Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 20.08.2009

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Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht
Beschluss vom 20.08.2009 (rechtskräftig)
Sozialgericht Lübeck S 33 KR 148/09 ER
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 5 B 429/09 KR ER
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Lübeck vom 29. Mai 2009 aufgehoben.
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, vorläufig die Antragstellerin mit Insulin- reservoiren und Kathetern für ihre
Insulinpumpe MiniMed Paradigm 522 bis zur Entscheidung des Klageverfahrens S 33 KR 149/09 durch das
Sozialgericht Lübeck zu versorgen. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin deren außergerichtliche Kosten für
beide Instanzen zu erstatten.
Gründe:
I.
Im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes begehrt die Antragstellerin die vorläufige Kostenübernahme für eine
Versorgung mit Insulinreservoiren und Kathetern für ihre Insulinpumpe durch die Antragsgegnerin.
Die 1966 geborene Antragstellerin ist bei der Antragsgegnerin gegen Krankheit versichert. Sie leidet seit 2002 an
einem Diabetes mellitus Typ 1 mit einem Dawn-Phänomen. Damit wird ein Blutzuckeranstieg in den frühen
Morgenstunden bezeichnet. Im Februar 2008 beantragte die Antragstellerin die Versorgung mit einer Insulinpumpe.
Dazu erhielt die Antragsgegnerin eine ärztliche Begründung durch den Arzt für Innere Medizin/Diabe¬tologie Dr. S.,
Leiter des Diabeteszentrums an der Sa. Klinik O., in dem dieser u. a. auf erhöhte HbA1/HbA1C-Werte von zuletzt 7,2
% hinwies. Die Antragsgegnerin zog ein sozialmedizinisches Gutachten des MDK Nordrhein (Dr. L.) bei und lehnte mit
Bescheid vom 13. Mai 2008 unter Hinweis auf dieses eine Versorgung ab. Die Antragstellerin sei auf eine weitere
intensivierte konventionelle Insulintherapie insbesondere mit erneut strukturierter Schulung zu verweisen. Hiergegen
legte die Antragstellerin Widerspruch ein, den sie mit einer weiteren Stellungnahme von Dr. S. begründete. Danach sei
die Antragstellerin gut geschult und bestens informiert sowie absolut sicher in der BE-Berechnung und Anpassung der
Insulineinheiten. Ein Dawn-Phänomen lasse sich durch erneute Diabetesschulung nicht verbessern. Dieses sei jedoch
unter der Insulinpumpentherapie bereits erfolgreich behandelt worden. Die Rückkehr zur intensivierten Insulintherapie
bedeute einen erheblichen Rückschritt für die Antragstellerin. Sie werde dazu gezwungen, erhöhte
Nüchternblutzuckerwerte zu tolerieren. Dies sei aus medizinischer Sicht fragwürdig, da bei der Antragstellerin eine
Normoglykämie angestrebt werde, um Folgekrankheiten zu verhindern. Auch bestehe prinzipiell noch ein
Kinderwunsch, für den nach den internationalen Leitlinien Nüchternwerte unter 90 mg/dl anzustreben seien. Die
Antragsgegnerin holte ein weiteres sozialmedizinisches Gutachten ein, nunmehr vom MDK Nord (Dr. K.) und wies den
Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2009 zurück. Die Versorgung mit Insulinpumpen käme nach
dem Hilfsmittelverzeichnis bei Diabetes mellitus nur bei bestimmten Indikationsstellungen in Betracht, die bei der
Antragstellerin nicht vorlägen.
Die Antragstellerin hat am 22. Januar 2009 Klage erhoben und am 22. Mai 2009 beim Sozialgericht Lübeck im Wege
einer einstweiligen Anordnung beantragt,
der Antragsgegnerin aufzugeben, sie mit Insulinreservoiren und Kathetern für ihre Insulinpumpe MiniMed Paradigm
522 bis zur Entscheidung des Rechtsstreits am Sozialgericht Lübeck in der Hauptsache zu versorgen.
