Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 13.11.2008

LSG Shs: ablauf der frist, aufhebung der leistung, juristische person, nachträgliche bewilligung, verwaltungsakt, richteramt, erlass, ehepartner, organisation, prozessvertretung

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht
Urteil vom 13.11.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Schleswig S 5 AS 375/06
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 6 AS 16/07
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 17. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, mit dem die Beklagte überzahltes
Arbeitslosengeld II zurückfordert.
Der am 1967 geborene Kläger lebt mit seiner Ehefrau (geboren am 1973) und seinen Kindern (geboren am 1998 und
am 2001)in häuslicher Gemeinschaft. Auf seinen Antrag vom 29. Juni 2005 hin gewährte die Beklagte der Familie mit
an den Kläger gerichteten Bescheid vom 8. August 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem
Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) für den Zeitraum 1. bis 31. Juli 2005 in Höhe von 285,43 EUR und für
den Zeitraum 1. August bis 31. De¬zember 2005 in Höhe von monatlich 389,26 EUR. Dabei ging die Beklagte für den
Monat Juli 2005 von einem Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 1.425,93 EUR aus (620,00 EUR
Regelleistung für erwerbsfähige Hilfebedürftige, 414,00 EUR Sozialgeld für nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige,
anerkannte Kosten der Unterkunft 398,93 EUR). Dem stand ein zu berücksichtigendes Gesamteinkommen in Höhe
von 1.140,50 EUR gegenüber (der Kläger bezog in diesem Monat 476,17 EUR Arbeitslosengeld und 180,40 EUR
Krankengeld. Seitens der Ehefrau war ein Einkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung in Höhe von 173,93
EUR berücksichtigt. Außerdem wurde für die beiden Kinder insgesamt 308,00 EUR Kindergeld gewährt). In den
Monaten August bis Dezember 2005 betrug der monatliche Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft 1.421,62 EUR
(622,00 EUR Regelleistung für erwerbsfähige Hilfebedürftige, Sozialgeld für nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige 414,00
EUR und anerkannte Kosten der Unterkunft 385,62 EUR). Dem stand ein zu berücksichtigendes Gesamteinkommen
in Höhe von 1.032,36 EUR monatlich gegenüber (Leistungen an den Kläger seitens der Agentur für Arbeit in Höhe von
531,30 EUR, zu berücksichtigendes Erwerbseinkommen der Ehefrau in Höhe von 193,06 EUR und Kindergeld in Höhe
von 308,00 EUR).
Mit Änderungsbescheiden der Agentur für Arbeit vom 12. August 2005 und vom 23. September 2005 bewilligte die
Agentur für Arbeit Kiel dem Kläger rückwirkend seit dem 5. Juli 2005 Arbeitslosengeld in Höhe eines täglichen
Leistungssatzes von 33,42 EUR (= monatlich 1.002,16 EUR) bzw. 39,37 EUR (= monatlich 1.181,10 EUR).
Mit ausschließlich an den Kläger gerichteten Aufhebungsbescheid vom 31. Oktober 2005 hob die Beklagte die
Bewilligung von Arbeitslosengeld II für die Zeit ab dem 1. Juli 2005 gemäß § 48 des Zehnten Buches des
Sozialgesetzbuches (SGB X) aufgrund des höheren Anspruchs auf Arbeitslosengeld auf. Das zu Unrecht gezahlte
Arbeitslosengeld II in Höhe von 1.842,47 EUR für den Zeitraum 1. Juli bis 30. November 2005 sei vom Kläger zu
erstatten.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 9. Dezember 2005 Widerspruch und machte zur Begründung geltend:
Anspruchsgrundlage sei nicht § 48 SGB X sondern § 45 SGB X. Der Kläger genieße Vertrauensschutz gemäß § 45
Abs. 2 SGB X. Darüber hinaus wären im Falle der Anwendbarkeit des § 48 SGB X abweichend von § 50 SGB X nach
§ 40 Abs. 3 SGB II 56 % der nach § 19 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 sowie § 28 SGB II berücksichtigten Kosten für
Unterkunft und Wohnung nicht zu erstatten. Der Erstattungsbetrag reduziere sich damit auf 1.024,40 EUR.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2006 setzte die Beklagte in Abänderung des Bescheides vom 31.
