Urteil des LSG Sachsen vom 25.10.2010

LSG Fss: nebenkosten, betriebskosten, mietvertrag, fernsehen, heizung, link, informationsfreiheit, vermieter, unterhaltung, unterkunftskosten

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 25.10.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Chemnitz S 33 AS 700/07
Sächsisches Landessozialgericht L 7 AS 346/09
I. Die Berufung der Kläger gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Chemnitz vom 7. Mai 2009, 20. Mai 2009,
25. Mai 2009 und 24. Juli 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger begehren die Berücksichtigung der Kosten der Nutzung der Gemeinschaftsantenne/Antennenkabelnetz in
Höhe von 30,60 EUR jährlich, nachdem sie ursprünglich auch noch höhere Regelleistungen nach dem Zweiten Buch
Sozialgesetzbuch (SGB II) begehrt hatten.
Die Kläger beziehen seit dem 01.02.2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Sie bewohnen eine
Mietwohnung der A Wohnungsbaugenossenschaft mit 57,10 qm Wohnfläche, für die eine monatliche Nutzungsgebühr
(Kaltmiete) in Höhe von 310,42 EUR, Abfallgebühren in Höhe von monatlich 11,37 EUR sowie Heizkosten in Höhe von
45,50 EUR monatlich zu entrichten sind. Diese wurden abzüglich einer Warmwasserpauschale ungekürzt bei der
Bedarfsberechnung angesetzt. In der Benutzerordnung zum Nutzungsvertrag ist unter Nr. 21 geregelt: "Die Wohnung
ist an das örtliche Antennenkabelnetz angeschlossen. Die Installation zusätzlicher Antennen (auch Parabolantennen)
wird daher nicht gestattet." Die Klägerin zu 2) ist Mitglied der Kabelgesellschaft A /Neubaugebiet und zahlt für die
Nutzung des Kabelnetzes eine jährliche Gebühr von 30,60 EUR.
Mit Bescheid vom 24.08.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 01.02.2007 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 09.02.2007 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Bewilligungszeitraum vom 01.09.2006 bis 28.02.2007 ohne
Berücksichtigung der Kabelgebühr. Die dagegen erhobene Klage vom 26.02.2007 hat das Sozialgericht Chemnitz
(SG) mit Gerichtsbescheid vom 07.05.2009 abgewiesen (S 33 AS 700/07). Gegen diesen ihnen am 15.05.2009
zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 11.06.2009 Berufung eingelegt (L 7 AS 346/09).
Mit Bescheid vom 01.02.2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 02.06.2007 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 19.10.2007 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Bewilligungszeitraum vom 01.03.2007 bis 31.08.2007 ohne
Berücksichtigung der Kabelgebühr. Die dagegen erhobene Klage vom 30.10.2007 hat das SG mit Gerichtsbescheid
vom 20.05.2009 abgewiesen (S 33 AS 4227/07). Gegen diesen ihnen am 26.05.2009 zugestellten Gerichtsbescheid
haben die Kläger am 16.06.2009 Berufung eingelegt (L 7 AS 362/09).
Mit Bescheid vom 21.08.2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.10.2007 und 20.11.2007 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2008 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Bewilligungszeitraum vom 01.09.2007 bis 29.02.2008 ohne
Berücksichtigung der Kabelgebühr. Die dagegen erhobene Klage vom 18.02.2008 hat das SG mit Gerichtsbescheid
vom 25.05.2009 abgewiesen (S 33 AS 1037/08). Gegen diesen ihnen am 28.05.2009 zugestellten Gerichtsbescheid
haben die Kläger am 16.06.2009 Berufung eingelegt (L 7 AS 363/09).
