehmensnamens, mithin einer
Bezeichnung, die nur in diesem Sinne verwendet wird, hat er, anders als wenn er nur eine umschreibende Äußerung
abgibt (z.B.: Schokolade, Pralinen), die Erwartung und Vorstellung, dass das vom Verkäufer beziehungsweise der
Suchmaschine herausgesuchte Produkt dieser Marke zuzuordnen ist bzw. vom so benannten Unternehmen stammt
bzw. bei dem benannten Unternehmen zu finden ist (vgl. OLG Braunschweig MMR 2007, 789 = MarkenR 2007, 449
„Bananabay“).
Soweit der BGH (GRUR 2009, 500 „beta layout“) anders lautende Feststellungen der Vorinstanz für die Frage, ob die
Verletzung eines Unternehmenskennzeichens vorliegt, gehalten hat, ist dem jedenfalls für Marken, die anders als
Unternehmenskennzeichen unter die MarkenRL fallen, nicht zu folgen. In den vom EuGH entschiedenen Fällen zu
Adwords handelte es sich stets um im mit „Anzeige“ gekennzeichneten Bereich erschienene Anzeigen. Die
Vorlagefrage der Vorinstanzen, ob es von Bedeutung ist, in welchem Bereich der Darstellung der Suchergebnisse,
im Anzeigen oder im Trefferbereich, die Anzeige erscheint, hat der EuGH für nicht relevant gehalten und nicht
beantwortet (vgl. EuGH Urteil vom 25.3.2010 C278/08 GRUR 2010, 451 „BergSpechte“. EuGH Urteil vom 8.7.2010
GRUR 2010, 841ff „Portakabin/Primakabin“).
Die Beklagte ist für diese Markenrechtsverletzung auch verantwortlich. Die Beklagte ist (ggf. über § 14 VII MarkenG)
als Täterin für den Inhalt der von ihr selbst gestalteten Anzeige sowie für die von ihr selbst eingegebenen Keywords
(Liste Anlage B4) verantwortlich. Das nimmt die Beklagte auch nicht in Abrede. In der Liste der von ihr selbst
angegebenen Keywords Anlage B4 ist das Keyword „M… Pralinen“, bei dessen Eingabe die Anzeige unstreitig im
Januar 2007 erschien, nicht enthalten.
Die Beklagte ist jedoch auch als Täterin für die Auswahl der bei der Buchung der AdwordAnzeige auszuwählenden
Optionen verantwortlich. Zum Zeitpunkt der Buchung der Anzeige erschien unstreitig bei Wahl des Keywords
„Pralinen“ in der Liste der bei Wahl der Funktion „weitgehend passende Keywords“ von Google für die
Anzeigenplatzierung hinzugefügten und abwählbaren Keywords das Keyword „m… pralinen“. Da die Beklagte
unstreitig bei der Buchung keine der von Google angebotenen KeywordOptionen ausdrücklich auswählte, buchte sie
die AdwordAnzeige mit der Option „weitgehend passende Keywords“ und fügte damit als das Erscheinen ihrer
Anzeige auslösende Keywords auch alle von Google mit dieser Option hinzugefügten und von ihr nicht ausdrücklich
abgewählten Keywords hinzu, worunter auch „m… pralinen“ fiel.
Da der Beklagten zum Zeitpunkt der Buchung die dazu von Google bereitgestellten Informationen zur Verfügung
standen, aus denen sich diese Umstände ergaben, hat sie auch fahrlässig gehandelt. Sie hätte sich informieren
können und müssen. Wenn sie den Inhalt nicht verstanden haben sollte, hätte sie sich beraten lassen, eine andere
Option für Keywords wählen oder von der Anzeigenaufgabe Abstand nehmen müssen. Dass bei der Wahl von
Marken als Keywords Markenrechtsverletzungen in Betracht kamen, ergab sich ebenfalls aus den Hinweisen von
Google. „m… pralinen“ enthält einen Personennamen und kennzeichnet offensichtlich Pralinen eines bestimmten
Markenherstellers. Der Beklagten war ihr eigenes Sortiment, das keine Pralinen dieser Marke enthielt, auch bekannt.
