Urteil des LSG Sachsen vom 12.12.2001

LSG Fss: ddr, unfallversicherung, versicherungsschutz, unternehmen, organisation, arbeitsunfall, meinung, vertrauensschutz, abgrenzung, berufskrankheit

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 12.12.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 5 U 119/00
Sächsisches Landessozialgericht L 2 U 153/00
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 16.08.2000 wird
zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. III. Die
Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Feststellung und Entschädigung eines wahrscheinlich 1975 erlittenen
Sportunfalles hat.
Der am ... geborene Kläger wandte sich mit Schreiben vom 30.05.1999 an das Gewerbeaufsichtsamt D ... und führte
u. a. aus, er leide seit Ende April 1999 an einer Erkrankung ihm Hüftbereich. Hierbei handele es sich nach bisherigem
ärztlichen Kenntnisstand um die Absprengung einer ehemals verkapselten knöchernen Absplitterung. Ursprünglich sei
die Absplitterung auf einen Unfall zurückzuführen. Soweit er sich erinnere, habe er vor längerer Zeit einen Sportunfall
gehabt, der in der DDR als Unfall bei gesellschaftlicher Tätigkeit anerkannt worden sei. Allerdings besitze er dazu
keine Unterlagen. Ferner leide er an einer beruflich bedingten Erkrankung der Wirbelsäule.
Vom Gewerbeaufsichtsamt wurde das Schreiben vom 30.05.1999 an die Berufgenossenschaft Nahrungsmittel und
Gaststätten weitergeleitet; diese leitete es an die Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft weiter. Diese teilte
der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten am 15.07.1999 mit, sie habe ein Verfahren bezüglich der
Prüfung der Berufskrankheit eingeleitet. Für den Sportunfall sei ihre Zuständigkeit nicht erkennbar; sie gebe daher die
Unterlagen zurück.
Auf eine Anfrage der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten führte der Kläger am 05.09.1999 weiter
aus, der Sportunfall habe sich wahrscheinlich 1975 infolge Schlageinwirkung/Sturz beim Fußballspiel ereignet. Der
den Unfall meldende Sportverein sei die Betriebssportgruppe "Lokomotive C ..." gewesen. Mit Schreiben vom
23.09.1999 wurde daraufhin der Beklagten das Schreiben des Klägers vom 30.05.1999 zur weiteren Bearbeitung
übersandt.
Am 21.11.1999 gab der Kläger auf Anfrage der Beklagten an, der Unfall habe sich bei aktivem Fußballspiel ereignet.
Weitere Fragen bezüglich der Regelmäßigkeit des betriebenen Sportes und im Hinblick auf die Beteiligung des
Arbeitgebers an der Durchführung der sportlichen Betätigung beantwortete er nicht.
Am 08.12.1999 gab der Klage auf weitere Nachfragen der Beklagten auf einem Fragebogen der Beklagten an, der
Sport (Fußball) sei im Rahmen einer Spielgemeinschaft durchgeführt worden. Der Unfall habe sich im aktiven
Spielbetrieb der Betriebssportgruppe "Lokomotive C ..." ereignet. Die weiteren Fragen des Fragebogens, ob der Sport
im damaligen Unternehmen mit gewisser Regelmäßigkeit bzw. wo, an welchen Tagen und zu welcher Uhrzeit er
stattgefunden habe und ob der Teilnehmerkreis auf die Beschäftigten des Unternehmens des Klägers bzw. der
Spielgemeinschaft beschränkt gewesen sei, beantwortete der Kläger jeweils mit "nicht zutreffend".
