Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 11.09.2003

LSG Shs: unternehmen, vermietung, sachliche zuständigkeit, deklaratorische wirkung, zugehörigkeit, reinigungsbetrieb, verpachtung, anschrift, rechtsverordnung, unfallversicherung

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht
Urteil vom 11.09.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Schleswig S 8 U 183/01
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 5 U 136/02
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 23. September 2002 wird
zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die Kosten der Klägerin für das Berufungsverfahren. Die Revision wird
zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen ihres Unfalls vom
21. Oktober 1998. Die Beklagte bestreitet ihre Zuständigkeit und meint, dass der Klägerin allenfalls gegen die
Beigeladene ein Leistungsanspruch zustehe.
Die 1964 geborene Klägerin betrieb in W das 1996 angemeldete Unternehmen "blitz & blank". Gegenstand des
Unternehmens war ausweislich der Gewerbeanmeldung die Reinigung von Ferienwohnungen und Objekten sowie die
Gebäudereinigung. Die Klägerin beschäftigte dabei eine Reihe von Mitarbeitern. Für sich selbst hatte sie eine
Unternehmerversicherung abgeschlossen. Daneben betrieb sie in W - ebenfalls seit 1996 - den Vermietungsbetrieb
"Sunny Holidays". Angemeldete Tätigkeit war die Vermietung und Verwaltung von Objekten. In diesem Unternehmen
wurden keine Arbeitnehmer beschäftigt. Ausweislich eines in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten befindlichen
Vermerks teilte eine Mitarbeiterin des Steuerberaters der Klägerin der Beklagten in einem Telefongespräch am 30.
September 1998 mit, dass bei dem Reinigungsunternehmen keine Reinigung von Ferienwohnungen vorgenommen
worden sei; es seien vielmehr Schulen, Kindergärten und andere öffentliche Einrichtungen gereinigt worden. Ein
Gesamtunternehmen habe nicht bestanden. Das Reinigungsunternehmen war Mitglied der Beklagten; das
Vermietungsunternehmen war weder im Unternehmensverzeichnis der Beklagten noch in demjenigen der
Beigeladenen geführt.
Mit Vertrag vom 3. Juli 1998 verkaufte die Klägerin das Reinigungsunternehmen "blitz & blank" an Herrn Bernd S , G
(im Folgenden: S.). Die Betriebsübergabe erfolgte am 30. Juni 1998. S. übernahm die Mitarbeiter und meldete diese
bei der DAK an, zahlte in der Folgezeit jedoch weder Arbeitslöhne noch Sozialversicherungsbeiträge. Die Klägerin
meldete das Reinigungsgewerbe zum 1. Juli 1998 ab und teilte der Beklagten dies mit Schreiben vom 23. Juni 1998
mit. Mit Schreiben vom 23. September 1998 teilten die Steuerberater der Klägerin der Beklagten mit, dass die
Klägerin das Reinigungsunternehmen weiterführe, nachdem der Verkauf nicht zu Stande gekommen sei. Hintergrund
war, dass S. keine Zahlungen geleistet hatte. Ergänzend teilte die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 2.
Oktober 1998 mit, dass sie ab 1. September 1998 "gewisse Reinigungsobjekte wieder übernommen" habe. Da sie
schon seit 1996 das Gewerbe Vermietung und Verwaltung ausübe, sei die Reinigung in diesen Betrieb mit
übernommen worden. Der Reinigungszeitaufwand mache nunmehr etwa 75 % des Gesamtaufwandes aus; der Anteil
für Vermietung und Verwaltung belaufe sich auf etwa 25 %. Eine erneute Anmeldung des Reinigungsunternehmens
erfolgte in der Folgezeit nicht.
