Urteil des OLG Brandenburg vom 05.01.2006

OLG Brandenburg: treu und glauben, umkehr der beweislast, aufrechnung, nachbesserung, sicherheitsleistung, unternehmer, vorschuss, mangel, kontrolle, fälligkeit

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht
12. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 U 9/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 95 Abs 1 InsO, § 17 Nr 6 Abs 3
VOB B, § 637 BGB
Bauvertrag: Aufrechnung gegenüber einem Vergütungsanspruch
mit Gewährleistungsansprüchen; Fälligkeit des
Vergütungsanspruchs bei nicht erfolgter Sicherheitsleistung des
Auftragnehmers; Anwendbarkeit des insolvenzrechtlichen
Aufrechnungsverbots
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5. Januar 2006 verkündete Urteil der 3.
Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 13 O 325/04,
einschließlich des zugrunde liegenden Verfahrens aufgehoben und die Sache zur
erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht, welches auch über die
Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat, zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere fristgerecht i.S.v. § 520 Abs. 2 ZPO begründet
worden. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der früheren Klägerin
am 15.02.2006 ist das Verfahren unterbrochen worden (§ 240 S. 1 ZPO). Das hatte
gemäß § 249 Abs. 1 ZPO zur Folge, dass der Lauf der Berufungsbegründungsfrist
aufhörte und die Frist nach Beendigung der Unterbrechung von neuem zu laufen begann
(vgl. BGH VersR 1982, 1054). Das Verfahren ist gemäß §§ 240 S. 1, 250 ZPO durch
Zustellung des die Aufnahme enthaltenden Schriftsatzes des Klägers vom 06.03.2007,
mithin am 01.04.2007, aufgenommen worden. Die Beklagte hat die Berufung auch
innerhalb der ab dem 02.04.2007 von neuem in Lauf gesetzten Zwei-Monats-Frist aus §
520 Abs. 2 ZPO begründet.
II.
Das Rechtsmittel hat in der Sache insoweit Erfolg, als das angefochtene Urteil auf den
Hilfsantrag der Beklagten aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung
und Entscheidung gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen
ist.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger gemäß § 17 Nr. 6 Abs. 3 VOB/B in
Verbindung mit der vertraglichen Regelung unter Ziff. 8 die Auszahlung des
einbehaltenen Betrages verlangen kann, nachdem die Beklagte der Aufforderung der
Gemeinschuldnerin zur Einzahlung des Sicherheitsbetrages auf ein Sperrkonto nicht
nachgekommen ist. Wenn der Auftragnehmer nach § 17 Nr. 6 Abs. 3 S. 2 VOB/B nicht
mehr verpflichtet ist, Sicherheit zu leisten, wird der dadurch frei werdende
Vergütungsanspruch sofort fällig (Ingenstau/Korbion-Joussen, VOB, 15. Aufl. 2004, § 17
Nr. 6 VOB/B Rn 28). In Bezug auf die Forderungshöhe besteht kein Streit.
Gegenüber dem Auszahlungsanspruch des Bauunternehmers aus § 17 Nr. 6 Abs. 3
VOB/B darf der Auftraggeber mit eigenen Gewährleistungsansprüchen für das gleiche
Bauvorhaben aufrechnen. Wird die Sicherheitsleistung trotz Nachfristsetzung nicht auf
ein Sperrkonto eingezahlt, so führt das nur zur Fälligkeit des Auszahlungsanspruchs;
dass insoweit eine Aufrechnung mit Gegenansprüchen ausgeschlossen wäre, lässt sich §
17 Nr. 6 VOB/B nicht entnehmen (hM; Ingenstau/Korbion-Joussen, aaO, § 17 Rn. 6 VOB/B
Rn 31 m.w.N.; OLG Dresden, BauR 2001, 1918; a.A. für Zurückbehaltungsrecht,
ausdrücklich nicht für Aufrechnung: OLG Celle, BauR 2003, 195; LG Berlin, BauR 2002,
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ausdrücklich nicht für Aufrechnung: OLG Celle, BauR 2003, 195; LG Berlin, BauR 2002,
969). Die Sanktion des § 17 Nr. 6 Abs. 3 VOB/B erschöpft sich darin, dass vom
Auftraggeber einbehaltener Werklohn sofort fällig wird und der Besteller das Recht auf
Sicherheitsleistung verliert. Er muss dann aber zur Verteidigung gegen den
auszuzahlenden Restwerklohn seine behaupteten Gewährleistungsansprüche genauso
nutzen können, wie in Fällen, in denen von vornherein kein Sicherungseinbehalt
vereinbart war (OLG Dresden, aaO, Rn 16).
