Urteil des OLG Brandenburg vom 15.03.2017

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 1.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 WF 269/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 13 FamGB DDR, § 40 Abs 1
FamGB DDR, § 40 Abs 2 FamGB
DDR
Vermögensauseinandersetzung einer in der DDR geschlossenen
Ehe: Alleineigentumserwerb eines Ehegatten in der Ehe;
Anspruch auf Ausgleich am Alleinvermögen eines Ehegatten
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gemäß § 127 Abs. 2 ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige
Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
I.
Der mangelnde Erfolg beruht bereits auf der mangelnden Darlegung eigener
Bedürftigkeit durch die Antragstellerin. Die Antragstellerin verfügt über eine
Lebensversicherung mit einem Rückkaufwert von über 8.000 €. Diesen Wert hat sie zur
Begleichung der Prozesskosten einzusetzen. Angesichts der vorgelegten Unterlagen
kann auch nicht festgestellt werden, dass es sich insoweit um geschütztes
Altersvorsorgevermögen handelt. Insoweit ist es der Antragsgegnerin möglich, diesen
Vermögenswert zu verwerten, sei es im Wege der Beleihung, sei es im Wege der
Veräußerung, sei es im Wege der Auflösung (Kündigung) mit nachfolgender Auszahlung
des Rückkaufwertes.
II.
In der Sache selbst sei auf Folgendes hingewiesen:
Soweit die Antragstellerin einen Ausgleichsanspruch nach § 40 FGB/DDR geltend macht
und das Amtsgericht ihr insoweit wegen mangelnder Erfolgsaussichten die begehrte
Prozesskostenhilfe versagt hat, dürfte die amtsgerichtliche Begründung nur teilweise
zutreffen. Nach derzeitigem Stand ist ein Ausgleichsanspruch der Antragstellerin in
Höhe von 1.558,16 € gemäß § 40 FGB/DDR feststellbar; dies gilt jedenfalls, soweit im
Rahmen des Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens eine summarische Prüfung der
tatsächlichen und rechtlichen Umstände zu erfolgen hat.
1. Hinsichtlich des Anspruches auf einen Ausgleich am Alleinvermögen des
Antragsgegners streiten die Parteien allein um eine Briefmarkensammlung, die der
Antragsgegner am 3. Oktober 1990 besaß. Insoweit mag problematisch sein, ob der
Antragsgegner an der Briefmarkensammlung überhaupt Alleineigentum erworben hat.
Die Voraussetzungen eines Eigentumserwerbes richten sich nach dem vormals
geltenden Recht der DDR. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 FGB/DDR gehörten die von einem
oder beiden Ehegatten während der Ehe durch Arbeit oder Arbeitseinkünften erworbenen
Sachen, Vermögensrechte und Ersparnisse beiden Ehegatten gemeinsam. Da nach
dem Vorbringen der Antragstellerin der überwiegende Teil der Briefmarken nach
Eingehung der Ehe angeschafft und aus dem Familieneinkommen der Parteien finanziert
worden sein sollen, dürften die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Satz 1 FGB/DDR für
einen gemeinsamen Eigentumserwerb im Grundsatz gegeben sein.
Zu beachten sind aber die Ausnahmeregelungen des § 13 Abs. 2 FGB/DDR, die einen
Alleineigentumserwerb durch einen Ehegatten ermöglichen. Insoweit ist das Vorbringen
der Antragstellerin unvollständig, soweit dies die Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 Satz
1 FGB/DDR betrifft. Nach dieser Vorschrift gehören die vor der Eheschließung
erworbenen Sachen jedem Ehegatten allein. Da auch nach dem Vorbringen der
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erworbenen Sachen jedem Ehegatten allein. Da auch nach dem Vorbringen der
Antragstellerin zumindest ein Teil der Briefmarken bereits bei Eheschließung vorhanden
war, dürften für diesen Teil die Voraussetzungen für Alleineigentum des Antragsgegners
zu bejahen sein. Unter Beachtung dessen, dass die Antragstellerin keine Abgrenzung
der bei Eheschließung bereits vorhandenen und den erst während der Ehe angeschafften
Briefmarken vorgenommen hat, ist an sich die Abgrenzung zwischen Allein- und
gemeinschaftlichem Eigentum nicht möglich.
Dies mag aber letztendlich dahinstehen, da jedenfalls die Voraussetzungen des § 13
Abs. 2 Satz 2 FGB/DDR eingreifen dürften. Nach dieser Vorschrift sind Alleineigentum
jedes Ehegatten die nur von ihm zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse genutzten
Sachen, soweit nicht ihr Wert gemessen am gemeinschaftlichen Eigentum und
Vermögen unverhältnismäßig groß ist. Obgleich es hierzu an detailliertem Vortrag der
Antragstellerin fehlt, dürfte dem Vortrag beider Parteien entnommen werden können,
dass es sich bei der Briefmarkensammlung wohl um ein Hobby des Antragstellers allein
gehandelt hat. Insoweit wären ihm die Briefmarken zur Befriedigung seiner persönlichen
Bedürfnisse zuzuweisen, weshalb sie in seinem Alleineigentum übergegangen sind. Im
Übrigen ist nicht erkennbar, dass der Wert der Briefmarken gemessen am
gemeinschaftlichen Eigentum und Vermögen unverhältnismäßig groß ist; jedenfalls fehlt
es dazu an Vortrag, zumal auch der derzeit feststellbare Wert (vgl. dazu sogleich) nicht
derart hoch ist, dass die Voraussetzungen dieser Ausnahme erfüllt sein dürften.