Oktober 2005 die Rückforderung auf 1.024,41 EUR fest und wies den Widerspruch im Übrigen zurück. Zur
Begründung führte sie aus: Entgegen der Ansicht des Klägers sei § 48 SGB X anwendbar, da der im Streit stehende
Bewilligungsbescheid sich auch auf die Zeit nach seiner Bekanntgabe beziehe und somit ein Verwaltungsakt mit
Dauerwirkung sei. Die Aufhebung für die Vergangenheit richte sich vorliegend nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X.
Ein Vertrauensschutz sei nicht zu prüfen. Gemäß § 40 Abs. 2 SGB II seien abweichend von § 50 SGB X jedoch 56 v.
H. der bei der Leistung nach § 19 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 sowie § 28 berücksichtigten Kosten für Unterkunft, mit
Ausnahme der Kosten für Heizung und Warmwasserversorgung (818,06 EUR) nicht zu erstatten.
Daraufhin hat der Kläger am 9. März 2006 Klage vor dem Sozialgericht Schleswig erhoben.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 31. Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2006 aufzuheben,
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 17. Januar 2007 hat das Sozialgericht den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31. Oktober
2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2006 aufgehoben, soweit die Leistungsbewilligung in
Höhe von mehr als 569,56 EUR aufgehoben worden ist und ein Betrag von mehr als 353,65 EUR zurückgefordert wird.
Im Übrigen hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt: Der angefochtene Bescheid sei formell und materiell rechtmäßig. Der
Bescheid sei auch hinsichtlich des Gegenstandes der Verfügung und ihres Adressaten hinreichend bestimmt im Sinne
des § 33 Abs. 1 SGB X. Dem stehe nicht entgegen, dass die Beklagte dem Kläger gegenüber auch mit Wirkung
gegen die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft den Bescheid habe aufheben wollen. Die Aufhebung der
Leistung sei gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 SGB X rechtmäßig, soweit die den Kläger betreffenden
Leistungen seit dem 1. August 2005 in einem Umfang von 569,96 EUR aufgehoben worden seien. Dem Bescheid über
die Bewilligung laufender Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende komme trotz zeitlicher Befristung
Dauerwirkung zu, da er über den Erlasszeitpunkt hinaus rechtliche Wirkung entfalte. Durch die nachträgliche
Bewilligung höheren Arbeitslosengeldes sei auch eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 48 SGB
X eingetreten. Unter Berücksichtigung der Anrechnungsvorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II reiche das nunmehr
gezahlte Arbeitslosengeld zusammen mit den Einkünften der Ehefrau und des Kindergeldes zur Deckung des
Gesamtbedarfes der Bedarfsgemeinschaft aus. Im Zeitraum 1. bis 31. Juli 2005 sei hingegen keine wesentliche
Änderung der Verhältnisse eingetreten. Da die Nachzahlung des Arbeitslosengeldes erst im August 2005 erfolgt sei,
könne nach der Zuflusstheorie die Nachzahlung für Juli 2005 nicht als Einkommen berücksichtigt werden. Nach dem
Individualisierungsgrundsatz erfasse der angefochtene Bescheid jedoch nur die dem Kläger gewährten bzw. für diesen
bestimmten Leistungsanteile in Höhe von monatlich 142,34 EUR (Regelleistung in Höhe von 46,00 EUR zuzüglich
Unterkunftsleistungen in Höhe von 96,39 EUR), insgesamt 569,56 EUR, denn der Aufhebungsbescheid der Beklagten
vom 31. Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2005 sei ausdrücklich und
unmissverständlich allein an den Kläger gerichtet worden. Die Rückforderung gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X in
Verbindung mit § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II sei folglich nur bezüglich eines Betrages von 353,65 EUR rechtmäßig.