Nachdem die Beklagte sich in erster Instanz zunächst darauf beschränkt hatte, die für
die Mängelbeseitigung voraussichtlich notwendigen Kosten mitzuteilen, hat sie im
Termin vom 15.09.2005 betont, Zurückbehaltungsrechte geltend zu machen. Mit
Schriftsatz vom 13.12.2005 hat sie schließlich vorgetragen, aus § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B
einen Anspruch auf Vorschuss für Ersatzvornahmekosten zu haben, den sie der
Klageforderung entgegengehalten hat. Damit verteidigt sie sich auch im
Berufungsverfahren, in dem sie hilfsweise die Aufrechnung mit einem Minderungsbetrag
i.H.v. 16.800,00 € erklärt.
Das Landgericht hat angenommen, die Beklagte habe nicht substantiiert bestritten,
dass die Heizungsanlage mangelfrei errichtet wurde. Die mit Schriftsatz der Beklagten
vom 13.12.2005 erneut erhobenen und weiterer präzisierten Mängeleinreden hat das
Landgericht unter Bezugnahme auf § 296a ZPO zurückgewiesen, da sie seitens der
Klägerin sinngemäß bestritten worden seien und deshalb eine Verzögerung des
Rechtsstreits sicht ergeben würde.
Das ist nicht frei von Verfahrensfehlern.
Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung nach § 296a ZPO lagen nicht vor, weil der
Schriftsatz vom 13.12.2005 nicht nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom
15.12.2005 vorgebracht wurde, sondern in dieser Verhandlung vorlag. Geschah die
Zurückweisung - wie hier - zu Unrecht, lag also der von der 1. Instanz bejahte
Zurückweisungsgrund nicht vor, so kann das Berufungsgericht die Zurückweisung nicht
mit anderer Begründung aufrechterhalten (Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, 27. Aufl. 2005,
§ 531 Rn 10; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 531 Rn 8); es ist
deshalb nicht zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 296 ZPO vorlagen.
Auf diesem Verfahrensfehler beruht die angefochtene Entscheidung auch, denn bei
Berücksichtigung des in Rede stehenden Vortrages hätte zunächst zum Grund des von
der Beklagten geltend gemachten Anspruchs Beweis erhoben werden müssen, wovon
offenbar auch das Landgericht ausgegangen ist, da es ansonsten die für § 296 a ZPO
ohnehin gar nicht maßgebliche Verzögerung nicht hätte bejahen können.
Anspruchsgrundlage für einen Vorschussanspruch der Beklagten ist § 637 Abs. 3 BGB.
Der Auftraggeber kann nach dieser Vorschrift von dem Unternehmer für die zur
Beseitigung von Mängeln erforderlichen Aufwendungen Vorschuss verlangen. § 637 Abs.
3 BGB ist auch auf VOB/B-Bauverträge unmittelbar anwendbar (Kniffka/Koeble,
Kompendium des Baurechts, 2. Aufl., 6. Teil Rn 189; Ingenstau/Korbion-Wirth, aaO, § 13
Nr. 5 VOB/B Rn 180). Der Vorschussanspruch besteht unter den gleichen
Voraussetzungen wie der Kostenerstattungsanspruch. Der von der Beklagten geltend
gemachte Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B, für dessen Grund
und Höhe die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig ist (Ingenstau/Korbion-Wirth, aaO,
§ 13 Nr. 5 VOB/B Rn 152), setzt einen durchsetzbaren Nacherfüllungsanspruch voraus.