Am 20.01.2000 erließ die Beklagte einen Bescheid, in dem sie ausführte, dass nach dem Recht der
Reichsversicherungsordnung (RVO) der Unfall, wie er vom Kläger beschrieben worden sei, grundsätzlich nicht zu
entschädigen sei, da das Fußballspiel und -training nicht regelmäßig und zu bloßen Ausgleichszwecken ohne
Wettkampfcharakter unter ausschließlicher Teilnahme der Beschäftigten des Betriebes stattgefunden habe. Unfälle,
die im Beitrittsgebiet stattgefunden hätten und nach dem Recht der DDR hätten entschädigt werden müssen, könnten
entschädigt werden, wenn sie dem zuständigen Unfallversicherungsträger bis zum 31.12.1993 bekannt geworden
seien. Diese Voraussetzung sei vorliegend jedoch nicht erfüllt. Der gegen den Bescheid eingelegte Widerspruch wurde
mit Bescheid vom 06.04.2000, abgesandt am 11.04.2000 zurückgewiesen.
Am 10.05.2000 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Dresden (SG) erhoben und zur Begründung im
Wesentlichen ausgeführt, dass seiner Meinung nach Entschädigungsansprüche, die nach dem Recht der DDR
begründet gewesen seien, weiter Bestand haben müssten. Dem entgegenstehende Bestimmungen verstießen gegen
den Einigungsvertrag, gegen Verfassungsrecht und gegen das Recht der Europäischen Gemeinschaften.
Mit Gerichtsbescheid vom 16.08.2000 hat das SG die Klage unter Hinweis auf § 1150 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RVO
abgewiesen. Es könne offen bleiben, ob der Kläger einen nach DDR-Recht zu entschädigenden Unfall erlitten habe.
Nach dem Recht der RVO könne eine Entschädigung nicht erfolgen, da es sich bei dem Fußballspiel, bei dem der
Kläger nach seinen Angaben den Unfall erlitten habe, nicht um Betriebssport gehandelt habe. Ein Verstoß gegen
höherrangiges Recht, insbesondere gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) liege nicht vor.
Gegen den ihm mit Einschreiben vom 22.09.2000 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 25.10.2000
Berufung eingelegt und hat nochmals ausgeführt, seiner Meinung nach sei die Stichtagsregelung in § 1150 Abs. 2
Satz 2 Nr. 1 RVO rechts- bzw. verfassungswidrig sei. Leistungen, die nach dem Recht der DDR zu gewähren
gewesen seien, müssten auch weiterhin gewährt werden. Auch leide er unter beruflich bedingten
Wirbelsäulenschäden.
Soweit sich seinen Schriftsätzen (vom 22.10.2000, 21.01.2001, 26.03.2001, 22.04.2001, 29.05.2001, 13.07.2001,
30.09.2001 und 05.12.2001) entnehmen lässt, vertritt der Kläger die Auffassung, es sei vor einer Entscheidung der
Standpunkt bzw. die Vorentscheidung des zuständigen/ständigen Schiedsgerichtes gemäß Denkschrift zu den
Einigungsvertragswerken einzuholen. Auch halte er das angerufene Gericht nicht für zuständig. Seiner Meinung nach
müsse "auf Grund nachgewiesener und mehrfacher Verletzungen der Einigungsvertragswerke bzw. dem Untergang
des Völkerrechtssubjekts DDR die Vertragspartei BRD den Internationalen Gerichtshof anrufen" bzw. es könne "auf
Grund der sozialen Situation/der Möglichkeiten des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung
vom 19.06.1968/unterschiedlicher Rechtsgebiete der Gemeinsame Senat der Obersten Gerichtshöfe angerufen
werden". Hinsichtlich der Ausführungen des Klägers im Einzelnen wird auf Bl. 1 ff., 22 ff., 40 ff., 54 ff., 58 ff., 67 ff.,
83 ff. und 94 ff. der Akte des Sächsischen Landessozialgerichtes (LSG) verwiesen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 16.08.2000 und den Bescheid vom 20.01.2000 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 06.04.2000 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem Sportunfall von
1975 um einen zu entschädigenden Arbeitsunfall handelt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat sich insbesondere auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung des SG bezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten
aus beiden Rechtszügen und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das Gericht konnte über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch entscheiden, da es für Streitigkeiten in
Angelegenheiten der gesetzlichen Unfallversicherung (mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der Überwachung der
Maßnahmen zur Prävention durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung) gem. § 51 Abs 1 Nr. 3
Sozialgerichtsgesetz (SGG) zuständig ist. Um eine Streitigkeit aus der gesetzlichen Unfallversicherung handelt es
sich vorliegend, da der Kläger Leistungen wegen eines Arbeitsunfalles begehrt.