Am 18. November 1998 ging bei der Beklagten die Anzeige des Unfalls der Klägerin vom 21. Oktober 1998 ein. Die
Klägerin gab an, beim Reinigen im "Haus Meinert" (Ferienheim der Schleswag) ausgerutscht und umgeknickt zu sein
und sich dabei das rechte Bein gebrochen zu haben. Im Durchgangsarztbericht vom 22. Oktober wurde die Diagnose
einer Außenknöchelfraktur rechts sowie einer Os metatarsale III und IV Basis Fraktur beschrieben. Bis zum 15. März
1999 war die Klägerin wegen der Unfallfolgen arbeitsunfähig.
Mit Bescheid vom 28. Oktober 1999 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Zugehörigkeit ihres Unternehmens
zur Bau-Berufsgenossenschaft mit Wirkung ab 1. Juli 1998 beendet sei. Ab diesem Zeitpunkt sei die Klägerin nämlich
nicht mehr Inhaber des auf S. übergegangenen Unternehmens. Mit Beitragsänderungsbescheid vom selben Tage
erteilte die Beklagte der Klägerin eine Beitragsgutschrift für die Unternehmensversicherung im Jahre 1998. Ergänzend
erläuterte die Beklagte mit Schreiben vom 22. November 1999, dass sie das Unternehmen mit Wirkung vom 1. Juli
1998 auf S. als Betriebsnachfolger umgeschrieben habe. Ihr sei bekannt, dass die Übernahme durch S. nur kurzfristig
gewesen sei und dass die Klägerin das Unternehmen mit Wirkung vom 1. September 1998 weitergeführt habe. Eine
erneute Gewerbeanmeldung für den Gewerbezweig Reinigungen sei indessen nicht vorgenommen worden. Die nun
ausgeführten Reinigungsarbeiten seien in das Unternehmen Vermietung und Verpachtung von Ferienwohnungen
eingeflossen, für welches die Verwaltungs-BG der sachlich zuständige Unfallversicherungsträger sei. Die Beklagte
stelle anheim, sich an die Beigeladene zu wenden.
Mit weiterem Bescheid vom 25. November 1999 lehnte die Beklagte Leistungen aus Anlass des Unfalls vom 21.
Oktober 1998 mit der Begründung ab, dass die Klägerin wegen der Abmeldung ihres Unternehmens zum 30. Juni 1998
nicht zum Kreis der versicherten Personen gehöre.
Ihre gegen beide Bescheide eingelegten Widersprüche begründete die Klägerin damit, dass sie der Beklagten die
Wiederaufnahme des Reinigungsbetriebes zum 1. September 1998 mit Schreiben vom 2. Oktober 1998 angezeigt
habe. Sie sei deshalb jedenfalls bis 1. Juli 1998 und erneut ab 1. September 1998 Mitglied der Bau-BG.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2001 wies die Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück. Sie
wiederholte und vertiefte die Gründe der Ausgangsbescheide und führte aus, dass die Mitgliedschaft mit der
Rückübertragung des Reinigungsunternehmens nicht einfach habe wieder aufleben können, weil für das neue
Unternehmen (Vermietung und Verpachtung) mitgliedschafsrechtlich bereits die Zuständigkeit der Verwaltungs-BG
gegeben gewesen sei. Die Reinigungsarbeiten seien im Rahmen des Gesamtunternehmens gemäß § 131 Abs. 1
Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) in das bereits bestehende Unternehmen Vermietung und Verpachtung
eingeflossen; für dieses Unternehmen habe die Beigeladene mit Bescheid vom 2. Juli 2000 (gemeint: 17. Februar
2000) ihre Zuständigkeit erklärt.
Mit Bescheid vom 17. Februar 2000 hatte die Beigeladene sich gegenüber der Klägerin als den für ihr Unternehmen
zuständigen Unfallversicherungsträger erklärt und ausgeführt, von einer Eintragung in das dortige
Unternehmerverzeichnis werde abgesehen, weil die Klägerin keine Arbeitnehmer beschäftige. Eine Anfrage der
Beigeladenen vom 29. November 1999 zur Anzahl der Beschäftigten der Klägerin war zuvor unbeantwortet geblieben.
