Urteil des OLG Brandenburg vom 23.11.2009

OLG Brandenburg: getreide, herausgabe, einstweilige verfügung, dingliche einigung, kaufvertrag, besitz, unterbrechung, arrestgrund, vollstreckung, eigentumsübergang

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 6.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 U 132/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 433 Abs 1 S 1 BGB, § 929 S 2
BGB, § 930 BGB, § 985 BGB
Eigentumsherausgabeanspruch an verkauftem Getreide bei
dessen Verbleib im Lager des veräußernden Landwirts
Tenor
Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt
(Oder) vom 23. November 2009 (Az.: 14 O 72/09) wird zurückgewiesen.
Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Gründe
I.
Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren um die Herausgabe von
Getreide. Die Verfügungsklägerin schloss mit der Verfügungsbeklagten am 2.
September 2008 einen Kaufvertrag über den Erwerb von Getreide zum Preis von 145,-
Euro/t. Aufgrund eines gleichzeitig geschlossenen Lagervertrages verblieb das Getreide
bei der Verfügungsbeklagten. Die Verfügungsbeklagte unterzeichnete
Namenslagerscheine, in denen sie erklärte, unwiderruflich das Eigentum an der konkret
benannten Menge Getreide an die Verfügungsklägerin zu übertragen. Das Getreide war
zum Zeitpunkt der Unterzeichnung als Teil einer größeren Partie eingelagert. In den
Kaufvertrag (Bl. 12 d. A.) nahmen die Parteien den Zusatz auf: "sofort verrechnen mit
OP + garantierter Rückkauf mit +2,- Euro netto nach Absprache!" Ebenfalls am 2.
September 2008 schlossen die Parteien einen Rückkaufvertrag, nach dessen Inhalt die
Verfügungsbeklagte das Getreide zu dem vereinbarten Preis von 147,- Euro/t zurück
erwarb. Die Verfügungsklägerin verrechnete in der Folgezeit den Kaufpreis für das
Getreide mit offenen Forderungen. Die Verfügungsbeklagte, die eine Schweinemast
betreibt, begann mit der Verfütterung des Getreides. Ob sie hierzu befugt war, ist
zwischen den Parteien streitig. Weil die Verfügungsbeklagte in Zahlungsschwierigkeiten
geriet, hat die Verfügungsklägerin in erster Linie Herausgabe des noch vorhandenen
Getreides an einen Sequester begehrt, hilfsweise an sich, hilfsweise die Untersagung der
Verfütterung, hilfsweise die Anordnung eines dinglichen Arrestes wegen eines Betrages
in Höhe von 77.886,86 Euro in das gesamte Vermögen der Verfügungsbeklagten. Soweit
die Verfügungsklägerin ursprünglich die Herausgabe weiterer Getreidemengen beantragt
hat, hat sie den Rechtsstreit insoweit teilweise einseitig für erledigt erklärt. Wegen des
Sachverhaltes im Einzelnen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem
angefochtenen Urteil verwiesen.
