Urteil des LSG Sachsen vom 05.05.2010

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Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 05.05.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 16 KR 1186/04
Sächsisches Landessozialgericht L 1 KR 29/08
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 14. Februar 2008 aufgehoben und
die Klage abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60,09 EUR festgelegt.
Tatbestand:
Streitig ist die Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren für die vorgerichtliche Abwehr der teilweisen Rückforderung
einer Krankenhausvergütung.
Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus, in dem vom 04.02.2004 bis zum 06.02.2004 eine Versicherte der
beklagten Krankenkasse stationär behandelt wurde. Für diese Behandlung stellte die Klägerin am 23.02.2004 der
Beklagten 993,74 EUR in Rechnung. Die Beklagte beglich diese Rechnung zunächst vollständig, forderte dann aber
mit Schreiben vom 18.03.2004 den Teilbetrag von 334,32 EUR zurück. Sie bezog sich dabei auf einen Vermerk des
Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 16.03.2004, in dem es hieß: "Wegen ND 1
Belegungstag ausreichend – vorstat. Aufklärung ausreichend". Die Klägerin beauftragte daraufhin ihre
Prozessbevollmächtigten, eine Rechtsanwaltskanzlei, die sich mit Schreiben vom 07.04.2004 an die Beklagte
wandten und darin ausführten: Die Voraussetzungen für einen Rückzahlungsanspruch lägen nicht vor. Der Nachweis
fehlender Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit sei nicht erbracht, insbesondere nicht mit dem Kurzvermerk des
MDK. Die Beklagte werde daher aufgefordert, spätestens bis zum 30.04.2004 schriftlich auf die Rückzahlung zu
verzichten. Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 30.04.2004: Die Rückzahlungsforderung werde aufrecht
erhalten; über das weitere Verfahren zur Abklärung des offenen Sachverhalts werde in Kürze ein Vorschlag
unterbreitet. Mit Schreiben vom 24.05.2005 erklärte die Beklagte: Unter Berücksichtigung aller vorliegenden
Unterlagen werde abschließend mitgeteilt, dass im Interesse einer kooperativen Zusammenarbeit mit der Klägerin auf
die Rückforderung verzichtet werde. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin übersandten der Beklagten am
07.06.2004 eine Kostennote über 60,09 EUR mit Bitte um Ausgleich. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom
12.07.2004 mit, sie sehe keine Veranlassung, die Kosten zu übernehmen.
Am 20.09.2004 hat die Klägerin beim Sozialgericht Dresden (SG) Klage auf Erstattung der angefallenen
Rechtanwaltsgebühren in Höhe 60,09 EUR nebst Prozesszinsen erhoben. Aufgrund der unberechtigten
Rückzahlungsforderung habe die Beklagte die Kosten der Rechtsverfolgung als Schadensersatz zu tragen. Die
Einschaltung eines Rechtsanwalts wäre nur dann nicht erforderlich gewesen, wenn die Beklagte ihre Einstandspflicht
dem Grunde und der Höhe nach anerkannt und an ihrer Zahlungsbereitschaft keine Zweifel bestanden hätten. Zudem
dürfe sie – die Klägerin – nicht dafür bestraft werden, wenn sie versuche, Fälle außergerichtlich unter Einschaltung
eines Rechtsanwalts zu regeln. Ihres Erachtens sei mit dem Schreiben der Beklagten vom 18.03.2004 das
Prüfungsverfahren abgeschlossen gewesen.
Die Beklagte hat erwidert, sie sei weder aus Verzug noch aus positiver Forderungsverletzung zur Erstattung der
Rechtsanwaltskosten verpflichtet. In Verzug habe sie sich zu keiner Zeit befunden. Zur Überprüfung des
Versorgungsfalls und in dessen Ergebnis zur Rückforderung der erfolgten Zahlung sei sie berechtigt gewesen. Auf die
Rückforderung habe sie allein im Hinblick auf eine künftige kooperative Zusammenarbeit mit der Klägerin ohne
Anerkennung der Berechtigung der geprüften Vergütung verzichtet. Auch nach ihrem – der Beklagten – Schreiben
vom 18.03.2004 hätten noch medizinische Einwände vorgebracht werden können.
