Urteil des LSG Thüringen vom 07.07.2009

LSG Fst: ddr, produktion, industrie, zugehörigkeit, bauleitung, inbetriebnahme, inhaber, form, schuh, rationalisierung

Thüringer Landessozialgericht
Urteil vom 07.07.2009 (rechtskräftig)
Sozialgericht Altenburg S 19 RA 2636/03
Thüringer Landessozialgericht L 6 R 123/06
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 9. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der
Anlage 1 Nr. 1 bis 26 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) Beschäftigungszeiten vom 2.
November 1970 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und die in
diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen hat.
Der 1946 geborene Kläger schloss sein Studium an der Technischen Universität D. im Jahr 1971 als Diplomingenieur
(Urkunde vom 20. Januar 1971) ab. Mit Urkunde vom 23. September 1974 wurde ihm von der Technischen
Hochschule Karl-Marx-Stadt das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung Fachingenieur für Automatisierungstechnik
zu führen. Seit 1970 war er beim VEB Zentrales Projektierungsbüro der Leder-, Schuh- und Rauchwarenindustrie als
Projektingenieur beschäftigt.
Der VEB Zentrales Projektierungsbüro der Lederwarenindustrie wurde am 9. April 1953 in das Register der
volkseigenen Wirtschaft eingetragen. Mit Eintragung vom 26. Oktober 1956 wurde er in "VEB Zentrales
Projektierungsbüro der Leder-, Schuh- und Rauchwarenindustrie" umbenannt. Dieser war seit dem 1. Januar 1979
Kombinatsbetrieb des VEB Kombinat Kunstleder und Pelzverarbeitung L. Mit Eintragung vom 28. November 1984
wurde er in "VEB Zentraler Projektierungs- und Rationalisierungsbetrieb Borsdorf" (im Folgenden: VEB ZPRB)
umbenannt. Als letzte Eintragung wurde in der Spalte 5 am 30. Juli 1990 vermerkt: "Umwandlung gem. TreuhandG
vom 17. Juni 1990 HRB-Nr. 365" Rechtsnachfolger des VEB ZPRB war die Ingenieurbetrieb für Bau- und
Anlagenplanung GmbH i.A. B. Diese wurde am 30. Juli 1990 in das Handelsregister eingetragen. Laut vorläufiger
Konzeption für die Geschäftstätigkeit vom 30. Juli 1990 sollten zum Tätigkeitsbereich u.a. die Planung und Errichtung
von kompletten Industrieanlagen bzw. von deren Teilen, von Gebäuden und kommunalen Einrichtungen im In- und
Ausland, die Erbringung von Spezialleistungen im Sinne technischer Studien und Projektierungsleistungen der
Fachgebiete Technologie, Ausrüstungen, Rohrleitungen, Anlagen und spezielle Lösungen der Mess-, Steuer- und
Regeltechnik, Bau-, Elektro-, Wärme-, Lüftungs- und Klimatechnik gehören.
Eine Versorgungszusage erhielt der Kläger vor Schließung der Versorgungssysteme nicht. Beiträge zur Freiwilligen
Zusatzrentenversicherung (FZR) zahlte er nicht. Seinen Antrag vom 24. Juni 2003 auf Feststellung der
Beschäftigungszeiten vom 2. November 1970 bis zum 30. Juni 1990 als Zugehörigkeitszeit zu einem
Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Juli 2003 ab. Mit
Widerspruchsbescheid vom 12. November 2003 wies sie den Widerspruch zurück. Rationalisierungs- und
Projektierungsbetriebe zählten nicht zu den volkseigenen Produktionsbetrieben i. S. der Zweiten
Durchführungsbestimmung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und
ihnen gleichgestellten Betrieben.
Im Klageverfahren hat der Kläger ergänzend zu seinem Widerspruch ausgeführt, im VEB ZPRB sei volkseigen
projektiert, konstruiert, rationalisiert und produziert worden. Die Beklagte hat mitgeteilt, der VEB ZPRB sei in der
Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR der Wirtschaftsgruppe 63310 (Projektierung ohne Bauprojektierung)
zugeordnet gewesen.
