Urteil des LSG Sachsen vom 18.01.2006

LSG Fss: echte rückwirkung, nachzahlung, versicherungsträger, härtefall, rkg, form, ddr, avg, altersrente, verjährungsfrist

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 18.01.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Chemnitz S 14 KN 108/03
Sächsisches Landessozialgericht L 6 R 307/05 KN
I. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 14.03.2005 wird
zurückgewiesen. II. Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten auch im Berufungs-verfahren zu
erstatten. III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Zuordnung seiner Versicherungszeiten vom 01.01.1991 bis 30.11.1996 zur knappschaftlichen
Rentenversicherung. Der Kläger war im Lehrbergwerk der Technischen Universität Bergakademie F. mindes-tens seit
1984 bis zum Beginn seiner Altersrente am 01.07.2003 beschäftigt. Dieses Lehr-bergwerk ist aufgrund des
Bescheides der Beklagten vom 22.10.1990 seit 01.01.1991 we-gen seiner Versuchsgrubeneigenschaft als
knappschaftlicher Betrieb anerkannt. Zur knappschaftlichen Versicherung tatsächlich angemeldet wurde das
Unternehmen jedoch erst ab 01.01.1999. Nachdem bereits mit Bescheid vom 23.12.1997 der Versicherungsverlauf
des Klägers bis 31.12.1990 vorgemerkt worden war, stellte die Beklagte mit einem weiteren Vormer-kungsbescheid
vom 02.04.2001 den Versicherungsverlauf bis 31.12.1994 fest und teilte dem Kläger dabei mit, dass eine Zuordnung
zur knappschaftlichen Rentenversicherung erst ab 01.01.1999 erfolgen könne und die Versicherungszeiten davor der
Rentenversicherung der Angestellten zuzuordnen seien. Im Verfahren eines anderen Beschäftigten des Lehrbergwerks
hatte allerdings das Sozial-gericht Chemnitz mit Urteil vom 08.07.1999 (Az. S 16 RA 310/96) – bestätigt durch Urteil
des Landessozialgerichts Chemnitz vom 25.04.2001 (Az. L 4 RA 186/99) – entschieden, dass die Beschäftigten des
Lehrbergwerks ab 01.01.1991 der knappschaftlichen Rentenver-sicherung zuzuordnen sind, so dass der Kläger am
30.04.2001 gegen den Vormerkungsbe-scheid vom 02.04.2001 Widerspruch erhob. Mit Bescheid vom 30.08.2002
ordnete daraufhin die Beklagte die Versicherungszeit des Klägers vom 01.12.1996 bis 31.12.1998 der
knappschaftlichen Rentenversicherung zu, weil sie für die Durchführung der Rentenversicherung des Klägers seit
01.01.1991 zustän-dig sei, die beanstandeten und rechtsunwirksam an die Rentenversicherung der Angestell-ten
gezahlten Beiträge somit ihr gutzuschreiben seien und die gezahlten Beiträge daher als Beiträge der
knappschaftlichen Rentenversicherung gelten. Jedoch könne eine Zuordnung zur knappschaftlichen
Rentenversicherung für die Versicherungszeiten vom 01.01.1991 bis zum 30.11.1996 nicht erfolgen, weil das für die
Nachzahlung der Differenzbeiträge des Lehrbergswerks zuständige Landesamt für Finanzen sich für diese Zeit
zulässigerweise auf Verjährung berufe und deshalb für diese Zeit die höheren knappschaftlichen Rentenbeiträ-ge nicht
gezahlt worden seien. Der dagegen am 26.09.2002 erhobene Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, dass
er für die versäumte Zahlung der vollen Beiträge nichts könne, wurde mit Wider-spruchsbescheid vom 19.12.2002
zurückgewiesen. Pflichtbeiträge seien gemäß § 197 Abs. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI)
nur wirksam, wenn sie ge-zahlt werden, solange der Anspruch auf ihre Zahlung noch nicht verjährt sei. Gemäß § 25
Abs. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) sei aber die vierjährige Ver-jährung für die Zahlung der
Beiträge vom 01.01.1991 bis zum 30.11.1996 eingetreten. Bereits während des anhängigen Klageverfahrens erkannte
die Beklagte mit Bescheid vom 23.06.2003 dem Kläger dem Grunde nach einen Anspruch auf Regelaltersrente ab
01.07.2003 zu und bewilligte ab diesem Zeitpunkt einen vorläufigen Rentenvorschuss von monatlich 1.584,55 EUR,
welcher auf Grundlage des im Vormerkungsbescheid vom 02.04.2001 in der Fassung des Bescheides vom
30.08.2002 geregelten Versicherungsver-laufes berechnet wurde, weil bisher nicht alle rentenrechtlichen Zeiten
nachgewiesen oder glaubhaft gemacht seien. Das dagegen mit Widerspruch vom 17.07.2003 eingeleitete Wi-
derspruchsverfahren wurde bei der Beklagten auf Anregung des Klägers ruhend gestellt. Der Kläger hat am
16.01.2003 bei der Beklagten Klage zum Sozialgericht Chemnitz erho-ben und unter Bezugnahme auf seinen
