Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 20.02.2009

LSG Shs: unternehmen, einfluss, wirtschaftliche einheit, gesellschafter, sozialplan, betriebsrat, geschäftsführung, verein, konzern, verfügung

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht
Urteil vom 20.02.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Kiel S 6 AL 350/04
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 3 AL 68/07
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 29. März 2007 wird zurückgewiesen. Die
Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Arbeitslosen-geld (Alg) und geleisteter Beiträge zur Kranken-, Pflege-
und Rentenversicherung für H - G F (F.).
Der 1942 geborene F. war von 1992 bis zum 31. Okto-ber 2000 bei der im Bereich der Schiffbauzulieferung tätigen R
M GmbH in K als Leiter der Funkmontage be-schäftigt. Die R M GmbH plante im Jahre 2000 auf-grund tiefgreifender
Strukturveränderungen im Schiffbau den Abbau von ca. 90 Arbeitsplätzen. Hierzu vereinbarten die Ge-schäftsführung
der R M GmbH und der Betriebsrat dieser Gesellschaft einen Interessenausgleich vom 29. Septem-ber 2000 und
einen Sozialplan vom selben Tage. Zur Vermeidung von Entlassungen war darin die Gründung einer externen be-
triebsorganisatorisch eigenständigen Einheit (beE) im Sinne von § 175 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der
da-mals geltenden Fassung (a.F.) vorgesehen. Als Ziel der beE wurde angegeben, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
mög-lichst rasch zu befähigen, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Auf der Grundlage von
Interessenausgleich und Sozialplan wurde in der Folgezeit die Klägerin des vorliegen-den Rechtsstreits, die N GmbH,
als beE gegründet (vgl. Gesellschaftsvertrag vom 17. Oktober 2000). Dazu hatte die R M GmbH der Firma A GmbH
einen entspre-chenden Auftrag erteilt; die R M GmbH hatte zur Durchführung der Transfergesellschaft der
Rechtsanwältin Ha als Treuhänder ein Treuhandvermögen zur Verfügung ge-stellt. Gesellschafter der Klägerin sind zu
gleichen Anteilen der Verein Aa e.V. und Herr D Ra , der gleichzeitig Personalleiter und Prokurist der R M GmbH ist.
Entsprechend den im Interessenausgleich/Sozialplan getroffenen Vereinbarungen schlossen F. und die R M GmbH ei-
nen Aufhebungsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis zum 31. Oktober 2000 endete. Gleichzeitig unterzeichneten F.
und die N GmbH einen befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. November 2000 bis zum 31. Oktober 2001.
Insgesamt wur-den 68 Arbeitnehmer der R M GmbH in der beE zu-sammengefasst.
In der N GmbH wurde die regelmäßige betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit für die Zeit vom 1. November 2000 bis
31. Oktober 2001 auf Null Stunden herabgesetzt; die Beklagte gewährte insoweit Kurzarbeitergeld (Kug). Im Oktober
2001 zeigte die Klägerin der Beklagten die Verlängerung des Ar-beitsausfalls für den Zeitraum vom 1. November 2001
bis 31. Oktober 2002 an. Mit den von der weiteren Kurzarbeit be-troffenen Arbeitnehmern - darunter F. - verlängerte
sie das befristete Beschäftigungsverhältnis bis zum 2. November 2002. Mit Bescheid vom 21. November 2001
verlängerte die Beklagte die Bezugsfrist für Kug bis zum 31. Oktober 2002.
Nachdem F. vom 3. bis 15. November 2002 Krankengeld bezogen hatte, meldete er sich am 15. November 2002 bei
der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg, das die Beklagte ihm antragsge-mäß bewilligte (Leistungssatz zunächst
336,28 EUR und ab 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2003 333,41 EUR). Für die Zeit vom 9. bis 30. Juli 2003 wurde
die Bewilligung in der Folge-zeit wegen eines Anspruchs auf Übergangsgeld gegen die damali-ge
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte aufgehoben (Be-scheid vom 17. September 2003). Wegen des Bezugs
von Kranken-geld hob die Beklagte die Alg-Bewilligung ab 31. Oktober 2003 auf. Ab 16. Dezember 2003 erfolgte eine
Wiederbewilligung von Alg (Leistungssatz zunächst wiederum 333,41 EUR und ab 1. Ja-nuar 2004 340,90 EUR); ab 1.
März 2004 hob die Beklagte die Leistungsbewilligung auf, weil F. ab diesem Tag Altersrente bezog.
Mit Schreiben vom 10. November 2003 hörte die Beklagte die Klägerin zur Frage einer Erstattung des F. für die Zeit
vom 16. November 2002 bis 8. Juli 2003 und vom 31. Juli 2003 bis 30. Oktober 2003 geleisteten Alg einschließlich
der hierauf entfallenden Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversi-cherung an. Eine Reaktion der Klägerin
erfolgte zunächst nicht.