Die Beklagte hat Sachmängel des von der Gemeinschuldnerin errichteten Werks i.S.v. §
13 Nr. 1 VOB/B hinreichend substantiiert vorgetragen. Unter Bezugnahme auf
Feststellungen des Dipl.-Ing. B… vom 30.08.2004 behauptet sie Mängel bezüglich
Dämmung, Seitenverkleidung und Farbbeschichtung des Rohres; ferner trägt sie vor, zur
Rohrverbindung eingesetzte Treibschrauben seien teilweise abgeschert und es komme
zu einer die Rohre übermäßig beanspruchenden Temperatur. Soweit sie zuvor zusätzlich
weitere Mängelrügen erwähnt hatte (u.a. Fehlalarm Brandmelder, Fehler an
Warmwasserleitung), hält sie diese offenbar nicht aufrecht.
Dem Sachvortrag der Beklagten zu Mängeln stehen weder die
„Mängelfreiheitsbescheinigungen“ der Bauherrin noch die Angaben des
Geschäftsführers der Beklagten im Termin vom 15.09.2005 entgegen. Die Mitteilung des
Geschäftsführers, dass die Heizung „heizt“, ist unerheblich, weil auch die Beklagte nicht
behauptet, der Mangel des Werkes liege in völliger Funktionslosigkeit der
Heizungsanlage oder unzureichender Heizleistung. Unabhängig von den Umständen des
Zustandekommens der „Bescheinigungen“ des Anlagenbetreibers handelt es sich um
laienhafte Erklärungen zur Funktion der Heizung. Wenn es in dem Vordruck vom
17.06.04 heißt „Anlage ist mängelfrei in Betrieb“, ist diese Erklärung schon deshalb
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17.06.04 heißt „Anlage ist mängelfrei in Betrieb“, ist diese Erklärung schon deshalb
wenig aussagekräftig, als eine Heizung im Juni regelmäßig nicht „in Betrieb“ ist; zudem
wird nicht klar, worauf die Kontrolle sich erstreckte. Der Aussagewert der Erklärung ist
zusätzlich dadurch eingeschränkt, dass der Unterschreibende ausdrücklich nur „für die
durchgeführte Kontrolle“ unterschrieben und damit nicht die inhaltliche Richtigkeit der
Angaben bestätigt hat. Darüber hinaus teilte Herr V… unter dem 17.09.03 mit, mit
seinen Unterschriften jeweils nur die Anwesenheit von Mitarbeitern der
Gemeinschuldnerin bestätigt zu haben. Die Eintragungen auf diversen vorgelegten
„Service-Auftrag“-Formularen rechtfertigen demnach keine Umkehr der Beweislast. Es
kann auch nicht unterstellt werden, dass die Mängel vorgeschoben worden wären. Das
Landgericht stützt diesen Verdacht auf die Annahme, der Anlagenbetreiber habe an der
Anlage nichts auszusetzen und sei zufrieden. Davon kann indessen schon angesichts
des Schreibens der Rechtsanwälte … vom 14.06.2004 nicht ausgegangen werden, in
dem sie sich für die H… + Co. GmbH legitimierten und fortbestehende
Mangelerscheinungen beanstandeten.
Für die Richtigkeit ihres Vortrags zu Mängeln beruft die Beklagte sich auf das
sachverständige Zeugnis des Herrn B… sowie Sachverständigengutachten.
Unabhängig vom Vorliegen der behaupteten Mängel ist allerdings zweifelhaft, ob
Gewährleistungsansprüche der Beklagten sich auf sämtliche vorgetragenen Mängel
erstrecken können. § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B setzt eine Fristsetzung zur
Mängelbeseitigung voraus. Die Beklagte ist der Auffassung, die Gemeinschuldnerin mit
Schreiben vom 05.02.2004 und 11.05.2004 unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung
aufgefordert zu haben. Diese Schreiben beziehen sich aber nur auf die angeblichen
Mängel „Farbabplatzungen“, „mangelhafte Dämmung“ und „Übertemperatur“; die
Komplexe „abgescherte Treibschrauben“ und „Seitenverkleidung“ sind nicht
angesprochen. Insoweit lassen sich auch dem sonstigen Vortrag der Beklagten keine
Mängelbeseitigungsaufforderungen entnehmen. Sie verweist zwar darauf, im
vorangegangenen Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) eine „Fülle an
Mängelanzeigen dargelegt“ zu haben. In dem von ihr insoweit in Bezug genommenen
Schriftsatz aus dem Vorprozess vom 17.09.2003 ist von diesen Mängeln aber keine
Rede.
