Urteil des OLG Brandenburg vom 15.03.2017

OLG Brandenburg: treu und glauben, ddr, quelle, sammlung, link, auskunftspflicht, prozesskosten, zwangsvollstreckung, beweislast

1
2
3
4
5
Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 1.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 WF 349/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 1379 BGB, § 91 Abs 1 S 1
ZPO, § 39 FamGB DDR, § 40
FamGB DDR
Privatgutachterkosten: Keine Erstattungsfähigkeit der Kosten
eines Privatgutachtens in der Auskunftsstufe zum
Zugewinnausgleich
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 1.312 €.
Gründe
Die gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte
sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat mit
zutreffenden Erwägungen die Kosten des durch die Klägerin eingeholten
Privatgutachtens von 1.312 € im Rahmen der Kostenfestsetzung unberücksichtigt
gelassen.
I.Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits
zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenden Kosten zu erstatten, soweit sie
zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren.
Notwendig sind alle Kosten, die man in der konkreten Lage vernünftigerweise als
voraussichtlich sachdienlich ansehen darf und muss (BGH FamRZ 2004, 866;
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 91 Rn. 29 m. N.). Danach ist
die Partei unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehalten,
kostenauslösende Maßnahmen nur maßvoll einzusetzen und dabei die berechtigten
prozessualen Belange des Gegners zu beachten. Ist der Rechtsstreit bereits
rechtshängig, sind besonders hohe Anforderungen zu stellen. Es gilt der Grundsatz der
sparsamen Prozessführung, wonach die Partei sich grundsätzlich auf die im Wege des
gerichtlichen Beweisverfahrens erhobenen Beweise stützen muss. An die Notwendigkeit
im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO sind daher bezüglich Privatgutachten, die während
des Rechtsstreits eingeholt wurden, besonders hohe Anforderungen zu stellen (BGH NJW
1990, 123; OLG Hamm Rechtspfleger 2001, 616; OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 1431 f;
Musielak-Wolst, ZPO, 4. Aufl., § 91 Rn. 60; Stein/Jonas-Bork, ZPO, 22. Aufl., § 91 Rn. 81
m. w. N.). Eine Erstattungsfähigkeit besteht nur dann, wann die Partei ihre
Behauptungen nur mit Hilfe eines solchen Privatgutachtens ausreichend darlegen bzw.
unter Beweis stellen kann (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a. a. O., § 91 Rn.
102 m. w. N.).
Hinzu kommt, dass die Kosten für die Wertermittlung durch Sachverständige von dem
Auskunftsberechtigten zu tragen sind (BGHZ 84, 31, 34). Diese allgemeine materiell-
rechtliche Kostentragungspflicht muss im Grundsatz auch bei der Beurteilung der
Notwendigkeit im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO Berücksichtigung finden.
II.Unter Beachtung der vorgenannten strengen Voraussetzungen besteht hier keine
Erstattungsfähigkeit der Kosten des während des laufenden Prozesses eingeholten
Privatgutachtens.
1. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zur Zeit der Einholung des Privatgutachtens sich
das Verfahren noch in der Auskunftsstufe des Zugewinnausgleichs befand, deren
Vollstreckung die Klägerin betrieb. Da der Beklagte zu dieser Zeit die geschuldete
Auskunft noch nicht vollständig erbracht hatte, war offen, inwieweit die Einholung eines
Privatgutachtens überhaupt erforderlich werden würde. Mögen die Parteien auch im
weiteren Verlauf über das Zahlenwerk gestritten haben, so ist nicht auszuschließen,
6
7
8
9
weiteren Verlauf über das Zahlenwerk gestritten haben, so ist nicht auszuschließen,
dass die Klägerin nach erteilter Auskunft die notwendigen Angaben erhalten hätte, um
ihren Ausgleichsanspruch beziffern zu können. Zu dieser Vorgehensweise war sie auf
Grund der vorangestellten Verpflichtung, die Prozesskosten möglichst niedrig zu halten,
auch gehalten.
2. Nichts anderes gilt auch, soweit ein Anspruch der Klägerin gemäß § 40 FGB/DDR in
Frage stand.
Zur Vorbereitung von Ansprüchen nach den §§ 39, 40 FGB/DDR steht dem berechtigten
Ehegatten ein Auskunftsanspruch gegenüber dem verpflichteten Ehegatten zu. Dies
folgt zwar nicht aus den §§ 39, 40 FGB/DDR bzw. aus sonstigen Regelungen des
vormaligen Rechts, entsprach aber bereits zu DDR-Zeiten allgemeiner Auffassung und
wird nunmehr aus § 242 BGB hergeleitet (BGH FamRZ 1999, 1197, 1199; Götsche, Die
Anwendung der §§ 39, 40 FGB/DDR bei der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung
im Scheidungsfall, FamRB 2003, 258).
Diese Auskunftspflicht des vermögenden Ehegatten erstreckt sich darauf, sämtliche
wertbildenden Faktoren des Grundstücks so genau wie möglich anzugeben. Danach war
der Beklagte verpflichtet, die für den Stichtag 3. Oktober 1990, der sowohl für den
Ausgleichsanspruch des § 40 FGB der DDR als auch für den
Zugewinnausgleichsanspruch (als Stichtag des Anfangsvermögens) von Relevanz ist,
maßgeblichen wertbildenden Faktoren anzugeben. Gleichermaßen war die Klägerin
gehalten, zunächst die entsprechenden Angaben des Beklagten abzuwarten bzw. die
Vollstreckung soweit zu betreiben, bis zweifelsfrei feststeht, dass sie sich die
erforderlichen Wertangaben nicht im Wege der Zwangsvollstreckung hätte besorgen
können.
Hinzu kommt, dass für die Ermittlung des Anfangsvermögens des Beklagten dieser
selbst die Darlegungs- und Beweislast trägt. Insoweit war die Klägerin verpflichtet,
zunächst die entsprechenden Angaben des Beklagten abzuwarten, diese sodann
gegebenenfalls zu bestreiten und die gerichtliche Einholung eines
Sachverständigengutachtens auf Antrag des darlegungs- und beweispflichtigen
Beklagten abzuwarten (vgl. auch OLG Karlsruhe, FamRZ 1999, 175, 176 am Ende).
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum