Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 03.12.2008

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Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht
Beschluss vom 03.12.2008 (rechtskräftig)
Sozialgericht Schleswig S 1 AS 1381/06
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 6 B 218/08 AS PKH
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 17. Juli 2008 aufgehoben. Die
Sache wird zur erneuten Entscheidung über die Anträge des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und
Beiordnung eines Rechts- anwalts an das Sozialgericht Schleswig zurückverwiesen.
Gründe:
I.
In dem Hauptsacheverfahren (S 1 AS 1381/06) streiten die Beteiligten über die Höhe der Leistungen der
Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Mit Bescheid vom 6. Februar 2006 gewährte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
für die Zeit vom 1. März 2006 bis 31. August 2006 in Höhe von 900,00 EUR monatlich und berücksichtigte dabei die
tatsächlichen Kosten des Klägers für Unterkunft und Heizung. Mit weiterem Bescheid vom 6. Februar 2006 gewährte
die Beklagte Leistungen vom 1. September bis 30. September 2006 in Höhe von 839,00 EUR, ebenfalls unter
Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung.
Mit Schreiben vom 14. Februar 2006 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass der Kläger nur Anspruch auf
angemessene Kosten der Unterkunft habe. Nach den Richtlinien der Arbeitsgemeinschaft des Kreises Plön ergebe
das für einen Einpersonenhaushalt einen Betrag von höchstens 262,50 EUR Kaltmiete inklusive Nebenkosten und
30,60 EUR Heizkosten. Gemessen daran sei die Miete des Klägers in Höhe von 361,30 EUR zuzüglich 38,70 EUR
Vorauszahlung für Heizung und Warmwasser unangemessen. Der Kläger werde aufgefordert, sich um eine günstigere
Wohnung zu bemühen und diese Bemühungen nachzuweisen. Ab 1. Juni 2006 werde nur noch die angemessene
Miete gezahlt.
Die Beklagte änderte die Leistungsbewilligung mit Bescheid vom 14. Februar 2006 dahingehend, dass sie für die Zeit
vom 1. Juni 2006 bis 31. August 2006 nur noch die angemessenen Mietkosten berücksichtigte. Mit weiterem
Bescheid vom 14. Feb¬ruar 2006 gewährte sie auch für die Zeit vom 1. September bis zum 30. September 2006
lediglich die angemessene Miete.
Gemäß Aktenvermerk legte der Kläger am 14. Februar 2006 gegen den Bescheid vom 14. Februar 2006 bei der
Beklagten persönlich Widerspruch ein und bat darum, die Entscheidung zu überprüfen. Da er derzeit in Scheidung
lebe und sich seine drei Kinder alle 14 Tage bei ihm aufhielten, benötige er einen entsprechenden Mehrbedarf an
Wohnraum.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2006 gewährte die Beklagte in Abänderung des Bescheides vom 14. Februar
2006 dem Kläger die tatsächliche Miete bis einschließlich 31. August 2006. Im Übrigen wurde der Widerspruch als
unbegründet zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger am 11. August 2006 Klage erhoben und gleichzeitig die Gewährung von Prozesskostenhilfe
unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. M beantragt.
Das Sozialgericht hat den PKH-Antrag mit der Begründung abgelehnt, für das Begehren des Klägers auf Übernahme
der tatsächlichen Mietkosten ab 1. September 2006 bis zum 28. Feb¬ruar 2007 bestehe keine Erfolgsaussicht, da
dieser Zeitraum nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides sei. Der Kläger habe lediglich denjenigen
Leistungsbescheid angefochten, der ihm Leistungen bis zum 31. August 2006 zugesprochen habe. Für diesen
Zeitraum seien nach der erfolgten Abhilfe die tatsächlichen Kosten der Unterkunft komplett übernommen worden.
