Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 21.11.2008

LSG Shs: aufschiebende wirkung, vollziehung, rückforderung, vollstreckung, anfechtungsklage, verwaltungsakt, interessenabwägung, form, grundstück, rückzahlung

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht
Beschluss vom 21.11.2008 (rechtskräftig)
Sozialgericht Schleswig S 8 AS 398/08 ER
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 3 B 502/08 AS
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 26. August 2008 wird
mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und einer eventuell
nachfolgenden Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen die mit Bescheid des Antragsgegners vom 23. Juni 2008
verfügte Rückforderung von Leistungen angeordnet wird. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die notwendigen
außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten. Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von
Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin R , M , wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin (Ast.) bezog von dem Antragsgegner (Ag.) seit dem 1. März 2005 für sich und ihre seinerzeit (bis
November 2005) mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende
nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Sie bewohnt ein Eigenheim in T , das sie mit notariellem
Kaufvertrag vom 13. Dezember 2004 zum Preis von 140.000,00 EUR erworben hatte. Mit Bescheid vom 23. Juni 2008
nahm der Ag. die Bewilligungsbescheide vom 1. September 2005, 2. Dezember 2005, 21. Februar 2006, 14. August
2006 und 15. Februar 2007 gemäß § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurück und forderte die Erstattung
einer eingetretenen Überzahlung in Höhe von 5.403,02 EUR. Zur Begründung führte er aus, dass die Ast. nicht
bedürftig gewesen sei. Dies ergebe sich insbesondere aus diversen von ihr nicht angegebenen Zahlungseingängen auf
ihrem Konto. Der Ag. ordnete hinsichtlich der Rückforderung die sofortige Vollziehung des Bescheides vom 23. Juni
2008 an und führte zur Begründung aus:
Der Widerspruch gegen diesen Bescheid hat gemäß § 39 Nr. 1 SGB II bereits kraft Gesetzes keine aufschiebende
Wirkung, soweit die vorherigen Bewilligungsbescheide aufgehoben worden sind. Hinsichtlich der Rückforderung des
überzahlten Betrages habe ich gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die sofortige Vollziehung im
öffentlichen Interesse angeordnet.
Sie sind Eigentümer eines Hauses in T. Dabei die als angemessen zu betrachtenden Wohnflächen bei weitem
überschritten werden, handelt es sich hierbei nicht um geschütztes Vermögen. Da Sie nach meinem Kenntnisstand
nicht über weitere Vermögensgegenstände verfügen, kann die Rückzahlung der zu Unrecht gewährten Leistungen nur
über eine Verwertung dieses Grundstückes erfolgen.
Vor dem Hintergrund einer möglichen langen Verfahrensdauer besteht daher die konkrete Gefahr, dass bei einem
Obsiegen unsererseits der Anspruch auf Rückzahlung letztendlich nicht mehr durchgesetzt werden kann, da
mittlerweile das betreffende Grundstück verkauft wurde und der erzielte Verkaufserlös anderweitig verbraucht wurde.
Um dies zu verhindern, ist eine Anordnung der sofortigen Vollziehung im öffentlichen Interesse geboten.
Ich werde von der sofortigen Vollziehung jedoch nur Gebrauch machen, um meine Rückforderung durch Eintragung
einer Sicherungshypothek für das oben genannte Grundstück zu sichern. Weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen
bzw. eine Aufrechnung nach § 43 SGB II werden erst nach Bestandskraft dieses Bescheides erfolgen.
Gegen den Bescheid vom 23. Juni 2008 legte die Ast. mit anwaltlichem Schreiben vom 17. Juli 2008 Widerspruch ein,
über den eine Entscheidung bisher nicht ergangen ist. Zur Begründung führte sie unter Bezugnahme auf
vorausgegangene Korrespondenz aus, dass die von dem Ag. im Einzelnen aufgelisteten Zahlungseingänge nicht als
Einkommen angerechnet werden dürften. Es habe sich um Versicherungsleistungen wegen eines Sturmschadens, um
bar eingezahlte Erlöse aus Flohmarktverkäufen (Verkauf von Hausrat, der dem Pfändungsschutz unterlegen habe)
sowie um zweckgebundene Überweisungen ihres Vaters gehandelt. Sie habe die zuständigen Stellen stets zutreffend
über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse informiert.
Am 18. Juli 2008 hat die Ast. bei dem Sozialgericht (SG) Schleswig um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht und
beantragt,
die im Bescheid vom 23. Juni 2008 angeordnete sofortige Vollziehung betreffend die Rückforderung des angeblich
überzahlten Betrages aufzuheben.