Soweit es in Bezug auf zwei Mängelkomplexe an einer Mängelbeseitigungsaufforderung
i.S.v. § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B fehlen sollte, wäre diese nach derzeitigem Sach- und
Streitstand auch nicht - was die Beklagte darlegen und beweisen müsste
(Ingenstau/Korbion-Wirth, aaO, § 13 Nr. 5 VOB/B Rn 143) - ausnahmsweise entbehrlich.
Nach Treu und Glauben besteht allerdings das Selbstvornahmerecht des Auftraggebers
auch ohne vorangegangene Fristsetzung, wenn der Auftragnehmer die Nacherfüllung
und/oder das Vorhandensein von Mängeln absolut und entschieden bestritten hat.
Gleiches gilt, wenn der Auftragnehmer sich bei der Bauausführung nachweislich derart
unzuverlässig verhalten hat, dass dem Auftraggeber Mängelbeseitigungsarbeiten durch
diesen Auftragnehmer nicht mehr zuzumuten sind (Ingenstau/Korbion-Wirth, aaO, § 13
Nr. 5 VOB/B Rn 131, 138). Derartige Umstände sind derzeit nicht erkennbar.
Die Gemeinschuldnerin hat die Mangelbeseitigung nicht endgültig abgelehnt. Die
Beklagte behauptet das zwar pauschal, trägt aber nicht näher vor, woraus sich diese
Weigerung konkret ergeben soll. Dafür genügt das Bestreiten von Mängeln nicht; eine
zwangsläufige Verknüpfung zwischen prozessualem Bestreiten der Verantwortlichkeit für
einen Mangel und materiellem Erklärungswert einer Leistungsverweigerung gibt es nicht
(BGH NJW-RR 1993, 882; Ingenstau/Korbion-Wirth, aaO, § 13 Nr. 5 VOB/B Rn 139f). Eine
endgültige Weigerung der Gemeinschuldnerin, Mangelbeseitigungsarbeiten auszuführen,
kann aufgrund der Verhandlungen der Parteien über einen erheblichen Zeitraum nicht
festgestellt werden. Zeigt der Unternehmer „Gesprächsbereitschaft“, liegt im Zweifel
eine endgültige Verweigerung der Nachbesserung noch nicht vor (Werner/Pastor, Der
Bauprozess, 11. Aufl., Rdn. 1657). Ausweislich des vorgelegten Schriftverkehrs hat die
Gemeinschuldnerin wiederholt zum Ausdruck gebracht, die Anlage gemeinsam mit der
Beklagten besichtigen zu wollen, um etwaige Mängel zu beseitigen.
Soweit die Beklagte eine Fristsetzung zudem unter Hinweis auf „teilweise“ durchgeführte
Beseitigungsversuche der Gemeinschuldnerin, die „mehrfach gescheitert“ sein sollen,
für entbehrlich hält, lässt sich ihrem Vortrag nicht hinreichend deutlich entnehmen, dass
(weitere) Mängelbeseitigungsversuche durch die Gemeinschuldnerin der Beklagten nicht
zugemutet werden konnten. Den eingereichten Unterlagen lässt sich zwar entnehmen,
dass die Beklagte Mängelbeseitigungsarbeiten ausgeführt hat. Es fehlt aber an einer
geordneten Darstellung dieser Arbeiten und des behaupteten Fehlschlagens. Auch die
pauschale Bezugnahme der Beklagten auf den Rechtsstreit vor dem Landgericht
Frankfurt (Oder) zum Az. 12 O 459/93 ist insoweit nicht ausreichend. Verbleibende
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Frankfurt (Oder) zum Az. 12 O 459/93 ist insoweit nicht ausreichend. Verbleibende
Unklarheiten gehen zu Lasten der darlegungspflichtigen Beklagten. Eine Fristsetzung ist
schließlich auch nicht ohne weiteres wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
obsolet geworden. In diesem Fall hätte die Frist gegenüber dem Insolvenzverwalter
gesetzt werden können und müssen (Ingenstau/Korbion, aaO, § 13 Nr. 4 VOB/B Rn 295).