Die Klägerin hat am 8. Oktober 2001 bei dem Sozialgericht Schleswig Klage erhoben, zu deren Begründung sie im
Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und weiter vertieft hat. Im erstinstanzlichen
Verhandlungstermin hat die Klägerin ergänzend erläutert, sie habe einer Mitarbeiterin der Beklagten am 30. September
1998 fernmündlich mitgeteilt, dass sich hinsichtlich der Art des Reinigungsunternehmens nichts ändern werde. Sie
habe erklärt, das Unternehmen "Reinigungen aller Art" - nunmehr unter dem Namen "Elisabeth Nickels Reinigungen" -
mit denselben Mitarbeitern fortzuführen. Die in dem Telefonat gemachten Angaben habe sie dann in dem Schreiben
vom 2. Oktober 1998 noch einmal bestätigt. Ergänzend hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie noch im April
1999 einen Beitragsbescheid für 1998 erhalten habe. Mit Schreiben vom 7. Januar 1999 habe die Beklagte zur
weiteren Bearbeitung der Unfallangelegenheit einen ausgefüllten Zahlschein von ihr verlangt.
Die Klägerin hat beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 28. Oktober 1999 und vom 25. November 1999 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 18. September 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die gesetzlichen
Leistungen aufgrund des Unfalls vom 21. Oktober 1998 zu gewähren.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide beantragt,
die Klage abzuweisen. Sie hat ergänzend darauf hingewiesen, dass der Beitragsbescheid vom 20. April 1999 - auch
hinsichtlich der Unternehmerversicherung - durch Bescheid vom 28. Oktober 1999 geändert worden sei.
Mit Urteil vom 23. September 2002 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung im
Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe den Unfall vom 21. Oktober 1998 zu entschädigen, weil sie nach dem
erneuten Betriebsübergang für das Unternehmen der Klägerin ab 1. September 1998 der zuständige
Unfallversicherungsträger gewesen sei. Der Unternehmensteil "Reinigungen" sei nach dem Betriebsübergang
Schwerpunkt des Gesamtunternehmens geworden; gemäß § 131 SGB VII folge hieraus die Zuständigkeit der
Beklagten. Unerheblich sei, dass die Klägerin den vor dem 1. Juli 1998 als Einzelunternehmen geführten
Reinigungsbetrieb nicht erneut als Gewerbe angemeldet habe; die Beklagte sei von der Klägerin frühzeitig über alle
eingetretenen Veränderungen informiert worden. Wenn die Beklagte gleichwohl erst nach mehr als einem Jahr
rückwirkend die Zugehörigkeit der Klägerin zur Bau-Berufsgenossenschaft beendet und sie aus dem
Versichertenverzeichnis gelöscht habe, sei dies rechtswidrig. Die Klägerin sei auch bis zum Erhalt des Bescheides
vom 28. Oktober 1999 in dem Glauben gelassen worden, bei der Beklagten versichert zu sein. Selbst wenn die
Zuständigkeit der Beklagten hier tatsächlich zum 1. September 1998 geendet hätte, könnte die Klägerin sich deshalb
auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen.
Gegen das ihr am 18. Oktober 2002 zugestellte Urteil richtet sich die am 15. November 2002 bei dem Schleswig-
Holsteinischen Landessozialgericht eingelegte Berufung der Beklagten.