Mit Bescheid vom 17. Dezember 2003 forderte die Beklagte die Klägerin auf, das F. für die in dem
Anhörungsschreiben genann-ten Zeiträume geleistete Alg einschließlich der hierauf ent-fallenden Beiträge zur
Kranken-, Pflege- und Rentenversiche-rung in Höhe von insgesamt 26.578,48 EUR gemäß § 147a SGB III zu
erstatten. Sie führte aus, dass das Arbeitsverhältnis von F. nach Vollendung des 56. Lebensjahres beendet worden
sei. Der Arbeitnehmer sei im Unternehmen der Klägerin innerhalb der letzten vier Jahre vor dem Tag der
Arbeitslosigkeit mindestens 24 Monate versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Die Vor-aussetzungen, unter
denen nach § 147a SGB III eine Erstat-tungspflicht nicht eintrete, seien nicht erfüllt.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 16. Februar 2004 - bei der Be-klagten eingegangen am selben Tage - erhob die
Klägerin Wider-spruch gegen den Bescheid vom 17. Dezember 2003. Ergänzend machte sie mit Schreiben vom 25.
März 2004 geltend, dass ihr der Bescheid vom 17. Dezember 2003 erst am 5. Januar 2004 zu-gegangen sei.
Gleichzeitig beantragte sie vorsorglich die Rücknahme des Bescheides vom 17. Dezember 2003 nach § 44 Zehn-tes
Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Zur Begründung des Wider-spruchs machte die Klägerin geltend: Zwar schließe die
Befris-tung von Arbeitsverträgen die Erstattungspflicht nach § 147a SGB III im Grundsatz nicht aus. In Fällen wie
dem vorliegenden könne dies jedoch nicht gelten. Es könne nicht unberücksich-tigt bleiben, dass es sich bei dem
Unternehmen der Klägerin um eine betriebsorganisatorisch selbständige Einheit handele. Zweck des
Beschäftigungsverhältnisses sei die Weiterqualifika-tion der betroffenen Arbeitnehmer mit dem Ziel einer Einglie-
derung in den Arbeitsmarkt gewesen; deshalb sei diesen Arbeit-nehmern auch strukturelles Kug nach § 175 SGB III
a.F. gezahlt worden. Durch die Tätigkeit der Klägerin sei es der R M GmbH ermöglicht worden, eine Vielzahl von
Arbeits-plätzen zu erhalten und damit den Fortbestand dieses Traditi-onsunternehmens zu sichern. Würde die
Aufnahme älterer Arbeit-nehmer in die Transfergesellschaft durch Abschluss befristeter Arbeitsverträge mit einer
Laufzeit von mehr als 24 Monaten da-zu führen, dass eine Erstattungspflicht nach § 147a SGB III eintrete, wäre die
Arbeit der Transfergesellschaft von vorn-herein gefährdet und in ihrer Existenz bedroht. Ältere Arbeit-nehmer könnten
dann in die Transfergesellschaft nicht mehr aufgenommen werden. Ihnen wäre es nicht möglich, an Weiterqua-
lifizierungen- und Eingliederungsmaßnahmen teilzunehmen. Ins-besondere bei Betrieben mit einer durchgehenden
älteren Beleg-schaft würde dies zu unerträglichen Ergebnissen führen; dies sei nicht Sinn und Zweck der
Erstattungsvorschrift des § 147a SGB III. Die Vorschrift müsse deshalb in dem Sinne einschrän-kend ausgelegt
werden, dass sie auf Fälle wie den vorliegenden nicht anwendbar sei. Im Übrigen sei die Erstattungspflicht hier auch
deshalb nicht eingetreten, weil F. innerhalb der letzten 12 Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach §
124 Abs. 1 SGB III die Rahmenfrist bestimmt werde, we-niger als 10 Jahre zu ihr in einem Arbeitsverhältnis
gestanden habe (§ 147a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1b SGB III). Denn das Arbeits-verhältnis zu ihr habe nur 24 Monate und
einen Tag gedauert. Die Beschäftigungszeiten bei der R M GmbH müssten dabei unberücksichtigt bleiben; ein
Betriebsübergang im Sinne von § 613a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sei nicht erfolgt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. April 2004 verwarf die Be-klagte den Widerspruch wegen Verfristung als
unzulässig. Mit weiterem Bescheid vom 29. April 2004 teilte sie der Klägerin mit, dass sie den Bescheid vom 17.