Zur Begründung hat sie sinngemäß auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren Bezug genommen und ergänzend
geltend gemacht, dass es sich bei dem Hausgrundstück um geschütztes Vermögen handele. Im Übrigen könne der
Sicherungszweck mit Eintragung einer Sicherungshypothek nicht erreicht werden, weil im Grundbuch bereits eine
Grundschuld für die Nord Ostsee-Sparkasse in Höhe von 103.000,00 EUR eingetragen sei. Auf das zugrunde liegende
Darlehen erbringe sie derzeit nur Zinsleistungen.
Nachdem der Ag. mit Schriftsatz vom 24. Juli 2008 den Rückforderungsbetrag um 92,52 EUR ermäßigt und insoweit
die sofortige Vollziehung teilweise aufgehoben hatte, erklärte er im Erörterungstermin des SG am 25. August 2008:
Der Bescheid vom 23. Juni 2008 wird insoweit abgeändert, als die sofortige Vollziehung nur insoweit angeordnet wird,
als die Vollstreckung mit Eintragung einer Sicherungshypothek für das Hausgrundstück in der O - W straße in T
erfolgen soll.
Die Ast. widersprach dieser Änderung und erhob vorsorglich auch insoweit Widerspruch.
Mit Beschluss vom 26. August 2008 stellte das SG fest, dass der Widerspruch der Ast. vom 17. Juli 2008 gegen den
Bescheid des Ag. vom 23. Juni 2008 und der Widerspruch vom 25. August 2008 gegen den diesen Bescheid
abändernden mündlichen Verwaltungsakt des Ag. vom 25. August aufschiebende Wirkung habe. Zur Begründung
führte das SG aus: Die Widersprüche hätten nach § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung. Eine Ausnahme
im Sinne von § 86a Abs. 2 SGG liege hier nicht vor. Insbesondere handele es sich nicht um einen Fall des § 86a Abs.
2 Nr. 4 SGG (Nichteintritt der aufschiebenden Wirkung in durch Bundesgesetz vorgesehenen Fällen). Denn die im
Bescheid zitierte Vorschrift des § 39 Nr. 1 SGB II finde auf den Erstattungsbescheid entgegen der Auffassung des
Ag. keine Anwendung; nur der Aufhebungsteil des Bescheides sei eine Entscheidung im Sinne dieser Vorschrift über
Leistungen der Grundsicherung.
Gegen den ihm am 29. August 2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 1. September 2008 eingegangene
Beschwerde des Ag., zu deren Begründung er geltend macht: Die allein vom SG erörterte Frage, ob Widerspruch und
Klage gegen die Rückforderung von Grundsicherungsleistungen kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung hätten, sei
zwischen den Beteiligten überhaupt nicht streitig gewesen. Gegenstand des Eilverfahrens sei vielmehr die Frage
gewesen, ob er - der Ag. - hier ausnahmsweise die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse nach § 86a Abs. 2
Nr. 5 SGG habe anordnen dürfen. Hierauf sei das SG überhaupt nicht eingegangen. Er nehme insoweit Bezug auf die
Gründe des Bescheides vom 23. Juni 2008, an denen festgehalten werde. Er wolle mit dem angeordneten
Sofortvollzug lediglich sicherstellen, dass das Hausgrundstück während des Widerspruchs- und Klageverfahrens nicht
verkauft oder weiter belastet werden könne. Eine weitere Vollstreckung - etwa in Form der Zwangsversteigerung - sei
weder beabsichtigt noch nach dem eindeutigen Tenor der Sofortvollzugsanordnung möglich.
Ergänzend reicht der Ag. den Änderungsbescheid vom 1. September 2008 zur Akte, mit dem die mündliche Erklärung
vom 25. August 2008 noch einmal schriftlich niedergelegt worden ist. Zur Begründung heißt es in dem Bescheid, dass
die bereits am Ende des Bescheides vom 23. Juni 2008 formulierte Einschränkung des Sofortvollzuges auf die
Eintragung einer Sicherungshypothek zur Vermeidung von Missverständnissen klarstellend in den Tenor des
Bescheides aufgenommen worden sei.
Die Ast. tritt der Beschwerde entgegen und beantragt die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das
Beschwerdeverfahren. Den der Rückforderung zugrunde liegenden Rücknahmebescheid hält sie für offensichtlich
rechtswidrig und meint, dass die Vollziehungsanordnung schon deshalb rechtswidrig sei. Was die Zahlungen ihres
Vaters betreffe, hätten diese den Grund gehabt, Mehr- und Sonderbedarfe im Hinblick auf eine bei ihr vorliegende
MCS-Erkrankung zu decken. Ihr Vater habe ihr ermöglichen wollen, in einem allergiegerechten Haus zu leben.