Zur Begründung macht sie erneut geltend, dass die Zugehörigkeit der Klägerin zur Beklagten und deren
Unternehmensversicherung zum 30. Juni 1998 geendet habe. Im Übrigen verweist sie darauf, dass die Beigeladene
bis zum 31. August 1998 für das Unternehmen Vermietung und Verwaltung der Klägerin zuständig gewesen sei; die
Beigeladene habe auch ihre Zuständigkeit für das am 1. September 1998 zusammengeführte Gesamtunternehmen
erklärt. Somit habe für die Klägerin bei der Beklagten im Unfallzeitpunkt kein Versicherungsschutz bestanden. Auch
die von der Klägerin ursprünglich abgeschlossene Unternehmerversicherung habe nur bis zum 30. Juni 1998
bestanden; das Beitragsguthaben für die zweite Hälfte des Jahres 1998 sei mit Bescheid vom 28. Oktober 1999
erstattet worden. Soweit das Sozialgericht seine Entscheidung auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch
gestützt habe, sei darauf hinzuweisen, dass die Beklagte in der Zeit vom 1. September 1998 bis zum Unfalltag keinen
Vertrauenstatbestand geschaffen habe, der einen solchen Anspruch begründen könne. Das angefochtene Urteil lasse
hierzu auch offen, worauf sich der Anspruch stützen solle. Weiterhin sei unberücksichtigt geblieben, dass sich der
Unfall bei einem Kontrollgang ereignet habe, der der Überprüfung der Reinigungsarbeiten gedient habe. Für eine solche
Verrichtung sei auch vor der Zusammenlegung der Unternehmen die Beigeladene zuständig gewesen. Für die Klägerin
sei seitens ihres Steuerberaterbüros am 30. September 1998 mitgeteilt worden, dass bei dem Reinigungsunternehmen
keine Reinigung von Ferienwohnungen vorgenommen worden sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 23. September 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützt das angefochtene Urteil und führt aus, dass der zurückübertragene Reinigungsbetrieb keineswegs in das
Unternehmen "Vermietung und Verwaltung von Ferienwohnungen" eingegliedert worden sei. Vielmehr habe sie ab 1.
September 1998 (wieder) einen Reinigungsbetrieb geführt, bei welchem gelegentlich auch Ferienwohnungen zu
vermieten und zu verwalten gewesen seien. Überwiegender Schwerpunkt des Betriebes sei das
Reinigungsunternehmen gewesen. Entgegen der Behauptung der Beklagten habe sich der Unfall vom 21. Oktober
1998 nicht im Rahmen einer Tätigkeit der Verwaltung oder Vermietung von Ferienwohnungen ereignet. Vielmehr sei
sie beim Reinigen ausgerutscht, umgekippt und habe sich dreifach ein Bein gebrochen.
In der Berufungsverhandlung hat die Klägerin ergänzend geschildert, dass am Unfalltag im Haus Meinert
Reklamationen entstanden seien. Sie habe deshalb eine Kontrolle vorgenommen und nachgebessert. Im Moment des
Unfalls habe sie keine Reinigungsarbeiten ausgeführt; sie sei auf dem noch nassen Boden ausgerutscht und habe
sich dabei das Bein gebrochen.
Die mit Beschluss des Senats vom 2. April 2003 beigeladene Verwaltungs-BG stützt - ohne Stellung eines
Sachantrags - die Rechtsauffassung der Klägerin. Sie führt aus, dass die Klägerin bzw. ihr(e) Unternehmen formal-
rechtlich zu keinem Zeitpunkt der Verwaltungs-BG angehört hätten. Ob eine Zugehörigkeit unter materiell-rechtlichen
Gesichtspunkten anzunehmen sei, sei fraglich. Hierauf komme es indessen auch nicht an, weil die Klägerin
Ansprüche gegen die Verwaltungs-BG allenfalls aus einer freiwilligen Unternehmensversicherung herleiten können;
eine solche sei jedoch nicht abgeschlossen worden. Im Übrigen sei die Klägerin zumindest formal-rechtlich im
Unfallzeitpunkt noch bei der Beklagten versichert gewesen, weil die Beklagte das Ende der Mitgliedschaft erst mit
Bescheid vom 28. Oktober 1999 festgestellt habe.