Dezember 2003 nach § 44 SGB X überprüft habe; sie verbleibe bei dieser Entscheidung. Mit Bescheid vom 29. April
2004 erstreckte die Beklagte die Er-stattungspflicht nach § 147a SGB III auch auf die Zeit vom 16. Dezember 2003
bis 29. Februar 2004; die Erstattungsforde-rung belief sich insoweit auf insgesamt 6.254,31 EUR. Am 17. Mai 2004
erhob die Klägerin sowohl gegen den im Verfahren nach § 44 SGB X ergangenen Bescheid vom 29. April 2004 als
auch gegen den Erstattungsbescheid vom selben Tage Wider-spruch, zu dessen Begründung sie auf ihr bisheriges
Vorbringen Bezug nahm. Mit Widerspruchsbescheiden vom 20. Juli 2004 (betreffend das Verfahren nach § 44 SGB X)
und vom 21. Juli 2004 (betreffend den zweiten Erstattungsbescheid) wies die Be-klagte die Widersprüche zurück. Sie
führte aus: Entgegen der in der Widerspruchsbegründung vertretenen Auffassung liege der Befreiungstatbestand des §
147a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1b SGB III nicht vor. Denn F. habe nicht weniger als zehn Jahre zum Ar-beitgeber in einem
Arbeitsverhältnis gestanden. Die Klägerin sei eine sog. Auffanggesellschaft, d.h. eine betriebsorganisa-torisch
eigenständige Rechtspersönlichkeit, die als außerbe-triebliche Beschäftigungsgesellschaft für die Mitarbeiter ei-nes
Ursprungsunternehmens (hier: R M GmbH) als Arbeitgeber fungiere. Struktur-Kug nach § 175 SGB III a.F. werde
solchen Gesellschaften gewährt, welche die wirtschaftli-chen und betriebsorganisatorischen Zusammenhänge mit der
Ur-sprungsgesellschaft geltend machten. Da solche Auffanggesell-schaften die Voraussetzungen für die Gewährung
von Struktur-Kug selbst nicht erfüllten, hätten sie diese Ansprüche nur, wenn die Beschäftigungsdauer ihrer
Mitarbeiter aus dem Ur-sprungsunternehmen abgeleitet werde. Gleichermaßen müsse dann aber auch die
wirtschaftliche Einheit des Ursprungsunterneh-mens mit der Auffanggesellschaft bei der Beurteilung der Er-
stattungspflicht nach § 147a SGB III gesehen werden. Unter Zu-sammenrechnung beider Beschäftigungszeiten und
Zurechnung zum Unternehmen der Klägerin als letztem Arbeitgeber liege ein Be-freiungstatbestand nicht vor. In
entsprechender Anwendung von § 147a Abs. 5 SGB III sei somit die Erstattungspflicht gegen die Klägerin als letzter
Rechtspersönlichkeit geltend zu ma-chen. Auch andere Befreiungstatbestände seien nicht erfüllt. Insoweit seien auch
die Voraussetzungen von § 44 SGB X für ei-ne Aufhebung des ersten Erstattungsbescheides nicht gegeben.
Die Klägerin, die sich inzwischen in Liquidation befindet, hat am 30. Juli 2004 bei dem Sozialgericht Kiel Klage
erhoben. Zur Begründung hat sie ihr Vorbringen aus den Widerspruchsverfah-ren wiederholt und erneut geltend
gemacht, dass die Beschäfti-gungszeiten bei der R M GmbH bei der Prüfung von § 147a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1b SGB III
nicht mit denjenigen bei ihr zusammengezählt werden dürften. Eine wirtschaftliche Ein-heit liege nicht vor, weil es sich
bei ihr - der Klägerin - um eine Auffanggesellschaft, also um eine betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit
handele. Das Arbeitsverhältnis der Mit-arbeiter der R M GmbH sei durch Aufhebungsvertrag beendet worden. Zugleich
sei ein Arbeitsverhältnis mit ihr be-gründet worden. Die Arbeitnehmer seien bei ihrem bisherigen Unternehmen
ausgeschieden und hätten ein befristetes Arbeits-verhältnis mit ihr - der Klägerin - begründet. Ein Betriebs-übergang
sei - auch hinsichtlich einzelner Betriebsmittel - nicht erfolgt. Vielmehr handele es sich bei ihrem Betrieb um ein
eigenständiges Unternehmen mit eigener Zwecksetzung; sie habe damit die Beschäftigungszeiten der R M GmbH
nicht übernommen. Es liege auch keine betriebsorganisatorische Identität beider Unternehmen vor. Sie - die Klägerin -
agiere wirtschaftlich autark. Zwar seien ihre Mittel von der R M GmbH im Zuge von Interessenausgleich und
Sozialplan als Treuhandvermögen zur Verfügung gestellt worden; diese habe darauf aber keinen Zugriff. Der Hinweis
im Widerspruchsbe-scheid auf die Gewährung von Struktur-Kug nach § 175 SGB III a.F. führe zu keiner anderen
Beurteilung, zumal sie selbst in-soweit nie Anspruchsinhaberin gewesen sei, sondern die Leis-tung nur als "Zahlstelle"
für ihre Arbeitnehmer beantragt ha-be. Die Arbeitnehmer hätten indessen nur die persönlichen Vor-aussetzungen
erfüllen müssen, für die die Beschäftigungszeit bei dem vormaligen Arbeitgeber nicht relevant gewesen seien.
Insgesamt seien die Voraussetzungen des Befreiungstatbestandes nach § 147a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1b SGB III erfüllt.
Dem Widerspruchsbescheid sei auch insoweit entgegenzutreten, als eine entsprechende Anwendung von § 147a Abs.