Einer Zuständigkeit des erkennenden Gericht steht entgegen der Ansicht des Klägers nicht entgegen, dass der von
ihm geltend gemachte Anspruch auf einem Unfall beruht, der sich im Gebiet und unter der Rechtshoheit der DDR
ereignet haben soll. Das im Beitrittsgebiet nach dem 02.10.1990 als Übergangsrecht im Wesentlichen bis zum
31.12.1991 geltende Recht auf dem Sachgebiet der gesetzlichen Unfallversicherung war zunächst für eine
Übergangszeit im Einigungsvertrag (EinigVtr) geregelt (Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet I Abschnitt III, Anlage II
Kapitel VIII Sachgebiet I Abschnitt III iVm Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III EinigVtr). Die endgültige
Regelung war einem noch zu erlassenden besonderen Bundesgesetz vorbehalten (Art. 30 Abs. 5 EinigVtr), das als
Gesetz zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung vom 25.07.1991 (BGBl I
S 1606 -RÜG-) mit Wirkung im Wesentlichen vom 01.01.1992 die § 1148 ff RVO geschaffen hat (BSGE 80, 119, 120).
Da diese Vorschriften der RVO, die Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten betreffen, die sich vor dem 01.01.1992 im
Beitrittsgebiet ereignet haben, die einzigen sind, auf die der Kläger seinen Anspruch stützen kann, sind die Gerichte
der Sozialgerichtsbarkeit auch zuständig für Arbeitsunfälle mit Anknüpfungspunkt im Beitrittsgebiet. Die Abgabe des
Verfahrens an ein anderes Gericht - es ist nicht ersichtlich, welches das aufgrund welcher Rechtsnorm sein könnte -
war deshalb nicht möglich bzw. erforderlich. Auch die Einholung einer Vorentscheidung eines Schiedsgerichtes für
Ansprüche wie den im vorliegenden Verfahren geltend gemachten sehen die gesetzlichen Vorschriften nicht vor.
Da, wie dargelegt, auf das klägerische Begehren die Vorschriften der §§ 1148 ff. RVO anzuwenden sind, ist
Prüfungsmaßstab auch § 1150 Abs. 2 RVO. Satz 1 dieser Vorschrift bestimmt, dass Unfälle und Krankheiten, die vor
dem 01.01.1992 eingetreten sind und die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht Arbeitsunfälle und
Berufskrankheiten der Sozialversicherung waren, grundsätzlich als Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten im Sinne des
Dritten Buches der RVO gelten. Satz 2 Nr. 1 regelt ergänzend, dass dies für Unfälle und Krankheiten, die einem ab
01.01.1991 für das Beitrittsgebiet zuständigen Träger der Unfallversicherung erst nach dem 31.12.1993 bekannt
werden und die nach dem Dritten Buch nicht zu entschädigen wären, nicht gilt.
Da der Unfall, den der Kläger nach seinen Angaben ca. Mitte der siebziger Jahre erlitten haben mag (Nachweise dafür
fehlen vollständig, die eigene Schilderung ist unbestimmt), der Beklagten erst 1999 bekannt geworden ist, müsste es
sich, damit der Kläger mit seinem Begehren Erfolg haben kann, bei seinem Unfall um einen Unfall sowohl nach dem
Recht der Sozialversicherung der DDR als auch nach dem Recht der RVO handeln.
