Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 19.05.2009

LSG Shs: genehmigung, psychotherapie, abrechnung, beendigung, berechtigung, ex nunc, wechsel, grundversorgung, ausführung, niederlassung

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht
Urteil vom 19.05.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Kiel S 15 KA 76/05
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 4 KA 24/07
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kiel vom 31. Mai 2007 wird
zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer sachlich rechnerischen Berichtigung für das Quartal IV/00
betreffend die Leistungsziffern Nr. 850 und 851 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM-Ä).
Der Kläger war nach zwischenzeitlicher Zulassung in den Zuständigkeitsbereichen der Kassenärztlichen
Vereinigungen Hamburg und Berlin seit Oktober 2000 erneut im Zuständigkeitsbereich der Beklagten mit Praxissitz in
I als praktischer Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Eine Abrechnungsgenehmigung für die
Leistungen der psychosomatischen Grundversorgung nach der Nr. 850 EBM-Ä (differenzialdiagnostische Klärung
psychosomatischer Krankheitszustände mit schriftlichem Vermerk über die ätiologischen Zusammenhänge,
einschließlich Beratung, bis zu zweimal im Behandlungsfall) und der Nr. 851 EBM-Ä (verbale Intervention bei
psychosomatischen Krankheitszuständen unter systematischer Nutzung der Arzt-Patienten-Interaktion, je Sitzung
(Dauer mindestens 15 Minuten)) war ihm seitens der Beklagten im Zusammenhang mit der erneuten Zulassung in
Schleswig-Holstein nicht erteilt worden.
Mit Bescheid vom 27. März 2001 teilte die Abrechnungsabteilung der Beklagten dem Kläger mit, dass die mit der
Abrechnung für das Quartal IV/00 geltend gemachten Leistungen nach Nr. 850 EBM-Ä (11x) und Nr. 851 EBM-Ä (32x)
ohne Genehmigung abgerechnet worden seien. Aufgrund der Vereinbarung über die Anwendung von Psychotherapie in
der vertragsärztlichen Versorgung könnten die genannten Leistungsziffern nur unter den in der
Psychotherapievereinbarung, § 5 Abs. 6 der Anlage 1 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 2 Abs. 6
Anlage 1 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä), bestimmten Voraussetzungen abgerechnet werden.
Aufgrund dieser Regelungen sei sie gehalten, die genannten Positionen unberücksichtigt zu lassen. Dem Kläger
werde anheimgestellt, einen Antrag auf Erteilung der entsprechenden Genehmigung bei der Abteilung
Qualitätssicherung der Beklagten zu stellen.
Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Kläger darauf hin, dass er seit 1976 mit einer kleinen
Unterbrechung Mitglied der Beklagten sei. Aus den Unterlagen sei zu ersehen, dass er die genannten Leistungsziffern
immer abgerechnet habe, dies zum Schluss auch in Berlin. Die KV Berlin werde dies bestätigen.
Die daraufhin seitens der Beklagten durchgeführten Ermittlungen ergaben, dass der Kläger von Juli 1997 bis März
1998 im Zuständigkeitsbereich der KV Hamburg niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen
gewesen war. Die KV Hamburg hatte dem Kläger mit Schreiben vom 2. August 1995 mitgeteilt, die Kassenärztliche
Vereinigung Schleswig-Holstein habe bestätigt, dass er die Nrn. 850 und 851 E-GO/BMÄ während seiner
vertragsärztlichen Tätigkeit im KV-Bereich Schleswig-Holstein durchgeführt und abgerechnet habe. Sie freue sich, ihm
nunmehr die widerrufliche Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung der psychosomatischen Grundversorgung
nach den Nrn. 850 und 851 E-GO/BMÄ im Rahmen seiner vertragsärztlichen Tätigkeit erteilen zu können. Im Zeitraum
von April 1998 bis zum 22. Oktober 2000 war der Kläger im Zuständigkeitsbereich der KV Berlin zur vertragsärztlichen
Versorgung zugelassen. Eine Genehmigung zur Durchführung von Leistungen der psychosomatischen
Grundversorgung hatte er in diesem Zeitraum nicht erhalten.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2004 zurück. Die
Nichtberechnungsfähigkeit der im Quartal IV/00 von dem Kläger erbrachten Leistungen nach den Nrn. 850 und 851
EBM-Ä ergebe sich aus § 3 Abs. 3 Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten. Danach könnten Leistungen, die
von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen, wie beispielsweise einer Genehmigung abhängig seien, von ihr nur
dann vergütet werden, wenn die entsprechende Voraussetzung erfüllt, also die Genehmigung erteilt sei. Für die
Ausführung und Abrechnung von psychotherapeutischen Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung
bedürfe es nach der Psychotherapie-Vereinbarung Teil B § 2 einer Genehmigung. Eine derartige Genehmigung sei
dem Kläger jedoch nicht erteilt worden. Gemäß § 11 Abs. 6 BMV-Ä behielten Ärzte, die aufgrund eines
Qualifikationsnachweises die Berechtigung zur Ausführung und Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen durch eine
Kassenärztliche Vereinigung erhalten hätten, diese Berechtigung auch dann, wenn sie die Leistungen aufgrund einer
Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit in einem anderen KV-Bereich erbringen wollten. Diese Voraussetzungen
lägen hier jedoch nicht vor, da der Kläger nach dem Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen zwar in dem Zeitraum
seiner Niederlassung im KV-Bereich Hamburg, nicht jedoch für die im Anschluss daran folgende Niederlassung im
KV-Bereich Berlin die Genehmigung für die Durchführung und Abrechnung von Leistungen nach Nrn. 850 und 851
EBM Ä besessen habe. Darüber hinaus sei festzustellen, dass am 1. Januar 1999 eine neue
Psychotherapievereinbarung in Kraft getreten sei, nach der bestimmte fachliche Nachweise als Voraussetzung zur
Erteilung einer Genehmigung zu erbringen seien; diese fachlichen Nachweise seien von dem Kläger jedoch nicht
vorgelegt worden.
Zur Begründung seiner hiergegen am 13. Januar 2005 bei dem Sozialgericht Kiel erhobenen Klage hat der Kläger im
Wesentlichen vorgetragen: Zu Unrecht habe die Beklagte die notwendige Genehmigung zur Abrechnung der Nrn. 850,
851 EBM Ä verneint. Unstreitig habe er über eine Abrechnungsgenehmigung der KV Hamburg für die Leistungen der
psychosomatischen Grundversorgung verfügt. Ebenso unstreitig habe er in Berlin die streitgegenständlichen
Gebührenziffern nicht abgerechnet. Grund hierfür sei gewesen, dass am Praxissitz auf demselben Flur eine
Psychotherapeutin ansässig gewesen sei. Gemäß § 16 Abs. 1 Psychotherapie-Vereinbarung in der Fassung vom 7.
Dezember 1998 behielten Ärzte, die aufgrund der bis zum 31. Dezember 1998 gültigen Psychotherapie-Vereinbarung
eine Abrechnungsgenehmigung erhalten hätten, diese in gleichem Umfang. In dieser Vorschrift sei entgegen den
Ausführungen der Beklagten nicht festgelegt, dass der betreffende Arzt zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der
Psychotherapie-Vereinbarung tatsächlich eine Abrechnungsgenehmigung innehaben müsse. Dass er im Rahmen der
Niederlassung im KV-Bereich Berlin keine Genehmigung für die Leistungen nach den Nrn. 850, 851 EBM gehabt habe,
sei deshalb unerheblich. Es komme ausschließlich darauf an, dass er im Verlauf der Gültigkeit der Psychotherapie-
Vereinbarung von 1990 bis 1998 eine derartige Genehmigung innegehabt habe, hier die Genehmigung seitens der KV
Hamburg. Er habe die in der Psychotherapie-Vereinbarung geforderte Qualifikation zur Durchführung der
Psychotherapie und der psychosomatischen Grundversorgung gemäß F I 5 der Richtlinien des Bundesausschusses
der Ärzte und Krankenkassen über die Durchführung der Psychotherapie in der kassenärztlichen Versorgung in der
Neufassung vom 3. Juli 1987 (Deutsches Ärztebl. 84, Heft 37, 10. September 1987) besessen. In der
Geltendmachung der Abrechnungsziffern 850, 851 EBM im Rahmen der späteren Zulassung im Bereich der Beklagten
könne zudem ein neuer, formloser Antrag auf Erteilung der Genehmigung gesehen werden.
