Urteil des OLG Brandenburg vom 11.03.2009

OLG Brandenburg: zwangsvollstreckung, darlehensvertrag, arglistige täuschung, grundstück, rechtshängigkeit, kündigung, nummer, grundbuch, ergänzung, behandlung

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 5.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 U 50/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 301 ZPO, § 321 ZPO, § 320
ZPO
Konkludente Rücknahme eines Klageantrages,
Zurückverweisung der Sache bei unzulässigem Teilurteil
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 11. März 2009 verkündete Urteil der 8.
Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - 8 O 323/08 - aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des
Berufungsverfahrens - an das Landgericht Potsdam zurückverwiesen.
Die Gerichtskosten für das Berufungsverfahren werden niedergeschlagen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt die Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung bezüglich einer
zu Gunsten der Beklagten bestellten Grundschuld auf dem in ihrem Alleineigentum
stehenden Grundstück, eingetragen im Grundbuch von M… des Amtsgerichts
Brandenburg an der Havel Blatt 667, Flur 2, Flurstück 66/4, postalische Anschrift …
straße 9a in K…, sowie die Bewilligung deren Löschung. In Abteilung III unter laufender
Nummer 2 ist eingetragen eine Grundschuld über 60.000,00 DM zu Gunsten der
Beklagten gemäß der Bewilligung vom 9. Mai 2001.
Die Klägerin trug während ihrer Ehe mit D… S… den Ehenamen S…. Zwischenzeitlich ist
die Scheidung erfolgt und die Klägerin führt wieder ihren Geburtsnamen T…. Am 10.
Mai/14. Mai 2001 wurde zwischen der W… Bausparkasse AG „im Namen und im Auftrag“
der Beklagten als Darlehensgeberin und D… S… ein schriftlicher Darlehensvertrag über
einen Nennbetrag von 150.000,00 DM geschlossen. Dem Abschluss des
Darlehensvertrages lag eine Darlehensanfrage durch den damaligen Ehemann der
Klägerin zu Grunde. Als Sicherheit war im Vertrag eine einzutragende vollstreckbare,
jederzeit fällige mit 15 % jährlich verzinsliche Briefgrundschuld in Höhe von 60.000,00
DM auf dem Grundstück der Klägerin vorgesehen. Auf der zweiten Seite des schriftlichen
Darlehensvertrages wurde die Klägerin als „Mitschuldner“ bezeichnet. Der
Darlehensvertrag wurde von D… S… und der Klägerin unterzeichnet. Wegen des
weiteren Inhaltes dieses Darlehensvertrages wird auf die Anlage K 5 (Bl. 30 bis 33 d.A.)
Bezug genommen.
Am 9. Mai 2001 erklärten die Klägerin und D… S… vor dem Notar … in B… zu Lasten
des vorbezeichneten Grundstücks der Klägerin die Bewilligung einer Briefgrundschuld
über 60.000,00 DM, verzinslich vom Tag der Eintragung an mit 15 % jährlich und
jederzeit ohne Kündigung fällig. Zugleich unterwarfen sie den jeweiligen Eigentümer der
sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde. D… S… übernahm für die Entrichtung
des Grundschuldbetrages und der Zinsen die persönliche Haftung und unterwarf sich
diesbezüglich der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen. In der
notariellen Urkunde ist festgehalten, dass die Grundschuld zur Sicherung aller
Ansprüche aus jedem Rechtsgrund, die der Gläubigerin den Schuldner und Eigentümer
jetzt oder in Zukunft zustehen, dient.
Im Jahre 2003 geriet der D… S… in Zahlungsschwierigkeiten, sodass die Beklagte mit
Schreiben vom 21. Mai 2003 die Kündigung des Darlehens erklärte und den
Gesamtbetrages in Höhe von 77.900,00 € zur sofortigen Rückzahlung fällig stellt.