5 SGB III mangels Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht komme. Unabhängig von
Vorstehendem berufe sie sich auf den Ausnahme-tatbestand des § 147a Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB III. Es gehöre zu
den Aufgaben einer Transfergesellschaft, die bei ihr be-schäftigten Arbeitnehmer weiter zu qualifizieren und durch ih-re
Tätigkeit für eine Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt Sorge zu tragen. Somit habe sie letztlich die Aufgabe gehabt,
sich selbst überflüssig zu machen. Der ständige Personalabbau bei ihr sei letztlich Sinn und Zweck der Gesellschaft.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 29. April 2004 in der Fassung des Wi-derspruchsbescheides vom 20. Juli 2004 aufzuheben und die
Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 17. De-zember 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom
13. April 2004 zurückzunehmen sowie den Bescheid vom 29. April 2004 in der Fassung des Widerspruchsbe-scheides
vom 21. Juli 2004 aufzuheben.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf den Inhalt der angefoch-tenen Bescheide beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 29. März 2007 hat das Sozialgericht Herrn D Ra - Gesellschafter der
Klägerin - gehört. Mit Urteil vom selben Tage hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung im
Wesentlichen ausge-führt: Die Klage sei zulässig und begründet. Die angefochtenen Erstattungsbescheide seien
rechtswidrig, so dass die Beklagte auch den bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 17. Dezember 2003 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2004 aufzuheben habe. Denn die Klägerin habe den in § 147a
Abs. 1 Satz 2 Nr. 1b SGB III geregelten Ausnahmetatbestand dargelegt und nachgewiesen. Den
Beschäftigungszeiten von F. bei der Klägerin könnten die Beschäftigungszeiten bei der R M GmbH nicht zugerechnet
werden, weil es sich weder um ein Konzernunternehmen im Sinne von § 18 Aktiengesetz (AktG) handele noch ein
Betriebsübergang im Sinne von § 613a BGB anzunehmen sei. Die Voraussetzungen von § 18 AktG seien nicht erfüllt,
weil die R M GmbH und die Klägerin nicht unter einer einheitlichen Leitung stünden. Weder seien vertragliche
Absprachen erkennbar, die auf eine einheitliche Leitung abzielten, noch deuteten die übrigen Umstände, insbe-
sondere in Gestalt personeller Verflechtung, einheitlicher Zielvorgaben oder gleichgerichteten Verhaltens auf eine ein-
heitliche Leitung hin. Was § 613a BGB betreffe, so sei weder der Betrieb der R M GmbH noch ein Betriebsteil auf die
Klägerin übergegangen. Zwar sei ein Übergang von Tei-len des ehemaligen Personals der R M GmbH auf die Klägerin
erfolgt; diese habe damit aber weder Unternehmenszie-le noch Organisationsstrukturen fortgesetzt. Vielmehr sei der
Betriebszweck der Klägerin völlig anderes gelagert gewesen und habe darin bestanden, möglichst viele Arbeitsplätze
im ersten Arbeitsmarkt zu schaffen und den ehemaligen Arbeitnehmern der R M GmbH eine angepasste berufliche
Qualifizie-rung unter anderem durch Fortbildung und Umschulung zu ermög-lichen. Die Kammer folge nicht der im
Schrifttum vertretenen Auffassung, wonach bei Übernahme der Arbeitnehmer durch eine Beschäftigungsgesellschaft
stets eine im Rahmen von § 147a SGB III unbeachtliche Umgehung von § 613a BGB vorliege, weil weder die Klägerin
selbst den Betrieb des abgebenden Unterneh-mens fortgesetzt habe noch die Betriebsfortführung unter als-baldiger
Verwendung der betroffenen Arbeitnehmer verbindlich in Aussicht gestanden habe. Die R M GmbH habe mit den
betroffenen Arbeitnehmern nach ihrem Wechsel zur Klägerin nichts mehr zu tun haben wollen.
Gegen das ihr am 3. Juli 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 2. August 2007 bei dem Schleswig-Holsteinischen
Landes-sozialgericht eingelegte Berufung der Beklagten.
Zur Begründung macht sie geltend: Sie halte an ihrer Rechts¬auffassung fest, dass hier die Voraussetzungen von §
147a SGB III erfüllt seien. Insbesondere mache sie sich die vom früheren Bundesministerium für Arbeit und
Sozialordnung ver-tretene Auffassung zu Eigen, wonach in Fällen, in denen die Gewährung von Kug im Wege der
erweiternden Auslegung von § 175 Abs. 1 Nr. 2 SGB III a.F. für zulässig erachtet worden sei, in entsprechender
Anwendung von § 147a Abs. 5 SGB III von einem Konzernunternehmen auszugehen sei. Somit würden die Klägerin
und die R M GmbH bei der Ermittlung der Beschäf-tigungszeiten als ein Arbeitgeber gelten. Für die Annahme ei-ner
konzernrechtlichen Verflechtung spreche zunächst, dass der Personalleiter und Prokurist der R M GmbH, Herr Ra ,
zugleich zu einem Anteil von 50% Gesellschafter der Klägerin sei. Hierauf beruhe ein maßgebender Einfluss der R M
GmbH auf die Geschäftsführung der Klägerin. Soweit die Arbeitnehmerinteressen maßgebend durch den gewerk-
schaftsnahen Verein Aa repräsentiert wür-den, sei zudem festzustellen, dass die Gesellschafterstellung für den bei
der R M GmbH gebildeten Betriebsrat wahrgenommen werde. Der Betriebsrat sei jedoch als Organ nach dem
Betriebsverfassungsgesetz wiederum eng mit der R M GmbH verbunden. Es stünden sich daher bei der Kläge-rin
nicht zwei interessengegensätzliche und unabhängige Ge-sellschafter gegenüber, sondern die zur Umsetzung des
Sozial-plans berufenen Stellen innerhalb des Betriebes der R M GmbH. Die R M GmbH sei daher als ein herrschendes
Unternehmen im Sinne von § 17 Abs. 1 Aktiengesetz (AktG) anzusehen. Darüber hinaus sei auf den Treuhandvertrag
der R M GmbH als Treugeberin mit Rechtsanwältin Ha als Treuhänderin vom 27. Oktober 2000 hinzuweisen. Denn es
sei da-von auszugehen, dass die Klägerin vertraglich zur Beachtung der in diesem Vertrag niedergelegten Vorgaben
verpflichtet sei, weil die Treuhänderin nur so ihren Verpflichtungen gegen-über der R M GmbH nachkommen könne.
