Urteil des OLG Brandenburg vom 14.03.2017

OLG Brandenburg: funktionelle zuständigkeit, sachliche zuständigkeit, güterrecht, vertretungsbefugnis, link, quelle, sammlung, auflage, zivilgericht, bindungswirkung

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 9.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 AR 7/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 36 Abs 1 Nr 6 ZPO, § 37 ZPO,
§ 281 ZPO, § 621 Abs 1 Nr 8
ZPO, § 23b Abs 1 Nr 9 GVG
Bestimmung des sachlich zuständigen Gerichts: Verneinung
einer Zuständigkeit des Familiengerichts für
Schadenersatzansprüche wegen Verfügungen eines Ehegatten
über Vermögenswerte des anderen Ehegatten
Tenor
Zum zuständigen Gericht wird das Landgericht Cottbus - Zivilkammer -
bestimmt.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche der Klägerin. Diese behauptet, der
Beklagte habe unberechtigt über das eheliche Vermögen im Ganzen verfügt. Insoweit
stehen der Klägerin ihrer Auffassung nach Ansprüche gem. §§ 823, 1363 ff. BGB auf
Erstattung des hälftigen Verfügungsbetrages zu.
Das Landgericht Cottbus hat sich mit Beschluss vom 1. August 2006 für sachlich
unzuständig erklärt und den Rechtsstreit gem. § 281 ZPO an das nach § 23 b Abs. 1
Satz 2 Nr. 9 GVG zuständige Amtsgericht - Familiengericht - Cottbus verwiesen. Mit
Beschluss vom 22. August 2006 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Cottbus die
Übernahme des Verfahrens mit der Begründung, es handele sich nicht um eine
Familiensache, abgelehnt und dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur
Entscheidung gem. § 36 Abs. 1 Ziff. 6 ZPO vorgelegt.
II.
1.
Das Amtsgericht - Familiengericht - Cottbus hat zutreffend dem Senat den Streit über
die Zuständigkeit zur Entscheidung vorgelegt. Das Brandenburgische Oberlandesgericht
ist gemäß §§ 36 Abs. 1 Nr. 6, 37 ZPO für die Entscheidung über einen
Zuständigkeitsstreit berufen. Diese Vorschriften finden bei den die sachliche und
funktionelle Zuständigkeit der Gerichte betreffenden negativen Kompetenzkonflikten
entsprechende Anwendung (vgl. nur Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 36 Rn. 2 a).
Streitigkeiten zwischen einem Prozessgericht (Zivilgericht) und einem Familiengericht
werden durch den Familiensenat des Oberlandesgerichtes entschieden (OLG Rostock
FamRZ 2004, 956, 957).
2.
Das Amtsgericht - Familiengericht - Cottbus hat auch in der Sache zutreffend seine
eigene sachliche Zuständigkeit verneint.
a.
Zunächst kann die Zuständigkeit der Familienabteilung des Amtsgerichts Cottbus nicht
aufgrund der Regelung des § 281 ZPO festgestellt werden. Zwar sind auf Grundlage
dieser Norm getroffene Verweisungen bei Unzuständigkeit bindend (vgl. § 281 Abs. 2
Satz 2 und 4 ZPO). Dies gilt aber nicht, wenn das Landgericht eine Nichtfamiliensache
an das Familiengericht verweist, da insoweit dann nur das Amtsgericht als solches, dort
aber nicht das Familiengericht an die Verweisung gebunden ist (BGH FamRZ 1980, 557).
b.
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Aber auch eine allgemeine Zuständigkeit des Amtsgerichts kann aus dem
Verweisungsbeschluss des Landgerichts nicht hergeleitet werden, da dieser nicht
bindend ist.
aa.
Dies gilt bereits deshalb, weil das Landgericht keine ausreichende Begründung für die
Verweisung abgegeben hat. Zwar bedarf es einer eingehenden Begründung angesichts
der Unanfechtbarkeit grundsätzlich nicht. Floskelhafte Formulierungen ohne jeglichen
Begründungsinhalt wie z. B. stellen aber keine
ausreichende Begründung dar, weshalb der Beschluss dann als willkürlich und ohne
Bindungswirkung anzusehen ist (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 64.
Auflage, § 281, Rn. 43). Nichts anderes kann dann gelten, wenn – wie es hier der Fall ist -
das verweisende Gericht im Verweisungsbeschluss allein auf eine Norm Bezug nimmt,
ohne hierzu jegliche Ausführungen zu tätigen.
bb.
Unabhängig davon ist zu berücksichtigen, dass das Landgericht ohne nachvollziehbare
Begründung von einer bisher einhelligen Meinung abweicht, wie aus den nachfolgenden
Ausführungen hervorgeht. In diesem Fall bindet die Verweisung aber gleichfalls nicht
(Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, a. a. O.).
Es handelt sich bei dem vorliegenden Verfahren nicht um eine Familiensache im Sinne
der
§§ 621 Abs. 1 Ziff. 8 ZPO bzw. 23 b Abs. 1 Ziff. 9 GVG. Nach diesen Vorschriften sind
dem Familiengericht Streitigkeiten über Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht
ausschließlich zugewiesen. Der Streit über Schadensersatzansprüche wegen
Verfügungen eines Ehegatten über Vermögenswerte des Anderen hat rein
zivilrechtlichen Charakter und stellt damit keine Familiensache dar, selbst dann nicht,
wenn diese Forderung möglicherweise zum Endvermögen der Ehegatten im
Zugewinnausgleich gehören würde (Baumbach/Lauterbach/Albers/
Hartmann, a. a. O., § 621, Rn. 25).
Daran ändert auch nichts, dass in diesem Zusammenhang möglicherweise die Vorschrift
des § 1365 BGB zu berücksichtigen ist. Diese Vorschrift verhält sich im Wesentlichen zur
Vertretungsbefugnis. Die Anspruchsgrundlage einer eventuellen Schadensersatzpflicht
regelt diese Norm ebenso wenig wie das eheliche Güterrecht, vielmehr ist eine solche
Schadensersatzpflicht aus allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften - insbesondere
denjenigen der §§ 280 ff., 823 ff. BGB - abzuleiten.
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