Das Sozialgericht ist von dem Antrag des Klägers ausgegangen,
unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2004 die Beklagte zu verpflichten, ihren Bescheid
vom 27. März 2001 bezüglich der Honorarabrechnung IV/00 aufzuheben und die Abrechnung der Nrn. 850, 851 EBM
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts vorzunehmen,
und von dem Antrag der Beklagten,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat sich auf die angefochtenen Bescheide bezogen und ergänzend im Wesentlichen dargelegt: Sie teile
nicht die Auffassung des Klägers, wonach in der Abrechnung einer Leistungsposition ein konkludenter Antrag auf
Erteilung einer entsprechenden Genehmigung zu sehen sei. Zudem gelte die Erteilung einer Genehmigung als Status
begründender Verwaltungsakt nur ex nunc und entfalte keine Rückwirkung. Bereits abgerechnete Leistungen könnten
daher nicht berücksichtigt werden, selbst wenn dem Kläger eine Genehmigung zu erteilen wäre.
Das Sozialgericht hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid vom 31. Mai 2007
abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist im Wesentlichen dargelegt: Die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt,
die von dem Kläger erbrachten Leistungen nach den EBM-Ziffern 850 und 851 zu vergüten. Denn die hierfür
erforderliche Genehmigung habe der Kläger in dem Quartal IV/00 nicht – mehr – gehabt. Für die Fortgeltung der ihm
im Rahmen der Zulassung im Bereich der KV Hamburg erteilten Abrechnungsgenehmigung könne sich der Kläger
nicht auf die Regelungen des § 11 Abs. 6 BMV-Ä in der ab 1. Januar 1995 geltenden Fassung bzw. des § 39 Abs. 6
AEV in der ab 1. Juli 1994 geltenden Fassung berufen. Beide Vorschriften bestimmten gleichlautend, dass Ärzte, die
aufgrund eines Qualifikationsnachweises gemäß den Vereinbarungen nach § 135 Abs. 2 SGB V die Berechtigung zur
Ausführung und Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen durch eine Kassenärztliche Vereinigung erhalten hätten,
diese Berechtigung auch dann behielten, wenn sie diese Leistungen aufgrund einer Zulassung zur vertragsärztlichen
Tätigkeit in einem anderen KV-Bereich erbringen wollten. Diesen Vorschriften liege die Erwägung zugrunde, die
aufgrund der regionalen Gliederung der Kassenärztlichen Vereinigungen bei einem Wechsel des Niederlassungsortes
entstehenden Probleme dadurch zu beheben, dass die in einem KV-Bereich erteilte Qualifikationsberechtigung auch in
dem KV-Bereich des neuen Niederlassungsortes fortgelte. Ihrem Sinn und Zweck nach gingen die Vorschriften von
einem Wechsel des Niederlassungsortes, also von der Beendigung der Zulassung an dem einen und der neuen
Zulassung an einem anderen Ort aus. Sie setzten damit einen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Beendigung
der Zulassung und der Neuzulassung voraus. Nur in diesem Verständnis würden die Vorschriften den Anforderungen
des § 135 Abs. 2 SGB V, mit dem der Notwendigkeit der Qualitätssicherung bei bestimmten Leistungsarten Rechnung
getragen werde, gerecht. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in dem Urteil vom 13. Juli 1996 – 6 RKa 87/95 – die
Frage, welcher Zeitrahmen bei einem Wechsel des Niederlassungsortes zwischen Beendigung der Zulassung und der
Neuzulassung eingehalten werden müsse, um von der Fortgeltung einer Berechtigung im Sinne der genannten
Vorschriften ausgehen zu können, nicht abschließend entschieden. In dem dort vorliegenden Sachverhalt habe der
Kläger seine kassen- und vertragsärztliche Tätigkeit für einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren unterbrochen gehabt.
Diese Zeitspanne sehe das BSG auf jeden Fall als zu lang an, um dem geforderten engen zeitlichen Zusammenhang
zwischen Beendigung und Neuaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit zu entsprechen. Der Kläger habe zwischen
dem 1. April 1998 und dem 22. Oktober 2000 während seiner Niederlassung im Bereich der KV Berlin von der ihm
seitens der KV Hamburg erteilten Genehmigung keinen Gebrauch gemacht. Damit fehle es an dem vom
Bundessozialgericht geforderten engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Ende der Zulassung und der
Neuzulassung.