Auch wenn man hier keine Täterschaft hinsichtlich der durch die Auswahl „weitgehend passende Keywords“
ausgelösten Vorgänge annimmt, ist die Beklagte jedenfalls nach den Regeln der Störerhaftung verantwortlich. Nach
der Rechtsprechung des BGH kann bei der Verletzung absoluter Rechte als Störer auf Unterlassung in Anspruch
genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal
zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden
darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach
der Rechtsprechung des BGH die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und
inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH GRUR
2010, 633 „Sommer unseres Lebens“. BGH GRUR 2008, 702 „Internetversteigerung III“. BGH GRUR 2002, 618
„Meißner Dekor I“).
Hier ist es der Beklagten jedenfalls zuzumuten gewesen, zu prüfen, bei welchen Keywords nach den bei der
Buchung der Anzeige zur Verfügung gestellten Informationen die AdwordAnzeige erscheinen würde. Dann hätte sie
bei der Buchung erkennen können, dass ihre Anzeige auch bei „m… pralinen“ bzw. „M… Pralinen“ erscheinen würde.
Insofern gilt das gleiche wie oben zur Fahrlässigkeit ausgeführt. Anders wäre der Sachverhalt möglicherweise zu
beurteilen, wenn die Liste der Keywords nach der Buchung von Google automatisch erweitert und angepasst worden
wäre und sich erst dadurch eine Markenrechtsverletzung ergeben hätte.
Der Klägerin steht daneben ein Anspruch auf Befreiung von den Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung vom
2.2.2007 (Anlage K13) zu, und zwar entweder als Schadensersatz gemäß § 14 VI MarkenG (Markenverletzung als
Täterin) oder nach den Grundsätzen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (Störerhaftung). Der Höhe nach
orientiert sich die Klägerin zutreffend an dem auch hier festgesetzten Streitwert und geht von einem Mittelwert von
1,3 Gebühren nach dem RVG aus. Soweit sie 0,65 Gebühren im Hinblick auf Anrechnungsvorschriften abzieht, ist
die Beklagte jedenfalls nicht beschwert.
Die Widerklage ist unbegründet. Da der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zusteht, liegt weder
in der Abmahnung noch in der Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung eine unberechtigte
Schutzrechtsverwarnung, die einen Schadensersatzanspruch wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetrieb auslösen könnte (vgl. dazu: BGH Großer Senat GRUR 2005, 882 = NJW 2005, 3141ff „unberechtigte
Schutzrechtsverwarnung“. BGH GRUR 2006, 432 3141ff „unberechtigte Schutzrechtsverwarnung II“).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 269, 92 II Nr. 1 ZPO, denn der bis zur Teilklagerücknahme als
Nebenforderung geltend gemachte Anspruch auf Befreiung von Rechtsanwaltskosten für das Abschlussschreiben
hat sich gemäß § 43 GKG wertmäßig nicht ausgewirkt. Die auf die konkrete Verletzungsform bezogene Fassung des
Unterlassungstenors stellt nur eine Klarstellung des von der Klägerin Beanspruchten dar. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist gemäß § 543 II Nr. 2 ZPO zuzulassen, weil noch keine Entscheidungen des BGH vorliegen, die die
Grundsätze aus der Rechtsprechung des EuGH (Beschlüsse vom 23.3.2010 C236/08 bis 238/08 GRUR 2010, 445
„Google und Google France“. vom 25.3.2010 C278/08 GRUR 2010, 451 „BergSpechte“. vom 26.3.2010 C91/09
GRUR 2010, 641 „Eis.de GmbH/ BBY Vertriebsgesellschaft mbH“ = „Banana Bay“. vom 8.7.2010 (GRUR 2010, 841ff
„Portakabin/Primakabin“. zu den EuGH Entscheidungen vgl. auch: Ohly GRUR 2010, 776ff. Splittgerber NJW 2010,
2014ff. Eichelberger EuZW 2010, 731ff) in nationales Recht umsetzen.