Zur Begründung trägt sie ergänzend vor, dass sie zwischenzeitlich mit einer Insulinpumpe versorgt sei einschließlich
der Insulinreservoire und Katheter. Die Kosten Letzterer seien von der Antragsgegnerin zunächst übernommen
worden. Sie seien allerdings in einem Monat verbraucht. Durch die Insulinpumpentherapie habe der Langzeitwert
zwischen 6,4 und 6,9 % gelegen, während er bei der konventionellen Insulintherapie immer über 7,2 % gelegen habe.
Entgegen der Auffassung des MDK handele es sich bei einem Wert von 7,2 % nicht um einen guten Wert. Vielmehr
sei ein solcher unter 7 %, besser sogar unter 6,5 % anzustreben. Dazu legt sie eine weitere Stellungnahme von Dr. S.
vom 17. Februar 2009 vor. Die Aufzeichnungen der Antragsgegnerin in der Verwaltungsakte träfen z. T. nicht zu, die
Unterlagen der Antragstellerin seien in völliger Unordnung dort eingeheftet. Sie lege ihr Tagebuch, ergänzt um die Zeit
vor dem 01.10.2007, nunmehr in korrekter Reihenfolge vor.
Die Antragsgegnerin hat weiterhin eine Versorgung mit Ver¬brauchsmaterial abgelehnt, da der Antragstellerin eine
adäquate Therapiemöglichkeit zur Verfügung stehe.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 29. Mai 2009 den Antrag abgelehnt. Bei summarischer Prüfung sei der
Erfolg der Hauptsache offen, da es zur Klärung einer umfassenden Beweiserhebung bedürfe. Auch fehle es an einem
Anordnungsgrund, da die Antragstellerin nicht substantiiert dargetan habe, dass ihr bei einem Abwarten der
Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zu behebende Gesundheitsschäden drohten. Insoweit reiche nicht der
allgemeine Hinweis, dass durch eine exzellente Einstellung diabetesspezifische Spätschäden vermieden würden. Der
Wert bei 7,2 % stelle noch eine befriedigende Einstellung dar.
Gegen den ihr am 3. Juni 2009 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, eingegangen
beim Sozialgericht Lübeck am 1. Juli 2009. Zur Begründung legt sie eine weitere Stellungnahme von Dr. S. vor, nach
der die Pumpentherapie gerechtfertigt sei. Es seien von ihr 780,00 EUR an Quartalskosten für Verbrauchsmaterialien
zu erbringen. Dazu sei sie mit ihren laufenden Einnahmen aus einer Halbtagsbeschäftigung von monatlich netto
673,40 EUR nicht in der Lage. Zwar verfüge sie über Vermögen in Form von DEKA-Fondsanteilen in fünfstelliger
Höhe. Diese dienten jedoch ihrer Altersversorgung und müssten mit Verlust verkauft werden. Zwar seien die Kosten
für die herkömmliche Therapie mit 190,00 EUR brutto monatlich erheblich geringer. Aber selbst die Differenz könne
sie nicht aufbringen. Insoweit müsse nämlich berücksichtigt werden, dass der Rechtsstreit voraussichtlich über einen
längeren Zeitraum gehe und sich die Kosten entsprechend summierten.
Die Antragsgegnerin lehnt weiterhin eine Kostenübernahme ab und verweist auf den angefochtenen Beschluss. Die
Kosten des Verbrauchsmaterials für die Insulinpumpentherapie lägen bei maximal 3.000,00 EUR im Jahr, während die
Basistherapie ca. 190,00 EUR im Monat ausmache. Es werde auf eine weitere Stellungnahme des MDK verwiesen,
die sie vorlege. Die Gutachterin Dr. K. sehe eine Insulinpumpentherapie weiterhin für nicht erforderlich an. Dass nun
der HbA1C-Wert unter der Pumpentherapie in den letzten Monaten unter 7 gesunken sei, stelle die Antragsgegnerin
gar nicht in Frage. Da jedoch beide Verfahren nachweislich gleichwertig zu betrachten seien, könne unter
Kostengesichtspunkten einer lebenslangen Therapie mit einer Pumpe nicht zugestimmt werden.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Sozialgerichts,
die Voraussetzungen für die beantragte einstweilige Anordnung seien nicht erfüllt. Vielmehr hat die Antragstellerin
sowohl den erforderlichen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§§ 86b Abs. 2
Satz 2 und 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG], 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]).