Gegen den ihm am 20. Juni 2007 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 19. Juli 2007 bei dem
Sozialgericht Kiel eingegangene Berufung des Klägers, zu deren Begründung der Kläger unter Bezugnahme auf sein
bisheriges Vorbringen im Übrigen im Wesentlichen vorträgt: Er habe während seiner gesamten Tätigkeit als
niedergelassener Arzt psychotherapeutische Grundleistungen erbracht. Hierzu habe er sowohl die Befähigung als
auch zumindest in den Jahren seit 1998 im Bereich der KV Hamburg die Abrechnungsgenehmigung gehabt. Durch
seinen Ortswechsel gehe seine Qualifikation nicht verloren, auch wenn er danach die Leistungen nicht erbracht habe.
Anderenfalls würde seine Berufsfreiheit unzulässig eingeschränkt. Eine Unterbrechung der Zulassung, wie von dem
Sozialgericht angenommen, habe es bei ihm nicht gegeben.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kiel vom 31. Mai 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 27. März 2001
in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
ihm unter Abänderung des Honorarbescheides für das Quartal IV/00 11 Leistungen nach der Nr. 850 EBM-Ä und 32
Leistungen nach der Nr. 851 EBM-Ä zu vergüten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der
Beklagten betreffend die Honorarkürzung für das Quartal IV/00 Bezug genommen. Diese Vorgänge sind auch
Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung des Senats am 19. Mai 2009 gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (nach den Berechnungen der Beklagten in dem Schreiben vom 11. Mai 2007 beträgt der Wert des
Beschwerdegegenstandes 808,66 EUR, so dass der maßgebliche Betrag von hier noch 500,00 EUR, § 144 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 a. F. Sozialgerichtsgesetz – SGG - überschritten wird) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere
fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Vergütung der von ihm im Quartal IV/00 erbrachten Leistungen nach den Nrn.
850 und 851 EBM-Ä.
Rechtsgrundlagen für die von der Beklagten mit den angefochtenen Bescheiden vorgenommene sachlich rechnerische
Berichtigung der Honorarabrechnung des Klägers für das Quartal IV/00 sind § 45 Abs. 2 Satz 1 BMV Ä und § 34 Abs.
4 Satz 2 EKV Ä. Nach diesen Vorschriften in allen wiederholt geänderten Fassungen obliegt der Kassenärztlichen
Vereinigung die Prüfung und ggf. sachlich rechnerische Berichtigung der Honorarforderung des Arztes. Der Begriff der
sachlich rechnerischen Berichtigung ist dabei umfassend zu verstehen, d. h. es ist nicht nur zu prüfen, ob ein
Vertragsarzt eine Leistung entsprechend den Vorgaben des EBM erbracht hat, sondern auch, ob er befugt ist, die
erbrachte Leistung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung in der vorgenommenen Form zu erbringen (std.
Rspr.; vgl. BSG, Urt. v. 22. März 2006 - B 6 KA 76/04 R, BSGE 96, 99, juris Rn. 11 mit zahlr. Nachw. zur Rspr.).
Der Kläger war in dem Quartal IV/00 nicht befugt, Leistungen nach den Nrn. 850 und 851 EBM-Ä im Rahmen der
vertragsärztlichen Versorgung zu erbringen und abzurechnen. Gemäß § 11 Abs. 10 BMV Ä bzw. § 39 Abs. 10 EKV-Ä
in der ab 1. Januar 1995 bzw. ab 1. Juli 1994 geltenden Fassung dürfen psychotherapeutische Leistungen, die ihrer
Eigenart nach besondere Kenntnisse und Erfahrungen voraussetzen, in der vertragärztlichen Versorgung nur
ausgeführt und abgerechnet werden, wenn der Leistungserbringer die vorgeschriebenen Qualifikationserfordernisse
erfüllt. Diese sind jeweils in der Anlage 1 zu diesen Verträgen für Ärzte und Psychotherapeuten von den
Vertragpartnern vereinbart. Dem entspricht die in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid zitierte Vorschrift des § 3
Abs. 3 HVM der Beklagten, wonach Leistungen, die von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen wie
beispielsweise einer Genehmigung abhängig sind, nur dann vergütet werden, wenn die entsprechende Genehmigung
erteilt ist.