Damit sei der Klägerin eigenwirtschaftliches Handeln verwehrt; sie sei im Ergebnis nur Erfüllungsgehilfe bei der
Durchführung des bei der R M GmbH aufgestellten Sozialplans. Die R M GmbH habe ein eigenes Interesse an der
ord-nungsgemäßen Durchführung der vorgesehenen Maßnahmen, insbe-sondere auch an der ordnungsgemäßen
Rückführung möglicherweise nicht verbrauchter Mittel. In der Vereinbarung der Treuhände-rin mit der Klägerin liege
daher ein Beherrschungsvertrag im Sinne von § 291 AktG. Für eine konzernrechtliche Verflechtung ließen sich auch
die gesetzlichen Voraussetzungen von § 175 Abs. 1 SGB III a.F. he-ranziehen: Der Wortlaut der Vorschrift gehe
zunächst lediglich von einer beE aus; in der Praxis habe sich jedoch eine erwei-ternde Auslegung dahingehend
durchgesetzt, dass auch die Grün-dung von Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften mit eigener
Rechtspersönlichkeit zulässig sei. Damit sei besonde-ren Bedürfnissen der Beteiligten Rechnung getragen, ohne je-
doch den Zusammenhang zwischen den betroffenen Arbeitnehmern und dem von Strukturveränderungen betroffenen
Unternehmen auf-zuheben. Bei der Klägerin habe es sich um eine reine Zweck-gründung gehandelt, die von
vornherein einzig dem Interesse der R M GmbH an der Durchführung des Sozialplans und der Erfüllung der
gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 175ff. SGB III zu dienen bestimmt gewesen sei. Es sei uner-heblich, ob die R
M GmbH bestimmenden Einfluss auf die einzelnen Vermittlungsbemühungen oder Weiterbildungs-angebote der
Klägerin genommen habe. Maßgebend sei, dass die Klägerin nach der Zweckerreichung habe liquidiert werden sol-len
und das noch vorhandene Vermögen an die R M GmbH habe zurückfallen sollen. Somit seien Beginn und Ende der
Klägerin von der R M GmbH vorbestimmt worden. Schon hierin zeige sich ein besonderes Abhängigkeitsverhält-nis.
Insgesamt lägen die Voraussetzungen für eine konzern-rechtliche Verflechtung sowohl unter dem Gesichtspunkt einer
einheitlichen Leitung als auch eines Beherrschungsvertrages im Sinne von § 18 Abs. 1 und 2 AktG vor.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 29. März 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützt das angefochtene Urteil und meint, dass die Beru-fungsbegründung zu keiner anderen Beurteilung führe.
Die Be-klagte verkenne, dass eine konzernrechtliche Verflechtung im Sinne von § 18 AktG an strenge
Voraussetzungen geknüpft sei, die hier nicht vorliegen würden. Eine Zurechnung der Betriebs-zugehörigkeitszeiten,
die der Arbeitnehmer bei der R M GmbH zugebracht habe, zu ihren - der Klägerin - Las-ten sei nicht statthaft. § 18
AktG sei schon dem Wortlaut nach nicht einschlägig, weil es sich weder bei der R M GmbH noch bei ihr - der Klägerin
- um eine Aktiengesellschaft handele. Einer - im Schrifttum zum Teil befürwortete - erweiternden Auslegung ste-he der
klare Wortlaut entgegen. Im Übrigen seien Ausnahmevor-schriften stets eng auszulegen. Selbst bei Anwendbarkeit
von § 18 AktG sei aber eine konzern-rechtliche Verflechtung nicht zu begründen. Von einem herr-schenden und einem
abhängigen Unternehmen könne hier - auch nach den Maßstäben von § 17 AktG - nicht die Rede sein. Die R M GmbH
sei keine Gesellschafterin der Klägerin, erst recht keine Mehrheitsgesellschafterin. Der bei der R M GmbH
beschäftigte Personalleiter sei zwar Ge-sellschafter der Klägerin, nicht jedoch Mehrheitsgesellschaf-ter. Die R M
GmbH habe weder aufgrund gesell-schaftsrechtlicher Stellung noch aufgrund vertraglicher Ab-sprachen die
Möglichkeit, durch Besetzung satzungsmäßiger Or-gane beherrschenden Einfluss auf die Klägerin zu nehmen. Auch
sonst habe die R M GmbH weder rechtlich noch tat-sächlich Einflussnahmemöglichkeiten auf die Geschäftsführung
der Klägerin. Die Geschäftsführung der Klägerin werde durch die Geschäftsführung der hinter der Klägerin stehenden
A als Dienstleistungsunternehmen ausgeführt. Im Rahmen der durch In-teressenausgleich und Sozialplan gesteckten
Grenzen könne die Klägerin die ihr zur Verfügung stehenden Mittel frei verwen-den; die R M GmbH habe hierauf
keinen Einfluss. Auch die Gesellschafter der Klägerin hätten nichts mit der laufenden Geschäftsführung zu tun (vgl. §
8 des Gesellschafts-vertrages); die Gesellschafter seien eher als eine Art Kon-trollgremium tätig. Dass die R M GmbH
über den gewerkschaftsnahen Verein Aa - wie die Be-klagte meine - Einfluss auf die Klägerin habe ausüben können,
sei ebenso wenig nachvollziehbar wie die von der Beklagten aus dem Treuhandvertrag mit Rechtsanwältin Ha
gezogenen Schlussfolgerungen. Insgesamt könne von einer konzernrechtli-chen Verflechtung im Sinne von § 18 AktG
hier nicht die Rede sein.