Gegen dieses seiner Prozessbevollmächtigten am 23. März 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. April 2007
Berufung beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung hat er unter Bezugnahme auf
einige erst- und zweitinstanzliche Entscheidungen (SG Schleswig, Urt. v. 13. Juni 2006, S 9 AS 834/05; SG
Dortmund, Beschluss vom 28. August 2006, S 31 AS 340/06 ER, LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 18.
Januar 2007, L 11 B 400/06 PKH)vorgetragen, der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid sei mangels Bestimmtheit
gemäß § 33 Abs. 1 SGB X insgesamt unheilbar formell rechtswidrig.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 17. Januar 2007 abzuändern und den Bescheid vom 31. Oktober 2005 in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den Aufhebungsbescheid bezüglich Adressat und Verfügungssatz für hinreichend bestimmt.
Die den Rechtsstreit betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten haben dem Senat
vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf ihren Inhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Berufung
ist zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffenden Gründen
abgewiesen.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Frage, ob der Bescheid der Beklagten vom 31. Oktober 2005 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2006 insgesamt aufzuheben ist. Nach dem Gesamtergebnis des
Verfahrens (§ 128 Abs. 1 SGG) ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der angefochtene Bescheid formell
rechtmäßig ist. Zwar hat die Beklagte den Kläger vor Erlass des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides nicht
gemäß § 24 SGB X angehört, dieser Formfehler ist jedoch gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit Abs. 2 SGB X
durch das Widerspruchsverfahren geheilt. Der Bescheid vom 31. Oktober 2005 enthält alle wesentlichen Tatsachen,
auf die die Beklagte ihre Entscheidung gestützt hat. Dem Kläger ist somit die Möglichkeit eingeräumt worden, hierzu
Stellung zu nehmen (s. BSG, Urteil vom 30. April 1997, 12 RK 34/96, BSGE 80, 215, 217). Auch hat die Beklagte das
Vorbringen des Klägers im Widerspruchsverfahren bezüglich der Zweifel am Vorliegen eines Verwaltungsaktes mit
Dauerwirkung und der unterbliebenen Anwendung des § 40 Abs. 2 SGB II zur Kenntnis genommen und in seine
Erwägungen vor Erlass des Widerspruchsbescheides einbezogen.
Der Bescheid der Beklagten vom 31. Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2006
entspricht auch den Anforderungen des § 33 Abs. 1 SGB X. Danach muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend
bestimmt sein. Dieses Erfordernis bezieht sich sowohl auf den Verfügungssatz als auch auf den Adressaten des
Verwaltungsaktes. Mehrere Personen als Adressaten eines Verwaltungsaktes müssen einzeln aufgezählt werden.
Aus dem Verfügungssatz muss sich unzweifelhaft ergeben, was die Behörde will und von wem sie es will (s.
Waschull in Diering/Timme/Waschull, SGB X, § 33 Rz. 3 m.w.N.). In diesem Sinne ist der umstrittene Bescheid
hinreichend bestimmt.
Es ist davon auszugehen, dass die gesetzliche Etablierung der Bedarfsgemeinschaft im Vergleich zum früheren
Sozialhilferecht nichts daran geändert hat, dass Anspruchsinhaber der Einzelne ist in Abhängigkeit vom ungedeckten
Bedarf der Bedarfsgemeinschaft (s. BSG, 7. November 2006, B 7b AS 8/06 R m.w.N.). Dies ergibt sich an
verschiedenen Stellen aus dem Gesetzestext. So heißt es in § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II "Leistungen erhalten Personen
...". Aus § 7 Abs. 2 SGB II ergibt sich, dass auch in Bedarfsgemeinschaft lebende Hilfebedürftige einen individuellen
Leistungsanspruch haben. Aus der Bedarfsgemeinschaft kann auch keine Gesamtgläubigerschaft (§ 428 Bürgerliches
Gesetzbuch – BGB) oder eine gesetzliche Verfahrens- und Prozess¬standschaft jedes Mitglieds für die Ansprüche
der anderen Mitglieder abgeleitet werden (BSG a.a.O.). Zu Recht hat das Sozialgericht in diesem Zusammenhang
auch auf den Wortlaut des § 38 SGB II verwiesen, wonach vermutet wird, dass ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger
bevollmächtigt ist, Leistungen auch für die mit ihm in einer Bedarfgemeinschaft lebenden Personen zu beantragen und
entgegenzunehmen. Im Umkehrschluss folgt aus dieser Vorschrift, dass bei entgegenstehenden Anhaltspunkten die
Leistungen nur an die jeweilige zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Person ausgezahlt werden darf. Um dem
Bestimmtheitserfordernis zu genügen, muss danach der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid gegenüber
demjenigen, der zur Erstattung verpflichtet werden soll, ergehen. Denn das Rückabwicklungs- bzw.