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes erlassen
werden, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist hier der Fall. Die
Ablehnung der Übernahme der Kosten für die Verbrauchsmaterialien der Insulinpumpentherapie ist mit Nachteilen für
die Antragstellerin verbunden, die ihren Anspruch auf einstweiligen Rechtsschutz begründen.
Ein Anordnungsgrund, also die Notwendigkeit einer vorläufigen Entscheidung im Eilverfahren, liegt vor. Die
Antragstellerin verfügt nur über geringe laufende Einnahmen, aus denen sie die Kosten der Verbrauchsmaterialien für
die Insulinpumpentherapie nicht erbringen kann. Allerdings verfügt sie nach ihren Angaben auf Anfrage des Senats
über ein fünfstelliges Vermögen in Form von DEKA-Fondsanteilen. Damit wäre sie grundsätzlich in der Lage, die
Kosten für die Verbrauchsmaterialien für das Gerichtsverfahren zu übernehmen. Diese betragen nach
übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten ca. 3.000,00 EUR pro Jahr. Damit wäre selbst bei einer dreijährigen
Laufzeit des Gerichtsverfahrens noch nicht einmal ein fünfstelliger Betrag erreicht. Auch greift der Hinweis der
Antragstellerin nicht, dies würde zu einem (teilweisen) Verlust ihrer Altersversorgung führen. Denn für den Fall, dass
sie in der Hauptsache obsiegt, hätte sie einen entsprechenden Ausgleichsanspruch gegenüber der Antragsgegnerin.
Sollte sie hingegen im Hauptsacheverfahren unterliegen, wäre sie verpflichtet, die im Rahmen der Anordnung von der
Antragsgegnerin vorgestreckten Zahlungen dieser zu erstatten (zur Erstattungspflicht vgl. etwa Plagemann/Timme
MAH Sozialrecht § 47 Rz 97 ff). Gleichwohl sieht der Senat den im Rahmen des Anordnungsgrundes notwendigen
Nachteil für die Antragstellerin darin, dass die Verwendung des Vermögens des DEKA-Fonds zu Verlusten durch den
Verkauf der Anteile führen würde, die von einem eventuellen Erstattungsanspruch gegenüber der Antragsgegnerin
jedenfalls von § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch V nicht erfasst wären. Darüber hinaus berücksichtigt der Senat in der
Gesamtschau, unter der Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch zu bewerten sind, dass mit dem Vermögen der
Antragstellerin in Form der DEKA-Fondsan¬teile der Antragsgegnerin eine Rückgriffsmöglichkeit offen¬steht, die das
Risiko, letztlich trotz Erfolges in der Hauptsache die Leistungen nicht rückerstattet zu bekommen, minimiert und dass
es hier im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein um den, zudem bis zum Ende des sozialgerichtlichen
Verfahrens zeitlich begrenzten Anspruch allein auf die Versorgungsmaterialien und nicht um die Versorgung mit der
Insulinpumpe selbst geht. Zudem spart die Antragsgegnerin die Kosten der intensiven konservativen Insulintherapie.
Nicht nachzuvollziehen vermag der Senat die Begründung des Sozialgerichts, dass ein Verzicht der Antragstellerin
während der gerichtlichen Abklärung des Anspruchs auf die Insulinpumpentherapie zu Gunsten einer intensiven
konservativen Insulintherapie keinen Anordnungsgrund begründe. Zwar kann der Senat und voraussichtlich auch ein
im Laufe des Hauptsacheverfahrens zu vernehmender medizinische Gutachter keine sichere Prognose über die
Auswirkungen eines nicht optimal eingestellten Diabetes bei der Antragstellerin abgeben. Es kann aber nicht
zweifelhaft sein, dass das Einhalten von Normwerten das wesentliche Ziel der Diabetestherapie ist. Ein Abweichen
von diesen Normwerten über einen längeren Zeitraum, nämlich das Hauptsacheverfahren, ist zu vermeiden. Insoweit
sieht der Senat die Gefahr von Spätschäden, die zudem irreparabel und von nicht unerheblicher Ausprägung wären,
als ausreichend dafür an, wesentliche Nachteile im Sinne eines Anordnungsgrundes zu begründen.