Bei den von dem Kläger im Quartal IV/00 erbrachten und mit der Honorarabrechnung geltend gemachten Leistungen
nach den Nrn. 850 EBM Ä und 851 EBM Ä handelt es sich um derartige Leistungen. Gemäß Teil B, § 2 Satz 1 der
Vereinbarung über die Anwendung von Psychotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung (Psychotherapie-
Vereinbarung; jeweils Anlage 1 zu den o. g. Verträgen) in der hier anzuwendenden Fassung vom 7. Dezember 1998
(DÄBl. 1998, Heft 51/52 S. A 3309), ist die "Ausführung und Abrechnung" von psychotherapeutischen Leistungen im
Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durch die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden ärztlichen
Psychotherapeuten und psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten erst
nach Erteilung der Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung zulässig. Die genannten Leistungen fallen in
den Bereich der psychosomatischen Grundversorgung im Sinne der Abschnitte C und G der Psychotherapie-
Richtlinien und sind gemäß § 1 Abs. 2 Gegenstand der Psychotherapie-Vereinbarung.
Nach den von dem Kläger nicht angegriffenen und auch im Übrigen nicht zweifelhaften Feststellungen hat die
Beklagte dem Kläger nach seiner erneuten Zulassung in ihrem Zuständigkeitsbereich eine Genehmigung für die
Erbringung von Leistungen der psychosomatischen Grundversorgung nicht erteilt. Ob dem Kläger während seiner
früheren Tätigkeit im Zuständigkeitsbereich der Beklagten – nach seinen Angaben in dem Widerspruch vom 29. März
2001 war er seit 1976 mit einer kleinen Unterbrechung Mitglied der Beklagten gewesen – eine derartige Genehmigung
erteilt worden war, bedarf keiner Klärung. Der Kläger hat angegeben, die Nrn. 850 und 851 E-GO/BMÄ damals
abgerechnet zu haben, und die Beklagte hat dies nach dem Inhalt des Schreibens der KV Hamburg vom 2. August
1995 dieser gegenüber bestätigt. Wie noch darzulegen sein wird, würde jedoch selbst eine dem Kläger zum damaligen
Zeitpunkt seitens der Beklagten erteilte Genehmigung im Hinblick auf die zwischenzeitliche Beendigung der
Zulassung im Zuständigkeitsbereich der Beklagten keine Gültigkeit mehr haben. Die von dem Kläger vorgelegte, ihm
seitens der KV Hamburg unter dem 2. August 1995 erteilte Abrechnungsgenehmigung betreffend die Nrn. 850 und 851
E GO/BMÄ ist keine Genehmigung durch "die Kassenärztliche Vereinigung" im Sinne des § 2 Psychotherapie-
Vereinbarung. Denn hiermit ist allein die für die Prüfung der Abrechnung zuständige Kassenärztliche Vereinigung, hier
die Beklagte, gemeint. Die dem Kläger durch die KV Hamburg erteilte Genehmigung gilt auch nicht fort. Das BSG hat
hierzu in dem Urteil vom 13. November 1996 (- 6 RKa 87/95, SozR 3 2500 § 135 Nr. 3, juris Rn. 13) dargelegt, den
dem dortigen Kläger von einer anderen KV erteilten Genehmigungen komme keine Rechtswirkung mehr zu. Zum einen
sei die Wirkung der von einer KV, einer Körperschaft öffentlichen Rechts, erlassenen Verwaltungsakte auf den
Bereich ihrer örtlichen Zuständigkeit beschränkt, zum anderen komme den Genehmigungen schon deshalb keine
Wirkung mehr zu, weil sie diese mit der Beendigung der Zulassung des Klägers zur vertragsärztlichen Versorgung im
Bereich der anderen KV verloren hätten, diese sich somit im Sinne des § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch
auf andere Weise erledigt hätten. Demnach hatte sich die Abrechnungsgenehmigung seitens der KV Hamburg ebenso
wie eine unterstellte ihm zuvor von der Beklagten erteilte Genehmigung jeweils mit der Beendigung der Tätigkeit des