Gegen diesen am 21. Juli 2008 zugestellten Beschluss wendet sich der Kläger mit seiner am 18. August 2008 bei
dem Sozialgericht Schleswig eingegangenen Beschwerde. Zur Begründung macht der Kläger im Wesentlichen
geltend, er habe rechtzeitig gegen den Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 2006 Widerspruch eingelegt. Dieser
Bescheid treffe entgegen der Auffassung des Gerichts ausdrücklich nicht nur eine Regelung bis zum 31. August
2006, sondern bis zum 30. September 2006.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf
den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Akte des Sozialgerichts Schleswig mit dem
Aktenzeichen S 1 AS 1381/06.
II.
Die Beschwerde ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und der Zurückweisung der Sache an
das Sozialgericht zur erneuten Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) in entsprechender
Anwendung von § 159 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) begründet. Denn das Sozialgericht durfte die
Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch des Klägers nicht treffen, ohne über die Erfolgsaussicht in
materiell-rechtlicher Hinsicht zu entscheiden. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:
Das Sozialgericht hat den PKH-Antrag des Klägers mit der Begründung abgelehnt, dass für die Übernahme der
tatsächlichen Mietkosten ab 1. September 2006 begrenzt bis 28. Februar 2007 keine Erfolgsaussicht bestehe, da
dieser Zeitraum nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides sei. Würde man dem Sozialgericht folgen, hätte
dies zur Folge, dass die Klage wegen des fehlenden Vorverfahrens (§ 78 SGG) unzulässig wäre. Ausgehend von
dieser Prämisse hat das Sozialgericht in logischer Konsequenz über die Erfolgsaussicht des materiell rechtlichen
Anspruchs nicht entschieden.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist der Zeitraum vom 1. September bis 30. September 2006 jedoch
Gegenstand der angefochtenen Bescheide. In dem Aktenvermerk der Beklagten vom 14. Februar 2006 heißt es, der
Kläger habe gegen den Bescheid vom 14. Februar 2006 Widerspruch einlegt. Nicht vermerkt ist, gegen welchen der
beiden Bescheide sich der Widerspruch richten sollte. Der Widerspruchsbegründung ist nicht zu entnehmen, dass der
Kläger seinen Anspruch zeitlich begrenzen bzw. auf einen der beiden Bescheide vom 14. Februar 2006 beschränken
wollte. So hat es auch die Beklagte verstanden. Denn mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 2006 hat die Beklagte
dem Kläger in Abänderung des Bescheides vom 14. Februar 2006 die tatsächliche Miete bis einschließlich 31. August
2006 gewährt und im Übrigen den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Dass in dem Widerspruchsbescheid
auch eine Entscheidung über den Zeitraum vom 1. Septem¬ber 2006 getroffen worden ist, folgt aus der Formulierung,
dass es rechtlich nicht zu beanstanden sei, dass für die Zeit ab dem 1. September 2006 nur noch die
Unterkunftskosten im Rahmen der Mietobergrenze berücksichtigt würden. Insofern war vom SG eine Entscheidung in
der Sache zu treffen.
Der Senat verweist den Rechtsstreit in Ausübung des ihm in § 159 Abs. 1 SGG eingeräumten Ermessens an das
Sozialgericht zurück. Der Senat berücksichtigt dabei, dass sich eine Zurückverweisung im PKH-Beschwerdeverfahren
an der Verfahrensökonomie auszurichten hat und eine Zurückverweisung nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt.
Andererseits ist in die Abwägung einzubeziehen, dass den Beteiligten nach dem Willen des Gesetzgebers auch im
PKH-Verfahren die Inanspruchnahme von zwei Tatsacheninstanzen offensteht. Unter Berücksichtigung dieser
Maßstäbe ist ausnahmsweise eine Zurückverweisung gerechtfertigt, wenn sich das Sozialgericht – wie vorliegend –
zur Erfolgsaussicht der Hauptsache nicht geäußert hat, da dem Kläger anderenfalls eine volle Tatsacheninstanz
genommen würde.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.