Ferner wird zu berücksichtigen sein, dass der Kläger geltend macht, die
Gemeinschuldnerin habe Nachbesserung angeboten, die von der Beklagten aber
abgelehnt worden sei. Dieser Vortrag kann erheblich werden, weil das
Nacherfüllungsverlangen der Beklagten in diesem Fall wegen Widersprüchlichkeit als
rechtsmissbräuchlich i.S.v. § 242 BGB anzusehen sein könnte (vgl. OLG Köln, BauR 1977,
275; OLG Hamm, BauR 2000, 1347).
Da der Kläger sich insoweit auf einen Verstoß der Beklagten gegen Treu und Glauben
beruft, ist er für die tatsächlichen Voraussetzungen darlegungs- und beweispflichtig. Im
Streitfall verweist er darauf, dass die Beklagte mit Schreiben ihres
Prozessbevollmächtigten vom 21.10.2004 mitteilen ließ, mit einer Mängelbeseitigung
durch die Gemeinschuldnerin nur unter der Prämisse eines Anerkenntnisses der
Mängelbeseitigungspflicht einverstanden zu sein. Nachdem die Gemeinschuldnerin
hiermit nicht einverstanden war, teilte die Beklagte mit, eine nochmalige Nachbesserung
sei der Bauherrin nicht zu vermitteln; später ließ sie sowohl der Gemeinschuldnerin als
auch deren Verfahrensbevollmächtigtem Hausverbot erteilen. Ob diese Umstände eine
Treuwidrigkeit der Beklagten begründen können, erscheint insoweit zweifelhaft, als sie
sämtlich erst nach Ablauf der von der Beklagten mit Schreiben vom 05.02. und
11.05.2004 zur Mängelbeseitigung gesetzten Fristen aufgetreten sind. Mit Fristablauf am
31.05.2004 war die Gemeinschuldnerin jedoch nicht mehr zur Nacherfüllung berechtigt,
die Beklagte mithin nicht verpflichtet, auf (weitere) Angebote zu
Nachbesserungsarbeiten einzugehen.
Die Beklagte ist an der Geltendmachung von Gegenansprüchen auch nicht durch das
Aufrechnungsverbot aus § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO gehindert. § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO setzt
voraus, dass die Aufrechnungslage erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens
eingetreten ist. Das Aufrechnungsverbot würde im Streitfall deshalb nur dann eingreifen,
wenn der von der Beklagten geltend gemachte Zahlungsanspruch aus § 13 Nr. 5 Abs. 2
VOB/B nach dem 15.02.2006 fällig geworden wäre. Davon kann auf der Grundlage des
Vortrages der Beklagten nicht ausgegangen werden, die sich auf Fristsetzungen beruft,
die aus dem Jahr 2004 datieren.
Die Vorschrift ist zudem nach ihrem Sinn und Zweck nicht anzuwenden, wenn der
Insolvenzverwalter Werklohn für mangelhafte Leistungen verlangt und der Besteller mit
dem nach den Mängelbeseitigungskosten berechneten Schadensersatzanspruch
aufrechnet (BGH NJW 2005, 3574). Soweit der Kläger die vorgenannte Entscheidung
nicht für einschlägig hält, weil in dem ihr zugrunde liegenden Fall ein Werklohnanspruch
geltend gemacht wurde, kann ihm nicht gefolgt werden. Der hier streitgegenständliche
Auszahlungsanspruch aus § 17 Nr. 6 Abs. 3 VOB/B ist in der Sache nichts anderes als
ein Werklohnanspruch. Der Sicherheitseinbehalt ist Teil des geschuldeten Werklohns, für
den die Parteien lediglich eine abweichende Fälligkeitsregelung getroffen haben.
Der materielle Streitstoff ist damit in Bezug auf den Anspruchsgrund noch ungeklärt und
macht eine umfangreiche Beweisaufnahme zu Grund, gegebenenfalls auch Höhe der
von der Beklagten geltend gemachten Ansprüche notwendig. Dies erstmals im zweiten
Rechtszug zu unternehmen, entspricht nicht der Funktion des Berufungsgerichts.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713
ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision i.S.v. §§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO liegen
nicht vor.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 10.000,00 €.
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