Mit Bescheid vom 16.02.2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.03.2009 und 13.07.2009 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2009 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Bewilligungszeitraum vom 01.03.2009 bis 31.08.2009 ohne
Berücksichtigung der Kabelgebühr. Die dagegen erhobene Klage vom 18.05.2009 hat das SG mit Gerichtsbescheid
vom 24.07.2009 abgewiesen (S 33 AS 2905/09). Gegen diesen ihnen am 30.07.2009 zugestellten Gerichtsbescheid
haben die Kläger am 25.08.2009 Berufung eingelegt (L 7 AS 547/09).
Mit Beschluss vom 09.03.2010 hat das Landessozialgericht die Streitsachen L 7 AS 346/09, L 7 AS 362/09, L 7 AS
363/09 und L 7 AS 547/09 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Aktenzeichen
L 7 AS 346/09 fortgeführt.
Mit den Berufungen machen die Kläger jeweils geltend, die Höhe der Regelleistung sei in verfassungswidriger Weise
zu niedrig festgesetzt worden. Aus ihrer Sicht sei eine Regelleistung in Höhe von 420 EUR, auch bei Paaren
ungekürzt, anzusetzen. Des Weiteren sei die Kabelgebühr zu Unrecht nicht berücksichtigt worden.
Im Termin der mündlichen Verhandlung vom 25.10.2010 haben die Kläger erklärt, das Begehren hinsichtlich der
Regelleistungshöhe nicht mehr weiter zu verfolgen.
Die Kläger beantragen,
die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Chemnitz vom 07.05.2005, 20.05.2009, 25.05.2009 und 24.07.2009
aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Verwaltungsentscheidungen zu verurteilen,
jährlich 30,60 EUR für die Nutzung des Kabelanschlusses im Zeitraum 01.09.2006 bis 28.02.2008 und 01.03.2009 bis
30.08.2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für rechtens.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die
Leistungsakten der Beklagten, die dem Senat vorliegen, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die verbundenen Berufungen sind jeweils statthaft und zulässig.
Die mit Beschluss des Senats vom 09.03.2010 verbundenen Berufungen sind in Bezug auf ihre Statthaftigkeit und
Zulässigkeit getrennt zu betrachten, die Werte der Beschwerdewerte sind daher nicht zusammenzurechnen. Dies wäre
nur der Fall, wenn bereits das SG die Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung verbunden hätte (vgl. BSG, Urteil
vom 24.01.1974, 6 RKa 2/73 RdNr 13ff.). Deshalb ergeben sich auch keine Zeiträume, die länger als ein Jahr im
Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG sind, es verbleibt bei den jeweiligen sechsmonatigen Bewilligungszeiträumen der
angefochtenen Bescheide gemäß § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II.
Bei der Beurteilung der Statthaftigkeit und Zulässigkeit ist auf die jeweiligen gegen die jeweiligen Gerichtsbescheide
eingelegten Berufungen abzustellen. Diese sind sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt worden. Sie sind auch
statthaft gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes jeweils 750,00 EUR
übersteigt. Zwar haben die Kläger hinsichtlich der begehrten höheren Regelleistung keinen bezifferten Antrag gestellt,
so dass nicht unmittelbar festgestellt werden konnte, ob der Beschwerdewert von 750,00 EUR erreicht ist. Die Kläger
haben aber auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung angegeben, sie begehrten eine Regelleistung von 420,00
EUR pro Person, der Abschlag auf 90 vom Hundert, den § 20 Abs. 3 SGB II für Partner einer Bedarfsgemeinschaft
vorsehe, werde ebenfalls beanstandet. Ausgehend von dem jeweils sechsmonatigen Bewilligungszeitraum gemäß §
41 Abs. 1 Satz 4 SGB II und der Tatsache, dass es sich um zwei Kläger handelt sowie unter Berücksichtigung des
weiteren Streitgegenstandes "Kabelgebühr" ist der Beschwerdewert von 750,00 EUR jeweils erreicht, weil die Kläger
ausdrücklich eine Regelleistung begehren, die um (420,00 EUR – 331,00 EUR = ) 89,00 EUR monatlich pro Person
höher liegt als die in § 20 Abs. 2, Abs. 3 SGB II normierte Regelleistung ( 2x6x 89,00 EUR = 1.068,00 EUR). Die
Antwort der Kläger auf die Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung erscheint auch nicht willkürlich aus
der Luft gegriffen, nur zur Erreichung der Berufungssumme missbräuchlich gewählt oder sonst nicht nachvollziehbar
(Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage § 144 RdNr. 14a, 15a). Dass der Beschwerdewert durch
die Beschränkung der Berufung auf die Kabelgebühren später abgesunken ist, macht die Berufung grundsätzlich nicht
unzulässig. Maßgeblicher Zeitpunkt ist die Einlegung der Berufung (Leitherer, a.a.O. § 144 RdNr. 19).