Klägers im Zuständigkeitsbereich der Beklagten bzw. der KV Hamburg, Letztere mit Ablauf des 31. März 1998
erledigt. Soweit das BSG in einem früheren Urteil für einen nichtärztlichen Psychotherapeuten angenommen hatte, die
ihm von einer KV erteilte Genehmigung zur Durchführung von Psychotherapie im Delegationsverfahren gelte auch in
anderen KV-Bezirken (Urt. v. 12. Mai 1993 – 6 RKa 13/92, SozR 3-5540 § 4 Nr. 1) hat es dies auf Genehmigungen (im
konkreten Fall zur Durchführung von Ultraschalluntersuchungen) an Vertragsärzte ausdrücklich nicht für übertragbar
gehalten (Urt. v. 13. No¬vember 1996, a.a.O., juris Rn. 15). Dass die Beurteilung bezogen auf Vertragsärzte anders
ausfällt – im Sinne der Beschränkung der Geltung im konkreten Fall der Einwilligung zu psychotherapeutischen
Leistungen auf den Kassenarztsitz, für den sie von der zuständigen KV erteilt wurde - ist auch bereits dem Urteil vom
12. Mai 1993 zu entnehmen (a.a.O., juris Rn. 26).
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Regelung in § 11 Abs. 6 BMV Ä bzw. § 39 Abs. 6 AEV in der ab 1. Januar
1995 bzw. ab 1. Juli 1994 geltenden Fassung. In diesen Vorschriften ist geregelt, dass Ärzte, die aufgrund eines
Qualifikationsnachweises gemäß den Vereinbarungen nach § 135 Abs. 2 SGB V die Berechtigung zur Ausführung und
Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen durch eine Kassenärztliche Vereinigung erhalten haben, diese Berechtigung
auch dann behalten, wenn sie diese Leistungen aufgrund einer Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit in einem
anderen KV-Bereich erbringen wollen. Diese Vorschriften galten bis einschließlich März 2005, so dass sie hier
bezogen sowohl auf den Zeitpunkt der Wiederaufnahme der Tätigkeit des Klägers im Zuständigkeitsbereich der
Beklagten als auch den Zeitpunkt der Leistungserbringung, d. h. im gesamten IV. Quartal 2000, Anwendung finden.
Gemäß § 11 Abs. 10 Satz 3 BMV Ä bzw. § 39 Abs. 10 Satz 3 EKV-Ä in der ab 1. Januar 1995 bzw. ab 1. Juli 1994
geltenden Fassung gilt u. a. Abs. 6 der jeweiligen Vorschrift (für psychotherapeutische Leistungen) entsprechend.
Zu Recht ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass der Kläger sich auch auf der Grundlage der genannten
Vorschriften gegenüber der Beklagten nicht auf die ihm von der KV Hamburg - oder zuvor von der Beklagten selbst -
erteilte Genehmigung berufen kann. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 13. No¬vember 1996, a.a.O., juris
Rn. 16) sind die genannten Vorschriften ihrem Sinn und Zweck nach dahingehend auszulegen, dass sie einen
Wechsel des Niederlassungsortes, also die Beendigung der Zulassung an dem einen und die Neuzulassung an einem
anderen Ort und damit einen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Beendigung der Zulassung und der
Neuzulassung voraussetzen. Nur bei diesem Verständnis, so das BSG, würden die Vorschriften den Anforderungen
des § 135 Abs. 2 SGB V gerecht, mit dem der Notwendigkeit der Qualitätssicherung bei bestimmten Leistungsarten
Rechnung getragen werde. Im Weiteren hat das BSG offen gelassen, welcher Zeitrahmen bei einem Wechsel des
Niederlassungsortes zwischen Beendigung der Zulassung und Neuzulassung eingehalten werden müsse, um von der
Fortgeltung einer Berechtigung im Sinne der genannten Vorschriften ausgehen zu können. Den
Unterbrechungszeitraum von zweieinhalb Jahren, wie er in dem zu entscheidenden Fall eingetreten war, hat es
allerdings in jenem Fall als zu lang beurteilt.