Das Landgericht hat die im Beschlusswege erlassene einstweilige Verfügung mit seinem
am 23. November 2009 verkündeten Urteil aufgehoben und die Anträge
zurückgewiesen, auch soweit die Verfügungsklägerin den Herausgabeantrag wegen einer
Reduzierung der angegebenen Getreidemengen für erledigt erklärt hat. Den Hilfsantrag
auf Anordnung des Arrestes hat es an das Brandenburgische Oberlandesgericht zum
hier geführten Verfahren 6 U 123/09 verwiesen, in dem die Zahlung des Kaufpreises für
das zurückgekaufte Getreide von der Verfügungsklägerin gegenüber der
Verfügungsbeklagten geltend gemacht wird. Zur Begründung der Abweisung der
Anträge hat es ausgeführt, dass der Eigentumsübergang an dem Getreide auf die
Verfügungsklägerin durch Unterzeichnung der "Namenslagerscheine" schon deshalb
nicht erfolgt sei, weil keine hinreichende Bestimmtheit der übereigneten Sache gegeben
sei; ausweislich der Lagerscheine seien die übereigneten Tonnen Getreide jeweils "Teile
größerer Partien." Zudem stehe der Verfügungsbeklagten aber jedenfalls ein Recht zum
Besitz aufgrund des Rückkaufvertrages vom 2. September 1998 zu, von dem die
Verfügungsklägerin nicht zurückgetreten sei. Soweit die Verfügungsklägerin sich auf den
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Verfügungsklägerin nicht zurückgetreten sei. Soweit die Verfügungsklägerin sich auf den
Lagervertrag berufe, stehe ihrem Anspruch entgegen, dass sie schon nicht Eigentümerin
des Getreides sei, zudem stelle sich das Herausgabeverlangen als treuwidrig dar, da die
Verfügungsklägerin selbst auf Erfüllung des Kaufvertrages bestehe. Wegen der fehlenden
Eigentümerposition und der mangelnden Bestimmbarkeit der von der
Verfügungsklägerin verkauften Getreidemenge bestehe auch kein Anspruch auf
Unterlassung der Verfütterung. Ergänzend wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils
vom 23. November 2009 Bezug genommen.
Gegen das ihr am 24. November 2009 zugestellte Urteil hat die Verfügungsklägerin am
1. Dezember 2009 Berufung eingelegt und die Berufung am selben Tag begründet.
Die Verfügungsklägerin hat den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung auf
Herausgabe an den Sequester zunächst weiterverfolgt, hilfsweise die Untersagung der
Verfütterung, weiter hilfsweise hat sie wiederum den Arrestantrag gestellt. Zur
Begründung führt sie aus, dass die Übereignung des Getreides an die
Verfügungsklägerin sich aus den vorgelegten Namenslagerscheinen ergebe. Weil der
Gerichtsvollzieher ohnehin nur einen Bruchteil der Getreidemengen habe sicherstellen
können, sei es unerheblich, ob sie zunächst Teil einer größeren Partie gewesen seien;
jedenfalls mit der Sicherstellung seien die Getreidemengen hinreichend bestimmt. Die
Namenslagerscheine seien handelsrechtliche Orderpapiere, die auch nicht an die
Verfügungsbeklagte übergeben worden seien, so dass sie – die Verfügungsklägerin -
weiterhin Eigentümerin des Getreides sei. Zwischen den Parteien habe auch immer
Einigkeit bestanden, dass das an den Gerichtsvollzieher übergebene Getreide aus der
von der Verfügungsklägerin erworbenen Getreidemenge stamme. Die
Rückkaufsvereinbarung vom 2. September 2008 sei zwar von den Parteien unstreitig
gestellt worden, sie enthalte aber keine dingliche Einigung, so dass die
Verfügungsklägerin weiterhin Eigentümerin sei. Ein Recht zum Besitz stehe der
Verfügungsbeklagten aus der Rückkaufsvereinbarung nicht zu, sie habe lediglich als
Lagerhalterin das inzwischen herausgegebene Getreide besessen. Über den
Arrestantrag müsse im hier anhängigen Verfahren entschieden werden. Die
Verfügungsbeklagte entziehe sich in anderen Verfahren durch ihren Vortrag ihren zuvor
anerkannten Zahlungspflichten, zudem drohe die Insolvenz. Soweit der Antrag auf Erlass
einer einstweiligen Verfügung für erledigt erklärt worden sei, hätten die Kosten des
Rechtsstreits der Verfügungsbeklagten auferlegt werden müssen.