Nachdem ein Mitarbeiter der Beklagten in einem Gespräch am 28. Juli 2005 der Klägerin
erläutert hatte, dass sie aus dem Darlehensvertrag mithafte, erklärte die Klägerin durch
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erläutert hatte, dass sie aus dem Darlehensvertrag mithafte, erklärte die Klägerin durch
den seinerzeit von ihr betrauten Verfahrensbevollmächtigten unter dem 12. August
2005 gegenüber der Beklagten den Widerruf sämtlicher von ihr abgegebenen
Willenserklärungen sowie die Anfechtung gemäß § 119 BGB und § 123 BGB. Mit
Schreiben vom 29. Oktober 2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie werde sie in
persönlicher Hinsicht nicht mehr aus dem Darlehen vom 10. Mai/14. Mai 2001 in
Anspruch nehmen. Die Beklagte erklärte zudem, dass sie die Grundschuld in Abteilung III
Nr. 1 zur Löschung gebracht habe, soweit sie das vorgenannte Darlehen absichert.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Grundschuld sei nicht wirksam bestellt
worden. Der Grundschuldbestellung habe eine arglistige Täuschung seitens der
Beklagten zu Grunde gelegen. Diese habe entgegen der ursprünglich mit dem
Darlehensnehmer D… S… getroffenen Vereinbarung plötzlich eine Mithaftung der
Klägerin zu konstruieren versucht, und zwar nicht nur hinsichtlich der Bestellung einer
Grundschuld in Höhe von nominal 60.000,00 DM, sondern auch durch
Mithaftungsübernahme in voller Darlehenshöhe über nominal 150.000,00 DM. Die
Klägerin hat in diesem Zusammenhang behauptet, sie habe sich vom 31. Oktober 2000
bis einschließlich Dezember 2000 auf Grund psychischer Probleme in stationärer
Behandlung befunden und sei danach ab dem 22. Dezember 2000 bis mindestens Juni
2001 in ambulanter Behandlung betreut worden. Insofern sei zum Zeitpunkt der Abgabe
der notariellen Erklärung hinsichtlich der Grundschuldbestellung ihre Geschäftsfähigkeit
nicht gegeben gewesen; ihre Willenserklärung sei unwirksam. Zudem sei der
Darlehensvertrag vom 10. Mai/14. Mai 2001 nicht mit der Beklagten, sondern der W…
Bausparkasse AG geschlossen worden. Im Übrigen hat sich die Klägerin auf die Einrede
der Verjährung berufen.
Hinsichtlich ihres mit dem Klageantrag zu Ziffer 4. aus der Klageschrift verfolgten
Begehrens hat die Klägerin geltend gemacht, nach Erteilung des Klageauftrages seien
neben der schriftlichen Korrespondenz auch diverse mündliche Erörterungen zum
Zwecke der vergleichsweisen Beilegung der Streitigkeiten durchgeführt worden. Dadurch
seien ihr Rechtsanwaltskosten in Höhe von 4.074,62 € entstanden. Diese habe sie
bezahlt, sodass ihr ein Erstattungsanspruch in dieser Höhe gegenüber der Beklagten
zustehe. Zudem habe die Beklagte auch die ihr - der Klägerin - durch die
außergerichtliche Beauftragung ihrer Prozessbevollmächtigten hinsichtlich der Freigabe
der streitgegenständlichen Grundschuld entstandenen und gezahlten
Rechtsanwaltskosten zu tragen, welche sich auf 1.307,81 € belaufen. Insgesamt ergebe
sich der mit dem Klageantrag zu Ziffer 4. geltend gemachte Gesamtbetrag von 5.382,43
€ zuzüglich anteiliger Zinsen.
Mit der Klageschrift vom 11. September 2008, zugestellt am 27. Oktober 2008 an die
Beklagte, hat die Klägerin begehrt:
1. Die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der
Grundschuldbestellungsurkunde des Notars … vom 09.05.2001 zur UR-Nr.: 90/2001 wird
für unzulässig erklärt.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die ihr erteilte vollstreckbare Ausfertigung der
genannten Grundschuldurkunde an die Klägerin herauszugeben.