Mit Urteil vom 14.02.2008 hat das SG der Klage stattgegeben und die Berufung zugelassen. Der Anspruch der
Klägerin ergebe sich aus positiver Forderungsverletzung. Zwar stelle nicht jedes unberechtigte Zahlungsverlangen
eine Verletzung vertraglicher Nebenpflichten dar, zumal es gerade bei auf Dauer angelegten Rechtsbeziehungen, die
auf die Abwicklung einer Vielzahl von Leistungs- und Zahlungsvorgängen gerichtet seien, zwangsläufig aus
vielfältigen Gründen immer wieder zu Fehleinschätzungen kommen könne. Doch könne dies nicht mehr gelten, wenn
das unberechtigte Zahlungsverlangen aus einer groben Missachtung vertraglicher Aufklärungs- und Hinweispflichten
resultiere. Hier habe die Beklagte ihre vertragliche Leistungstreuepflicht verletzt, indem sie ohne vorherigen Hinweis
und ohne weitere Sachverhaltsaufklärung ein unberechtigtes Rückzahlungsverlangen geltend gemacht habe. Zwar sei
nicht zu beanstanden, dass sich die Beklagte überhaupt an den MDK gewandt habe. Doch hätte sie vor
Geltendmachung der Rückforderung zumindest Gelegenheit zur Äußerung zu den vom MDK geäußerten
medizinischen Bedenken geben müssen oder eine abschließende Prüfung durch den MDK veranlassen müssen, in
deren Rahmen die Klägerin Gelegenheit zur Äußerung erhalten hätte. Weder das eine noch das andere sei der Fall
gewesen. Der Kurzvermerk des MDK sei lediglich als Anregung zu verstehen gewesen, entweder eine Äußerung der
Klägerin zur medizinischen Begründung der Dauer des Krankenhausaufenthaltes einzuholen oder diesbezüglich eine
ordnungsgemäße Prüfung zu veranlassen. Indem die Beklagte dies unterlassen habe und ohne vorherige Anhörung
der Klägerin die Rückzahlung verlangt habe, habe sie ihre vertraglichen Treuepflichten in grober Weise missachtet und
der Klägerin Anlass zur Beauftragung eines Rechtsanwalts gegeben.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Beklagte mit ihrer am 25.03.2008 eingelegten Berufung. Allein die
Geltendmachung vermeintlicher Ansprüche gegen den Vertragspartner stelle noch keine Pflichtverletzung dar.
Vielmehr müssten weitere Umstände hinzutreten, die die unbegründete Geltendmachung von Ansprüchen im
konkreten Einzelfall als Verletzung vertraglicher Nebenpflichten erscheinen ließen. Dies sei hier nicht der Fall. Sie
habe die Klägerin aufgeklärt, indem sie sie über das Ergebnis der sozialmedizinischen Fallberatung durch den MDK
umgehend informiert habe. Der Klägerin habe es frei gestanden, sich hierzu zu äußern. Allein daraus, dass zugleich
eine Frist mit Bitte um Rückzahlung gesetzt worden sei, könne nicht geschlossen werden, dass der Klägerin die
Möglichkeit genommen worden sei, Einwände geltend zu machen. Zudem habe sie – die Beklagte – der Klägerin nicht
mit einer Aufrechnung gedroht. Ferner komme nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) selbst im
Falle des Zahlungsverzugs, die Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten nur bei besonderer rechtlicher
Schwierigkeit oder wirtschaftlich besonders hervorgehobener Bedeutung in Betracht, was hier nicht der Fall sei.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 14. Februar 2008 aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte habe Vertragspflichten verletzt, indem sie ihr Rückforderungsbegehren ausgesprochen habe, als noch
kein substantiiertes MDK-Gutachten vorgelegen habe, d.h. ein Gutachten, aus dem sich ergebe, dass aus ex ante-
Sicht die behandelnden Krankenhausärzte unter Berücksichtigung aller bekannten oder erkennbaren Umstände eine
Fehleinschätzung getroffen hätten. Der Kurzvermerk des MDK sei nicht in diesem Sinne substantiiert. Auch habe das
BSG lediglich entschieden, dass in einfach gelagerten Abrechnungsfällen es dem Krankenhaus zuzumuten sei, einen
offenen Vergütungsanspruch vorgerichtlich ohne anwaltliche Unterstützung geltend zu machen. Hier aber sei der
Streitfall einer ausführlichen juristischen Bewertung unterzogen und der Beklagten mit Schreiben vom 07.04.2008 die
Rechtslage unter Darstellung der einschlägigen Rechtsprechung des BSG erläutert worden, wozu ein juristischer Laie
schlicht nicht in der Lage sei.