Ferner macht die Verfügungsklägerin geltend, dass der Prozessbevollmächtigte der
Verfügungsbeklagten seit dem 18. November 2009 nicht mehr berechtigt sei, die
Verfügungsbeklagte zu vertreten, weil ein Berufsverbot gegen ihn verhängt worden sei;
dennoch sei er am 23. November 2009 für die Verfügungsbeklagte aufgetreten und
habe am 20. November 2009 noch für die Verfügungsbeklagte vorgetragen. Aus diesem
Grund könne das Urteil keinen Bestand haben.
Die Verfügungsklägerin hat zunächst den Antrag angekündigt,
1. unter "Aufhebung" des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) 14 O 72/09 vom 23.
November 2009 der Verfügungsbeklagten aufzugeben, 187,30 t Weizen, 276,46 t
Triticale, 31,42 t Gerste, welche im Lagerhaus der Verfügungsbeklagten gelagert sind, an
den zuständigen Gerichtsvollzieher zur Verwahrung herauszugeben sowie dem
Gerichtsvollzieher die Durchsuchung der Geschäftsräume der Verfügungsbeklagten in
W… zu gestatten.
2. hilfsweise,
der Verfügungsbeklagten aufzugeben, es zu unterlassen, das im Antrag zu 1. benannte
Getreide zu verfüttern, zu verkaufen oder anderweitig zu verwerten, sofern nicht zuvor
der Kaufpreis in Höhe von 77.886,86 Euro an sie gezahlt ist und bezüglich der
Unterlassung Ordnungsmittel anzudrohen.
3. hilfsweise,
den dinglichen Arrest wegen der Kaufpreisforderung der Verfügungsklägerin in Höhe von
77.886,86 Euro nebst gesetzlicher Zinsen seit dem 5. Juni 2009 gegen die
Verfügungsbeklagte in das gesamte Vermögen der Verfügungsbeklagten anzuordnen.
Da das Getreide nach Aufhebung der einstweiligen Verfügung und Herausgabe an die
Verfügungsbeklagte verfüttert worden ist, hat sie das einstweilige Verfügungsverfahren
für erledigt erklärt.
Sie beantragt nunmehr,
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1. das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) 14 O 72/09 vom 23. November
2009 abzuändern und festzustellen, dass das einstweilige Verfügungsverfahren erledigt
ist.
2. den dinglichen Arrest wegen ihrer Kaufpreisforderung in Höhe von 77.886,86
Euro nebst gesetzlichen Zinsen seit dem 5. Juni 2009 gegen die Verfügungsbeklagte in
das gesamte Vermögen der Verfügungsbeklagten anzuordnen.
Die Verfügungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, Ansprüche auf Herausgabe und Unterlassung
hätten nicht bestanden, weil die Verfügungsklägerin nicht Eigentümerin des Getreides
geworden sei und auch sonst keinen Herausgabeanspruch gehabt habe. Die
Voraussetzungen eines dinglichen Arrests seien im Übrigen nicht glaubhaft gemacht
worden. Es sei nicht ersichtlich, worin der Arrestgrund liegen sollte.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Umstand, dass gegen den früheren Prozessbevollmächtigten der
Verfügungsbeklagten vor dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung erster
Instanz ein Berufsverbot am 18. November 2009 ergangen war, führt nicht zur
Aufhebung des angefochtenen Urteils. Mit dem Berufsverbot verliert der Rechtsanwalt
zwar die Befugnis, die Tätigkeit als Rechtsanwalt auszuüben (§§ 150, 155 BRAO bzw. § 70
StGB) und das Verfahren ist nach § 244 Abs. 1 ZPO kraft Gesetzes unterbrochen (BGHZ
66, 59); die Unterbrechung bewirkt, dass Fristen nicht laufen (§ 249 Abs. 1 ZPO),
Prozesshandlungen des Gerichts wie Ladungen und Zustellungen während der
Unterbrechung beiden Parteien gegenüber wirkungslos sind und Entscheidungen nicht
ergehen dürfen (Zöller/ ZPO, 28. Aufl., § 249 Rz. 7, 10). Entscheidungen, die
ergangen sind, sind aber nicht unwirksam, sondern nur anfechtbar.