Dem Senat haben die die streitige Erstattungsforderung betref-fenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie die
Kug-Vor¬gänge und die Gerichtsakten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und
des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat
der Klage zu Recht stattgegeben, weil die angefochtenen Bescheide rechtswidrig sind und insoweit auch die
Voraussetzungen von § 44 SGB X vorliegen.
Nach § 147a Abs. 1 Satz 1 SGB III in der hier gemäß § 434l Abs. 3 SGB III weiterhin anzuwendenden bis zum 31.
Dezember 2003 geltenden Fassung erstattet der Arbeitgeber, bei dem der Arbeitslose innerhalb der letzten vier Jahre
vor dem Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach § 124 Abs. 1 die Rahmenfrist bestimmt wird, mindestens 24 Monate
in einem Versicherungs-pflichtverhältnis gestanden hat, der Bundesanstalt (heute: Bundesagentur) für Arbeit
vierteljährlich das Alg für die Zeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres des Arbeitslosen, längs-tens für 24 Monate.
Dass F. im maßgeblichen Zeitraum mindes-tens 24 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Klägerin
gestanden hat, ist unzweifelhaft und bedarf insoweit keiner weiteren Begründung; die Gewährung von Kug ändert am
Fortbestand des Versicherungspflichtverhältnisses nichts (vgl. § 24 Abs. 3 SGB III). Unzweifelhaft ist auch, dass der
1942 geborene F. bei der Gewährung von Alg ab 15. November 2002 das 58. Lebensjahr vollendet hatte.
Nach § 147a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b tritt die Erstat-tungspflicht nicht ein, wenn der Arbeitgeber darlegt und
nach-weist, dass der Arbeitslose innerhalb der letzten zwölf Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach §
124 Abs. 1 die Rahmenfrist bestimmt wird, insgesamt weniger als zehn Jah-re zu ihm in einem Arbeitsverhältnis
gestanden hat (die weite-ren in der Vorschrift genannten Alternativen für den Nichtein-tritt der Erstattungspflicht
kommen hier nicht in Betracht). Dass F. bei der Klägerin weniger als zehn Jahre beschäftigt war, ist offensichtlich;
Beschäftigungszeiten bei der R M GmbH als früherem Arbeitgeber von F. erfüllen die ge-setzlich vorgesehene
Mindestbeschäftigungsdauer von 10 Jahren entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung nicht.
Ob anstelle der Klägerin die R M GmbH im Sinne von § 147a SGB III erstattungspflichtig ist, ist nicht Gegens-tand
des vorliegenden Rechtsstreits. Dass an die Erstattungs-pflicht eines früheren Arbeitgebers insbesondere in Fällen
wie dem vorliegenden zu denken ist, in denen Arbeitnehmer in so genannte selbständige
Beschäftigungsgesellschaften übernommen worden sind (vgl. dazu allg. Pawlak in Eicher/Schlegel, SGB III, § 147a
Rz 116a), bedarf insoweit keiner Vertiefung.
Die Beschäftigungszeiten des F. bei der R M GmbH müssen hier unberücksichtigt bleiben, weil die Grundsätze der
als Rechtsgrundlage einer Zurechnung allein in Betracht kom-menden Konzernhaftung hier nicht erfüllt sind (zur
Anwendbar-keit der konzernrechtlichen Grundsätze in Fällen wie dem vor-liegenden vgl. allg. Pawlak, a.a.O., m.w.N.).