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Hierauf
und auf die in den Gerichtsakten enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten sowie den übrigen Akteninhalt wird zur
Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Zu Unrecht hat das SG der Klage stattgegeben. Die Klägerin hat keinen
Anspruch auf Erstattung der Kosten, die ihr für die vorgerichtliche Beauftragung eines Rechtsanwalts entstanden sind.
Nach Satz 3 des § 69 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der hier maßgeblichen, ab 01.01.2004 geltenden
Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190) kann i.V.m. § 280 Abs. 1
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ein zugelassenes Krankenhaus Schadensersatz beanspruchen, soweit erstens die
gemäß § 69 Satz 2 SGB V grundsätzlich abschließenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Vierten Kapitels des
SGB V, die §§ 63, 64 SGB V, die Regelungen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und des
Krankenhausentgeltgesetzes sowie die hiernach erlassenen Rechtsverordnungen keine vorrangige Regelung treffen
und zweitens die Vorschriften des BGB über Schadensersatz wegen Pflichtverletzung mit den Vorgaben des § 70
SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten zwischen Krankenkasse und Krankenhaus nach dem Vierten Kapitel
des SGB V vereinbar sind.
Die Voraussetzungen für die entsprechende Anwendung des § 280 Abs. 1 BGB liegen vor. Die Folgen von
Pflichtverletzungen aus dem Schuldverhältnis sind weder landesvertraglich noch landes- oder bundesrechtlich
abschließend geregelt. Deshalb sind die Vorschriften des BGB über Schadensersatz wegen Pflichtverletzung dem
Grunde nach entsprechend anwendbar, weil sie mit der Stellung der Krankenhäuser im Versorgungssystem des SGB
V nicht unvereinbar sind. Dies hat das BSG bereits für die bürgerlich-rechtlichen Verzugsvorschriften entschieden
(BSG, Urteil vom 15.11.2007 - B 3 KR 1/07 R - BSGE 99, 208 = SozR 4-2500 § 69 Nr. 3, jeweils Rn. 10 ff.; Urteil vom
08.09.2009 - B 1 KR 8/09 R - juris Rn. 14). Für Vorschriften über Schadensersatz wegen Pflichtverletzung kann nichts
anderes gelten.
Ungeachtet der entsprechenden Anwendbarkeit des § 280 Abs. 1 BGB kann die Klägerin die Erstattung der
vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht beanspruchen. Denn zum einen wäre die Beklagte selbst bei unmittelbarer
Anwendung des § 280 Abs. 1 BGB nicht zum Schadensersatz verpflichtet (1.) und zum anderen ist die
Geltendmachung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren mit der öffentlich-rechtlich geprägten Dauerbeziehung
zwischen Krankenkasse und Krankenhaus nicht vereinbar (2.).
1. Ein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren scheitert bei unmittelbarer Anwendung des §
280 Abs. 1 BGB schon daran, dass die Beklagte mit ihrer Rückzahlungsforderung ihre Pflichten nicht schuldhaft
verletzt hat.
