Urteil des OLG Brandenburg vom 30.01.2007

OLG Brandenburg: beschränkung, gefährdung, gefahr, rechtsstaatsprinzip, anhörung, ratenzahlung, link, sammlung, quelle, form

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht
11. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
11 Wx 8/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 1903 BGB, Art 20 Abs 3 GG
Betreuungssache: Beschränkung des Einwilligungsvorbehalts
auf das notwendige Maß
Tenor
Auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des
Landgerichts Neuruppin vom 30. Januar 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht
Neuruppin zurückverwiesen.
Gründe
I.
Mit Schreiben vom 15.02.2006 regte der Betreuer W. für den Betroffenen, der sich seit
dem 27.09.2005 im Maßregelvollzug befindet, die Anordnung eines
Einwilligungsvorbehaltes im Bereich der Vermögenssorge an. Nach Anhörung des
Betroffenen und Einholung eines psychiatrischen Gutachtens vom 09.05.2006 der Klinik
für Forensische Psychiatrie, … (Chefärztin S. und Assistenzarzt Dr. W.) ordnete das
Amtsgericht Neuruppin durch Beschluss vom 16.06.2006 für den Aufgabenbereich
Vermögenssorge einen Einwilligungsvorbehalt an. Wegen des weiteren Inhalts der
Entscheidung wird auf den Beschluss Bl. 1202, 1203 d. A. Bezug genommen. Gegen
diesen Beschluss hat der Betroffene Rechtsmittel eingelegt. Die Beschwerdekammer
des Landgerichts hat das Verfahren auf den Einzelrichter übertragen, der den
Betroffenen in Gegenwart seines Betreuers, der Verfahrenspflegerin, des für den
Betroffenen zuständigen Sozialarbeiters H. und des stellvertretenden Stationsleiters und
Bezugstherapeuten des Betroffenen Herrn D. angehört hat und die Beschwerde durch
Beschluss vom 30.01.2007 zurückgewiesen hat. Wegen der Einzelheiten wird auf die
Gründe des angefochtenen Beschlusses, Bl. 275 f d. A., verwiesen. Gegen diesen ihr am
01.02.2007 zugestellten Beschluss hat die Verfahrenspflegerin des Betroffenen mit
einem am 09.02.2007 beim Landgericht Neuruppin eingegangenen Schriftsatz weitere
Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den angeordneten Einwilligungsvorbehalt für den
Bereich Vermögenssorge aufzuheben, hilfsweise die Wirkung des vom Amtsgericht
Neuruppin angeordneten Einwilligungsvorbehaltes auf Dauerschuldverhältnisse und
Ratenverträge und/oder lediglich bis zum 31.12.2008 zu beschränken. Der Betroffene
meint, der Einwilligungsvorbehalt sei nicht zulässig, da eine Gefahr für sein Vermögen
nicht bestehe. Er könne seine Vermögensverhältnisse auch unter Berücksichtigung des
notwendigen Abbaus von Schulden überblicken, ohne sich erneut zu verschulden, im
Übrigen habe er das Recht frei zu entscheiden, ob er eine Weiterbildungsmaßnahme im
Fernstudium ergreife. Die von ihm geplanten Maßnahmen würden sein
Monatseinkommen nur geringfügig belasten. Im Rahmen der weiteren Beschwerde sei
zu prüfen, inwieweit unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes der
Einwilligungsvorbehalt auf den Abschluss von Dauerschuldverhältnissen oder Verträgen
mit Ratenzahlungen zu beschränken sei. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb ein
solcher beschränkter Einwilligungsvorbehalt in der Praxis nicht realisierbar sein solle.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im
Übrigen zulässig. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und zur
Zurückverweisung der Sache an dieses. Die angefochtene Entscheidung hält einer
rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht zunächst aufgrund der ärztlichen Begutachtung
festgestellt, dass der Betroffene aufgrund seiner Erkrankung in seiner freien
Willensbildung eingeschränkt ist, seine Erkrankung zu einer eingeschränkten
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Willensbildung eingeschränkt ist, seine Erkrankung zu einer eingeschränkten
Steuerungsfähigkeit führen kann und der Einwilligungsvorbehalt im Bereich der
Vermögenssorge aus ärztlich-psychiatrischer Sicht krankheitsbedingt indiziert sei. Auch
die sorgfältigen Ausführungen des Landgerichts, mit denen es die erhebliche
Gefährdung des Vermögens des Betroffenen und die Erforderlichkeit eines
Einwilligungsvorbehaltes begründet, halten rechtlicher Nachprüfung stand.
Auch für den Einwilligungsvorbehalt gilt jedoch - wie das Landgericht nicht verkennt - der
aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende verfassungsrechtliche
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl. BayObLG NJW-RR 2003, 871, 872 m.w.N.). Unter
diesem Gesichtspunkt hat das Landgericht selbst erwogen, den Einwilligungsvorbehalt
nur auf den Abschluss von Dauerschuldverhältnissen oder Verträgen mit Ratenzahlung
zu beschränken. Es hat diese Überlegung “im Hinblick auf die Praktikabilität einer
solchen Regelung und wegen des darüber hinausgehend erforderlichen Schutzes des
Betreuten” fallen gelassen. Diese Begründung ist dem Senat, ebenso wie der weiteren
Beschwerde, nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Nach den Feststellungen des
Landgerichts beruht die Gefährdung des Vermögens des Betroffenen nahezu
ausschließlich auf solchen Geschäften, die Dauerschuldverhältnisse bzw.
Ratenzahlungsvereinbarungen enthalten. Eine solche - zulässige - Beschränkung des
Einwilligungsvorbehaltes würde daher ausreichen, die Gefahr abzuwenden. Welche
praktischen Erwägungen einer solchen Beschränkung entgegenstehen, erschließt sich
dem Senat nicht. Soweit das Landgericht auf den “darüber hinausgehend erforderlichen
Schutz” des Betroffenen abstellt, fehlt es hierfür bisher an hinreichenden tatsächlichen
Feststellungen. Da im Zusammenhang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch
weitere Ermittlungen erforderlich sind, ist die Sache an das Landgericht
zurückzuverweisen.
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