Die Berufungen sind jedoch nicht begründet.
Die Kläger sind leistungsberechtigt nach dem SGB II und haben Anspruch auf Übernahme der Aufwendungen für
Unterkunft und Heizung durch die Beklagte. Sie sind Berechtigte im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB II. Sie sind
insbesondere erwerbsfähig (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 SGB II) und hilfebedürftig (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II
i.V.m. §§ 9 ff SGB II). Für den Bedarf sind neben dem in § 20 SGB II festgelegten und durch die Regelleistung
abgedeckten Bedarf ferner die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 SGB II
maßgeblich. Nach dessen Satz 1 werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen
Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Hinsichtlich der Angemessenheit der Wohnung an sich
besteht für den hier zu beurteilenden Zeitraum kein Streit zwischen den Beteiligten und auch der Senat hat keine
durchgreifenden Bedenken. Die Höhe der von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden bewilligten Leistungen
nach § 22 SGB II ist rechtmäßig. Die Beklagte hat die Höhe der Leistungen für Unterkunft in den angefochtenen
Bescheiden zutreffend bestimmt. Die von ihr zu Grunde gelegten Beträge für Kaltmiete und Nebenkosten sind nicht
zu beanstanden.
Die Kläger haben jedoch keinen Anspruch auf Übernahme weiterer Nebenkosten im Rahmen des § 22 Abs 1 SGB II.
Die Beklagte ist im konkreten Fall insbesondere nicht verpflichtet, die Aufwendungen, die durch die Zahlung von
Nutzungsgebühren für die Gemeinschaftsantennenanlage entstehen, als Leistungen für Unterkunft zu erstatten.
Zur Übernahme der monatlichen Grundgebühr als Nebenkosten im Rahmen eines Mietverhältnisses hat das BSG im
Urteil vom 19.02.2009 (B 4 AS 48/08 R, Rdnr. 16-19) ausgeführt: "Zu den tatsächlichen Aufwendungen iS des § 22
Abs 1 Satz 1 SGB II gehören auch die Nebenkosten, jedoch grundsätzlich nur soweit es sich um die ihrer Art nach in
§ 2 BetrKV aufgeführten Betriebskosten handelt ( vgl Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Leitfaden - Kosten der Unterkunft
nach § 22 SGB II, S 31 f; eine Ausnahme gilt für Warmwasserbereitungskosten (siehe dazu BSG vom 27.2.2008 - B
14/11b AS 15/07 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 5) ). § 556 Abs 1 BGB iVm § 2 BetrKV (vom 25.11.2003) legen
abschließend fest, welche Nebenkosten aus dem Mietobjekt vom Vermieter auf den Mieter umgelegt werden dürfen.