Widerspruch beantragt, den Vormerkungsbescheid vom 02.04.2001 in Gestalt des Bescheides vom 30.08.2002 diese
in der Form des Wider-spruchsbescheides vom 19.12.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom
01.01.1991 bis 30.11.1996 der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen. Es liege nicht an ihm, sondern an
der Beklagten, für die Einziehung der Beiträge vom Arbeit-geber zu sorgen, so dass ihm keinerlei Schuldvorwurf, auch
nicht eine leichte Fahrlässig-keit, zur Last gelegt werden könne und gemäß § 197 Abs. 3 SGB VI ein Härtefall ange-
nommen werden müsse. Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf die angegriffenen Bescheide beantragt, die Klage
abzuweisen und ergänzend ausgeführt, dass der Kläger zwar seit 01.01.1991 knappschaft-lich zu versichern gewesen
sei, sie aber nicht wisse, weshalb dies versäumt wurde. In dem bereits landessozialgerichtlich entschiedenen
Verfahren des anderen Beschäftigten des Lehrbergwerks sei im Gegensatz zum Fall des Klägers der Differenzbeitrag
seit 01.01.1991 nachgezahlt und die Versicherungszeiten entsprechend anerkannt worden. Beim Kläger seien die
Differenzbeiträge trotz Hinweises auf einen möglichen Härtefall gemäß § 197 Abs. 3 SGB VI vom zuständigen
Landesamt für Finanzen unter Berufung auf die Verjährung hingegen nicht gezahlt worden. Ein Härtefall gemäß § 197
Abs. 3 SGB VI liege im Übrigen nicht vor, weil kein Anwartschaftsverlust oder das Verfehlen einer War-tezeit und
auch nicht die erhebliche Minderung der Rentenansprüche drohe. Ihr selbst falle ebenfalls kein Verschulden zur Last,
weil sie mit Bescheid vom 22.10.1990 die Bergaka-demie über die Versicherungspflicht ordnungsgemäß informiert
habe und es keine gesetz-liche Vorschrift gebe, die eine ständige Beitragsüberwachung vom Rentenversicherungs-
träger fordere. Schließlich komme dem Kläger auch die Fiktion des § 201 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nicht zugute, weil für
die gemäß § 201 Abs. 3 SGB VI vom Arbeitgeber nachzu-zahlenden Differenzbeiträge die Verjährung gelte. Das
Sozialgericht hat die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom 14.03.2005 unter Aufhebung des Vormerkungsbescheides
vom 02.04.2001 in Gestalt des Bescheides vom 30.08.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2002
verurteilt, die Zeit vom 01.01.1991 bis 30.11.1996 der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen. Nach der
Beitrags-fiktion des § 201 Abs. 1 Satz 1 SGB VI gelte die Zahlung der Rentenversicherungsbeiträge an den
unzuständigen Rentenversicherungsträger als Zahlung an den zuständigen Träger, wodurch – wie auch bereits in den
Vorgängervorschriften des § 135 des Reichsknapp-schaftsgesetzes (RKG), des § 1421 der
Reichsversicherungsordnung (RVO) und des § 143 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) – sichergestellt
werde, dass sich Beitrags-zahlungen zum falschen Versicherungszweig nicht nachteilig für den Versicherten auswir-
ken. Deshalb dürfe die vom Arbeitgeber des Klägers versäumte Anmeldung zum zuständi-gen Versicherungsträger,
hier zur Beklagten, nicht zu Lasten des Klägers gehen. Die Be-klagte könne die richtige Zuordnung auch nicht unter
Berufung auf die verjährten Bei-tragsnachzahlungsansprüche gegenüber dem Arbeitgeber verweigern. Denn § 201
Abs. 3 SGB VI regele nur die Nachzahlung der Differenzbeiträge durch den Arbeitgeber, wodurch deutlich werde, dass
der Gesetzgeber den Versicherten aus der Problematik der Nachzah-lung und Verrechnung von Beiträgen habe
heraushalten wollen. Die Beitragsfiktion des § 201 Abs. 1 Satz 1 SGB VI gelte deshalb ungeachtet dessen, dass die
Beklagte die ver-jährten Beiträge vom Arbeitgeber nicht mehr liquidieren könne. Entsprechendes gelte für die Zeit vor
Inkrafttreten des § 201 SGB VI gemäß § 135 RKG. Mit ihrer am 12.04.2005 eingelegten Berufung hält die Beklagte
und Berufungsklägerin an ihrer Ansicht fest und führt ergänzend aus, dass es gemäß § 248 Abs. 4 Satz 1 SGB VI für
die Zuordnung der Versicherungszeiten im Beitrittsgebiet auf die tatsächliche Zahlung der Beiträge und nicht auf eine
Beitragsfiktion ankomme. Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts
Chemnitz vom 14.03.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger und Berufungsbeklagte trägt im
Berufungsverfahren nicht vor und beantragt, die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des