Der vom Kläger beschriebene Unfall wäre jedoch schon kein Arbeitsunfall i.S.d. Dritten Buches der RVO, so dass
dahinstehen kann, ob der Kläger entsprechend den von ihm gemachten Angaben zum Zeitpunkt des Unfalles unter
Unfallversicherungsschutz nach den Vorschriften der DDR stand. Es handelte sich nach den Angaben des Klägers
um einen sog. Unfall bei organisierter gesellschaftlicher Tätigkeit im Sinne der Verordnung über den erweiterten
Versicherungsschutz vom 11.4.1973 und nicht um einen Arbeitsunfall nach dem Recht der DDR im engeren Sinne.
Sportunfälle dieser Art unterliegen grundsätzlich nicht dem Versicherungsschutz nach dem Recht der RVO, außer es
handelt sich zugleich um einen Unfall im Sinne der für den sog. Betriebssport geltenden Regeln. Jedoch hätte der
Kläger, wie sich aus seinen Angaben im Verwaltungsverfahren ergibt, den streitgegenständlichen Unfall jedenfalls
nicht in Ausübung von Betriebssport in diesem Sinne erlitten.
Schulin (Handbuch des Sozialversicherungsrecht, Bd. 2 Unfallversicherungsrecht, 1. Aufl. 1996, § 30 Rn. 79 bis 83)
hat die Rechtsprechung des BSG hierzu im Wesentlichen wie folgt zusammengefasst:
Unter bestimmten Voraussetzungen steht auch eine Teilnahme am Betriebssport der versicherten Tätigkeit gleich. Bis
auf das Kriterium der unternehmensbezogenen Organisation sind alle Voraussetzungen seit der grundlegenden
Entscheidung des BSG von 1961 (BSGE 16,1) im wesentlichen außer Streit und allgemein anerkannt. Zunächst muss
die Sportart "dem Ausgleich für die körperliche, geistige oder nervliche Belastung durch die Betriebstätigkeit dienen,
nicht dagegen der Teilnahme am allgemeinen sportlichen Wettkampfverkehr oder der Erzielung von
Spitzenleistungen". In Betracht kommen so gut wie alle Sportarten, also nicht nur (meist wenig attraktive)
"Lockerungsübungen und dergleichen", sondern durchaus auch Fußball, Boxen oder Skilaufen. Wesentlicher ist die
andere Voraussetzung, dass die Ausgleichsfunktion nicht zu stark von einem Wettkampfcharakter verdrängt wird.
Aber auch dies ist nur dann der Fall, wenn der Wettkampfcharakter im Vordergrund steht, während nur gelegentlich
durchgeführte Wettkämpfe den Versicherungsschutz nicht ausschließen. Bei Fußball und vergleichbaren Sportarten
handelt es sich überdies bereits ihrer Natur nach um Spiele. Hier stellt daher für das BSG nicht der
Wettkampfcharakter als solcher das entscheidende Abgrenzungskriterium dar, sondern der
unternehmensorganisatorische Bezug. Auch in der sozialrechtlichen Literatur wird die Meinung vertreten, der
allgemeine Wettkampfcharakter stehe dem Versicherungsschutz nicht entgegen (z.B. Gitter, SGb, 1990, 393, 396 f.).
Die zweite Voraussetzung für einen Unfallversicherungsschutz besteht darin, dass die sportliche Betätigung der
Versicherten mit einer gewissen Regelmäßigkeit stattfindet. Dieses Erfordernis folge ohne weiteres aus dem Wesen
des Ausgleichssport, welcher der Tag für Tag wiederkehrenden Belastung durch die Betriebstätigkeit entgegenwirken
solle. Während ein wöchentlicher Turnus als zu streng angesehen wird, hält man monatliche Abstände für die
"äußerste Grenze".