Eine Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung käme nur in Betracht, wenn die
Voraussetzungen des § 538 ZPO im Übrigen erfüllt wären (Zöller/ ZPO, aaO, Rz.
10). Die Verhandlung und Entscheidung während der Unterbrechung gelten als
Verfahrensfehler (§ 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Für eine Zurückverweisung müsste ferner ein
entsprechender Antrag gestellt und eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich
sein (OLG Hamm, NJW 2008, 3075; OLG Oldenburg, MDR 2008, 763; OLG Brandenburg,
Entscheidung vom 27. Januar 2009, Az.: 10 UF 141/08). Zwingend ist die
Zurückverweisung nur geboten, wenn die Unterbrechung zum Zeitpunkt der
Entscheidung des Berufungsgerichts noch andauert (OLG Koblenz, Entscheidung vom
26.01.2007 (8 U 496/06); Hans.OLG, OLGR 2005, 765; OLG Köln, NJW-RR 1995, 891).
Die Unterbrechung ist hier beendet. Der Bevollmächtigte der Verfügungsbeklagten hat
mit Schriftsatz vom 13. Januar 2010 seine Bestellung dem Gericht angezeigt, und das
Gericht hat die Anzeige der Verfügungsklägerin von Amts wegen zugestellt. Die
Zurückverweisung ist bisher nicht beantragt, soweit der Verfügungsklägervertreter die
"Aufhebung" beantragt hat, ist sein Antrag dahin auszulegen, dass Abänderung des
Urteils begehrt wird, wie sich aus seinem zugleich gestellten Sachantrag ergibt. Die
Zurückverweisung wäre aber auch nicht nach § 538 ZPO geboten, weil eine
umfangreiche Beweisaufnahme nicht erforderlich ist (§ 538 Abs 2 Nr. 1 ZPO).
Der Antrag der Verfügungsklägerin, die Erledigung festzustellen, bleibt ohne Erfolg. Der
Antrag auf Herausgabe des am 2. September 2008 erworbenen Getreides war von
Anfang an nicht begründet.
Der Verfügungsklägerin stand ein Anspruch aus § 985 BGB auf Herausgabe des
Getreides nicht zu. Ein Eigentumsübergang auf die Verfügungsklägerin ist nicht nach den
§§ 929, 930 BGB erfolgt. Voraussetzungen wären eine Einigung über den
Eigentumsübergang und die Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses. Zum
Zeitpunkt der Einigung über den Eigentumsübergang muss der Gegenstand der
Übereignung hinreichend bestimmt sein. Die Übereignung erfolgte hier ausweislich der
Lagerscheine nur in Bezug auf eine bestimmte Getreidemenge als Teil einer größeren
Partie (Bl. 6 bis 8 d.A.).
Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die Bestimmtheit nicht gegeben
war, weil keine Aussonderung der Getreidepartie oder Kennzeichnung erfolgt ist.
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war, weil keine Aussonderung der Getreidepartie oder Kennzeichnung erfolgt ist.
Insbesondere genügt nicht die Festlegung einer bestimmten Gesamtmenge (BGHZ 21,
52), um von der Bestimmbarkeit auszugehen, weil damit offen bleibt, welche
Gegenstände konkret übereignet werden sollen (vgl. BGH NJW 1984, 803 ff.: 75
Schweine aus einer Herde).