Der Anordnungsanspruch als weitere Voraussetzung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung liegt ebenfalls vor.
Dieser orientiert sich an dem materiellen Anspruch der Antragstellerin auf die beantragte Leistung. Zwar weist das
Sozialgericht zutreffend in dem angefochtenen Beschluss darauf hin, dass eine Beweiserhebung, voraussichtlich
durch einen medizinischen Sachverständigen, im Hauptsacheverfahren unumgänglich sein wird, um im Einzelnen zu
klären, ob die Voraussetzungen für die Versorgung der Antragstellerin mit einer Insulinpumpe vorliegen. Gleichwohl
ergeben sich aus dem bisherigen Akteninhalt und den darin enthaltenen medizinischen Äußerungen Gründe für den
Senat dahingehend, dass ein solcher Anspruch besteht.
Dies verdeutlicht zunächst der Umstand, dass die Antragstellerin es zunächst unter Anleitung ihres Hausarztes, des
Internisten Dr. L., mit einer herkömmlichen Insulintherapie versuchte, dies allerdings ohne Erfolg, wie die aus den
vorgelegten Tagebüchern ergebenden Blutzuckerwerte und die Überweisung der Antragstellerin an Dr. S. im November
2007 zeigen. Auch Dr. S. führte diese Therapie mit geänderter Medikation zunächst fort, allerdings ebenfalls ohne
Erfolg; dies führte zu dem anschließenden Antrag an die Antragsgegnerin auf Übernahme der Kosten der
Insulinpumpentherapie. Es ist nicht zu erkennen, dass damit nicht sämtliche Möglichkeiten der konservative
Insulintherapie ausgeschöpft waren, wovon die Antragsgegnerin nach Anhörung des MDK ausgeht. Bei Dr. S. und der
Sa. Klinik O. mit ihrem Schwerpunkt Diabetologie (Schulungszentrum) in der Abteilung für Innere Medizin handelt es
sich offensichtlich um eine entsprechend kompetente Einrichtung bzw. um den entsprechend kompetenten Arzt,
die/der sich insbesondere mit der Therapie des Diabetes befasst. Jedenfalls vermag der Senat keinen Grund zu
erkennen, warum seiner Einschätzung im Falle der Antragsgegnerin nicht zu folgen ist. Hingegen überzeugen die
Ausführungen in den Gutachten der MDK nicht. Die dort geforderte verbesserte Schulung der Antragstellerin geht ins
Leere bzw. wird nicht näher mit einem entsprechenden Defizit der Antragstellerin begründet. Die Gutachten erfolgten
allein aufgrund des Akteninhalts. Dr. S. verweist in seiner Stellungnahme zum MDK-Gutachten vom 2. Mai 2008
darauf, dass die "gut geschulte und bestens informierte Patientin absolut sicher in der BE-Berechnung und
Anpassung der Insulineinheiten ist". Zudem können durch eine weitere Schulung auch nicht die Folgen des bei der
Antragstellerin vorliegenden Dawn-Phänomens verändert werden, das zu erhöhten Zuckerwerten trotz optimaler
Therapie führt.
