Urteil des OLG Brandenburg vom 24.09.2008

OLG Brandenburg: vergleich, kostenregelung, begriff, link, sammlung, quelle, trennung, ausschluss, hauptsache, anschluss

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 1.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 WF 9/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 91a Abs 2 ZPO, § 98 ZPO
Kostenentscheidung: Vereinbarung in einem Prozessvergleich,
das Gericht möge über die Kosten des Rechtsstreits eine
Entscheidung treffen
Tenor
1. Der Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 24. September 2008 wird teilweise
abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs tragen zu 35% die Klägerin und zu 65%
der Beklagte.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
3. Der Beschwerdewert beträgt bis zu 500 €.
Gründe
I.
Die um Kindesunterhalt streitenden Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vom
24. September 2008 einen gerichtlich protokollierten Vergleich geschlossen und insoweit
zur Hauptsache in Ziff. 1. des Vergleichs vollständiges Einvernehmen erzielt. Hinsichtlich
der Kostenregelung lautet es in Ziff. 2 des Vergleichs sodann:
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 24. September 2008 folgende
Kostenentscheidung getroffen:
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der sie auch für die
Kosten des Vergleichs eine Quotierung begehrt.
II.
Die gemäß § 91 a Abs. 2 ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige
Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Das Amtsgericht hat die Kosten des Vergleiches
unzutreffend gegeneinander aufgehoben.
1. Die Kostenaufhebung ist hier nicht gem. § 98 ZPO geboten. Nach dieser Vorschrift
sind die Kosten eines abgeschlossenen Vergleichs als gegeneinander aufgehoben
anzusehen, wenn nicht die Parteien ein Anderes vereinbart haben, § 98 Satz 1 ZPO. Das
Gleiche gilt von den Kosten des durch Vergleich erledigten Rechtsstreits, soweit über sie
nicht bereits rechtskräftig erkannt ist, § 98 Satz 2 ZPO.
§ 98 ZPO greift jedoch nur dann ein, wenn die Parteien keine Kostenvereinbarung
geschlossen haben. Die Parteien bei der Ausgestaltung der insoweit vorrangigen
Vereinbarung zu den Kosten frei. Eine lediglich negativ getroffene Kostenregelung
dergestalt, dass die Kosten von der Einigung nicht erfasst sind, stellt jedoch keine
vorrangige Kostenvereinbarung dar. Das bloße Ausnehmen des Kostenpunktes ist keine
anderweitige Parteivereinbarung, sondern vielmehr der typische Fall, dem der Gedanke
des § 98 ZPO zu Grunde liegt (OLG Brandenburg, FamRZ 2008, 1202; FamRZ 2008,
529).
Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Parteien die Kostentragung ausdrücklich einer
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Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Parteien die Kostentragung ausdrücklich einer
Entscheidung des Gerichts unterstellen, da sie damit zu erkennen geben, dass sie
gerade nicht die gesetzliche Folge des § 98 vermeiden wollen (BGH, NJW 2007, 835, 836;
OLG Brandenburg, a. a.O.; OLG Stuttgart, MDR 2008, 1246). So liegt hier der Fall bei
gebotener Auslegung der Ziff. 2. des Vergleichs. Die Parteien haben darin zu erkennen
gegeben, dass die Regelung des § 98 ZPO ausgeschlossen sein soll und das Gericht die
Kostenentscheidung (streitig) zu treffen hat. Dass insoweit der Begriff „das Gericht
„ verwendet worden ist, spricht nicht gegen den Willen, eine streitige gerichtliche
Kostenentscheidung herbeizuführen. Die separate Erklärung innerhalb des Vergleichs zu
den Kosten zeigt vielmehr, dass die Parteien sich darüber Gedanken gemacht haben
und diese Entscheidung dem Gericht überlassen wollten. Dafür spricht auch, dass im
unmittelbaren Anschluss an den Vergleichsabschluss das Gericht den Beschluss
erlassen hat, eine Entscheidung über die Kosten am Schluss der Sitzung zu treffen, und
keine der Parteien dieser Vorgehensweise widersprochen hat. Wäre aber die Rechtsfolge
des § 98 ZPO durch die Parteien erwünscht, also nicht ausgeschlossen worden, so wäre
ein solches Vorgehen des Gerichts aus Sicht der Parteien nicht notwendig gewesen.
Denn bei Geltung des § 98 S. 2 ZPO wäre eine gerichtliche Entscheidung nicht in
Betracht gekommen; die Rechtsfolge wäre vielmehr unmittelbar eingetreten (BGH, a. a.
O.).
Haben die Parteien hiernach die Rechtsfolge des § 98 ZPO ausgeschlossen, so betrifft
dieser Ausschluss sowohl die Kosten des Vergleichs als auch die (übrigen) Kosten des
Rechtsstreits. Zwar haben die Parteien sich ausdrücklich nur zu den
geäußert; der Begriff ist in diesem Zusammenhang nicht
genannt. Dies ist indes ohne Belang. Nach allgemeiner Ansicht umfasst eine Regelung in
einem gerichtlichen Vergleich über die Kosten des Rechtsstreits im Regelfalle auch die
Kosten eines Vergleichs. Der Prozessvergleich ist Teil des Rechtsstreits, er beendet
diesen. Die durch ihn ausgelösten anwaltlichen Gebühren zählen zu den Prozesskosten.
Sind nun in einem Vergleich die "Kosten des Rechtsstreits" unter den Parteien verteilt,
dann sind in der Regel die Vergleichskosten einbezogen, so dass der vereinbarte
Verteilungsmodus gilt (OLG Brandenburg, NJ 2007, 559). Aus § 98 ZPO ergibt sich nichts
anderes. Dass § 98 in Satz 1 und 2 die Kosten des Vergleichs den Kosten des
Rechtsstreits gegenüberstellt, bedeutet nicht etwa, dass die Kosten des Vergleichs nicht
zu denen des Rechtsstreits gehören. Die Trennung im Wortlaut der Vorschrift ist
vielmehr dadurch bedingt, dass die in Satz 2 angesprochenen Kosten, welche bereits
Gegenstand der rechtskräftigen Entscheidung sind, nicht in die Aufhebungsvermutung
des Satzes 1 mit einbezogen werden sollen (OLG Brandenburg, NJ 2007, 559).
Vereinbaren sich die Parteien innerhalb des Vergleichs zu den Kosten des Rechtsstreits,
so ist daher im Zweifel auch für die Kosten eines gerichtlichen oder außergerichtlich
geschlossenen Vergleichs die Anwendung des § 98 Satz 2 ZPO ausgeschlossen (OLG
Köln, OLGR 2007, 31).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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