Urteil des OLG Brandenburg vom 26.10.2009

OLG Brandenburg: rechtliches gehör, örtliche zuständigkeit, bindungswirkung, quelle, sammlung, link, willkür, zuständigkeitsstreit, kompetenzkonflikt, gerichtsstandsvereinbarung

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 1.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 AR 72/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 36 Abs 1 Nr 6 ZPO, § 39 S 1
ZPO, § 281 Abs 2 S 2 ZPO, §
281 Abs 2 S 4 ZPO
Zuständigkeitsbestimmung: Entfallen der Bindungswirkung
eines Verweisungsbeschlusses bei objektiver Willkür
Tenor
Zuständig ist das Landgericht Frankfurt (Oder). Dessen Verweisungsbeschluss vom 26.
Oktober 2009 wird aufgehoben.
Gründe
1. Der Zuständigkeitsstreit ist gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 und Abs. 2 ZPO durch das
Brandenburgische Oberlandesgericht zu entscheiden, weil die am Kompetenzkonflikt
beteiligten Gerichten zum hiesigen Gerichtsbezirk gehören.
2. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO
liegen vor. Sowohl das Landgericht Frankfurt (Oder) als auch das Landgericht Potsdam
haben sich im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO rechtskräftig für unzuständig erklärt,
ersteres durch nach § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO unanfechtbaren Verweisungsbeschluss
vom 26. Oktober 2009 und letzteres durch den seine Zuständigkeit abschließend
verneinenden Beschluss vom 14. Dezember 2009, der ebenfalls den Anforderungen
genügt, die an das Merkmal „rechtskräftig“ im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu
stellen sind.
3. Örtlich zuständig ist das Landgericht Frankfurt (Oder). Dessen Verweisungsbeschluss
entfaltet keine Bindungswirkung und ist daher - klarstellend - aufzuheben.
Die Bindungswirkung nach § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO entfällt bei Verletzung des
Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) oder bei objektiver Willkür, die etwa
auch dann gegeben sein kann, wenn die Verweisung offenbar gesetzeswidrig oder sonst
grob rechtsfehlerhaft erfolgt ist (vgl. BGHZ 71, 69, 72; 102, 338, 341; BGH NJW 1993,
1273; NJW 2002, 3634, 3635; Senat NJW 2006, 3444, 3445; MDR 2006, S. 1184 ;
Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl. § 281 Rdnr. 17, 17 a m.w.N.). Das Landgericht Frankfurt
(Oder) hat zwar den Anspruch der Parteien auf Gewährung rechtlichen Gehörs beachtet.
Die Verweisungsentscheidung erweist sich aber in der Sache als objektiv willkürlich.
Das Landgericht Frankfurt (Oder) hat seine sich aus § 39 Satz 1 ZPO ergebende örtliche
Zuständigkeit unvertretbar verneint und hierbei nicht näher begründet, warum es
aufgrund der vorliegenden Vereinbarung eines ausschließlichen Gerichtsstands eine
Zuständigkeitsbegründung durch rügelose Einlassung nicht in Betracht gezogen hat.
Dies lag - wie das Landgericht Potsdam im Beschluss vom 14. Dezember 2009
zutreffend ausgeführt hat - fern, weil nach einhelliger Ansicht die auf einer
Gerichtsstandsvereinbarung beruhende - an sich gegebene - Unzuständigkeit des
angerufenen Gerichts dann ausgeräumt ist und nicht mehr besteht, wenn die
Zuständigkeit durch rügelose Einlassung des Beklagten nach § 39 ZPO begründet wird
(vgl. BGH, Urt. v. 21. November 1996 - IX ZR 264/95, in Juris; KG KGR 2005, 522, 523;
Zöller/Vollkommer, ZPO 28. Aufl. § 39 Rdnr. 11). Hiermit hat sich das Landgericht
Frankfurt (Oder) nicht näher auseinandergesetzt, obwohl dazu ersichtlich Veranlassung
bestanden hätte: Denn die Parteien hatten in den mündlichen Verhandlungen mehrfach,
nämlich am 30. April und 20. August 2009, ohne Zuständigkeitsrügen zur Sache
verhandelt, bis das Landgericht schließlich von sich aus in seinem am 27. November
2009 verkündeten Beschluss auf die angeblich in Betracht kommende örtliche
Unzuständigkeit hingewiesen hatte und den Rechtsstreit sodann mit Beschluss vom 26.
Oktober 2009 an das - tatsächlich indes nicht zuständige - Landgericht Potsdam verwies.
Dies indes war unvertretbar, was zur Folge hat, dass eine Bindungswirkung des
Verweisungsbeschlusses nicht besteht und es gemäß § 39 ZPO bei der örtlichen
Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt (Oder) verbleibt.
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