Urteil des OLG Brandenburg vom 15.03.2017

OLG Brandenburg: umrechnung, beitrag, auskunft, anteil, ausschluss, vergleich, unteilbarkeit, quelle, sammlung, verfahrensgegenstand

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 1.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 UF 209/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 1587b Abs 1 BGB, § 1587c Nr
1 BGB, § 1 Abs 3
VersorgAusglHärteG, § 2 Abs 1
S 1 Nr 1b VAÜG
Versorgungsausgleich: Einbeziehung eines ausgeschlossenen
Teils des Versorgungsausgleichs im Beschwerdeverfahren
Tenor
Der Tenor des angefochtenen Urteils wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Von dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Beteiligten zu 2., Vers.-Nr.:
…, werden auf das Versicherungskonto des Antragstellers bei der Beteiligten zu 1.,
Vers.-Nr.: …, angleichungsdynamische Rentenanwartschaften der gesetzlichen
Rentenversicherung in Höhe von monatlich 52,34 €, bezogen auf das Ende der Ehezeit
am 31. Mai 2006, übertragen.
Zu Lasten der bei der Beteiligten zu 3. (Zeichen 180369 752 7/VL 318) zugunsten der
Antragsgegnerin bestehenden Versorgungsanwartschaften werden auf dem
Versicherungskonto des Antragstellers bei der Beteiligten zu 1., Vers.-Nr.: …,
nichtangleichungsdynamische Rentenanwartschaften der gesetzlichen
Rentenversicherung in Höhe von monatlich 15,24 €, bezogen auf das Ende der Ehezeit
am 31. Mai 2006, begründet.
Die zu übertragenden angleichungsdynamischen Rentenanwartschaften sind in
Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen. Die zu begründenden nichtangleichungsdynamischen
Rentenanwartschaften sind in Entgeltpunkte umzurechnen.
Es bleibt bei der Kostenentscheidung des ersten Rechtszuges.
Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander
aufgehoben.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Der Beschwerdewert wird auf 2.000 € festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 1. hat auch in der Sache Erfolg. Mit Recht
hat sie sich darauf berufen, das Amtsgericht habe den Versorgungsausgleich fehlerhaft
durchgeführt.
1. Die Ehegatten haben folgende Anwartschaften erworben:
a. Nach Auskunft der Beteiligten zu 1. vom 7. August 2006 hat der Antragsteller
während der Ehezeit i. S. d. § 1587 Abs. 2 BGB - dies ist die Zeit vom 1. Juli 1991 bis zum
31. Mai 2006 - in der gesetzlichen Rentenversicherung angleichungsdynamische
Anwartschaften in Höhe von 311,85 € monatlich sowie nichtangleichungsdynamische
Anwartschaften in Höhe von 0,39 € monatlich erworben.
b. Ferner steht aufgrund der Auskunft der Beteiligten zu 2. vom 7. September 2006 (Bl.
54 VA-Heft) fest, dass die Antragsgegnerin auf die Ehezeit entfallende
angleichungsdynamische Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung in
Höhe von 416,52 € monatlich erworben hat.
Darüber hinaus hat die Antragstellerin Anrechte bei der Beteiligten zu 3., einer
Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, erworben. Bei Anwendung der Tabelle 1 zur
BarwertVO ist zu beachten, dass die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ab
dem Leistungsbeginn als volldynamisch anzusehen ist (BGH FamRZ 2004, 1474 ff. m.
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dem Leistungsbeginn als volldynamisch anzusehen ist (BGH FamRZ 2004, 1474 ff. m.
Anm. Glockner; vgl. auch Brandenburgisches OLG FamRZ 2005, 37). Dies führt zur
Anwendung der Anm. 2 zur Tabelle 1 der BarwertVO und damit zu einem erhöhten
Faktor. Zudem ist die seit dem 1. Juni 2006 geltende aktuelle BarwertVO (FamRZ 2006,
914 ff.) zu beachten. Letzteres hat das Amtsgericht missachtet.