Ein unberechtigtes Zahlungsverlangen begründet nicht ohne Weiteres Anspruch auf Ersatz der zu seiner
außergerichtlichen Abwehr entstandenen Rechtsanwaltskosten. Einen allgemeinen Kostenerstattungsanspruch gegen
denjenigen, der sich unberechtigt eines Rechts berühmt, gibt es nicht. Mit unberechtigten Ansprüchen konfrontiert zu
werden, gehört zum allgemeinen Lebensrisiko, soweit nicht die Voraussetzungen einer speziellen Haftungsnorm
vorliegen (Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 12.12.2006 - VI ZR 224/05 - NJW 2007, 1458, 1459). Besteht
allerdings zwischen den Beteiligten ein Vertragsverhältnis oder eine sonstige Sonderverbindung stellt die
Geltendmachung einer nicht bestehenden Forderung grundsätzlich eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1
BGB dar. Ein Recht auf Irrtum wird bei bestehenden Schuldverhältnissen nicht anerkannt; gerade bei ihnen ist im
Gegenteil die unberechtigte Geltendmachung von Ansprüchen im Grundsatz pflichtwidrig. Eine Vertragspartei, die von
der anderen Vertragspartei etwas verlangt, das ihr nicht geschuldet ist, verletzt ihre Pflicht zur Rücksichtnahme
(BGH, Urteil vom 16.01.2009 - V ZR 133/08 - NJW 2009, 1262, 1262 f.; Urteil vom 23.01.2008 - VIII ZR 246/06 - NJW
2008, 1147, 1148).
Nach diesen Maßstäben lässt sich nicht feststellen, dass das Rückzahlungsverlangen der Beklagten pflichtwidrig war.
Denn es steht nicht fest und ist aufgrund des im Interesse einer weiteren gedeihlichen Zusammenarbeit erklärten
Verzichts der Beklagten auch nicht weiter geprüft worden, ob der Klägerin für die stationäre Behandlung der
Versicherten eine Vergütung in der Höhe zugestanden hat, wie sie von ihr in Rechnung gestellt worden war. Daran
ändert auch die von der Klägerin gegen die Rückforderung eines Teilbetrages ins Feld geführte Rechtsprechung
nichts. Nach dieser Rechtsprechung sollte die Erforderlichkeit einer stationären Krankenhausbehandlung nicht von
Amts wegen überprüft, sondern als gegeben unterstellt werden, solange die Krankenkasse gegen die diesbezügliche
Beurteilung des Krankenhausarztes keine substantiierten Einwendungen erhebt (BSG, Urteil vom 13.12.2001 - B 3 KR
11/01 R - BSGE 89, 104, 108 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 2; Urteil vom 28.05.2003 - B 3 KR 10/02 R - SozR 4-2500 §
109 Nr. 1 Rn. 12 und 15; Urteil vom 07.07.2005 - B 3 KR 40/04 R - GesR 2005, 558, 560), was im Ergebnis dazu
führt, dass die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit zugunsten des Krankenhauses vermutet wird. Diese
Rechtsprechung ist durch den Beschluss des Großen Senats des BSG vom 25.09.2007 (GS 1/06 - BSGE 99, 111 =
SozR 4-2500 § 39 Nr. 10, jeweils Rn. 27 ff.) überholt, nach dem die Frage, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung
notwendig ist, außergerichtlich die Krankenkasse und im Streitfall das Gericht uneingeschränkt zu überprüfen hat,
ohne dass dem Krankenhausarzt ein Beurteilungsspielraum oder eine Einschätzungsprärogative zukommt. Dabei trägt
das Krankenhaus die Beweislast für die Erforderlichkeit einer stationären Krankenhausbehandlung; sie verbleibt auch
bei ihm, wenn die Krankenkasse eine Krankenhausbehandlung bei – wie hier – vertraglich vereinbarter umgehender
Zahlungspflicht nach Rechnungseingang unter dem Vorbehalt medizinischer Überprüfung bezahlt hat (BSG, Urteil vom
30.06.2009 - B 1 KR 24/08 R - BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 17, jeweils Rn. 34 ff.).