In der Berufungsverhandlung am 11. September 2003 ist die Klägerin persönlich gehört worden. Dabei hat sie erklärt:
Den Bescheid der Beigeladenen vom 17. Oktober 2000 habe sie - ebenso wie die ihr von der Beigeladenen
übersandten Fragebögen - nicht erhalten. Unter der im Bescheid angegebenen Anschrift wohne sie schon seit 1998
nicht mehr. Inzwischen sei sie bei der BG für Nahrungs- und Genussmittel unfallversichert; sie habe das Reinigungs-
und Vermietungsunternehmen im Sommer 1999 aufgegeben und betreibe jetzt ein Restaurant.
Zu ihrem Leistungsbegehren hat die Klägerin erläutert, dass es ihr allein um die Zahlung von Verletztengeld für die
Zeit vom Unfall bis zum 15. März 1999 gehe. Nach ihrer Kenntnis seien im Krankenhaus keine Rechnungen mehr
offen; wer dort gezahlt habe, wisse sie nicht.
Dem Senat haben die die Klägerin bzw. ihre Unternehmen betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie der
Beigeladenen in Kopie sowie die Gerichtsakten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und
Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat
zu Recht entschieden, dass die Beklagte den Unfall der Klägerin vom 21. Oktober 1998 zu entschädigen hat. Denn
die Beklagte war im Zeitpunkt des Unfalls der für die Klägerin zuständige Unfallversicherungsträger. Der
Leistungsanspruch der Klägerin folgt aus der bei der Beklagten abgeschlossenen Unternehmerversicherung. Dass die
Klägerin am 21. Oktober 1998 einen zu entschädigenden Arbeitsunfall (§ 7 Abs. 1 i. V. m. § 8 SGB VII) erlitten hat,
auf Grund dessen sie bis 15. März 1999 arbeitsunfähig war, ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig und
bedarf insoweit keiner weiteren Begründung. Aus diesem Versicherungsfall folgt der von der Klägerin geltend
gemachte Anspruch auf Verletztengeld (§ 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VII).
Dass die Beklagte - und nicht die Beigeladene - hier der zuständige Unfallversicherungsträger ist, ergibt sich aus
Folgendem: Grundsätzlich bestimmt sich die Zugehörigkeit eines Unternehmens zu einem Unfallversicherungsträger
unmittelbar aus dem Gesetz oder dazu ergangenen Rechtsverordnungen (Graeff, in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 136
Rdz. 1). Zwar kann gemäß § 122 Abs. 1 SGB VII das zuständige Bundesministerium durch Rechtsverordnung mit
Zustimmung des Bundesrats die sachliche Zuständigkeit der gewerblichen Berufsgenossenschaften unter
Berücksichtigung der in der Vorschrift näher beschriebenen Kriterien bestimmen. Eine solche Rechtsverordnung ist
indessen bisher nicht erlassen worden, so dass es gemäß § 122 Abs. 2 SGB VII bei der bisherigen sachlichen
Zuständigkeit der Berufsgenossenschaften für die Unternehmensarten verbleibt. Maßgeblich sind dabei weiterhin der
Beschluss des Bundesrats vom 21. Mai 1885 (abgedruckt in Amtlichen Nachrichten - AN - 1885, Seite 143), die
gemäß Artikel 129 Grundgesetz weiter geltende Verordnungen der Reichsregierung über Versicherungsträger der
Unfallversicherung vom 30. Oktober 1923 (RGBl I Seite 1063) sowie die vom Reichsversicherungsamt
vorgenommenen Zuteilungen. Dass danach für das ursprüngliche Reinigungsunternehmen der Klägerin die Beklagte
zuständig war und dass danach das ursprüngliche Vermietungsunternehmen in die Zuständigkeit der Beigeladenen
fiel, ist zwischen den Beteiligten ebenfalls zu Recht unstreitig, so dass der Senat hierzu von weiteren Ausführungen
absehen kann.