Damit mag zumindest im summarischen Prüfungsverfahren der Prozesskostenhilfe die
zuvor dargestellte Differenzierung (Erwerb vor bzw. nach Eheschließung) dahinstehen.
2. Soweit somit von Alleineigentum des Antragsgegners an der Briefmarkensammlung
auszugehen ist, dürften die Voraussetzungen eines Ausgleichsanspruchs der
Antragstellerin nach § 40 Abs. 2 FGB/DDR grundsätzlich gegeben sein.
a. Dies betrifft insbesondere die Notwendigkeit, dass der den Ausgleich begehrende
Ehegatte mit Geld- und Arbeitsleistungen wesentlich zur Vergrößerung oder zur
Erhaltung des Alleineigentums des anderen Ehegatten beigetragen hat, § 40 Abs. 1
FGB/DDR. Nach dem Vorbringen der Antragstellerin ist der wesentliche Teil der
Briefmarken erst während der Ehe aus dem Familieneinkommen der Parteien
angeschafft worden. Darin wäre ein Beitrag zur Vergrößerung des Alleineigentums des
Antragsgegners durch die Antragstellerin im Sinne der Norm zu sehen. Unabhängig
davon ist zu beachten, dass der Beitrag auch in indirekter Form geleistet werden kann.
In Betracht kommt die Führung des gemeinsamen Haushalts oder die Erziehung,
Betreuung und Versorgung der gemeinsamen Kinder, da hierdurch der andere Ehegatte
entlastet und somit indirekt zur Vermehrung seines Alleinvermögens beigetragen wird
(BGH, FamRZ 1999, 1197; Brandenburgisches OLG, FamRB 2006, 197; OLG-Report
2002, 516, 518 sowie FamRZ 1996, 670; Götsche, FamRB 2003, 256 m. w. N.).
Entsprechenden Sachvortrag zu einer indirekten Beitragsleistung hat die Antragstellerin
insbesondere in ihrem Schriftsatz vom 6. August 2007 geleistet, indem sie zu der
Rollenverteilung innerhalb der Ehe sowie zum allgemeinen Ablauf des Familienlebens
und der Erziehung und Versorgung der gemeinsamen Kinder vorgetragen hat. Durch
diese indirekte Beitragsleistung hat sie zumindest zur Erhaltung des Vermögens des
Antragsgegners beigetragen, weshalb die Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 FGB/DDR
grundsätzlich gegeben sind.
b. Hinsichtlich der Höhe des Ausgleichsanspruches ist zu beachten, dass dieser unter
Abwägung aller Umstände des Einzelfalls zu bestimmen ist; insoweit besteht ein
weitgehendes tatrichterliches Ermessen (BGH, FamRZ 2002, 1097, 1098;
Brandenburgisches OLG, OLG-Report 2002, 516, 518; Götsche, a.a.O., S. 257 m. w. N.).
Dabei kommt der Begrenzung der Ausgleichszahlung nach § 40 Abs. 2 Satz 1 FGB/DDR
besondere Bedeutung zu. Hiernach kann sich der Anteil auf bis zur Hälfte des
Vermögens erstrecken. Die Höchstgrenze eines Ausgleichsanspruchs nach § 40 Abs. 2
Satz 1 FGB/DDR stellt somit die Hälfte des bei Beendigung der Ehe vorhandenen
Vermögens, an dessen Mehrung oder Erhaltung der ausgleichsberechtigte Ehegatte
beteiligt war, dar (BGH, FamRZ 1993, 1048, 1049). Begrenzt aber das Gesetz den
Anspruch auf die Hälfte des Vermögens, so kann sich der volle Anspruch nur dann
ergeben, wenn der Gesamtwert des Alleinvermögens nahezu ausschließlich auf die
Beiträge des berechtigten Ehegatten zurückzuführen ist. Haben die Ehegatten dagegen
annähernd gleichwertige Wertsteigerungs- und Werterhaltungsbeiträge geleistet,
entspricht es der Gesetzessystematik, dass der Anspruch dann auf die Hälfte des
Höchstbetrages des § 40 Abs. 2 Satz 1 FGB/DDR, damit also im Ergebnis auf ein Viertel
des Vermögenswertes festgesetzt wird (Brandenburgisches OLG, OLG-Report 2002, 516,
517; Götsche, a.a.O., m. w. N.; a. A. Buschhaus, Die Auseinandersetzung der
Eigentums- und Vermögensgemeinschaft, Dissertation Göttingen 1999, S. 214).
13 Dass die Wertsteigerung/-erhaltung des Alleinvermögens des Antragsgegners nahezu
ausschließlich auf die Beiträge der Antragstellerin zurückzuführen ist, kann nicht
festgestellt werden; die Antragstellerin selbst geht davon aus, dass nahezu gleichwertige
Beiträge erbracht worden sind. Die von ihr geschilderte Rollenverteilung innerhalb der
Ehe spricht ebenfalls für eine derartige gleichmäßige Beteiligung beider Ehegatten.
Damit erscheint es gemäß den vorangestellten Erwägungen gerechtfertigt, den
Ausgleichsanspruch nach derzeitigem Stand auf ein Viertel des festgestellten
Vermögensgegenwertes zum 3. Oktober 1990 festzusetzen. Hinsichtlich des Wertes der
Briefmarkensammlung kann dabei auf den durch den Antragsgegner ursprünglich selbst
angegebenen Wert von 12.190 DM abgestellt werden, jedenfalls soweit dies das
summarische Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren betrifft. 12.190 DM entsprechen
6.232,67 €; die Hälfte des Vermögens gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 FGB/DDR beträgt
danach 3.116,33 €, die Hälfte hiervon wiederum als Ausgleichsanspruch der
Antragstellerin 1.558,16 €.
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