Zum Zeitpunkt der Aussonderung des Getreides und Übergabe an den Sequester ist die
Übereignung auch nicht nachgeholt worden; es kann nicht festgestellt werden, dass die
Verfügungsbeklagte sich zu diesem Zeitpunkt noch an die Einigung zur
Eigentumsübertragung, die im Namenslagerschein erklärt worden ist, gebunden fühlte
(vgl. BGH NJW 1976, 1539). Sie hatte, wie die Verfügungsklägerin vorträgt, unmittelbar
nach Unterzeichnung des Rückkaufkontraktes vielmehr mit der Verfütterung des
Getreides begonnen und die Herausgabe an die Verfügungsklägerin verweigert. Damit
hatte sie erkennbar ihren Willen, das Getreide an die Verfügungsklägerin zu übereignen,
aufgegeben. Die Herausgabe erfolgte schließlich auch nicht freiwillig, sondern aufgrund
der Vollstreckung der gerichtlichen Anordnung. Insoweit geben die Schriftstücke vom 12.
und 21. April 2010 keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (§ 156
ZPO).
Ein Herausgabeanspruch aus dem Lagervertrag ist nicht begründet, weil die
Verfügungsklägerin schon keine Sachen eingelagert hat. Eigene Sachen des
Lagerhalters können nicht eingelagert werden (Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn-
HGB, 2. Aufl. 2009, § 467 Rz. 24).
Auch ein Anspruch auf Herausgabe gemäß § 433 Abs. 1 S. 1 BGB aus dem Kaufvertrag,
den die Verfügungsklägerin mit der Verfügungsbeklagten geschlossen hat, ist nicht
begründet. Grundsätzlich schuldet der Verkäufer, hier die Verfügungsbeklagte, zwar
Übergabe und Übereignung; die Parteien haben aber, wie sich aus dem zeitgleich mit
dem Kaufvertrag geschlossenen Lagervertrag ergibt, jedenfalls vereinbart, dass die
Übereignung nach § 930 BGB durchgeführt werden und keine Übergabe nach § 929 BGB
erfolgen soll. Diese vertragliche Regelung kann durch das Fehlschlagen der Übereignung
nicht umgangen und ein Herausgabeanspruch konstruiert werden. Der
Erfüllungsanspruch aus dem Kaufvertrag richtete sich danach nicht auf Herausgabe,
sondern allenfalls auf abgesonderte Lagerung des Getreides für die Verfügungsklägerin
bei der Verfügungsbeklagten und die erneute Erklärung, dass dieses Getreide
übereignet werde.
Selbst wenn man aber mit dem Landgericht annimmt, aus der fehlgeschlagenen
Übereignung nach § 930 BGB ergebe sich, dass nunmehr Übergabe und Übereignung
nach den §§ 433 Abs. 1 S. 1, 929 BGB geschuldet sei, stünde dem Anspruch entgegen,
dass die Verfügungsklägerin im Fall der Übereignung an sie die Ware wiederum an die
Verfügungsbeklagte übergeben müsste, weil mit ihr ein (Rück-)Kaufvertrag ebenfalls am
2. September 2008 geschlossen worden ist. Das Herausgabeverlangen widerspricht der
Einigung der Parteien über den Rückkauf (§ 242 BGB). Der Rückkaufvertrag sah nämlich
vor, dass die Ware im Besitz der Verfügungsbeklagten bleiben und – zu einem streitigen
Zeitpunkt – durch schlichte Einigung nach § 929 S. 2 BGB Eigentum übergehen sollte,
weil der Erwerber schon im Besitz der Sache war. Weil aber der Vertrag vom Besitz der
Verfügungsbeklagten ausgeht, steht der Verfügungsbeklagten nach der ursprünglichen
Vertragskonstruktion jedenfalls ein Anspruch auf Einräumung des Besitzes zu. Dass
zunächst das Getreide an die Verfügungsklägerin übergeben werden sollte, damit sie ein
Zurückbehaltungsrecht gegenüber der Verfügungsbeklagten ausüben könnte, ist
zwischen den Parteien gerade nicht vereinbart worden.
Auch ein Anspruch der Verfügungsklägerin, der Verfügungsbeklagten die Verfütterung
des Getreides zu untersagen, war nicht begründet, weil die Verfügungsklägerin nicht
Eigentümerin des Getreides war. Aus dem Kaufvertrag vom 2. September 2008 ergibt
sich kein Verbot der Verfütterung, weil der Kaufvertrag die Eigentumsposition der
Verfügungsbeklagten unberührt lässt; der Verbrauch des Getreides könnte allenfalls zu
Schadensersatzansprüchen führen, weil die Eigentumsübertragung unmöglich geworden
ist.