Aus § 556 Abs 1 BGB folgt ferner, dass eine Vereinbarung der Umlage von Kosten, die nicht als Betriebskosten unter
§ 2 BetrKV fallen, unwirksam ist (vgl nur Weidenkaff in Palandt, BGB, 67. Aufl, 2008, § 556 RdNr 3 mwN). Hieraus
folgt, dass sie grundsätzlich auch nicht auf den Grundsicherungsträger in Gestalt der Erbringung durch die
steuerfinanzierten SGB II-Leistungen überwälzt werden dürfen. Die Beschränkung der grundsätzlich
erstattungsfähigen Nebenkosten auf die in § 2 BetrKV genannten Posten ermöglicht es zudem, von einer Überprüfung
der Rechtmäßigkeit eines jeden Mietvertrags abzusehen. Dieses entspricht auch den Anforderungen einer
Massenverwaltung. Die Aufwendungen für einen Breitbandkabelanschluss unterfallen § 2 BetrKV. Sie erfüllen damit
die oben aufgezeigte Grundvoraussetzung, um als Kosten der Unterkunft nach dem SGB II bewertet zu werden. Nach
§ 2 Nr 15 Buchst b BetrKV handelt es sich bei den durch den Kabelanschluss und die Kabelnutzung entstehenden
Kosten um Betriebskosten iS des § 1 BetrKV, gleichgestellt dem Betrieb der Gemeinschafts-Antennenanlage (§ 2 Nr
15 Buchst a BetrKV). Nach § 2 Nr 15 Buchst b BetrKV sind Betriebskosten auch solche, die mit dem Betrieb der mit
einem Breitbandkabelnetz verbundenen privaten Verteilanlage zusammenhängen, entsprechend § 2 Nr 15 Buchst a
BetrKV (Fernsehgemeinschaftsantenne), ferner die laufenden monatlichen Grundgebühren für
Breitbandkabelanschlüsse.
Die Kosten für Kabelanschluss und -nutzung sind auch nicht deswegen von den Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1
SGB II auszunehmen, weil sie der Informationsbeschaffung, Bildung sowie Unterhaltung dienen und es dem
Einzelnen ermöglichen, seine Umwelt zu erfahren sowie am kulturellen Leben teilzuhaben (vgl zum Schwarz-Weiß-
Fernsehgerät BVerwG, Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 34/91, BVerwGE 95, 145; zum gebrauchten Fernsehgerät vom
18.12.1997 - 5 C 7/95, BVerwGE 106, 99). Zwar sind derartige Bedürfnisse des täglichen Lebens regelmäßig von der
Regelleistung abgedeckt (BVerwG, Urteil vom 28.11.2001 - 5 C 9/01, BVerwGE 115, 256; vgl hierzu auch Lang/Link
ind Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 23, die die Kosten für eine Satellitenschüssel dem Regelbedarf
zuordnen; grundsätzlich zweifelnd, ob § 22 SGB II als Anspruchsgrundlage für die Übernahme von
Kabelanschlussgebühren in Betracht kommt: Piepenstock in Juris-PK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 22 RdNr 34). Dies gilt
aber zumindest dann nicht, wenn Fernsehen und Radiohören von einer technischen, fest mit den Mietsachen
verbundenen Vorrichtung abhängig sind und die Aufwendungen hierfür mietvertraglich begründet werden. In diesem
Fall müssen sie - im Gegensatz zu Aufwendungen durch die GEZ und Stromkosten - vom Grundsicherungsträger als
Bestandteil der Kosten der Unterkunft vom Grundsicherungsträger übernommen werden (s auch BVerwG, Urteil vom
28.11.2001 - 5 C 9/01, BVerwGE 115, 256). Verlagerte man die Kosten eines derartigen Fernseh- und Radiozugangs
in die Regelleistung, müsste auch derjenige, der zwar mietvertraglich verpflichtet ist, die Aufwendungen für einen
Breitbandkabelanschluss zu tragen, diese Form der Informationsbeschaffung jedoch nicht nutzen will, die
Aufwendungen hierfür aus der Pauschale nach § 20 Abs 1 SGB II bestreiten (vgl hierzu BVerwG, Urteil vom
28.11.2001 - 5 C 9/01, BVerwGE 115, 256). Anders als der Kauf einer Tageszeitung wohnt der Finanzierung eines
derartigen mietvertraglich unausweichlichem Fernseh- und Radiozugangs als einer Möglichkeit der
Informationsbeschaffung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nicht das Element der Freiwilligkeit inne. Müsste
der Hilfebedürftige, der aus der mietvertraglichen Verpflichtung keinen Nutzen zieht, die Aufwendungen hierfür aus der
Regelleistung bestreiten, wäre er in seinem Recht auf freie Information iS des Art 5 Abs 1 Satz 1 GG beeinträchtigt.