Da die Klägerin das Reinigungsunternehmen zum 30. Juni 1998 abgegeben hatte, war ihre Unternehmerversicherung
zunächst entfallen. Diese Situation änderte sich, als die Klägerin zum 1. September 1998 das
Reinigungsunternehmen wieder betrieb und zwar in der Art und Weise wie vor dem 30. Juni 1998. Allerdings vereinigte
sie mit dem Reinigungsunternehmen das Vermietungs- und Verwaltungsunternehmen.
Bei verschiedenartigen Bestandteilen eines Unternehmens richtet sich die Zuständigkeit eines Versicherungsträgers
nach § 131 SGB VII. Entscheidend ist danach, welchem Unfallversicherungsträger das Hauptunternehmen angehört
(§ 131 Abs. 1 SGB VII), wobei das Hauptunternehmen den Schwerpunkt des Unternehmens bildet (§ 136 Abs. 2 Satz
1 SGB VII). Abzustellen ist danach auf den Teil eines Gesamtunternehmens, der diesem das Gepräge gibt (vgl.
BSGE 39, 112; 49, 283; 68, 205). Welcher Unternehmensteil einem Gesamtunternehmen das Gepräge gibt bzw.
dessen Schwerpunkt bildet, ist normalerweise zu beurteilen anhand der Zahl der Beschäftigten, der Höhe der
Entgeltsummen sowie (hilfsweise) des Wertes der Betriebseinrichtungen; lediglich auf Grund besonderer
Einzelfallumstände kann es erforderlich sein, von der Reihenfolge der Kriterien bzw. den Kriterien insgesamt
abzuweisen (vgl. Schmitt, SGB VII, § 131 Rdz. 7). Nach diesen Maßstäben ist das Sozialgericht zu Recht davon
ausgegangen, dass das Reinigungsgewerbe nach der Zusammenführung beider Unternehmen der Klägerin als
Schwerpunkt des einheitlichen Unternehmens anzusehen war. Hierfür spricht bereits der Umstand, dass die Klägerin
im Unternehmensteil "Vermietung und Verwaltung" zu keinem Zeitpunkt Personal angestellt hatte. Diese
Einschätzung wird im Übrigen bestätigt durch die Angaben der Klägerin zum zeitlichen Umfang beider
Unternehmensaktivitäten. Die Beklagte hat durch das Schreiben der Klägerin vom 23. September 1998 und die
erläuternden Telefonate vom 30. September 1998 Kenntnis von der Unternehmensvereinigung gehabt.
Der materiell-rechtlichen Zuständigkeit der Beklagten für das ab 1. September 1998 einheitliche Unternehmen steht
keine formal-rechtliche vorrangige Zuständigkeit eines anderen Unfallversicherungsträgers - insbesondere der
Beigeladenen - entgegen. Denn eine solche formal-rechtliche Zuständigkeit ist hier nicht begründet worden.
Gemäß § 136 Abs. 1 Satz 1 SGB VII stellt der Unfallversicherungsträger Beginn und Ende seiner Zuständigkeit für
ein Unternehmen durch schriftlichen Bescheid gegenüber dem Unternehmer fest. Ein solcher Bescheid hat - soweit er
mit der materiellen Rechtslage übereinstimmt - deklaratorische Wirkung; er ist nicht geeignet, materiell-rechtliche
Zuständigkeiten zu begründen. Widerspricht ein solcher Zuständigkeitsbescheid jedoch der materiellen Rechtslage, so
ist er gleichwohl nach Eintritt der Unanfechtbarkeit bindend; der materiell-rechtlichen Zuständigkeit kann korrigierend
nur durch Überweisung an einen anderen Unfallversicherungsträger Rechnung getragen werden (vgl. allgemein Graeff,
a. a. O.; Ricke, in Kasseler Kommentar § 136 SGB VII Rdz. 2 ff.; Schmitt, SGB VII, § 136 Rdz. 2 ff. - jeweils m. w.