Hierzu erwidert der Ag.: Der Ast. sei zuzugeben, dass die Frage, ob sie die zuständigen Leistungsberechner über die
laufenden Zahlungen ihrer Eltern informiert habe, erst im Hauptsacheverfahren durch Vernehmung der entsprechenden
Mitarbeiter zu klären sei. Insoweit sei die Rechtmäßigkeit des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides offen. Die
Anordnung der sofortigen Vollziehung sei aber gleichwohl im öffentlichen Interesse aus den bisher genannten Gründen
geboten. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Eintragung einer Sicherungshypothek für die Ast. nicht mit Nachteilen
verbunden sei. Insbesondere werde das Sicherungsinteresse der vorrangig eingetragenen Bank nicht tangiert. Die
vorgesehene Regelung stelle einen sachgerechten Ausgleich zwischen dem öffentlichen Vollzugsinteresse und dem
Aussetzungsinteresse der Ast. dar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt
der Gerichtsakten einschließlich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Ag. Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Ag. ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat im Ergebnis
zu Recht dem Antrag der Ast. auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stattgegeben. Allerdings hätte das SG sich
nicht auf eine bloße Feststellung beschränken dürfen; vielmehr hätte es die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs
gegen die Rückforderung von Leistungen ausdrücklich anordnen müssen. Dem Ag. ist auch zuzugeben, dass die
Begründung des Beschlusses jede Auseinandersetzung mit den hier zu erörternden Fragen der
Vollziehungsanordnung im Sinne von § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG vermissen lässt.
Der Senat teilt die vom SG vertretene Auffassung, wonach die vom Ag. verfügte Rückforderung von Leistungen -
anders als der gleichzeitig ergangene Aufhebungsbescheid - nicht unter § 39 SGB II fällt, so dass hierfür im
Ausgangspunkt § 86 Abs. 1 Satz 1 SGG gilt, wonach Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung
haben. Die aufschiebende Wirkung entfällt jedoch unter anderem in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im
öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt
erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des
besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet (§ 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG). Hiervon hat der Ag. hier
Gebrauch gemacht, indem er in dem Bescheid vom 23. Juni 2008 hinsichtlich der Rückforderung die sofortige
Vollziehung angeordnet und diese Anordnung auf Seite 5 des Bescheides ausführlich begründet hat. Die im
Erörterungstermin des SG zu Protokoll erklärte Modifizierung, die mit Bescheid vom 1. September 2008 noch einmal
wiederholt worden ist, kann zur Überzeugung des Senats in diesem Zusammenhang vernachlässigt werden, weil mit
der dabei vorgenommenen Klarstellung keine inhaltlichen Änderung verbunden sind. Denn bereits in dem Bescheid
vom 23. Juni 2008 hatte der Ag. deutlich gemacht, dass die Vollziehungsanordnung derzeit ausschließlich der
Eintragung einer Sicherungshypothek dienen sollte. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass die
Vollziehungsanordnung selbst kein Verwaltungsakt, sondern nur ein unselbständiger Annex ist (Keller in Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 86a Rz 17a m.w.N.). Vor diesem Hintergrund bedurfte es der vom SG
vorgenommenen Aufnahme der Erklärungen vom 25. August 2008 in den Tenor seines Beschlusses nicht.
Maßstab der hier zu treffenden gerichtlichen Entscheidung ist § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Danach kann das
Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende
Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht hat zunächst zu prüfen, ob die
formalen Voraussetzungen einer Vollziehungsanordnung vorliegen. Im Übrigen ist eine Interessenabwägung
vorzunehmen, die sich vorrangig an den Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens orientiert (vgl. dazu allg. Keller,
a.a.O., § 86b Rz 12ff.). Dabei spricht die Ausgangsregel des § 86a Abs. 1 dafür, dass im Zweifel das öffentliche
Vollzugsinteresse zurückzustehen hat (Keller, a.a.O. Rz 12d m.w.N.).