Das Sozialgericht hat den ehemaligen Betriebsdirektor J. sowie den ehemaligen Direktor für Vorbereitung H. schriftlich
befragt und in der mündlichen Verhandlung am 9. Dezember 2005 als Zeugen vernommen. Bezüglich deren Aussage
wird auf die Anlagen zur Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Mit Urteil vom 9. Dezember 2005 hat das
Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Betriebszweck des VEB
ZPRB sei nicht durch die industrielle Massenfertigung von Sachgütern geprägt gewesen.
Im Berufungsverfahren trägt der Kläger vor, Aufgabenprofil des VEB ZPRB sei die Herstellung von Einzel- und
Sondermaschinen wie auch Anlagen in kleineren Stückzahlen gewesen. Hinsichtlich der Definition des volkseigenen
Betriebes dürfte es keinen Unterschied machen, ob an einem Fließband zum Beispiel Drehmaschinen in größerer
Stückzahl hergestellt oder mit entsprechendem zeitlichem Aufwand Sondermaschinen bzw. Kleinserien produziert
werden. Letztendlich entscheidend sei die Erzeugung von Produkten, wobei auch unter den Bedingungen der DDR-
Volkswirtschaft gerade im Bereich Maschinenbau sehr große volkseigene Produktionsbetriebe wie das
Werkzeugmaschinenkombinat "Fritz Heckardt" oder das Schwermaschinenkombinat "Ernst Thälmann" auch
Großserienprodukte der Modernisierung unterworfen hätten, sofern die hierfür gegebenen Möglichkeiten entsprechend
der volkswirtschaftlichen Planung vorlagen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 9. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des
Bescheides vom 10. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. November 2003 zu verurteilen, die
Zeiten vom 2. November 1970 bis 30. Juni 1990 als Zugehörigkeitszeit zu dem Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der
Anlage 1 zum AAÜG sowie die währenddessen erzielten Entgelte und sonstigen Sachverhalte im Sinne des AAÜG
festzustellen und dem Rentenversicherungsträger mitzuteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt die Ansicht, der VEB ZPRB habe keine industrielle, also serienmäßig wiederkehrende, Produktion von
Sachgütern betrieben.
Der Senat hat den Beteiligten Unterlagen, die bei der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben
archiviert sind sowie die Niederschrift aus dem Erörterungstermin am 18. Juni 2007 aus einem anderen beim
erkennenden Senat anhängig gewesenen Verfahren (Az.: L 6 R 92/05) übersandt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozessakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der
Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Beschäftigungszeit vom 2. November 1970 bis zum 30.
Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der
technischen Intelligenz einschließlich der in diesem Zeitraum nachgewiesenen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte
feststellt. Das AAÜG ist auf ihn nicht anwendbar. Vom persönlichen Anwendungsbereich nach der maßgeblichen
Norm des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG werden die Versorgungsberechtigungen (Ansprüche oder Anwartschaften) erfasst,
die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim
Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden haben. War ein Verlust der Versorgungsanwartschaften
deshalb eingetreten, weil die Regelungen des Versorgungssystems ihn bei einem Ausscheiden vor dem Leistungsfall
vorsahen, gilt dieser Anwartschaftsverlust nach Satz 2 dieser Vorschrift als nicht eingetreten.
Der Kläger erfüllt jedoch beide Voraussetzungen nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht. Er war bei Inkrafttreten des
AAÜG am 1. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft. Eine Einzelfallentscheidung, durch die ihm
eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden war, liegt nicht vor. Er hatte weder früher eine Versorgungszusage in
Form eines nach Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrags (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakts erhalten noch war
er auf Grund eines Einzelvertrags oder einer späteren Rehabilitationsentscheidung in das Versorgungssystem der
zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen worden. Auch der Tatbestand des § 1 Abs. 1
Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt. Ein Anwendungsfall einer gesetzlich fingierten Anwartschaft ist nicht schon dann
gegeben, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund einer Beschäftigung in der DDR zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni
1990 die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllt hatte; vielmehr muss der Betroffene nach
den Regeln des Versorgungssystems tatsächlich einbezogen worden und nach erfolgter Einbeziehung später
ausgeschieden sein (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 29. Juli 2004 – Az.: B 4 RA 12/04 R, nach juris).
Nach § 3 Abs. 5 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der
technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (nachfolgend: 2.