3. …
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.382,43 € nebst Zinsen i.H.v. 5 %-
Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11. März 2009 vor dem Landgericht hat die
Klägerin - unter Rücknahme des Klageantrages zu Ziffer 2. - beantragt,
1. die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der
Grundschuldbestellungsurkunde des Notars … vom 09.05.2001 zur UR-Nr. 90/2001 für
unzulässig zu erklären, soweit aus dieser Grundschuldbestellungsurkunde die
Zwangsvollstreckung in das Grundstück der Klägerin, …straße 9a in M…, betrieben wird,
2. die Beklagte zu verurteilen, in die Löschung der im Grundbuch von M… des
Amtsgerichts Brandenburg an der Havel, Blatt 667, Flur 2, Flurstück 667 (…straße 9a in
M…) dort unter laufender Nummer 2 in Abteilung III eingetragenen Grundschuld gemäß
der Grundschuldbestellungsurkunde des Notars … vom 09.05.2001, UR-Nr.: 90/2001, zu
bewilligen,
Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, ihre Zahlungsansprüche aus dem Darlehensvertrag mit D… S…
hätten sich auf über 87.000,00 € belaufen. Hinsichtlich der behaupteten arglistigen
Täuschung hat sie sich die Darstellung von D… S… in seiner eidesstattlichen
Versicherung zu Eigen gemacht, wonach dieser der Klägerin mitgeteilt habe, dass eine
über die Bestellung der Grundschuld hinausgehende Haftung nicht bestünde. Die
Klägerin habe lediglich zur Bestätigung der zuvor bereits unterzeichneten Grundschuld
Bestellungsverhandlung den Darlehensvertrag unterzeichnet.
Das Landgericht Potsdam hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage mit den im
Termin gestellten Anträgen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen
ausgeführt:
Die Grundschuld sei wirksam zu Gunsten der Beklagten zur Sicherung des Darlehens
vom 10. Mai /16. Mai 2001 bestellt worden und berechtige diese auf Grund diese fällig
gestellten Darlehens auch zur dinglichen Zwangsvollstreckung. Für diesen
Sicherungszweck sei bereits die zeitliche Nähe zwischen der
Darlehensvertragsunterzeichnung und der Grundschuldbestellung vom 9. Mai 2001
sowie der Umstand, dass im Darlehensvertrag, den die Klägerin unterschrieben habe,
die Grundschuld als Sicherungsmittel ausdrücklich benannt worden sei, anzuführen.
Der Einwand einer arglistigen Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB im Hinblick auf die
Grundschuldbestellung greife nicht durch.
Die Klägerin habe ferner nicht substantiiert dargelegt, dass sie sich im Zeitpunkt der
Grundschuldbestellung in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand
krankhafter Störung der Geistestätigkeit gemäß § 104 Nr. 2 BGB befunden habe.
Die Entlassung der Klägerin aus der Darlehenshaftung mit Schreiben der Beklagten vom
29. Oktober 2007 ändere nichts daran, dass die Klägerin weiter als
Drittsicherungsgeberin in dinglicher Hinsicht für die Darlehensforderung ihres früheren
Ehemannes hafte. Die dingliche Haftung sei nur bezüglich der Grundschuld in Abteilung
III Nr. 1 anteilig zur Löschung gebracht worden, nicht aber bezüglich der hier
streitgegenständlichen Grundschuld in Abteilung III Nr. 2. Der Darlehensvertrag vom 10.
Mai/14. Mai 2001 sei nicht mit der W… Bausparkasse AG, sondern mit der Beklagten
abgeschlossen worden. Die Bausparkasse habe im Namen und im Auftrag der Beklagten
gehandelt, sei also Stellvertreterin gemäß § 164 Abs. 1 BGB. Die gesicherte Forderung
sei auch nicht verjährt. Jedenfalls scheitere der Verjährungseinwand an § 216 Abs. 1
BGB; diese Vorschrift gelte auch entsprechend für die Grundschuld. Die gesicherte
Hauptschuld bestehe ebenfalls. Für die Voraussetzungen der Erfüllung gemäß § 362
Abs. 1 BGB sei die Klägerin darlegungs- und beweisbelastet. Es wäre also an ihr gewesen
konkret vorzutragen, in welcher Höhe Zahlungen an die Beklagte geflossen seien,
welche dann den zum Zeitpunkt der Kündigung fälligen Gesamtbetrag von 77.900,90 €
zum Erlöschen gebracht hätten.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der fristgerecht eingelegten
Berufung.
Die Klägerin rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie macht geltend,
dass Landgericht habe bereits formell fehlerhaft das Urteil verkündet, da die Sache nicht
entscheidungsreif gewesen sei. Denn das Landgericht habe nicht über ihren Klageantrag
zu Ziffer 4. auf Erstattung von insgesamt 5.382,43 € nebst anteiliger Zinsen
entschieden.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom
22. Juli 2009 (Bl. 140 ff.) Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung
1. die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der
Grundschuldbestellungsurkunde des Notar … vom 9.5.2001 zur Urkundenrollen-Nr.