Als dritte Voraussetzung verlangt das BSG "einen dem Ausgleichszweck entsprechenden Zusammenhang mit der
Betriebsarbeit", der "durch einen im Wesentlichen auf Betriebsangehörige beschränkten Teilnehmerkreis sowie durch
die der Betriebsarbeit entsprechende Zeit und Dauer der Übungen begründet" wird. Dabei kommt - vor allem bei
kleineren Unternehmen - auch in Betracht, dass sich mehrere Betriebssportgemeinschaften "zu gemeinsamer
Durchführung einer Ausgleichszwecken dienenden regelmäßigen Betätigung zusammengeschlossen haben". An
diesem Erfordernis - nicht am Wettkampfcharakter - sollen nach der Rechtsprechung des BSG der
Versicherungsschutz bei der Teilnahme an einer Betriebssportveranstaltung scheitern, an der Sportgemeinschaften
auch anderer Unternehmen beteiligt sind und die nicht regelmäßig stattfinden, wie z. B. an Fußball-Pokalspielen.
Unverzichtbar ist schließlich nach Ansicht des BSG, dass der Betriebssport "durch eine unternehmensbezogene
Organisation gekennzeichnet ist". Das Unternehmen muss einen nicht ganz unbedeutenden tatsächlichen Einfluss auf
die betriebssportliche Organisation haben. Ist dies der Fall, steht einem Versicherungsschutz nicht entgegen, wenn
ein betrieblicher Sportklub auf Initiative von Arbeitnehmern und (nur) in Form eines rechtlich selbständigen Vereins
organisiert ist. In der Regel wird dabei der Einfluss über die finanzielle Förderung gewährleistet sein. Dieses
Erfordernis der unternehmensbezogenen Organisation dient "in erster Linie der Abgrenzung gegenüber Vereinen und
sonstigen Einrichtungen, die mit dem Unternehmen nicht in Beziehung stehen", also vor allem allgemeinen
Sportvereinen. Letztlich geht es um die unfallversicherungsrechtliche Abgrenzung gegenüber dem allgemeinen
Lebensrisiko der "allgemeinen" sportlichen Betätigung, die ja fast immer auch einen körperlichen Ausgleichseffekt
gegenüber der Arbeitsbelastung hat. Liegen die genannten Voraussetzungen vor, werden vom
Unfallversicherungsschutz nicht nur die eigentlichen sportlichen Betätigungen, sondern - wie auch in anderen Fällen -
die sachdienlichen Handlungen davor und danach sowie die Wege zu und von den Veranstaltungen geschützt.
Im vorliegenden Falle wären alle diese Voraussetzungen nicht erfüllt: Der Teilnehmerkreis war nicht beschränkt, der
Sport wurde nicht unternehmensbezogen organisiert, ein Ausgleichscharakter lässt sich den Angaben des Klägers
nicht entnehmen und ein regelmäßiges Training wurde nicht behauptet. Auch hätte es sich, soweit ersichtlich, auch
nicht um einen Unfall anlässlich einer einzelnen Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt. Dazu wäre erforderlich, dass
das Turnier von einem wesentlichen Teil der Belegschaft besucht worden wäre (s. zu diesem Erfordernis Leube, in
Kater/Leube, SGB VII, Rn. 95 zu § 2 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung zur RVO).
Eine Anerkennung des Sportunfalles als Arbeitsunfall nach den Vorschriften der RVO wäre somit nicht in Betracht
gekommen, so dass der Sportunfall nicht nach den Vorschriften der RVO hätte entschädigt werden können.
Die durch das RÜG in die RVO eingefügten Regelungen verstoßen nach Ansicht des Senates nicht gegen
höherrangiges Recht; insbesondere ist kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ersichtlich.
Art. 3 Abs. 1 GG ist nur dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe
anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht
bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (st. Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichtes -BVerfG-, vgl. BVerfGE 87, 234, 255). Grundsätzlich ist es Sache des Gesetzgebers,
zu entscheiden, welche Elemente eines Lebenssachverhaltes als maßgebend für eine Gleich- oder
Ungleichbehandlung anzusehen sind. Überprüft werden kann nur, ob der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen
Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (z. B. BVerfGE 83, 395, 401). Die Grenze ist dort zu ziehen, wo
eine ungleiche Behandlung geregelter Sachverhalte unter Berücksichtigung aller Umstände nicht mehr mit einer am
Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise zu vereinbaren ist (BVerfGE 53, 164, 178 f.) bzw. wenn der
Gesetzgeber es versäumt hätte, tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse
zu berücksichtigen, die so bedeutsam wären, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten
Betrachtungsweise beachtet werden müssten (BVerfGE 88, 87, 96).