Erstattungsverhältnis ist das "Spiegelbild" des Leistungsverhältnisses mit der Folge, dass die Rückabwicklung im
jeweiligen Leistungsverhältnis zu erfolgen hat (Udsching/Link, Aufhebung von Leistungsbescheiden im SGB II, SGb
2007, 513, 514 m.w.N.). Die Vermutungsregelung des § 38 SGB II greift hier nicht ein, da diese Vorschrift nur für die
Beantragung und Entgegennahme von Leistungen gilt, nicht jedoch im Aufhebungs- und Erstattungsverfahren
(Eicher/Spell¬brink, SGB II, § 38 Rz. 23 b). Der Bewilligungsbescheid muss jedem einzelnen Mitglied der
Bedarfsgemeinschaft gegenüber im Umfange des auf ihn entfallenden Anteils aufgehoben und zurückgefordert werden
(ebenso Klaus in jurisPK – SGB II, § 9 Rz. 24).
Hier ist der streitbefangene Bescheid ausschließlich an den Kläger gerichtet. Dies gilt zwar auch für den
Bewilligungsbescheid vom 8. August 2005, in diesem wird jedoch ausdrücklich auf § 38 SGB II Bezug genommen.
Außerdem enthält er (genau wie die folgenden Bewilligungsbescheide) die Formulierung: "für Sie und die mit ihnen in
Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen werden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ... bewilligt." Es ist
deshalb davon auszugehen, dass die Beklagte durch den Bescheid vom 31. Oktober 2005 ausschließlich den Kläger
verpflichten wollte. So heißt es hier auch: " ... Die zu Unrecht gezahlten Leistungen sind von Ihnen zu erstatten ...
Seit dem 05.07.2005 haben Sie ein höheres Einkommen aus Arbeitslosengeld ... Somit haben Sie keinen Anspruch
mehr auf Arbeitslosengeld II." Damit ist der Bescheid nach den oben ausgeführten Grundsätzen hinreichend
bestimmt. Die Tatsache, dass die Beklagte offensichtlich auch Leistungen zurückfordert, die nicht an ihn bzw. für ihn,
sondern für die anderen zur Bedarfsgemeinschaft zählenden Personen erbracht worden sind, führt zu keiner anderen
rechtlichen Bewertung. Ob sie hierzu berechtigt ist, ist eine Frage des materiellen Leistungsrechts und nicht des § 33
Abs. 1 SGB X (ebenso Udsching/Link, a.a.O., S. 516 unter Bezugnahme auf die hier angefochtene Entscheidung des
SG Schleswig).
Die von der Prozessbevollmächtigten des Klägers im Schriftsatz vom 17. Juli 2007 zitierte Rechtsprechung steht dem
nicht entgegen.
Dem angeführten Urteil der 9. Kammer des Sozialgerichts Schleswig vom 13. Juni 2006 (S 9 AS 834/05) liegt ein
anderer Sachverhalt zugrunde: Hier änderte sich das Einkommen der Ehefrau des Klägers, der Aufhebungs- und
Erstattungsbescheid erging jedoch an den Kläger. Die fehlende Bestimmtheit begründete das Gericht damit, dass der
Bescheid ausschließlich an den Kläger gerichtet war und nur diesen verpflichtete; in der Begründung des
Widerspruchsbescheides war jedoch ausgeführt, dass die Gesamtrückforderung vom "Ehepaar" zu erstatten sei.