Diese Erwägungen sind nach Sinn und Zweck auf den hier vorliegenden Sachverhalt zu übertragen, auch wenn er
nicht vollständig identisch ist mit der dem Urteil des BSG zugrundeliegenden Fallgestaltung. Während nämlich in dem
dortigen Fall der klagende Arzt über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren insgesamt nicht an der vertragsärztlichen
Versorgung teilgenommen hatte, war der Kläger fortlaufend vertragsärztlich tätig, allerdings zwischen der die
Abrechnungsgenehmigung begründenden Tätigkeit im Zuständigkeitsbereich der KV Hamburg und der erneuten
Tätigkeit im Zuständigkeitsbereich der Beklagten im Zuständigkeitsbereich der KV Berlin, wo er Leistungen nach den
Nrn. 850 und 851 EBM Ä jedoch nicht abrechnete. Unter Berücksichtigung der zitierten Begründung des BSG für die
Nichtanwendbarkeit der § 11 Abs. 6 BMV Ä bzw. § 39 Abs. 6 AEV a.F. bei einer längeren Tätigkeitsunterbrechung ist
es jedoch unerheblich, ob der Wechsel von der KV, die die Genehmigung erteilt hat, zu einer anderen KV nach einer
Unterbrechung der vertragsärztlichen Tätigkeit insgesamt oder nach einer zwischenzeitlichen Tätigkeit im
Zuständigkeitsbereich einer dritten KV, jedoch ohne Erbringung der genehmigungspflichtigen Leistungen erfolgt. Denn
maßgeblicher Gesichtspunkt ist die Sicherung der Qualität der Leistung im Sinne einer kontinuierlichen
Leistungserbringung.
Der Senat schließt sich der Auslegung der genannten Vorschriften durch das BSG an. Zwar ist deren Wortlaut die
Beschränkung auf einen Zuständigkeitswechsel mit zeitnaher Leistungserbringung auch in dem anderen KV-Bereich
nicht ausdrücklich zu entnehmen. Auf eine einschränkende Auslegung weist der Wortlaut jedoch insoweit hin, als von
der Zulassung in "einem" anderen KV-Bereich gesprochen wird und nicht von "anderen KV-Bereichen". Dies legt die
vom BSG angenommene Erforderlichkeit des unmittelbaren Anschlusses nahe. Zudem handelt es sich bei den
genannten Vorschriften um Ausnahmeregelungen, die abweichend von dem bereits dargelegten Grundsatz der
Beschränkung der Wirkung einer Genehmigung auf den Bereich der jeweiligen KV deren Wirksamkeit auf den
Zuständigkeitsbereich einer anderen KV ausdehnen. Ausnahmevorschriften sind grundsätzlich eng auszulegen.
Zudem hat das BSG, wie dargelegt, die genannten Vorschriften auch und gerade unter Hinweis auf ihren Sinn und
Zweck, nämlich denjenigen der Qualitätssicherung, eng ausgelegt. Eine weite Auslegung im Sinne der potenziell
unbegrenzten Fortgeltung einer einmal erteilten Genehmigung auch bei wiederholtem Wechsel des KV-Bezirks
unabhängig von einer kontinuierlichen Leistungserbringung kommt danach aus Sicht des Senats nicht in Betracht.
Auf die Übergangsvorschrift des § 16 der Anlage 1 zum BMV Ä/EKV Ä kann sich der Kläger für die Fortgeltung der
ihm im Bereich der KV Hamburg erteilten Genehmigung nicht berufen. Soweit dort geregelt ist, dass Ärzte, die
aufgrund der bis zum 31. Dezember 1998 gültigen Psychotherapie-Vereinbarung eine Abrechnungsgenehmigung
erhalten hatten, diese in gleichem Umfang behalten, handelt es sich erkennbar um eine Übergangsregelung allein
bezogen auf das Inkrafttreten der Neufassung der Psychotherapievereinbarung, d. h. darauf, dass nicht allein durch
die Änderung der Vorschriften dieser Vereinbarung eine bisher erteilte Genehmigung nicht mehr wirksam sein soll. Die
Frage der Erforderlichkeit der Neuerteilung einer Genehmigung bei Wechsel in den Zuständigkeitsbereich einer
anderen KV regelt diese Vorschrift ersichtlich nicht.