In Anwendung dieser Grundsätze ist die Vollziehungsanordnung des Ag. nicht bereits - wie die Ast. meint - wegen
einer unzureichenden Begründung zu beanstanden; vielmehr entspricht die Begründung den Anforderungen von § 86a
Abs. 2 Nr. 5 SGG (vgl. dazu allg. Keller, a.a.O., § 86a Rz 21a ff.). Fehlerhaft ist die Vollziehungsanordnung jedoch
insofern, als mit ihr Elemente der Vollziehung mit denen der Vollstreckung vermischt werden. Bei der Frage der
Vollziehung eines Verwaltungsakts geht es nämlich zunächst ausschließlich darum, ob der Adressat des Bescheides
diesen sofort befolgen muss oder nicht. Bei der Vollstreckung, die sich für Geldforderungen des Ag. nach § 66 Abs. 3
Satz 1 SGB X i.V.m. den Bestimmungen des Schleswig-Holsteinischen Landesverwaltungsgesetzes (LVwG)
bestimmt, geht es hingegen um die Frage der Durchsetzung einer nicht erfüllten Leistungsverpflichtung (Beitreibung
im Verwaltungswege, vgl. § 262 Abs. 1 LVwG). Dabei sieht § 313 LVwG die Sicherungshypothek als Instrument der
Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen vor. Mit der Einbeziehung einer von ihm beabsichtigten
Sicherungshypothek greift der Ag. der üblichen und vom Gesetz vorgesehenen Rangfolge von Vollziehung und
Vollstreckung vor. Gegenstand der Vollziehungsanordnung hätte deshalb zunächst allein die Frage sein dürfen, ob die
Ast. den Rückforderungsbetrag schon vor Abschluss des Widerspruchs- bzw. Klageverfahrens zu zahlen hat; erst
nach Nichterfüllung einer entsprechenden Verpflichtung würden sich daraus Fragen der Vollstreckung ergeben.
Wollte man in der erfolgten Vollziehungsanordnung jedenfalls auch die Aussage des Ag. sehen, dass die Ast. der
Zahlungsaufforderung trotz Einlegung des Widerspruchs bereits nachkommen sollte, könnte diese Anordnung
indessen zur Überzeugung des Senats keinen Bestand haben. Denn die im gerichtlichen Verfahren dann
vorzunehmende Interessenabwägung geht zugunsten der Ast. aus. Zwar können auch fiskalische Interessen das
öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts rechtfertigen (vgl. zu der vergleichbaren
Rechtslage nach § 80 Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO] Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, §
80 Rz 156). Dies setzt allerdings voraus, dass die Verwirklichung einer öffentlichen Geldforderung ohne den sofortigen
Vollzug ernstlich gefährdet erscheint (Schoch, a.a.O.). Hiervon vermag der Senat im vorliegenden Fall nicht
auszugehen. Denn allein der Umstand, dass die Ast. Eigentümerin des von ihr bewohnten Hauses ist, lässt nicht im
Ansatz darauf schließen, dass die Ast. ohne eine Vollziehungsanordnung bzw. ohne Eintragung einer
Sicherungshypothek versuchen könnte, Vermögenswerte durch Veräußerung des Hauses dem Zugriff des Ag. zu
entziehen. Vielmehr hat die Ast. im vorliegenden Verfahren wiederholt geltend gemacht, das Haus schon deshalb
weiterhin bewohnen zu wollen, weil sie es im Hinblick auf ihre MCS-Erkrankung allergiegerecht hergerichtet hat. Der
Senat hat keinen Anlass, dieses Vorbringen in Zweifel zu ziehen. Im Übrigen erschiene es verfehlt, die Entscheidung
über die sofortige Vollziehung eines Erstattungsbescheides vorrangig daran zu orientieren, ob der Adressat des
Bescheides verwertbares Vermögen - etwa in Form einer Immobilie - hat oder nicht. Vielmehr muss eine etwaige
Gefährdungslage, die aus behördlicher Sicht ohne den sofortigen Vollzug besteht, im Einzelfall ausdrücklich
festgestellt werden. Daran fehlt es hier.
Die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens vermögen bei einer Interessenabwägung ebenfalls kein
überwiegendes Vollziehungsinteresse zu begründen. Denn der Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist - wie auch der
Ag. im Beschwerdeverfahren eingeräumt hat - offen, weil die zwischen den Beteiligten strittige Frage der Offenlegung
von Geldeinnahmen durch die Ast. und damit zusammenhängende Fragen des Vertrauensschutzes erst im
Hauptsacheverfahren geklärt werden können. Es verbleibt somit bei der Grundregel des § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG.
Nach allem ist die Beschwerde mit der aus dem Tenor ersichtlichen Maßgabe der Anordnung der aufschiebenden
Wirkung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und orientiert sich am Ausgang
des Verfahrens.
Der PKH-Antrag war wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses abzulehnen, weil die Ast. aufgrund des vorliegenden
Beschlusses gegen den Ag. einen Anspruch auf Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten hat.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.