Darüber hinaus ist kritisch zu hinterfragen, ob das Gericht hier zu Recht einen Verstoß gegen § 33 Abs. 1 SGB X
angenommen hat. Hänlein führt in einer Besprechung der Entscheidung aus, dass das Sozialgericht den Kläger als
alleinigen Adressaten des angefochtenen Bescheides gesehen habe, mit dem der gesamte Erstattungsanspruch
gegen diesen geltend gemacht werde. Der so verstandene Bescheid könne kaum als unbestimmt angesehen werden,
weil und soweit er den Kläger über das Maß dessen belaste, was er selbst zu Unrecht erhalten habe (juris PR-SozR
19/2006, Anm. 2).
Das Urteil des SG Dortmund vom 28. August 2006 (S 31 AS 340/06 ER) betrifft eine dem vorliegenden Fall
vergleichbare Fallkonstellation. Nach Ansicht des Sozialgerichts war die Rücknahme aufgrund eines Verstoßes gegen
das Bestimmtheitsgebots rechtswidrig. Diese Rechtsauffassung wird jedoch nicht näher begründet. Das Gericht
verweist allein auf "die überzeugende Rechtsprechung des Sozialgerichts Schleswig (S 9 AS 843/05)", ohne auf die
unterschiedlichen Fallkonstellationen einzugehen. Insgesamt vermag diese Entscheidung den Senat nicht zu
überzeugen.
Im Beschluss des 11. Senats des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 18. Januar 2007 (L 11 B 400/06 PKH) wird
zwar ebenfalls die Auffassung vertreten, bei Rückforderungen sei der Bescheid an diejenige Person zu richten, die die
Leistungen erhalten hat, der Beschluss nimmt aber keine Stellung zu der Frage, ob andernfalls ein Verstoß gegen den
Bestimmtheitsgrundsatz vorliegt.
Das LSG Nordrhein-Westfalen hat in einer Entscheidung vom 18. Dezember 2006 (L 20 SO 20/06) einen
Rücknahmebescheid mangels Bestimmtheit für rechtswidrig erklärt. Auch hier war jedoch die Fallkonstellation eine
andere: An beide Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft waren Rückforderungsbescheide ergangen, die jeweils nur den
gesamten Rückforderungsbetrag genannt haben, jedoch keine Aussage dazu enthielten, in welche Höhe jeweils
Beträge zurückgezahlt werden sollten.
Das LSG Baden-Württemberg hat in einem Urteil vom 18. Oktober 2007 (L 7 SO 2899/06) einen Verstoß gegen den
Bestimmtheitsgrundsatz des § 33 Abs. 1 SGB X angenommen in einem Fall, in dem der Rückforderungsbescheid
bezüglich Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz nur an einen Ehepartner gerichtet wurde, im Bescheid jedoch
ausgeführt wird, beide Ehepartner hätten als Gesamtschuldner zu haften. Auch dieser Entscheidung liegt ein anderer
Sachverhalt zugrunde, so dass sie für die Entscheidungsfindung vorliegend keine neuen Gesichtspunkte enthält.
Das Sozialgericht hat auch zu Recht den angefochtenen Bescheid nur insoweit aufgehoben, als er Leistungen betraf,
die nicht dem Kläger, sondern den anderen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft gewährt worden sind. Soweit der
Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31. Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.
Februar 2006 die dem Kläger bewilligten Leistungen betrifft, ist er rechtmäßig. Anspruchsgrundlage für die Aufhebung
bzw. Erstattung ist § 48 SGB X. Nach Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit
Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen
haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der
Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder
Vermögen erzielt worden ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X). Diese Vorschrift gilt auch im Falle der rückwirkenden
Gewährung von anzurechnendem Einkommen. Dies ergibt sich aus der Fiktion des § 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X,
wonach als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen
zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Vorschriften des SGB anzurechnen ist, der Beginn des
Anrechnungszeitraums gilt.