Da dem Kläger früher erteilte Genehmigungen demnach nicht fortgalten, bedarf es keiner näheren Erörterung, ob, die
Fortgeltung einer früheren Genehmigung unterstellt, die Abrechnung der Leitungen der Nrn. 850 und 851 EBM-Ä im
Quartal IV/00 nicht jedenfalls daran scheitern müsste, dass die Beklagte nicht vor der Leistungserbringung auf Antrag
des Klägers hin über die Abrechenbarkeit der genannten Leistungen durch den Kläger entschieden hat. Die
Ausführungen in dem Urteil des BSG vom 13. November 1996 (a.a.O., juris Rn. 11) legen es nahe, dass auch im
Falle der Fortgeltung der im Bereich einer anderen KV erteilten Genehmigung die nunmehr zuständige KV, hier die
Beklagte, formal stets eine Genehmigung erteilen muss, dabei lediglich bei Geltung der genannten Regelungen keine
eigenständige Prüfung vornehmen darf, sondern an die früher erteilte Genehmigung gebunden ist. Mit dieser
Begründung wurde in jenem Verfahren, in dem es nicht um die Abrechnung von Leistungen, sondern unmittelbar um
die Genehmigung der Leistungen ging, die Erhebung einer Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Genehmigung als
statthaft angesehen. Dies würde in dem hier anhängigen Abrechnungsstreit bedeuten, dass selbst dann, wenn man
entgegen der Auffassung des BSG von einer Fortgeltung der dem Kläger im Bereich der KV Hamburg erteilten
Genehmigung ausginge, der Kläger die Leistungen nach den Nrn. 850 und 851 EBM Ä im Quartal IV/00 gleichwohl
nicht abrechnen dürfte, weil er nicht zuvor eine entsprechende (ggf. deklaratorische) Genehmigung bei der Beklagten
beantragt und diese erhalten hatte. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass eine derartige Genehmigung keine
Rückwirkung entfaltet, d.h. selbst dann, wenn man in der Abrechnung der Leistungen einen konkludenten Antrag auf
Genehmigung sähe, dies eine rechtmäßige Abrechnung rückwirkend, hier für das Quartal IV/00, nicht mehr begründen
könnte. Vielmehr ist bereits nach dem Wortlaut des § 2 Satz 1 der jeweiligen Anlage 1 zum BMV-Ä und EKV-Ä die
Ausführung und Abrechung der genannten Leistungen erst "nach" Erteilung der Genehmigung zulässig. Dies bedarf
jedoch aus den genannten Gründen hier keiner Vertiefung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor. Insbesondere
hat der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung. Zwar gibt es, soweit ersichtlich, keine Entscheidung des BSG
zur Auslegung § 11 Abs. 6 BMV Ä bzw. § 39 Abs. 6 AEV a.F. in der hier vorliegenden Konstellation. Eine
grundsätzliche Bedeutung ist gleichwohl schon deshalb nicht anzunehmen, weil die genannten Vorschriften
zwischenzeitlich geändert wurden. Nunmehr ist nach § 11 Abs. 6 Satz 4 BMV Ä, § 39 Abs. 6 Satz 4 EKV-Ä, sofern
die entsprechenden (genehmigungspflichtigen) Leistungen im Bereich einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung
erbracht werden sollen, grundsätzlich für jeden Ort der Leistungserbringung in den Bereichen der beteiligten
Kassenärztlichen Vereinigungen eine entsprechende Genehmigung durch die beteiligte Kassenärztliche Vereinigung
erforderlich. Etwas anders gilt jeweils nach Satz 1 der Vorschriften nur für die Erbringung der Leistungen aufgrund
einer Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit oder der Genehmigung zur Beteiligung an einer
Berufsausübungsgemeinschaft oder der Genehmigung eines weiteren Tätigkeitsortes innerhalb desselben Bereichs
der Kassenärztlichen Vereinigung an einer anderen Betriebsstätte oder Nebenbetriebsstätte. Dafür, dass zu den
genannten Vorschriften in der hier noch anzuwendenden alten Fassung noch eine Vielzahl von Streitigkeiten anhängig
sein könnte, für deren Ausgang die genannte Rechtsfrage von Bedeutung ist, gibt es keine Anhaltspunkte.