Ihm fehlten die für den Fernseh- und Radiozugang aufgewendeten Mittel, um eine andere Form der
Informationsbeschaffung zu finanzieren. Aber auch umgekehrt, also für den Nutzer der Möglichkeiten des mit der
Wohnung verbundenen Fernsehzugangs, gilt es seinem Recht auf die verfassungsrechtlich garantierte
Informationsfreiheit (vgl hierzu BVerfG, Beschluss vom 9.2.1994 - 1 BvR 1687/92, BVerfGE 90, 27) Rechnung zu
tragen. Fernsehen und Radiohören gehören heute zu den in allen Gesellschaftsschichten standardmäßig genutzten
Informationsquellen. Rund 36 Mio Haushalte haben zu Hause Fernsehen, was einer Ausstattung von 95 % der
Gesamtbevölkerung Deutschlands entspricht (vgl Information des Statistischen Bundesamtes, Institut für Forschung
und Entwicklung in der Bundesstatistik, Pötzsch, Korth, Schnorr-Bäcker, Informationstechnologie in Haushalten -
Ergebnisse einer Pilotstudie für das Jahr 2002, Wiesbaden 2003). Die Einrichtung eines Zugangs hierzu ist üblicher
Wohnstandard, dem sich der Mieter in den seltensten Fällen entziehen kann und auf deren konkrete Kostenhöhe er
auch keinen Einfluss hat. Sein Recht auf Informationsfreiheit drohte beeinträchtigt zu werden, wenn die Kosten für
diese Art der Informationsbeschaffung zwar durch das Anmieten der Wohnung zwangsläufig entstünden, sie jedoch
vom Grundsicherungsträger nicht als Unterkunftskosten übernommen würden.
Daraus folgt aber zugleich, dass tatsächliche Aufwendungen für umlagefähige Betriebskosten - auch die Kosten für
einen Kabelanschluss und die Anschlussnutzungsgebühren - grundsätzlich nur dann erstattungsfähig sind, wenn die
Verpflichtung zur Zahlung durch den Mietvertrag begründet worden ist (BSG, Urteile vom 19.3.2008 - B 11b AS 31/06
R und vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R; s hierzu auch Berlit in LPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 22 RdNr 19; Kalhorn
in Hauck/Noftz, SGB II, Stand VII/07, § 22 RdNr 13; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr
22, 23; Piepenstock in Juris-PK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 22 RdNr 32, 34). Übernimmt der Hilfebedürftige die Kosten
"freiwillig", etwa um einen bestimmten "besseren" Standard zu erhalten, handelt es sich nicht um Kosten der
Unterkunft iS von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Nur die Aufwendungen, die mit der Unterkunft rechtlich und tatsächlich
verknüpft sind, sind auch als Leistungen nach § 22 SGB II zu erbringen (vgl zur Garage als zusätzlichem
Ausstattungsmerkmal BSG, Urteil vom 7.11.2008 - B 7b AS 10/06 R, BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2 RdNr
28; s zum Kabelanschluss auch BVerwG, Urteil vom 28.11.2001 - 5 C 9/01, BVerwGE 115, 256; vgl auch
Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, aaO, S 32 f)."
Überträgt man die Grundsätze dieser Rechtsprechung, der der Senat folgt, auf den konkreten Fall der Kläger, so sind
die geltend gemachten Gebühren für die Gemeinschaftsantenne ihrer Art nach keine erstattungsfähigen Kosten der
Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, weil sie die Kläger nicht kraft Mietvertrags zu tragen haben. Denn
nur für diesen Fall können die Aufwendungen für die Gemeinschaftsantenne unter § 2 Betriebskostenverordnung
(BetrKV) fallen.