Bei dem angefochtenen Bescheid handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Ein solcher liegt vor,
wenn sich der Verwaltungsakt nicht in einem einmaligen Ge- oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der
Rechtslage erschöpft, sondern ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges
Rechtsverhältnis begründet oder verändert (s. BT-Drucks 8/2034, zu § 43 Abs. 3 des Regierungsentwurfs, BSG, Urteil
vom 16. Februar 1984, 1 Rar 15/83, m.w.N.). Entscheidend ist danach, ob der Verwaltungsakt rechtliche Wirkungen
über den Zeitpunkt der Bekanntgabe hinaus entfaltet (BSG Urteil vom 20. Juni 2001, B 11 AL 10/01 R, BSGE 88, 172,
174). Diese Voraussetzungen sind im hier zu entscheidenden Fall trotz der Befristung der Leistung erfüllt.
In der rückwirkenden Gewährung des Arbeitslosengeldes ist auch eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im
Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 3 SGB X zu sehen. Das rückwirkend dem Kläger gewährte
Arbeitslosengeld lässt den Anspruch auf Arbeitslosengeld II entfallen, da der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft mit
dieser Leistung gedeckt wird.
Eine Vertrauensschutzprüfung hat nicht zu erfolgen, § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X wird durch den Verweis in § 40 Abs. 1
Satz 2 Nr. 1 SGB II auf § 330 Abs. 3 Satz 1 des 3. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III) dahingehend
eingeschränkt, dass auch in atypischen Fällen eine gebundene Entscheidung des Leistungsträgers zu erfolgen hat.
Das Sozialgericht hat auch den auf den Kläger entfallenden Rückforderungsbetrag korrekt berechnet. Auf die
diesbezüglichen Ausführungen wird verwiesen.
Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtsmittelbelehrung: Dieses Urteil kann nur dann mit der Revision angefochten werden, wenn sie nachträglich vom
Bundessozialgericht zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Revision durch das
Landessozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines
Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich beim
Bundessozialgericht Heerstraße 6 34114 Kassel
einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss bis zum Ablauf der Monatsfrist bei dem Bundessozialgericht eingegangen
sein.
Als Prozessbevollmächtigte sind zugelassen
• Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder
oder für andere Verbände und Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder. Sie müssen
durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln,
• selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung, berufsständische
Vereinigungen der Landwirtschaft, Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche
Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht
oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer
Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten. Die genannten
Organisationen dürfen nur ihre jeweiligen Mitglieder vertreten und müssen durch Personen mit Befähigung zum
Richteramt handeln,
• juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der vorstehend bezeichneten
Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser
Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und
deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der
Bevollmächtigten haftet. Sie müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln,
• jeder Rechtsanwalt,
• jeder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum
Richteramt.
Ein Beteiligter, der danach zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer
öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich
durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt
anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer
öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils schriftlich zu begründen.
In der Begründung muss
• die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder
• die Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder
des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil abweicht, oder
• ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, bezeichnet werden. Als
Verfahrensmangel kann eine Verletzung der §§ 109 und 128 I Satz 1 Sozialgerichtsgesetz nicht und eine Verletzung
des § 103 Sozialgerichtsgesetz nur gerügt werden, soweit das Landessozialgericht einem Beweisantrag ohne
hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter, der nicht schon durch einen
Bevollmächtigten aus dem Kreis der oben genannten Gewerkschaften oder Vereinigungen vertreten ist,
Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwaltes beantragen.
Der Beteiligte kann die Prozesskostenhilfe selbst beantragen. Der Antrag ist beim Bundessozialgericht entweder
schriftlich oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.
Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie
entsprechende Belege beizufügen. Hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen.
Der Vordruck kann von allen Gerichten oder durch den Schreibwarenhandel bezogen werden.
Wird Prozesskostenhilfe bereits für die Einlegung der Beschwerde begehrt, so müssen der Antrag und die Erklärung
über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - gegebenenfalls nebst entsprechenden Belegen - bis zum
Ablauf der Frist für die Einlegung der Beschwerde beim Bundessozialgericht eingegangen sein.
Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt benannt werden.
Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Anwalt zu wählen,
keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.