Dies führt zu folgender Umrechnung:
monatlicher ehezeitlicher Anteil der Betriebsrente
jährlicher ehezeitlicher Anteil der Betriebsrente
Barwert
Alter bei Ehezeitende
Barwert gem. Tabelle 1 BarwertVO
erhöhter Barwert gem. Tabelle 1 Anm. 2 BarwertVO
Barwert der Betriebsrente
Umrechnung in eine Rentenanwartschaft
Umrechnungsfaktor Beitrag in Entgeltpunkte zum Ehezeitende
ergibt Entgeltpunkte
allgemeiner Rentenwert zum Ehezeitende
nichtangleichungsdynamische Rentenanwartschaft
Zuletzt hat die Antragsgegnerin Anwartschaften aus einer Leibrentenversicherung bei
der Beteiligten zu 4. erworben, die ebenfalls umzuwerten sind:
Deckungskapital
Umrechnungsfaktor Beitrag in Entgeltpunkte zum Ehezeitende
ergibt Entgeltpunkte
aktueller Rentenwert zum Ehezeitende
Rentenanwartschaft
2. Die Ausgleichsbilanz ergibt Folgendes:
-
Antragsgegnerin Antragsteller
1. Angleichungsdynamische Rechte
gesetzliche Rentenversicherung/Ost
Summe
Differenz
Hälfte = Ausgleichsbetrag
2. Nichtangleichungsdynamische Anrechte
gesetzliche Rentenversicherung/West
Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes
private Rentenversicherung
Summe
Differenz
Hälfte = Ausgleichsbetrag
3. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass das Amtsgericht in der angefochtenen
Entscheidung den Ausgleich der Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung/West
des Antragstellers von 0,39 € sowie der umgewerteten privaten Rentenversicherung der
Antragstellerin als unbillig gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB ausgeschlossen hat. Insoweit kann
zwar der durch das Amtsgericht für die private Rentenversicherung der Antragsgegnerin
mitgeteilte Umrechnungsbetrag von 0,74 € nicht nachvollzogen werden, wofür auf die
oben stehenden Senatsberechnungen, die eine umgewertete Anwartschaft von 2,42 €
ergeben, Bezug genommen wird. Dies kann aber im Ergebnis dahinstehen. Auf Grund
des wirksam erfolgten Ausschlusses können diese Anwartschaften für den
durchzuführenden Versorgungsausgleich nicht mehr berücksichtigt werden.
Insoweit ist das angefochtene Urteil bereits in Rechtskraft erwachsen, da insoweit die
Beteiligten zu 1. das Urteil nicht angefochten hat, zumal auch keine
Anfechtungsbefugnis der beschwerdeführenden Beteiligten zu 1. besteht. Der
Versorgungsträger hat mangels Beschwer kein Beschwerderecht gegen eine auf § 1587
c BGB gestützte Entscheidung (BGH, NJW 1981, 1274). Durch diesen Ausschluss werden
allein die privaten Interessen der Ehegatten, nicht aber die öffentlichen Belange, die der
Versorgungsträger zu wahren hat und die dementsprechend auch seine
Beschwerdebefugnis begründen, berührt. Dem insoweit unangefochtenen Teil der
angefochtenen Entscheidung kann der Senat daher nicht mehr in die zu treffende
Entscheidung einbeziehen.
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Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der Verfahrensgegenstand unteilbar ist,
sodass der Teilausschluss zwingend in die Berechnungen einzubeziehen wäre. Dies ist
aber nicht der Fall, da das Amtsgericht mit der Teilausschließung eine Reduzierung des
Ausgleichsbetrages der nichtangleichungsdynamischen Anrechte bewirkt und weder die
Ausgleichsrichtung noch die Ausgleichsformen verändert hat, wie die nachfolgenden
Berechnungen und Ausführungen des Senates ergeben:
-
Antragsgegnerin Antragsteller
1. Angleichungsdynamische Rechte
gesetzliche Rentenversicherung/Ost
Summe
Differenz
Hälfte = Ausgleichsbetrag
2. Nichtangleichungsdynamische Anrechte
gesetzliche Rentenversicherung/West
Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes
private Rentenversicherung
Summe
Differenz
Hälfte = Ausgleichsbetrag
4. Gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB hat der Senat dem Antragsgegner, der die niedrigeren
Anwartschaften erworben hat, eine Rentenanwartschaft in Höhe der Hälfte des
Wertunterschiedes zuzusprechen; auf die in der errechneten
Ausgleichsbeträge wird Bezug genommen.
Der Ausgleich der angleichungsdynamischen Anrechte erfolgt im Wege des Splittings
gemäß § 1587 b Abs. 1 Satz 1 BGB. Hinsichtlich der nichtangleichungsdynamischen
Anrechte erfolgt der Ausgleich gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG im Wege des analogen
Quasisplittings. Dabei ergibt der Vergleich der beiden Ausgleichsbilanzen, dass auch
ohne den Ausschluss der Ausgleich im Wege des § 1 Abs. 3 VAHRG erfolgen würde und
dieser Ausgleichsbetrag (16,25 €) höher als unter Berücksichtigung des Teilausschlusses
ausfallen würde. Insoweit liegt - wie bereits zuvor ausgeführt – keine Unteilbarkeit der
Entscheidung betreffs des Teilausschlusses und des übrigen durchzuführenden
Versorgungsausgleiches vor.
5. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b VAÜG war der Versorgungsausgleich bereits vor der
Einkommensangleichung durchzuführen.
Die Anordnung der Umrechnung der zu übertragenden angleichungsdynamischen
Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte (Ost) beruht auf § 3 Abs. 1 Nr. 5 VAÜG. Die
Anordnung der Umrechnung der zu übertragenden nichtangleichungsdynamischen
Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte beruht auf § 1587 b Abs. 6 BGB.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 13 a Abs. 1 FGG, 21 GKG, die Entscheidung zum
Beschwerdewert auf § 49 GKG.
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