Sozialgerichts Chem-nitz vom 14.03.2005 zurückzuweisen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird
im Übrigen auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen,
die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 SGG form- und
fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat zulässigerweise eine kombinierte
Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG erhoben, welche auf die Abänderung des
Vormerkungsbescheides vom 02.04.2001 in der Fassung des Bescheides vom 30.08.2002 in Gestalt des Wider-
spruchsbescheides vom 19.12.2002 sowie auf die Verpflichtung der Beklagten gerichtet ist, seine
Versicherungszeiten vom 01.01.1991 bis 30.11.1996 der knappschaftlichen Ren-tenversicherung zuzuordnen. Diese
Klage ist nicht dadurch unzulässig geworden, dass der Kläger inzwischen die Regelaltersrente beantragt und die
Beklagte hierzu bereits den vor-läufigen Rentenbescheid vom 23.06.2003 erlassen hat. Zwar ersetzt nach der
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ein Rentenbe-scheid, der auf Grundlage eines bereits mittels
Vormerkungsbescheides festgestellten Ver-sicherungsverlaufs ergeht, diesen Vormerkungsbescheid gemäß § 96
SGG vollständig, so dass eine ursprünglich zulässige Klage gegen den Vormerkungsbescheid unzulässig wird und auf
eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) gerichtet gegen den Rentenbescheid und auf
Gewährung einer höheren Rente umzustellen ist (BSG v. 14.05.2003, Az: B 4 RA 26/02 R, SozR 4-2600 § 256b Nr 1;
LSG Berlin v. 26.01.2005, Az: L 6 RA 36/98, zitiert nach JURIS). So liegt der Fall hier jedoch nicht. Denn vorliegend
wurde kein endgültiger Rentenbescheid erlassen, welcher den im Vor-merkungsbescheid gemäß § 149 Abs. 5 Satz 1
SGB VI festgestellten Versicherungsverlauf ersetzt, sondern es wurde mit dem Bescheid vom 23.06.2003 nur ein
Rentenanspruch dem Grunde nach anerkannt und im Hinblick auf das vorliegende Verfahren, welches sich ge-gen den
vorgemerkten Versicherungsverlauf richtet, eine vorläufige Rente bewilligt. Dies geschah unter ausdrücklichem
Hinweis auf die bisher ungeklärten rentenrechtlichen Zeiten, d.h. den streitigen Versicherungsverlauf, so dass der
vorgemerkte Versicherungsverlauf in diesem vorläufigen Rentenbescheid nicht geregelt wurde. Der vorläufige
Rentenbescheid vom 23.06.2003 ist deshalb nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens ge-worden,
weil er die hier streitigen Bescheide entgegen § 96 SGG weder abgeändert noch ersetzt hat. Auch aus der
Möglichkeit, das Verfahren gegen den vorläufigen Rentenbescheid vom 23.06.2003 fortzuführen und auf eine höhere
als die vorläufig gewährte Altersrente zu kla-gen, folgt nicht die Unzulässigkeit der vorliegenden Klage. Zwar könnte
der Kläger im Wege der Klageänderung (§ 99 SGG) die Klage erweitern und auf den vorläufigen Ren-tenbescheid vom
23.06.2003 erstrecken, was er allerdings nicht getan hat. Jedoch müsste dann die Klage auch gegen die im
Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 SGB VI er-lassenen, hier angegriffenen Bescheide aus 2001 und 2002
aufrecht erhalten bleiben, weil andernfalls mit diesen Bescheiden der bisherige Versicherungsverlauf bestandkräftig
fest-gestellt bliebe, was dazu führen würde, dass die fehlgezahlten Beiträge als rechtswirksame Beiträge des
unzuständigen Versicherungsträgers gelten würden und durch die Bestands-kraft der Vormerkungsbescheide vor der
Anwendung des § 201 SGB VI geschützt wären (Finke in: Hauck/Noftz, SGB VI, Stand: 11/05, § 201, Rn. 8 a.E.;
Störmann in: Jahn, SGB, Stand: 12/04, § 201 SGB VI, Rn. 4). Es besteht mithin weiter ein Rechtsschutzbedürfnis für
eine Klage gerichtet auf die Abän-derung des Vormerkungsbescheides vom 02.04.2001 in der Fassung des
Bescheides vom 30.08.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2002 sowie auf die Ver-pflichtung der
Beklagten, die Versicherungszeiten vom 01.01.1991 bis 30.11.1996 der knappschaftlichen Rentenversicherung
zuzuordnen. Ob die Beklagte dieser Verpflichtung im Rahmen eines isolierten Zuordnungsbescheides oder –
richtigerweise – im Rahmen eines endgültigen Rentenbescheides nachkommt, ist hingegen für das vorliegende
Verfah-ren unerheblich und nur eine Frage des Vollzugs der tenorierten Verpflichtung. Die damit zulässige kombinierte
Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG ist auch begründet. Der Vormerkungsbescheid vom
02.04.2001 in der Fassung des Bescheides vom 30.08.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2002
ist rechtswidrig und beschwert deshalb den Kläger (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Kläger hat Anspruch auf Zuordnung
seiner Versicherungszeiten vom 01.01.1991 bis 30.11.1996 zur knappschaftlichen Rentenversicherung. Kein Streit
besteht darüber, dass die Beklagte seit 01.01.1991 der zuständige Rentenversi-cherungsträger für das Lehrbergwerk
und damit den Kläger ist. Dies ergibt sich aus § 137 Nr. 1 i.V.m. § 138 Abs. 2 SGB VI (jeweils in der bis 31.12.2004
geltenden Fassung), wo-bei diese Vorschriften – ebenso wie die übrigen Zuständigkeitsvorschriften des SGB VI (§§
125 bis 145 SGB VI) – gemäß Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 1 Buchst. f) des
Einigungsvertrages (EinigVtr) im Beitrittsgebiet bereits ab 01.01.1991 gal-ten. Insoweit kann auf die den Beteiligten
bekannten Entscheidungen des Sozialgerichts Chemnitz vom 08.07.1999 (Az. S 16 RA 310/96) und des
Landessozialgerichts Chemnitz vom 25.04.2001 (Az. L 4 RA 186/99) Bezug genommen werden, deren Gründen sich
der Senat auch für den Fall des hiesigen Klägers anschließt. Streit besteht demgegenüber hinsichtlich der Frage, ob
angesichts der danach ab 01.01.1991 bestehenden Zuständigkeit der Beklagten die ab diesem Zeitpunkt an den un-
zuständigen Rentenversicherungsträger gezahlten Beiträge als wirksame Beiträge der Be-klagten gelten, weil diese
Beiträge bis einschließlich 30.11.1996 in zu geringer Höhe ent-richtet und die Differenzbeträge auch nicht nachgezahlt
wurden. Diese Frage ist gemäß § 201 SGB VI zu bejahen, wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat. Denn §
201 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bestimmt, dass Beiträge, die an einen nicht zuständigen Träger der Rentenversicherung
gezahlt worden sind, als an den zuständigen Träger der Rentenversicherung gezahlt gelten. Diese Regelung führt
dazu, dass auch die zu niedrigen Beiträge des Klägers als wirksame knappschaftliche Beiträge gelten. Zwar ist § 201
SGB VI erst am 01.01.1992 ohne Übergangsvorschrift in Kraft getreten. Einer Übergangsvorschrift bedurfte es jedoch
nicht (Finke in: Hauck/Noftz, SGB VI, Stand: 11/05, § 201, Rn. 12), weil – soweit wie hier keine besonderen
Übergangsregelun-gen gelten – die Vorschriften des SGB VI gemäß § 300 Abs. 1 SGB VI vom Zeitpunkt ihres
Inkrafttretens an auch auf Sachverhalte (und Ansprüche) anzuwenden sind, die be-reits vorher bestanden haben.
Damit wird zwar keine sog. echte Rückwirkung, d.h. keine Rückbewirkung von Rechtsfol-gen auf am 01.01.1992
bereits abgeschlossene Sachverhalte und Rechtspositionen ermög-licht (st. Rspr. des BSG, u.a.: BSG v. 16.11.2000,
Az: B 4 RA 55/99 R, SozR 3-2600 § 248 Nr. 7). Jedoch ist diese Vorschrift im Sinne einer sog. unechten Rückwirkung
auf am 01.01.1992 noch nicht abgeschlossene Sachverhalte sowohl aus dem Leistungs- als auch aus dem
Beitragsrecht anwendbar, so dass ein in der Vergangenheit liegender beitrags-rechtlicher Sachverhalt einen Anspruch
nach dem SGB VI begründen kann, wenn bei In-krafttreten des neuen Rechts am 01.01.1992 eine wirksame
Beitragsentrichtung für die Vergangenheit noch zulässig ist oder erstmals zulässig wird (BSG v. 15.12.1994, Az: 12
RK 55/93, SozR 3-2600 § 197 Nr. 1). Ist danach am 01.01.1992 eine Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen für
das Jahr 1991 noch möglich gewesen, weil der Sachverhalt insoweit noch nicht abgeschlossen war, gilt dies ebenso
für eine Nachentrichtung der Differenzbeträge von Pflichtbeiträgen gemäß § 201 Abs. 3 SGB VI, weil sich diese
Nachentrichtung nicht von der Nachzahlung freiwil-liger Beiträge unterscheidet. Eine solche Nachentrichtung gemäß §
201 Abs. 3 SGB VI wiederum ist nur dann sinnvoll, wenn auch die Beitragsfiktion des § 201 Abs. 1 Satz 1 SGB VI
insoweit Rückwirkung besitzt, so dass fehlgezahlte Beiträge nach dem alten (bun-desdeutschen) Recht am
01.01.1992 noch keinen abgeschlossenen beitragsrechtlichen Sachverhalt bilden und daher auch rückwirkend von der
Beitragsfiktion des § 201 Abs. 1 Satz 1 SGB VI erfasst werden, soweit die Beitragsdifferenz am 01.01.1992 vom
Arbeitge-ber noch nachgezahlt werden konnte, also am 01.01.1992 noch kein abgeschlossener Sach-verhalt vorlag.