Aber selbst wenn sich feststellen ließe, dass das Rückzahlungsverlangen der Beklagten unberechtigt war, hätte sie
der Klägerin die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht zu erstatten, da sie nicht fahrlässig gehandelt und die
Verletzung ihrer Pflichten nach § 276 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB nicht zu vertreten hat. Denn fahrlässig handelt ein
Gläubiger nicht schon dann, wenn er nicht erkennt, dass seine Forderung in der Sache nicht berechtigt ist. Vielmehr
entspricht der Gläubiger der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) bereits dann, wenn er prüft, ob der
eigene Rechtsstandpunkt plausibel ist (BGH, Urteil vom 16.01.2009 - V ZR 133/08 - NJW 2009, 1262, 1264). Der
demnach gebotenen Plausibilitätskontrolle hält das Verhalten der Beklagten stand. Ihr Rückforderungsbegehren war
aufgrund des MDK-Vermerks vom 16.03.2004 plausibel. Nach diesem Vermerk erscheint für die durchgeführte
Hysteroskopie wegen der von der Klägerin angegebenen Nebendiagnosen (essentielle Hypertonie, Adipositas,
Diabetes mellitus, Zustand nach chirurgischen Eingriffen, chronische Bronchitis) ein Behandlungstag ausreichend,
wobei die dem Eingriff vorausgehende Aufklärung auch vorstationär und damit außerhalb der streitigen vollstationären
Behandlung erfolgen könne. Anhaltspunkte dafür, dass diese Auffassung schlechterdings unvertretbar wäre, bestehen
nicht und sind von der Klägerin auch nicht vorgebracht worden, insbesondere nicht mit ihrem Einwand, es habe noch
kein substantiiertes MDK-Gutachten vorgelegen.
Es liegt auch keine andere Pflichtverletzung der Beklagten vor, die einen Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen
Rechtsanwaltsgebühren begründen könnte. Die Beklagte hat nicht – wie das SG meint – bei der Rückforderung der
gezahlten Krankenhausvergütung ihre Aufklärungs- und Hinweispflichten gegenüber der Klägerin grob missachtet.
Dabei kann offenbleiben, worin solche Pflichten ihre Grundlage haben könnten. Dabei dürfte es eher fernliegen, sie –
mit dem SG – im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung aus der Entgeltvereinbarung abzuleiten, und eher
unmittelbar auf den Gedanken von Treu und Glauben zurückzugreifen sein. Derartige Nebenpflichten gehen aber nicht
so weit, dass die Krankenkasse das Krankenhaus vor der Geltendmachung jedes Rückzahlungsbegehrens anzuhören
hätte. In den von Gleichordnung geprägten Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern
können die Rechtsgrundsätze, die für den Erlass von Verwaltungsakten gelten, nicht entsprechend angewandt
werden, nach denen dem Betroffenen vor Eingriff in seine Rechte Gelegenheit zur Stellungnahme zu den
entscheidungserheblichen Tatsachen zu geben ist (§ 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch). Zwischen der
Geltendmachung einer Rückforderung durch Verwaltungsakt und durch schlichtes Verwaltungshandeln besteht ein
grundlegender rechtlicher Unterschied: Während der Verwaltungsakt einen Vollstreckungstitel darstellt, muss nach
einer schlicht-hoheitlichen Rückforderung ein solcher Titel erst noch in einem gerichtlichen Verfahren erstritten
werden. Aus diesem Grunde muss eine Krankenkasse ein Krankenhaus vor der Rückforderung einer gezahlten
Vergütung nicht anhören. Vielmehr genügt es, wenn sie – wie hier – das Krankenhaus zur Rückzahlung unter
Mitteilung über den Grund des Verlangens und unter Setzung einer angemessenen Frist auffordert. Hierfür spricht das
berechtigte Interesse der Krankenkasse, das Krankenhaus mit der Rückzahlung in Verzug zu setzen, um
Zinsansprüche entstehen lassen zu können – denn immerhin gewährt die Krankenkasse, die auf eine unberechtigte
Vergütungsforderung gezahlt hat, dem Krankenhaus wirtschaftlich gesehen einen Kredit. Anders mag es sich
verhalten und eine vorherige Anhörung erforderlich sein, wenn die Krankenkasse für den Fall des fruchtlosen
Verstreichens der Rückzahlungsfrist mit der Aufrechnung gegen andere Vergütungsansprüche droht. Dies war hier
aber nicht der Fall.