Nach § 147a Abs. 5 Satz 1 SGB III gelten Konzernunternehmen im Sinne des § 18 AktG bei der Ermittlung der
Beschäftigungszeiten als ein Ar-beitgeber; die Erstattungspflicht richtet sich nach Satz 2 dieser Vorschrift gegen den
Arbeitgeber, bei dem der Arbeit-nehmer zuletzt in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat. Zwar ist § 18 AktG über den
eigentlichen Anwendungsbereich im AktG hinausgehend heranzuziehen. Da das AktG nur auf Aktiengesell-schaften
und Kommanditgesellschaften auf Aktien Anwendung fin-det, wäre die Vorschrift sonst nämlich nur einschlägig, wenn
am Unternehmensverbund eine dieser Gesellschaftsformen betei-ligt wäre. Da § 147a Abs. 5 SGB III aber
Umgehungsmöglichkei-ten der juristischen Personen, die Konzernunternehmen sind, ausschließen soll (BT-Drucks.
12/3211 S. 26), ist die Vor-schrift nach ihrem Wortlaut und nicht nach ihrer Funktion im AktG zu Grunde zu legen
(Pawlak a.a.O. Rz 122; Rolfs in Gagel, SGB III, § 147a Rz 279ff; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, K § 147a Rz 89).
Gleichwohl sind die Voraussetzungen einer Kon-zernhaftung zur Überzeugung des Senats hier nicht erfüllt.
§ 18 Abs. 1 Satz 2 und 3 AktG in der 2002 geltenden Fassung enthalten Beweisregeln, die den Rückschluss auf das
Vorliegen eines Konzerns erleichtern sollen. So wird bei Bestehen eines Beherrschungsvertrages (§ 291 AktG)
ebenso wie bei einer Ein-gliederung (§ 319 AktG) unwiderleglich vermutet, dass die Be-teiligten einen Konzern bilden.
Nach § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG wird widerlegbar vermutet, dass ein abhängiges Unternehmen mit dem herrschenden
Unternehmen einen Konzern bildet. Diese Ver-mutungsregelung nimmt inhaltlich auf den Begriff des abhängi-gen
Unternehmens in § 17 Abs. 1 AktG Bezug.
In Anwendung dieser Vorschriften ist der Klägerin der Nachweis des weniger als 10 Jahre umfassenden
Arbeitsverhältnisses mit F. gelungen, weil im Verhältnis der R M GmbH zur Klägerin nicht von einer konzernhaften
Verflechtung im Sinne von § 147a Abs. 5 SGB III i.V.m. § 18 AktG auszugehen ist. Dies hat das Sozialgericht zu
Recht und aus zutreffenden Grün-den entschieden; zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat in
Anwendung von § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die zutreffenden Gründe des erstinstanzlichen Urteils
Be-zug. Im Hinblick auf die Berufungsbegründung ist Folgendes zu ergänzen:
Für die unwiderlegliche Vermutung einer Konzernbildung nach § 18 Abs. 1 Satz 2 AktG wegen Bestehens eines
Beherrschungs-vertrages oder einer Eingliederung bestehen keine hinreichen-den Anhaltspunkte. Dass hier eine
Eingliederung im Sinne von § 319 AktG erfolgt wäre, behauptet auch die Beklagte nicht; die Voraussetzungen dieser
Vorschrift sind auch ersichtlich nicht erfüllt. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auf-fassung kann hier aber
auch nicht vom Vorliegen eines Beherr-schungsvertrages ausgegangen werden. Ein Beherrschungsvertrag liegt nach
der Legaldefinition in § 291 Abs. 1 Satz 1 AktG vor, wenn eine Gesellschaft die Leitung ihrer Gesellschaft ei-nem
anderen Unternehmen unterstellt. Die Beklagte stützt sich in diesem Zusammenhang im Wesentlichen auf den
Treuhandvertrag der R M GmbH als Treugeberin und Rechtsanwältin Ha als Treuhänderin. Dieser Vertrag sichert
indessen nur die zweckentsprechende Verwendung der Mittel, die die R M GmbH zur Gründung der Klägerin zur
Verfügung gestellt hat. Die Klägerin selbst war an diesem Vertrag nicht betei-ligt, so dass schon im Ansatz nicht die
rede davon sein kann, die Klägerin habe damit die Leitung ihres Unternehmens einem anderen Unternehmen
unterstellt. Der Vertrag enthält auch sonst keine Bestimmungen, aus denen Einfluss- bzw. Weisungs-möglichkeiten
der R M GmbH gegenüber der Klägerin herzuleiten wären. Allein der Umstand, dass die Gründung der Klägerin - in
Umsetzung von Interessenausgleich und Sozialplan als beE - im Zusammenhang mit der beabsichtigten
Personalredu-zierung im naheliegenden Interesse der R M GmbH lag, charakterisiert die getroffenen Vereinbarungen
nicht im Sinne eines Beherrschungsvertrages.
Der Senat sieht auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen einer widerlegbaren
Vermutung im Sin-ne von § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG vorliegen. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass
es sich bei Klägerin um ein ab-hängiges Unternehmen im Sinne von § 17 AktG handelt, auf die die R M GmbH als
herrschendes Unternehmen unmit-telbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann (bzw. konnte).
Allein die personellen Verflechtungen in Gestalt des Prokuristen des R M GmbH Ra , der gleichzeitig
Mitgesellschafter der Klägerin ist, reichen hier-für nicht aus. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die R M GmbH diese
personellen Verflechtungen veranlasst und damit das Ziel einer Einflussnahme auf die Klägerin verfolgt hätte.