Vorliegend gibt es für die vom Gesetzgeber gewählte Lösung sachgerechte und nicht zu beanstandende Gründe.
Insbesondere begegnet es keinen Bedenken, dass der Gesetzgeber sich entschieden hat, für Sachverhalte, die nur
nach dem Recht der DDR zu entschädigen gewesen wären, nicht jedoch nach dem nunmehr geltenden Recht,
Vertrauensschutz nur bis zum 31.12.1993 zu gewähren. Eine sachwidrige Ungleichbehandlung gegenüber
Versicherten aus dem Beitrittsgebiet, deren Arbeitsunfälle bzw. Berufskrankheiten vor dem 01.01.1992 eingetreten
und vor dem 01.01.1994 der zuständigen Berufsgenossenschaft bekannt geworden waren, ist nicht gegeben.
Der Gesetzgeber beabsichtigte, alle erforderlichen Maßnahmen einzuleiten, um das Unfallversicherungsrecht der
ehemaligen DDR an das der Bundesrepublik Deutschland anzugleichen (vgl. z. B. Art. 30 Abs. 5 Satz 3 EinigVtr).
Diesem Ziel sollten das RÜG und damit die §§ 1148 ff. RVO durch Übernahme aller vor dem 01.01.1992 eingetretenen
Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten aus der Sozialversicherung des Beitrittsgebietes dienen. Dabei sollten
bestimmte Grundsätze wie Versicherungsfallprinzip, Gleichbehandlung, Vertrauensschutz und
Verwaltungspraktikabilität beachtet werden (vgl. BT-Drucks 12/405 S. III und S. 116). Diesen Anforderungen ist der
Gesetzgeber gerecht geworden. Die genannten Vorschriften führten grundsätzlich zur Übernahme aller bis zum
31.12.1991 eingetretenen Versicherungsfälle (Vertrauensschutz). Die Beschränkung des Vertrauensschutzes durch
Einführung einer Stichtagsregelung mit der Folge, dass nach dem 31.12.1993 dem zuständigen
Unfallversicherungsträger bekannt gewordene Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten nicht zu entschädigen sind, ist
nicht zu beanstanden.
Dem Gesetzgeber ist es durch Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter
Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen. Durch Stichtagsregelungen entstehende Härten im Einzelfall sind bei
generalisierenden Regelungen unvermeidlich und grundsätzlich hinzunehmen (z. B. BVerfGE 13, 12, 29). Die Wahl
des Zeitpunktes im Rahmen einer Stichtagsregelung darf allerdings nicht willkürlich sein, sondern muss sich am
gegebenen Sachverhalt orientieren (vgl. z.B. BVerfGE 87, 1, 43 mwN). Angesichts dessen, dass grundsätzlich bereits
zum 01.01.1992 die RVO im gesamten Bundesgebiet in Kraft trat, konnte der Gesetzgeber den Vertrauensschutz für
vor dem 01.01.1992 eingetretene Versicherungsfälle auf die Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten beschränken, die
der zuständigen Berufsgenossenschaft bis zum 31.12.1993 bekannt geworden waren.
Die weiteren Ausführungen des Klägers in den genannten Schriftsätzen sind ersichtlich nicht entscheidungserheblich,
so dass nicht auf sie eingegangen werden muss.
Soweit der Kläger in seinen Schriftsätzen auch Ausführungen bezüglich des möglichen Vorliegens einer
Berufskrankheit nach der Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung gemacht hat, ist dies nicht
Gegenstand des anhängigen Verfahrens. Vielmehr ist der Verwaltungsakte zu entnehmen, dass eine entsprechende
Prüfung durch die insoweit zuständige Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft erfolgt ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2
SGG) liegen nicht vor.