Schließlich hat – entgegen der Auffassung der Klägerin – die Beklagte auch nicht dadurch ihre Pflichten verletzt, dass
sie ihr Rückforderungsbegehren ausgesprochen hat, als noch kein substantiiertes MDK-Gutachten vorgelegen hat.
Ganz abgesehen davon, dass an die Substantiierung nicht – wie die Klägerin letztlich meint – dieselben
Anforderungen wie an einen Gegenbeweis gestellt werden können, steht einer derartigen Pflicht entgegen, dass – wie
bereits ausgeführt wurde – nicht die Krankenkasse dem Krankenhaus die fehlende Erforderlichkeit einer stationären
Krankenhausbehandlung nachweisen muss, sondern umgekehrt das Krankenhaus die Beweislast für alle
Voraussetzungen trägt, die seinen Vergütungsanspruch begründen. Vor diesem Hintergrund können der Krankenkasse
auch nicht über Nebenpflichten für ein Rückforderungsverlangen Darlegungen zur
Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit abverlangt werden, zu denen sie vor Übermittlung genauerer Daten durch das
Krankenhaus nicht in der Lage sein kann.
2. Einem Anspruch der Klägerin stehen zudem die höheren Anforderungen entgegen, die an die Erstattung
vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in den öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen Krankenkassen und
zugelassenen Krankenhäusern zu stellen sind.
In einfach gelagerten Abrechnungsfällen ohne rechtlich schwierige Fragestellungen oder ohne wirtschaftlich besonders
hervorgehobene Bedeutung ist es einem Krankenhaus zumutbar, seine Vergütungsansprüche ohne anwaltliche
Unterstützung zu verfolgen und zu verteidigen (BSG, Urteil vom 15.11.2007 - B 3 KR 1/07 R - BSGE 99, 208 = SozR
4-2500 § 69 Nr. 3, jeweils Rn. 24 ff.; Beschluss vom 27.01.2009 - B 1 KR 76/08 B - juris Rn. 6). Denn Krankenkassen
und zugelassene Krankenhäuser stehen in einem auf Dauer angelegten öffentlich-rechtlich geregelten
Leistungsverhältnis, das neben den Hauptleistungspflichten weitere, in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehende
Nebenpflichten begründet und durch zahlreiche untergesetzliche Normen sowie vertragliche Vereinbarungen näher
ausgestaltet wird. Die Rechtsbeziehungen sind darauf ausgelegt, die den Versicherten zur Verfügung zu stellende
Krankenhausbehandlung in möglichst wirtschaftlicher und kostensparender Weise zu erbringen. Das begründet auch
im Hinblick auf die verwaltungsmäßige Abwicklung der Leistungsbeziehungen die Verpflichtung, einen sachlich nicht
gebotenen Aufwand beim Forderungseinzug zu vermeiden.