90/2001 für unzulässig zu erklären, soweit aus dieser Grundschuldbestellungsurkunde
die Zwangsvollstreckung in das Grundstück der Klägerin …straße 9 a in M… betrieben
wird,
2. die Beklagte zu verurteilen, die Löschung der im Grundbuch von M… des
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2. die Beklagte zu verurteilen, die Löschung der im Grundbuch von M… des
Amtsgerichts Brandenburg/Havel Bl. 667, Flur 2, Flurstück 667 (…straße 9 a in M…) dort
zur lfd. Nummer 2 in Abt. III eingetragenen Grundschuld gemäß der
Grundschuldbestellungsurkunde des Notar … vom 09.05.2001 (Urkundenrollen-Nr.
90/2001) zu bewilligen,
3. die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.382,43 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-
Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.10.2008 zu zahlen.
hilfsweise
das angefochtene Urteil aufzuheben und an das Landgericht Potsdam
zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Ergänzung ihres
erstinstanzlichen Vorbringens.
Die Beklagte meint, zutreffend habe das Landgericht nicht über den von der Klägerin in
der Klageschrift geltend gemachten Klageantrag zu Ziffer 4. entschieden. Denn
ausweislich des Protokolls der Sitzung vom 11.03.2009 habe der Klägervertreter den
Antrag zu Ziffer 1. aus der Klageschrift mit der vermerkten Maßgabe und des weiteren
unter Rücknahme des Antrags zu Ziffer 2. im übrigen den Antrag gestellt, die Beklagten
zu verurteilen, eine Löschungsbewilligung zu erteilen; weitere Anträge seien nicht gestellt
worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz vom
8. Dezember 2009 (Bl. 158 ff.) Bezug genommen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29.04.2010 hat der Senat die Parteien
darauf hingewiesen, dass die angefochtene Entscheidung möglicherweise ein
unzulässiges Teilurteil sei, da das Landgericht in dieser Entscheidung nicht über den in
der ersten Instanz gestellten und darüber verhandelten Antrag zu Ziffer 4. entschieden
habe. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat nach diesem Hinweis erklärt, die
Klage im Antrag zu 4. solle aufrechterhalten bleiben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die eingereichten
Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Auf die zulässige Berufung der Klägerin war die angefochtene Entscheidung des
Landgerichts gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 ZPO aufzuheben und die Sache zur
erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Potsdam
zurückzuverweisen, da ein unzulässiges Teilurteil mit der Gefahr widersprechender
Entscheidungen vorliegt.
1.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht
eingelegt und begründet (§§ 517, 519, 520 ZPO).
2.
Die angefochtene Entscheidung stellt sich, wenn auch als Urteil bezeichnet, tatsächlich
als ein unzulässiges, entgegen den Voraussetzungen des § 301 ZPO erlassenes
Teilurteil dar.
Mit der der Beklagten zugestellten Klageschrift vom 11.09.2008 hat die Klägerin mit dem
Klageantrag zu 4. die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 5.382,43 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit als
Erstattung ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten für die Tätigkeit ihrer
Prozessbevollmächtigten begehrt. Dieser Antrag ist in der mündlichen Verhandlung vom
11. März 2009 vor dem Landgericht ausweislich des Protokolls und des Tatbestandes
des angefochtenen Urteils nicht gestellt worden.
Dieser Klageantrag zu 4. ist rechtshängig geworden (§ 253 Abs. 1 ZPO, § 261 Abs. 1
ZPO) und für eine Rücknahme dieses Klageantrages ist kein Anhalt ersichtlich. Aus dem
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ZPO) und für eine Rücknahme dieses Klageantrages ist kein Anhalt ersichtlich. Aus dem
Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.03.2009 ergibt sich hierzu ebenso wenig
wie aus den Schriftsätzen der Klägerin. Soweit die Klägerin im Termin vom 11. 03.2009
eine teilweise Klagerücknahme erklärt hat, bezog sich dies - teilweise - nur auf das mit
dem Klageantrag zu 2. verfolgte Begehren. Zwar kann eine Klagerücknahme auch
konkludent erfolgen, doch muss der dahin gerichtete Wille des Klägers unzweideutig und
unmissverständlich zum Ausdruck gekommen sein (siehe BGH NJW-RR 1996, 885);
bloßes (teilweises) „Nichtverhandeln“ genügt dafür im Allgemeinen nicht (siehe
Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl.2010, § 269 Rn. 12). Daraus folgt, dass das Landgericht nur
über einen „Teil“ der Anträge entschieden hat.