DB z. ZAVO-techInt, GBl. der DDR Nr. 62 (S. 487)) erfolgte die Erteilung einer Versorgungszusage ausschließlich
durch Aushändigung eines "Dokuments über die zusätzliche Altersversorgung". Ein solches Dokument
(Versicherungsurkunde) ist dem Kläger nicht ausgehändigt worden. Mangels Einbeziehung konnte er nicht aus einem
Versorgungssystem in diesem Sinne ausscheiden.
Der Kläger war am 1. August 1991 auch nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft, wie sie sich aus der
vom 4. Senat des Bundessozialgerichts vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1
Abs. 1 AAÜG herleitet. Danach ist bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht in einem Versorgungssystem einbezogen
waren und die nachfolgend auch nicht aufgrund originären Bundesrechts (z. B. Art. 17 EV) einbezogen wurden, zu
prüfen, ob sie aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen
Umständen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (vgl. BSG, Urteile vom 9. April 2002
– Az.: B 4 RA 31/01 R, Az.: B 4 RA 41/01 R, Az.: B 4 RA 3/02 R, BSG, Urteil vom 10. April 2002 - Az.: B 4 RA 34/01
R - Az.: B 4 RA 10/02 R, nach juris).
Der Kläger hat am 1. August 1991 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der
technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (nachfolgend
ZAVO-techInt, GBl. der DDR Nr. 93 (S. 844)) nicht erfüllt. Dies ist nur dann der Fall, wenn nach § 1 ZAVO-techInt i.
V. m. § 1 Abs. 1 der 2. DB z. ZAVO-techInt drei Voraussetzungen erfüllt sind: Der "Versorgungsberechtigte" muss
am 30. Juni 1990 eine bestimmte Berufsbezeichnung geführt (persönliche Voraussetzung) und eine der
Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und die Tätigkeit oder
Beschäftigung muss am 30. Juni 1990 bei einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des
Bauwesens verrichtet worden sein (betriebliche Voraussetzung – BSG, Urteile vom 29. Juli 2004 – Az.: B 4 RA 4/04
R, 18. Juni 2003 – Az.: B 4 RA 1/03 R; ebenso z. B.: BSG, Urteil vom 9. April 2002 – Az.: B 4 RA 32/01 R und vom
10. April 2002 – Az.: B 4 RA 10/02 R, alle nach juris).
Mit Erwerb des Ingenieurtitels am 20. Januar 1971 erfüllt der Kläger die persönliche Voraussetzung. Es kann auch
unterstellt werden, dass er als Projektingenieur eine seiner Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit verrichtet hat
(vgl. hierzu, BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 - Az.: B 4 RS 17/07 R). Er war am 30. Juni 1990 jedoch nicht in einem
volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt.
Die Zuordnung eines VEB zur industriellen Produktion (bzw. zum hier nicht in Betracht kommenden Bauwesen) hängt
entscheidend davon ab, welche Aufgabe ihm das Gepräge gegeben hat. Der verfolgte Hauptzweck (vgl. BSG, Urteil
vom 18. Dezember 2003 – Az.: B 4 RA 18/03 R, nach juris) des VEB muss auf die industrielle, massenhafte und
standardisierte Fertigung, Fabrikation, Herstellung beziehungsweise Produktion (sog. fordistisches Produktionsmodell)
von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein. Die Auslegung der Versorgungsordnung durch die Staatsorgane und
deren Verwaltungspraxis in der DDR spielt dagegen bei der heutigen Auslegung keine Rolle (vgl. BSG, Urteil vom 9.
April 2002 – Az.: B 4 RA 41/01 R, nach juris). Aus diesem Grund ist allein die Tätigkeit in einem solchen
Massenproduktionsbetrieb von besonderer volkswirtschaftlicher Bedeutung gewesen und hat die durch die ZAVO-
techInt bezweckte Privilegierung der technischen Intelligenz in solchen Betrieben gerechtfertigt (vgl. BSG, Urteil vom
8. Juni 2004 - Az.: B 4 RA 57/03 R, nach juris). Der Massenausstoß standardisierter Produkte sollte hohe
Produktionsgewinne nach den Bedingungen der Planwirtschaft ermöglichen. Ein Betrieb, dessen Betriebszweck in der
Projektierung von Bauinvestitionen liegt, ist kein volkseigener Produktionsbetrieb in diesem Sinne (vgl. BSG, Urteil
vom 23. August 2007, m.w.N., nach juris). Der Betriebszweck der "Rationalisierung" ist ebenfalls keine betriebliche
Tätigkeit, die auf die Massenproduktion von Bauwerken oder Gütern gerichtet ist (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 -
Az.: B 4 RA 8/04 R, nach juris). Ein Betrieb mit einem solchen Betriebszweck verfolgt vielmehr eine Tätigkeit, die
darauf gerichtet ist, Vorschläge zur Effizienzsteigerung in (anderen) Produktionsbetrieben zu unterbreiten.