Nach Ansicht des Senats führt die freiwillige Entscheidung der Kläger, den vom Mietvertrag unabhängigen Vertrag mit
der Kabelgesellschaft über die Nutzung der Gemeinschaftsantenne abzuschließen und diese zu nutzen, insoweit zum
Ausschluss von Leistungen für die Gemeinschaftsantenne als Kosten der Unterkunft. Denn sie haben damit freiwillig
von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht, wie sie die in der Regelleistung enthaltenen Mittel für
Informationsbeschaffung, Bildung und Unterhaltung einzusetzen wollen. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob
aufgrund des mietvertraglichen Verbots, eigene Außenantennen anzubringen, die Nutzung der Gemeinschaftsantenne
die einzige technische Möglichkeit zum Fernsehempfang ist oder ob etwa Fernsehempfang mittels einer DVBT-
Zimmerantenne möglich wäre, weshalb dies nicht weiter aufzuklären war.
Die Kläger sind in ihrem Recht auf freie Information im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz nicht
beeinträchtigt. Denn Kosten für diese Art der Informationsbeschaffung entstehen ihnen nicht zwangsläufig, sondern
aufgrund ihrer vom Mietvertrag unabhängigen Entscheidung für den Vertrag über die Nutzung der
Gemeinschaftsantenne. Sie haben die Freiheit zu entscheiden, aus welchen allgemein zugänglichen Quellen sie sich
unterrichten wollen und haben diese Freiheit dahingehend gestaltet, den Vertrag über die Nutzung der
Gemeinschaftsantenne zu wählen. Dass Hilfebedürftige, deren Kabelanschluss im Mietvertrag enthalten ist, dadurch
faktisch bessergestellt werden, ändert hieran nichts. Denn auch die kraft Mietvertrags zu tragenden Kabelgebühren
sind vom Grundsicherungsträger im Rahmen der Kosten der Unterkunft nur zu übernehmen, wenn die Kosten der
Unterkunft insgesamt angemessen sind (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 48/08 R; BVerwG, Urteil vom
28.11.2001 - 5 C 9/01, RdNr. 14). Diese Situation liegt darin begründet, dass die Kosten der Unterkunft, anders als die
Regelleistung, nicht pauschaliert gewährt werden, sondern sich an den tatsächlichen Kosten, begrenzt durch die
Angemessenheit, bemessen.
Da diese Kosten der Gemeinschaftsantenne somit nicht unter die Kosten der Unterkunft zu fassen sind, sondern der
Regelleistung zuzuordnen sind und in dieser enthalten sind, ist eine Anspruchsgrundlage für die Übernahme der
Kosten des (freiwilligen) Vertrags über die Nutzung der Gemeinschaftsantenne nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. In
der zitierten Entscheidung vom 19.02.2009 (B 4 AS 48/09 R, RdNr. 20) hat das Bundessozialgericht ausdrücklich
offen gelassen, ob die Kosten eines Kabelanschlusses, der aufgrund eines freiwilligen Entschlusses des Mieters
tatsächlich genutzt wird, auch dann von Leistungen für Kosten der Unterkunft ausgeschlossen sind, wenn der
vorhandene Kabelanschluss der einzige technische Zugang zum Fernsehen ist und der Vermieter jeden anderen
Anschluss untersagt (Übernahme als Unterkunftskosten nur dann, wenn Kabelanschlussgebühren nicht zur
Disposition des Hilfebedürftigen stehen; (siehe Kahlhorn in Hauck/Noftz, SGB II, Stand VII/07, § 22 RdNr. 13, so
auch Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 22 RdNr. 23). Dies ist eine sich auch für den Fall des
Beitritts zu einer Antennengemeinschaft stellende Rechtsfrage.