Darüber hinaus vermag der Senat nicht nachzuvollziehen, warum in dem Gutachten des MDK vom 11. Juli 2008
unberücksichtigt blieb, dass die Antragstellerin zu diesem Zeitpunkt schon über mehrere Monate mit der Insulinpumpe
versorgt war, die Tagebücher schon weit überwiegend morgendliche Werte von unter 140 aufwiesen und Dr. S. in
seiner Stellungnahme vom 2. Juni 2008 auf Erfolge der Insulinpumpentherapie hingewiesen hatte. Nicht überzeugend
ist in diesem Gutachten zudem die Feststellung, es fänden sich in den Tagebüchern bei hohen Zuckerwerten am
Morgen häufig hohe Zuckerwerte am Vorabend. Bei Durchsicht der Tagebücher fällt vielmehr auf, dass hohen
Zuckerwerten am Morgen häufig niedrigere Werte am Vorabend gegenüberstehen, was für das Vorliegen des von Dr.
S. diagnostizierten Dawn-Phänomens spricht.
Darüber hinaus zeigen die Tagebücher und wird von der Antragsgegnerin auch eingeräumt, dass der HbA1C-Wert
unter der Pumpentherapie in den letzten Monaten unter 7 gesunken ist. Warum die Gutachterin des MDK (Dr. K.) in
ihrer letzten Stellungnahme vom 29. Mai 2009 von einer nicht wesentlichen nachhaltigen Besserung und von
ähnlichen HbA1C-Werten wie unter ICT ausgeht, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen und wird von der
Antragsgegnerin selbst offensichtlich auch nicht vertreten. Dort wird auch nicht auf die von Dr. S. in seiner
Stellungnahme vom 17. Februar 2009 angesprochene weitere Problematik eingegangen, dass im Januar 2008
wiederholt aufgetretene nächtlich Unterzuckerungen unter der Insulinpumpentherapie nicht mehr auftraten. Weiter
vermag der Senat nicht nachzuvollziehen, dass der MDK offensichtlich den HbA1C-Werten, jedenfalls im Falle der
Antragstellerin, keine so bedeutende Wirkung beimisst, als dort bei ihren Werten unter der herkömmlichen Therapie
von relativ guten Werten ausgegangen wird (so das Gutachten des MDK Nord vom 11. Juli 2008).
Ob diese unter der Insulinpumpentherapie objektiv erreichte Verbesserung letztlich den von der Antragstellerin geltend
gemachten Versorgungsanspruch begründet, vermag der Senat in der Kürze der ihm für eine Entscheidung im
Eilverfahren zur Verfügung stehenden Zeit nicht abschließend zu beurteilen. Der Senat greift hier auch nicht auf seine
Rechtsprechung für die Fälle zurück, in denen im Rahmen des Eilverfahrens bei einem offenen Ausgang gleichwohl
ein Versorgungsanspruch besteht, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare,
anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr
beseitigt wären. Denn anders als in den dortigen Verfahren geht es hier nicht um mit der Erkrankung verbundene
akute Lebensbedrohungen (dort Krebserkrankung). Es kann aber bei der Gesamtwürdigung nicht unberücksichtigt
bleiben, dass auch der Diabetes bei nicht ausreichender Therapie zu erheblichen Gesundheitsstörungen führen kann
und diese Wahrscheinlichkeit auch besteht, wenn, wie hier, über einen längeren Zeitraum nicht ausreichend therapiert
wird. Weiter berücksichtigt der Senat, dass, anders als in den dort entschiedenen Fällen, es sich bei der
Insulinpumpentherapie um eine schulmedizinisch grundsätzlich anerkannte Therapieform handelt. Der Hinweis der
Antragsgegnerin auf das Hilfsmittelverzeichnis bestätigt dies. Soweit sie aber auf die darin enthaltenen
Einschränkungen verweist, hat dies grundsätzlich rechtlich keine Bedeutung, da dem Hilfsmittelverzeichnis
Normqualität nicht zukommt (BSG v. 10. April 2008 – B 3 KR 8/07 R).
Der Senat hat, entsprechend dem Antrag der Antragstellerin, die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur
Kostenübernahme für die Dauer des Klageverfahrens beim Sozialgericht Lübeck ausgesprochen. Dies geschieht vor
dem Hintergrund, dass dort eine weitere medizinische Aufklärung durchgeführt werden wird, die gegebenenfalls zu
einer Änderung der Anordnung führen kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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