Unter Berücksichtigung dieser vom BSG aufgestellten Grundsätze und der Auswertung der vorliegenden Unterlagen
sowie der Bewertung der Aussagen der Zeugen J. und H., die im Wege des Urkundenbeweises zu verwerten sind, hat
nach der Überzeugung des Senats dem VEB ZPRB nicht die Massenproduktion von serienmäßigen Sachgütern das
Gepräge gegeben.
Zu der Entstehung des VEB ZPRB führt der Zeuge J. in seiner Aussage vor dem Sozialgericht Altenburg aus, dass
dieser aus der Zusammenlegung des ehemaligen Projektierungsbüros und des ehemaligen Rationalisierungsbüros der
Lederindustrie im Jahr 1985 hervorgegangen ist. In B. waren das Stammhaus mit der Betriebsleitung sowie der
Rationalisierungsbetrieb ansässig. Zum Stammhaus gehörte auch die technische Vorbereitung, die schlüsselfertige
Anlagen konzipiert, geplant und die Ausführung überwacht hat. Die Anlagen wurden schlüsselfertig errichtet und an
den Auftraggeber übergeben. Es handelte sich dabei um Einzelanfertigungen für die Betriebe des Kombinates
Kunstleder- und Pelzverarbeitung. Der ehemalige Rationalisierungsbetrieb hat ebenfalls Einzelanlagen für die
Kunstlederindustrie gefertigt. Durch die Einzelfertigung hat sich der Betrieb in eine Nische der DDR-Wirtschaft
begeben. Da die Serienfertigung für den Export erbracht wurde, die inländischen Betriebe zur Aufrechterhaltung ihrer
Produktion jedoch Bedarf hatten, konnte dieser so abgedeckt werden. In seiner Aussage im Erörterungstermin am 18.
Juni 2007 (Az.: L 6 R 92/05) erklärt der Zeuge, dass die Tätigkeit des VEB ZPRB die Projektierung, Bauleitung,
Planung und die industrielle Kooperation umfasste. Die Maschinen wurden importiert, deren Einsatz aber durch den
VEB ZPRB geplant und projektiert. Bei dem VEB ZPRB handelte es sich um einen sogenannten
Generalauftragnehmer (GAN), der allerdings nicht in das zentrale Register eingetragen, sondern durch
Sondergenehmigung des Ministers hierzu bestimmt wurde. Insoweit habe auch die Grundsatzordnung für die
Generalauftragnehmerschaft bei strukturbestimmten Industrieinvestitionen vom 26. Juni 1968 gegolten. Im Betriebsteil
B., in dem insgesamt ca. 169 bis 179 Personen beschäftigt waren, waren ca. 60 Mitarbeiter mit der Projektierung und
ca. 30 Mitarbeiter mit der Leitung der Baustellen beschäftigt. Im Betriebsteil W., in dem zwischen 60 und 80
Mitarbeiter beschäftigt waren, wurde die Software entwickelt und die erforderliche - nicht vorhandene - Hardware
gebaut. Es handelte sich dabei um Einzelanfertigungen, nicht um eine Massenproduktion. Dort wurden die
Steuerungstechnik für die Lederindustrie in der DDR und auch Schaltschränke in Einzelfertigung hergestellt. Bei der
Außenstelle L. handelte es sich um ein Architekturbüro, in dem nur Planungen durchgeführt wurden. In der
Außenstelle Lz. wurde Rohrleitungstechnik projektiert. Die Mitarbeiter auf den Baustellen führten die Bauleitung an
diesen Orten durch.