Dies traf am 01.01.1992 jedenfalls für die Beiträge für das Jahr 1991 noch zu, so dass für die Beiträge aus 1991 auch
die Beitragsfiktion des § 201 Abs. 1 Satz 1 SGB VI gilt. Daran ändert nichts, dass – entgegen der Auffassung des
Sozialgerichts – im Falle des Klägers im Jahre 1991 nicht die alten, bundesdeutschen Vorgängervorschriften des §
201 SGB VI anzuwenden waren (§ 1421 RVO, § 135 RKG, § 143 AVG), welche im Beitritts-gebiet gemäß Anlage I
Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt I Nr. 1 ff. EinigVtr nie in Kraft getreten sind, sondern die besonderen Vorschriften
des Beitrittsgebiets nach dem Einigungsvertrag, welche partiell noch DDR-Recht als sekundäres Bundesrecht
enthielten, aber auch primäres Bundesrecht, welches originär nach Maßgabe des Einigungsvertrages mit dem
Wirksamwerden des Beitritts am 03.10.1990 oder später (z.B. ab 01.01.1991) in Kraft gesetzt wurde. Dies führt jedoch
entgegen der von der Beklagten in der mündlichen Berufungsverhand-lung vertretenen Ansicht nicht dazu, dass es –
abweichend von den Vorschriften des Drit-ten Kapitels des SGB VI – gemäß § 248 Abs. 4 Satz 1 SGB VI auf die
tatsächliche Zah-lung von knappschaftlichen Beiträge ankommt, um eine Zuordnung der Beitragszeiten zur
knappschaftlichen Versicherung erreichen zu können. Dabei braucht der Frage nicht nachgegangen zu werden, ob im
Beitrittsgebiet Beitragszei-ten nach Bundesrecht im Sinne von § 248 Abs. 3 und 4 SGB VI bereits mit dem Wirk-
samwerden des Beitritts am 03.10.1990 anzunehmen sind (so Polster in: Kasseler Kom-mentar, Stand: Mai 2003, §
248 SGB VI, Rn. 24) und schon deshalb der Einwand der Be-klagten für das Jahr 1991 keine Rolle spielt, oder ob
Beitragszeiten nach Bundesrecht in diesem Sinne nur Beitragszeiten im Beitrittsgebiet ab Inkrafttreten des § 55 SGB
VI am 01.01.1992 sind (so BSG v. 16.11.2000, Az: B 4 RA 55/99 R, SozR 3-2600 § 248 Nr. 7). Letztere Entscheidung
des BSG erging zu § 248 Abs. 3 SGB VI und hier zur Wirksamkeit tatsächlich gezahlter Beiträge im Zeitraum vom
03.10.1990 bis 31.12.1991 auf ein in die-ser Zeit bezogenes Vorruhestandsgeld. Diese Beiträge wären zwar nach dem
noch partiell als sekundäres Bundesrecht geltenden Gesetz über die Sozialversicherung – SVG – vom 28.06.1990
(GBl. I der DDR, Seiten 486 ff.) nicht zu zahlen gewesen, wurden vom BSG jedoch trotzdem als wirksame Beiträge
und diese Zeiten daher gemäß § 248 Abs. 3 SGB VI als Beitragszeiten angesehen. Demgegenüber trifft der hier
relevante § 248 Abs. 4 Satz 1 SGB VI – auch wenn er sich auf die "Beitragszeiten nach Bundesrecht" in § 248 Abs. 3
SGB VI bezieht – gerade nicht wie § 248 Abs. 3 SGB VI eine Sonderregelung zu § 55 SGB VI, sondern ausdrücklich
nur zum Dritten Kapitel des SGB VI, d.h. zu den §§ 125 ff. SGB VI und damit vor allem zu den hier die Zuständigkeit
der Beklagten begründenden Vorschriften der §§ 137 Nr. 1, 138 Abs. 2 SGB VI (vgl. Polster in: Kasseler Kommentar,
Stand: Mai 2003, § 248 SGB VI, Rn. 64). Die Vorschriften über die Zuständigkeit der einzelnen bundesdeutschen
Rentenversiche-rungsträger (§§ 125 bis 145 SGB VI i.d.F. des Rentenreformgesetzes 1992 – RRG 1992 –) wurden
jedoch – wie bereits beschrieben – nicht erst am 01.01.1992, sondern gemäß Anla-ge I Kapitel VIII Sachgebiet H
Abschnitt III Nr. 1 Buchst f) EinigVtr bereits ab 01.01.1991 in Kraft gesetzt. Es wäre daher widersprüchlich, einerseits
im EinigVtr ab 01.01.1991 dem knappschaftlichen Rentenversicherungsträger gemäß den §§ 137, 138 SGB VI (i.d.F.