N. -).
Nach diesen Maßstäben wäre hier formell-rechtlich von der Zuständigkeit der Beigeladenen auszugehen, wenn diese
einen bindend gewordenen Zuständigkeitsbescheid wirksam erlassen hätte. Das ist indessen nicht der Fall. Der Senat
verkennt nicht, dass die Beigeladene sich mit Bescheid vom 17. Februar 2000 gegenüber der Klägerin als den für ihr
Unternehmen zuständigen Unfallversicherungsträger erklärt und ausgeführt hat, die Zuständigkeit der Verwaltungs-BG
für das Unternehmen bestehe vom Beginn der Unternehmenstätigkeit an. Es ist jedoch nicht bewiesen, dass dieser
Bescheid der Klägerin zugegangen und dadurch gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)
wirksam geworden ist. Die Klägerin hat in der Berufungsverhandlung bestritten, den Bescheid erhalten zu haben. Dies
erscheint vor dem Hintergrund, dass die Klägerin unter der im Bescheid angegebenen Anschrift "Feldstraße 35, 2 W "
nach eigenen Angaben seit 1998 nicht mehr wohnhaft war, glaubhaft. Dass die Klägerin nach Angaben der Beklagten
deren Anschreiben und Bescheide unter der von der Beigeladenen genannten Anschrift erhalten hat, ändert nichts an
der Glaubwürdigkeit der Klägerin. Dabei kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Korrespondenz der Beklagten
mit der Klägerin im Wesentlichen aus den Jahren 1998 und 1999 stammt. Seinerzeit mag die Erreichbarkeit der
Klägerin etwa durch einen Postnachsendeauftrag sichergestellt gewesen sein. Aus dem von der Beklagten genannten
Umstand folgt indessen nicht, dass die Klägerin auch den später ergangenen Bescheid vom 17. Februar 2000 hätte
erhalten müssen. Wählt ein Verwaltungsträger - hier: die Beigeladen - die Bekanntgabeart der formlosen Übersendung,
so hat er bei einem Streit um den Zugang des Bescheides letztlich den Zugangsnachweis zu führen. Kann er das -
wie hier - nicht, so können dem Adressaten des Empfängers Rechtsfolgen des Bescheides nicht entgegengehalten
werden.
Nach allem kann nicht davon ausgegangen werden, dass hier der Zuständigkeitsbescheid vom 17. Februar 2000
abweichend zur materiell-rechtlichen Rechtslage eine Zuständigkeit der Beigeladenen als Unfallversicherungsträger
begründet hat. Ein solcher Bescheid der Beigeladenen ist auch vor dem 17. Februar 2000 nicht ergangen. Auch einen
Mitgliedsschein im Sinne der Bestimmungen der Reichsversicherungsordnung ist von der Beigeladenen nicht
ausgestellt worden, so dass es auf die Frage der rechtlichen Auswirkungen eines solchen Scheines nach In-Kraft-
Treten des SGB VII hier nicht ankommt.
Ob die Beigeladene entsprechend der in § 136 Abs. 1 Satz 1 SGB VII beschriebenen rechtlichen Verpflichtung einen
Zuständigkeitsbescheid schuldhaft unterlassen hat oder nicht, bedarf hier keiner Vertiefung, weil es im
Zusammenhang mit Fragen einer formal-rechtlich begründeten Zuständigkeit nur auf das objektive Vorhandensein
eines Zuständigkeitsbescheides ankommt.
Nach allem verbleibt es hier bei der aus materiell-rechtlichen Gründen bestehenden Zuständigkeit der Beklagten. Auf
die Ausführungen des Sozialgerichts zu einem möglichen Folgenbeseitigungsanspruch kommt es dabei nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat hat gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Revision zugelassen, weil er der Frage grundsätzliche Bedeutung
beimisst, welche Rechtsfolgen das Fehlen eines wirksamen Bescheides über die Zuständigkeit des
Unfallversicherungsträgers hat.