Dieser Aussage entspricht im Wesentlichen die Aussage des Zeugen H. Danach waren im Stammhaus B. im Mai/Juni
1990 ca. 100 Personen beschäftigt, davon 70 im Bereich der Projektierung, ca. 30 für den Generalauftragnehmer und
den Hauptauftragnehmer (HAN) technologische Ausrüstung. Zirka 25 Beschäftigte waren auf den GAN-Baustellen
Bernsdorf, Dessau und Tannenbergstal tätig. In der Projektierung wurden Bauprojekte für den Industriebereich
projektiert, die Abteilung Elektrotechnik war zuständig für die Starkstromplanung, die Abteilung Wärmeanlagen für die
Projektierung von Heizung, Lüftung und Sanitär. Die Abteilung Vorbereitung koordinierte die Arbeiten der einzelnen an
der Projektierung beteiligten Abteilungen. Der GAN hat die Oberkoordinierung der technischen Ausrüstung und aller
am Bau Beteiligten verantwortet; der HAN hat die entsprechenden Teile beschafft und diese zusammengebaut. Im
Betriebsteil W. gab es ca. 60 Beschäftigte, von denen etwa 30 Arbeitnehmer in der Projektierung und Forschung und
ca. 30 im Steuerungsbau tätig waren. Dort wiederum war ca. die Hälfte der Beschäftigten für die Steuerungen der im
Rationalisierungsbetrieb L gebauten Maschinen zuständig, die andere Hälfte hat Steuerungen für Kombinatsbetriebe
errichtet. Seiner Schätzung nach wurden ca. 70 Prozent der Arbeitszeit für das eigene Kombinat, ca. 30 Prozent für
sonstige Betriebe aufgewandt. Die Frage nach der Herstellung von Maschinen oder sonstiger Produkte in großer
Stückzahl i. S. einer Massenfertigung verneinte der Zeuge. Eine Massenfertigung - die Herstellung von Tragegestellen
für Rucksäcke - erfolgte lediglich im Rahmen der Konsumgüterproduktion, die jeder Betrieb erbringen musste.
Die industrielle (serienmäßige wiederkehrende) Fertigung von Sachgütern, wie dies für die Produktionsbetriebe der
Industrie kennzeichnend ist, war nach den Aussagen der Zeugen J. und H. danach gerade nicht Hauptzweck des VEB
ZPRB, weil die Industrieanlagen, die dort geplant wurden und deren Inbetriebnahme der Betrieb gewährleistete, keine
serienmäßige Massenfertigung von genormten Teilen erforderte. Die Zeugen bestätigten übereinstimmend, dass es
sich bei den projektierten Anlagen um Einzelanfertigungen handelte und allenfalls Kleinserienfertigungen erfolgten. Der
Betrieb erbrachte damit im Wesentlichen Dienstleistungen in Form der Projektierung von industriellen Anlagen bis zu
deren Inbetriebnahme. Dem entspricht auch der Sprachgebrauch der DDR bei Schließung der Versorgungssysteme.
Danach wurde einem GAN vom Investitionsauftraggeber die Durchführung von Investitionsvorhaben auf vertraglicher
Basis übertragen (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2007, a.a.O.). Ein anderer Betriebszweck lässt sich auch nicht der
vorläufigen Geschäftskonzeption der Rechtsnachfolgerin des VEB ZPRB - der Ingenieurbetrieb für Bau- und
Anlagenplanung GmbH i.A. - vom 30. Juli 1990 entnehmen.
Der VEB ZPRB war auch kein Betrieb, der einem volkseigenen Produktionsbetrieb nach § 1 Abs. 2 der 2. DB z.
ZAVO-techInt gleichgestellt war. Dort sind Betriebe oder Einrichtungen der Rationalisierung und Projektierung nicht
aufgeführt.
Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) liegt gegenüber denjenigen, die in das
Zusatzversorgungssystem einbezogen wurden, nicht vor. Denn der Einigungsvertragsgesetzgeber war nicht gehalten,
bereits in den Versorgungsordnungen angelegte Ungleichbehandlungen nachträglich zu korrigieren (vgl. BSG, Urteil
vom 31. Juli 2002 – Az.: B 4 RA 21/02 R, sowie Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 4. August
2004 – Az.: 1 BvR 15557/01, jeweils nach juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.