Vielmehr liegt es unter Berücksichtigung der Umstände, die zur Gründung der Klägerin geführt haben, nahe, das
Wissen des Prokuristen Ra , der gleichzeitig Personalleiter der R M GmbH war, in die Gründung und Existenz der
Klägerin einzubringen, wobei die Absicht, die Klägerin als beE auch zur Erlangung von Struktur-Kug zu gründen, nicht
unbe-rücksichtigt bleiben kann. Dass der zweite Gesellschafter - der gewerkschaftsnahe Verein Aa - für den
Betriebsrat der R M GmbH eingesetzt worden ist, belegt ebenfalls nicht, dass damit die Absicht tatsächlicher
Einflussnahme der R M GmbH auf die Tätigkeiten der Klägerin verbunden gewesen wäre. Dies folgt schon aus der
Unabhängigkeit des Betriebsrats der R M GmbH zu dieser Gesellschaft und der Unabhängigkeit des Vereins Aa von
der R M GmbH. Dass die R M GmbH unter Beteiligung von deren Betriebsrat letztlich die Gründung der Klägerin
veranlasst hat, erklärt sich im Übrigen aus den mit Gründung der Klägerin verfolgten Ziele. Gleichwohl spricht zur
Überzeugung des Senats nichts dafür, dass die Geschicke der Klägerin von beiden auch in der Folgezeit hätten
bestimmt werden sollen (bzw. tatsächlich be-stimmt worden wären). Die Klägerin verweist in diesem Zusam-menhang
zu Recht auf § 8 des Gesellschaftsvertrages, wonach die Gesellschafter einen eher kontrollierenden als einen be-
stimmenden Einfluss haben. Wenn die Beklagte unabhängig von Vorstehendem aus dem Wortlaut von § 175 SGB III
(a.F.) Indi-zien für die Annahme einer konzernartigen Verflechtung herlei-ten will, vermag der Senat diese
Argumentation nicht nachzu-vollziehen. Denn eine beE fasst die von einem Arbeitsausfall bei dem ursprünglichen
Arbeitgeber betroffenen Arbeitnehmer zur Vermeidung von Massenentlassungen zusammen, ohne sie im bisherigen
Betrieb zu belassen. Wenn § 175 Abs. 2 SGB III (a.F.) die Gewährung von Kug ausgeschlossen hat, wenn die Zu-
sammenfassung lediglich mit dem Ziel der Qualifizierung für einen anderen Arbeitsplatz im Betrieb erfolgt, spricht dies
dafür, dass die Interessen des bisherigen Arbeitgebers am Schicksal der beE schon nach der gesetzlichen
Konstruktion zu-rücktreten. Auch insoweit ist nicht ersichtlich, dass bzw. wa-rum die R M GmbH Interesse an einem
bestimmenden Einfluss auf die Geschicke der Klägerin hätte haben sollen.
Nach allem ist zur Überzeugung des Senats nicht vom Vorliegen einer konzernartigen Verflechtung der R M GmbH
und der Klägerin auszugehen.
Das erstinstanzliche Urteil ist auch insoweit überzeugend, als es hier keine im Rahmen von § 147a SGB III
unbeachtliche Umge-hung des § 613a BGB sieht. Zur Vermeidung von Wiederholungen nehme der Senat auch
insoweit auf das Urteil sowie auf den darin zitierten Beschluss des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-
Westfalen vom 22. August 2005 (L 1 B 3/05 AL ER, veröffentlicht in juris) Bezug.
Nach allem kann die Berufung der Beklagten keinen Erfolg ha-ben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Senat hat keinen Anlass gesehen, nach § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen. Zwar liegt Rechtsprechung
des BSG zu der Frage, ob die Beschäftigungsdauer bei einem früheren Arbeitge-ber nach Übernahme des
Arbeitnehmers in eine so genannte selb-ständige Beschäftigungsgesellschaft für die von § 147a SGB III
vorausgesetzte Mindestbeschäftigungsdauer zu berücksichtigen sind, bisher - soweit ersichtlich - nicht vor. Zum
einen ist § 147a SGB III jedoch inzwischen nach § 434l SGB III eine "Auslaufnorm" (Brand in Niesel, SGB III, 4. Aufl.
§ 147a Rz 1); zum anderen ist die früher in § 175 SGB III enthaltene Regelung inzwischen durch § 216b SGB III
abgelöst worden. Da-nach gilt jetzt für das an die Stelle des Struktur-Kug getre-tene Transfer-Kug eine
Höchstbezugsdauer von 12 Monaten (§ 216b Abs. 8 SGB III), so dass die Zugehörigkeit zu einer beE das von § 147a
Abs. 1 Satz 1 SGB III vorausgesetzte min-destens 24 Monate umfassende Versicherungsverhältnis nicht mehr
erreichen kann. Angesichts dessen hat der Senat letztlich keine grundsätzliche Bedeutung der im vorliegenden
Rechts-streit maßgeblichen Fragen mehr gesehen.