des RRG 1992) zum zuständigen Rentenversicherungsträger im Sinne des SGB VI für Knapp-schaftsbetriebe und die
deshalb knappschaftlich zu versichernden Beschäftigten zu machen und andererseits am 01.01.1992 mit Inkrafttreten
des § 248 Abs. 4 Satz 1 SGB VI diese Zuständigkeit rückwirkend für das Jahr 1991 wieder zu entziehen, wenn
tatsächlich noch keine knappschaftlichen Beiträge gezahlt wurden. Bei sachgerechter Auslegung ist deshalb § 248
Abs. 4 Satz 1 SGB VI nur auf Beitragszei-ten im Beitrittsgebiet bis 31.12.1990 anwendbar, während ab Beginn der
Zuständigkeit der einzelnen bundesdeutschen Rentenversicherungsträger im Beitrittsgebiet am 01.01.1991 über § 300
Abs. 1 SGB VI rückwirkend auch die Regelung des § 201 SGB VI über die Fehlzahlung der Beiträge an den
unzuständigen bundesdeutschen Rentenversicherungsträ-ger anzuwenden ist. Denn dafür spricht, dass ab 01.01.1991
überhaupt erstmals Fehlzahlungen zu einem unzu-ständigen bundesdeutschen Rentenversicherungsträger möglich
waren und zwar im Rah-men des ebenfalls ab 01.01.1991 erstmals an die Einzugsstelle (Krankenkasse) zu entrich-
tenden Gesamtsozialversicherungsbeitrags nach den §§ 28a ff. SGB IV (Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt
II Nr. 2 § 1 und Abschnitt III Nr. 1 Buchst. e) EinigVtr). In der Zeit davor – bis 31.12.1990 – wurden die Beiträge
hingegen nur einheitlich zur Ren-tenversicherung der DDR bzw. des Beitrittsgebiets nach dem SVG und zwar an die
zustän-digen Finanzämter zugunsten des Versicherungsträgers geleistet, ohne dass es mehrere
Rentenversicherungsträger gab (§§ 48 bis 50 SVG i.V.m. Anlage II Kapitel VIII Sachge-biet F Abschnitt III Nr. 2
Buchst. e) EinigVtr). Einer Vorschrift wie in § 201 SGB VI be-durfte es daher erst ab 01.01.1991. Dementsprechend
stellt § 248 Abs. 4 Satz 1 SGB VI als Sondervorschrift nur zum Dritten Kapitel des SGB VI auch keine
Sonderregelung zum Vierten Kapitel des SGB VI und damit auch nicht zu § 201 SGB VI auf, weil eine solche
Sonderregelung für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet bis 31.12.1990 überflüssig war. Die Anwendung des § 201 Abs. 1
Satz 1 SGB VI ist entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil sich der Arbeitgeber
des Klägers hinsichtlich der von ihm gemäß § 201 Abs. 3 SGB VI nachzuzahlenden Beiträge zulässigerweise auf die
Verjährung gemäß § 25 SGB IV berufen hat. Es ist zwar zutreffend, dass diese Verjäh-rungsvorschriften im Rahmen
des § 201 Abs. 3 SGB VI anzuwenden sind. Dies entspricht der wohl einhelligen Meinung im Schrifttum (u.a. Peters,
Kasseler Kommentar, Stand: 05/03, § 201 SGB VI, Rn. 6; Störmann in: Jahn, SGB, Stand: 12/04, § 201 SGB VI, Rn.
4) und wird darüber hinaus durch die Motive des Gesetzgebers bestätigt (BT-Drs. 11/4124, Seite 190). Jedoch
beziehen insbesondere die zitierten Motive des Gesetzgebers die Anwendung der Verjährungsvorschriften nur auf den
in § 201 Abs. 3 SGB VI geregelten Nachzahlungsan-spruch der Beklagten gegenüber dem Arbeitgeber und
umgekehrt. Dies entspricht der Sys-tematik des § 201 SGB VI, der in § 201 Abs. 1 Satz 1 SGB VI das Verhältnis des
Versi-cherten zum Rentenversicherungsträger, in § 201 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 SGB VI das Verhältnis der
Rentenversicherungsträger untereinander und in § 201 Abs. 3 SGB VI das Verhältnis des knappschaftlichen
Rentenversicherungsträgers zum Arbeitgeber regelt (vgl. Finke in: Hauck/Noftz, SGB VI, Stand: 11/05, § 201, Rn.