Der in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellte Arrestantrag hat keinen Erfolg. Dem
Antrag fehlt nicht bereits das Rechtsschutzbedürfnis, weil er auch im Verfahren 6 U
123/09 gestellt wird. Denn der erstinstanzlich gestellte Hilfsantrag ist durch die
Abtrennung und Verweisung unzulässig geworden. Das Landgericht war zur
Entscheidung über den Arrestantrag nicht zuständig, §§ 919, 943 Abs. 1 ZPO. Es hätte
den Antrag zurückweisen müssen. Durch die Abtrennung und Verweisung wurde der
Hilfsantrag unzulässig. Die hilfsweise, also bedingte Formulierung ist nur dann zulässig,
wenn die Bedingung innerprozessual ist. Wird der Hilfsantrag von den Hauptanträgen
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wenn die Bedingung innerprozessual ist. Wird der Hilfsantrag von den Hauptanträgen
getrennt und isoliert verwiesen, kann der Bedingungseintritt nicht mehr in demselben
Verfahren entstehen; es läge Unsicherheit darüber vor, ob der Hilfsantrag gestellt ist.
Vor Entscheidung über den Hilfsantrag müsste ermittelt werden, welches Schicksal die
Hauptanträge im Verfahren, etwa im Berufungsverfahren, genommen haben.
(Stein-Jonas/ 22. Aufl., § 260 Rz. 28; Musielak/ ZPO, 7. Aufl., § 281 Rz. 7;
BGH FamRZ 2007, 368ff. , 371ff. und 124 ff.).
Der Anordnung des Arrestes steht aber jedenfalls entgegen, dass ein Arrestgrund fehlt.
Der streitige Klagevortrag in einem anderen bei dem Landgericht Frankfurt (Oder)
geführten Klageverfahren (Az.: 11 O 178/09) genügt nicht, um einen Arrestgrund zu
schaffen; die Verfügungsbeklagte ist befugt, Einwendungen gegen Zahlungsansprüche
zu erheben. Weder erschwert noch vereitelt sie dadurch die Vollstreckung eines
Zahlungstitels (§ 917 Abs. 1 ZPO). Soweit die Verfügungsklägerin sich weiter zur
Begründung des Arrestantrages auf die schlechte Vermögenslage der
Verfügungsbeklagten und ein möglicherweise drohendes Insolvenzverfahren beruft,
begründet dieses Vorbringen keinen Arrestgrund (vgl. Zöller/ ZPO, 27.
Aufl., § 917 Rz. 9). Der Arrest soll dem Gläubiger nicht dazu dienen, sich einen Vorsprung
vor anderen Gläubigern zu verschaffen, sondern drohende Beeinträchtigungen der
Vollstreckung durch den Schuldner verhindern. Die von der Verfügungsklägerin zitierte
Entscheidung des OLG Düsseldorf (I-7 U 68/06, vom 7. Juli 2006), die verschiedene
Einzelumstände, die auf Zahlungsschwierigkeiten hindeuten, als insgesamt ausreichend
für die Verhängung des Arrestes ansieht, beruht auf einer Würdigung des Einzelfalls. Im
Streitfall sind für ein die Vollstreckung erschwerendes Verhalten der
Verfügungsbeklagten keine ausreichenden Anhaltspunkte dargelegt. Die
Verfügungsbeklagte hat Zahlungsschwierigkeiten, sie führt aber auch Verhandlungen,
um Verbindlichkeiten zu tilgen und verhandelt über Zahlungen, wie die Parteien zum
Parallelverfahren 6 U 89/09 in der mündlichen Verhandlung erklärt haben.
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