Ausgehend hiervon war die Bestellung eines Rechtsanwalts zur Abwehr des Rückzahlungsverlangens der Beklagten
nicht erforderlich. Dass die Rückforderung eines Teilbetrages von 334,32 EUR angesichts des Geschäftsumfangs der
Klägerin für sie keine besondere wirtschaftliche Bedeutung hatte, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren
Vertiefung. Das Verlangen der Beklagten hat auch keine Rechtsfragen von besonderer rechtlicher Schwierigkeit
aufgeworfen. Der Schwerpunkt der Fragestellungen lag auf medizinischem und nicht auf rechtlichem Gebiet. Die
Beklagte hat unter Berufung auf eine medizinische Einschätzung des MDK die Höhe der in Rechnung gestellten
Vergütung in Frage gestellt; die von ihr aufgeworfenen Fragen waren ausschließlich medizinischer Natur. Daran ändert
auch das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 07.04.2004 nichts, in dem diese auf die von der
Beklagten aufgeworfenen medizinischen Fragen nicht eingegangen sind, sondern sich auf eine – zwar damals noch
nicht, aber inzwischen – überholte Rechtsprechung berufen haben, wonach diese medizinischen Fragen nicht zu
beantworten seien. Richtigerweise hätten sich rechtliche Fragen aber erst stellen können, wenn die in dem Vermerk
des MDK aufgeworfenen medizinischen Fragen geklärt gewesen wären. Für die Auseinandersetzung auf
medizinischer Ebene hat die Klägerin der Hinzuziehung eines anwaltlichen Beistandes nicht bedurft. Vielmehr hätte
sie die aufgeworfenen medizinischen Fragen durch ihre eigenen Ärzte ohne Weiteres beantworten können.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 154 Abs. 1
Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 47 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 3, § 43 Abs. 1
Gerichtskostengesetz.
Rechtsmittelbelehrung und Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe
I. Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision nur zu, wenn sie nachträglich vom Bundessozialgericht
zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht mit der
Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist von einem beim Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines
Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich beim Bundessozialgericht Hausanschrift: Graf-Bernadotte-Platz 5,
34119 Kassel, Postanschrift: 34114 Kassel einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss bis zum Ablauf der Monatsfrist
beim Bundessozialgericht eingegangen sein.
Als Prozessbevollmächtigte sind zugelassen
1. Rechtsanwälte, 2. Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit
Befähigung zum Richteramt, 3. selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer
Zwecksetzung für ihre Mitglieder, 4. berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, 5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder
oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, 6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und
Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen
wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises
die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder, 7. juristische Personen, deren Anteile
sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nrn. 3 bis 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die
juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder
oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend
deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Die Organisationen zu Nrn. 3 bis 7 müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.
Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer
öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich
durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt
anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer
öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Nrn. 1
bis 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils von einem zugelassenen
Prozessbevollmächtigten schriftlich zu begründen.
In der Begründung muss
die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundessozialgerichts, des
Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das
Urteil abweicht, oder ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, bezeichnet
werden. Als Verfahrensmangel kann eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs.1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes
(SGG) nicht und eine Verletzung des § 103 SGG nur gerügt werden, soweit das Landessozialgericht einem
Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Hinweis: Es besteht beim Bundessozialgericht Zugang für elektronisch signierte und verschlüsselte elektronische
Dokumente; nähere Hinweise finden Sie auf der Internetseite des Bundessozialgerichts und auf der Internetseite
www.egvp.de.
Die Einlegung der Beschwerde per E-Mail ist daher unzulässig. Es wird darauf hingewiesen, dass durch die
Nichtbeachtung der gebotenen Form die gesetzliche Frist nicht gewahrt wird und das Rechtsmittel innerhalb der Frist
in der vorgeschriebenen Form einzulegen ist.
II. Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe
Für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter, der nicht schon durch einen unter I
Nrn. 2 bis 7) genannten Bevollmächtigten vertreten ist, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines
Rechtsanwalts beantragen.
Der Antrag kann von dem Beteiligten persönlich gestellt werden; er ist beim Bundessozialgericht entweder schriftlich
einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.
Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
(Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen; hierzu ist
der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck kann von allen Gerichten und
ggf. durch den Schreibwarenhandel bezogen werden.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse - ggf. nebst entsprechenden Belegen - müssen bis zum Ablauf der Frist für die Einlegung der
Beschwerde (ein Monat nach Zustellung des Urteils) beim Bundessozialgericht eingegangen sein.
Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt benannt werden.
Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu
wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht
ausgewählt.