11). Vor diesem Hintergrund ist das Sozialgericht zutreffend davon ausgegangen, dass nach dem Zweck des § 201
SGB VI (sicherzustellen, dass sich Beitragszahlungen zum falschen Versicherungszweig nicht nachteilig für den
Versicherten auswirken) sowie nach der Systematik der Vorschrift der Versicherte aus dem Erstattungs- und
Nachzahlungsverhältnis zwischen Arbeitgeber und knappschaftlichem Rentenversicherungsträger herauszuhalten ist.
Die Tatsache allein, dass sich der Arbeitgeber wegen der Nachzahlung auf Verjährung berufen hat und deshalb die
Differenzbeiträge nicht gezahlt wurden, führt somit nicht dazu, dass die Beitragsfiktion des § 201 Abs. 1 Satz 1 SGB
VI nicht eintritt. Vielmehr gelten die tatsächlich gezahlten – al-lerdings zu niedrigen – Beiträge als an den zuständigen
Rentenversicherungsträger (die Beklagte) wirksam gezahlt. Deshalb greift die Beklagte auch zu Unrecht auf die
Vorschrift des § 197 SGB VI zurück. Diese Vorschrift regelt nicht die Wirksamkeit der Beitragszahlung insgesamt,
sondern nur die Frist, in der die Beiträge wirksam gezahlt werden können (u.a. Peters, Kasseler Kom-mentar, Stand:
05/03, § 197 SGB VI, Rn. 2; KomGRV, Stand: 11/05, § 197 SGB VI, Rn. 2) und stellt dementsprechend auch nur für
den Fall der Fristüberschreitung eine Härte-fallregelung in § 197 Abs. 3 SGB VI bereit. Da die tatsächlich gezahlten,
zu niedrigen Bei-träge jedoch wegen der Fiktion des § 201 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bereits zum Zeitpunkt ihrer Zahlung
als wirksam gezahlt gelten, sind sie auch fristgerecht gezahlt worden, so dass § 197 SGB VI genüge getan wurde. Mit
der Anwendung der Verjährungsvorschriften im Rahmen des § 201 Abs. 3 SGB VI hat dies nichts zu tun, weil zwar
die Verjährungsfrist des § 25 SGB IV und die Frist des § 197 Abs. 1 SGB VI gleich zu berechnen sind, aber
verschiedene Fristen mit jeweils eigenen Wirkungen darstellen. Träfe deshalb die Ansicht der Beklagten zu und wäre
danach nur die Zahlung der vollen – und nicht auch der zu niedrigen Beiträge – nach § 201 Abs. 1 Satz 1 SGB VI als
wirksam zu behandeln, so wären wegen § 197 Abs. 1 SGB VI stets nur die Beiträge der letzten vier Jahre von der
Fiktion des § 201 Abs. 1 Satz 1 SGB VI erfasst. Selbst wenn sich dann der Arbeitgeber nicht auf Verjährung berufen
und auch ältere Bei-träge nachzahlen würde, so dürfte die Beklagte diese Zahlungen (abgesehen von Härtefäl-len
nach § 197 Abs. 3 SGB VI) nicht mehr annehmen, weil § 197 Abs. 1 SGB VI ein An-nahmeverbot nach Fristablauf
postuliert (KomGRV, Stand: 11/05, § 197 SGB VI, Rn. 2) und nicht nur eine Verjährungseinrede. Vor diesem
Hintergrund hätte die Ansicht der Beklagten außerdem zur Folge, dass nur dann, wenn Pflichtbeiträge fehlerhaft
anstatt zum zuständigen knappschaftlichen Renten-versicherungsträger zu einem anderen Träger gezahlt worden
sind, die vierjährige Aus-schlussfrist des § 197 Abs. 1 SGB VI gelten würde, während bei allen anderen Fehlzahlun-
gen die Beitragsfiktion des § 201 Abs. 1 Satz 1 SGB VI zeitlich unbegrenzt rückwirkend (vorbehaltlich des Verbots
der echten Rückwirkung für Zeiträume vor dem 01.01.1992) gelten würde, weil bei allen anderen Fehlzahlungen
niemals zu niedrige Beiträge entrichtet werden können. Eine solche Ungleichbehandlung nur eines Falles der
Fehlzahlung gegen-über den übrigen Fehlzahlungsfällen ist jedoch nach Ansicht des Senats nicht zu rechtferti-gen
und widerspricht der Intention des Gesetzgebers, eine einheitliche Regelung für Fehl-zahlungen an unzuständige
Rentenversicherungsträger zu schaffen. Die Auslegung des § 201 SGB VI durch den Senat dahin, dass die an den
unzuständigen Träger gezahlten, für die Knappschaftsversicherung zu niedrigen Beiträge auch dann dem zuständigen
knappschaftlichen Rentenversicherungsträger als wirksame Pflichtbeiträge zuzuordnen sind, wenn die Differenz zum
vollen Beitrag wegen Verjährung vom Arbeit-geber nicht nachgezahlt wird, ist auch interessengerecht. Denn letztlich
geht es in dem Dreiecksverhältnis zwischen dem eigentlich knappschaftlich pflichtversicherten Beschäftigten, dem