3.
Nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 ZPO darf das Berufungsgericht die Sache, soweit ihre
weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an
das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverweisen, wenn das angefochtene Urteil ein
entgegen den Voraussetzungen des § 301 ZPO erlassenes Teilurteil ist. Eines Antrages
einer Partei auf Zurückverweisung Bedarf es in diesem Fall nicht (§ 538 Abs. 2 Satz 3
ZPO). Vorliegend kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine - noch ausstehende -
Entscheidung über den in der 1. Instanz noch rechtshängigen Klageantrag zu 4. zu einer
widersprechenden Entscheidung über Vorfragen führen könnte, die bereits Gegenstand
des vorliegenden Teilurteils geworden sind.
4.
Der Fehler des Landgerichts konnte auch nicht dadurch „geheilt“ werden, dass die
Klägerin in der Berufung den übergangenen Antrag gleichsam als Klageerweiterung
geltend gemacht hat.
Eine solche Verfahrensweise wäre prozessual nur dann wirksam, wenn die
Rechtshängigkeit des nicht verbeschiedenen Antrages erloschen wäre. Das ist nicht der
Fall.
Der Klageantrag zu 4. ist weiter rechtshängig. Ein Fall der Ergänzung des
erstinstanzlichen Urteils gemäß § 321 ZPO mit der Folge, dass nach Ablauf der
Antragsfrist des § 321 Abs. 2 ZPO die Rechtshängigkeit der Klage entfällt, soweit sie
Gegenstand eines übergangenen Antrags gewesen ist (vgl. BGH NJW-RR 2005, 790;
Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 321, Rn. 8), so dass dieser Antrag in der zweiten Instanz
durch Klageerweiterung wieder in den Prozess eingeführt werden kann, wenn der
Rechtsstreit wegen anderer Teile des Prozessstoffes noch in der Berufungsinstanz
anhängig ist, liegt nicht vor.
Hinsichtlich des Klageantrages zu 4. kommt ein Fall der Urteilsergänzung gemäß § 321
ZPO nicht in Betracht. Die Bestimmung setzt ihren Wortlaut nach nämlich voraus, dass
ein nach dem Tatbestand des Urteils bzw. des zu berichtigenden Tatbestandes geltend
gemachter Anspruch übergangen worden ist. Diese Formulierung grenzt die
Urteilsergänzung nach § 321 ZPO von der Tatbestandsberichtigung nach § 320 ZPO ab
(vgl. dazu BGH aaO.). Hat nämlich das Gericht den übergangenen Antrag versehentlich
auch nicht in den Tatbestand seines unvollständigen Urteils aufgenommen, dann muss
einer Urteilsergänzung eine Berichtigung des Tatbestandes nach § 320 ZPO
vorangehen. Eine Tatbestandsberichtigung nach § 320 ZPO scheidet hier jedoch aus.
Denn ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 11.03.2009 vor dem
Landgericht ist der Klageantrag zu Ziffer 4. nicht gestellt worden. Mithin ist der
Tatbestand des angefochtenen Urteils nicht unrichtig. Es enthält keine im Wege der
Berichtigung zu beseitigende Entscheidungslücke.
Die Zurückverweisung der Sache ist gemäß § 538 Abs. 2 S. 3 ZPO nicht an den Antrag
einer Partei gebunden, sondern hat von Amts wegen zu erfolgen. Sie ist überdies von
der Klägerin hilfsweise beantragt worden. Da eine Verlagerung des gesamten noch zur
Entscheidung stehenden Rechtsstreits in dem Berufungsrechtszug unter keinem
Gesichtspunkt sachgerecht ist, muss die Sache vom Landgericht erneut verhandelt und
entschieden werden, zumal ein unzulässiges Teilurteil sich zugleich als ein gravierender
Verfahrensfehler darstellt.
3.
Die Kostenentscheidung war dem Landgericht vorzubehalten. Die Gerichtskosten für das
Berufungsverfahren waren allerdings gemäß § 21 GKG niederzuschlagen, denn sie wären
bei richtiger Sachbehandlung nicht angefallen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.
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