zahlungspflichtigen Arbeitgeber und dem später leistungspflichtigen, knappschaftlichen Rentenversicherungsträger
darum, wer die Kosten zu tragen hat, die durch den Ausfall der verjährten Nachzahlungsansprüche entstehen. Dies ist
bei der Auslegung des Senats der knappschaftliche Rentenversicherungsträger, weil ihm aufgrund der verjährten
Nachzahlungsansprüche gegen den Arbeitgeber zu niedrige Bei-träge zufließen, obwohl ihm die Versicherungszeiten
zugeordnet werden und er dement-sprechend die höhere knappschaftliche Rente zu erbringen hat, deren Höhe im
Übrigen nicht nach der Höhe der gezahlten Beiträge, sondern nach der Höhe des erzielten Verdiens-tes des
Beschäftigten berechnet wird. Dies ist jedoch berechtigte Konsequenz der gegenseitigen Pflichten im genannten Drei-
ecksverhältnis. Denn während der Beschäftigte selbst – auch wenn er knappschaftlich ver-sichert ist – keine höheren
Rentenversicherungsbeiträge zu zahlen hat, als wenn er ander-weitig versichert wäre, es für ihn mithin während des
laufenden Beschäftigungsverhältnis-ses keinen Unterschied macht, bei welchem Träger er rentenversichert ist, obliegt
allein dem knappschaftlichen Arbeitgeber die Zahlung des höheren Beitrags (§ 168 Abs. 3 SGB VI, gültig ebenfalls ab
01.01.1991: Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 1 Buchst g) EinigVtr). Es ist deshalb allein Sache des
Arbeitgebers, die zutreffende Versicherung und Beitragsabführung vorzunehmen, wobei er jedoch bei der Nachzahlung
im Rahmen des § 201 Abs. 3 SGB VI – nach der ausdrücklichen Intention des Gesetzge-bers – durch die
Verjährungsvorschriften zeitlich in einem gewissen Umfang geschützt ist. Demgegenüber liegt es in der
Verantwortung des knappschaftlichen Rentenversicherungs-trägers, seine Zuständigkeit gemäß den §§ 137, 138 SGB
VI gegenüber einem knappschaftlichen Betrieb und damit dem Arbeitgeber mittels eines Bescheides festzustel-len
(Niesel in: Kasseler Kommentar, Stand: 05/03, § 138 SGB VI, Rn. 18). Dies hat die Beklagte mit dem Bescheid vom
22.10.1990 vorliegend auch getan und zusätzlich ange-kündigt, dem Arbeitgeber die Einzelheiten der Durchführung
der Knappschaftsversiche-rung im Monat Dezember 1990 noch bekannt geben zu wollen. Es ist daher nicht nachvoll-
ziehbar, weshalb dies seitens der Beklagten unterblieben ist und erst ab 01.01.1999 eine Anmeldung des
Lehrbergwerks zur Knappschaft erfolgte. Ebenso ist es unzutreffend, wenn die Beklagte behauptet, dass es keine
gesetzliche Vor-schrift gebe, welche eine ständige Beitragsüberwachung durch den Versicherungsträger verlange.
Vielmehr haben die Träger der Rentenversicherung gemäß § 28p Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV bei den
Arbeitgebern zu prüfen, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten, die im Zusammenhang mit dem
Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen. Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB IV
haben sie insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen im Sinne des § 28a SGB IV
mindestens alle vier Jahre zu prüfen, wozu unter anderem die Richtigkeit der Mel-dung über Änderungen in der
Beitragspflicht der versicherungspflichtig Beschäftigten ge-hört (§ 28a Abs. 1 Nr. 5 SGB IV). Bei Einhaltung dieser
vierjährigen Prüffrist und einer ordnungsgemäßen Beitragsüberwachung hat es der Rentenversicherungsträger deshalb
in der Hand, Beitragsfehlzahlungen zum unzuständigen Versicherungsträger rechtzeitig vor Ablauf der vierjährigen
Verjährung zu korrigieren. Zwar gilt diese Pflicht des Rentenversicherungsträgers in dieser Form erst ab 01.01.1996.
Jedoch war der Rentenversicherungsträger auch nach der davor – seit 01.01.1990 – gelten-den Fassung des § 28p
Abs. 1 SGB IV verpflichtet, bei der damals noch durch die Ein-zugsstelle vorzunehmenden Prüfung beim Arbeitgeber
in ausreichendem Maße mitzuwir-ken (§ 28p Abs. 1 Satz 3 SGB IV a.F.). Diese Vorschrift galt im Übrigen zusammen
mit den anderen Vorschriften zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag im Beitrittsgebiet – wie bereits erwähnt – schon
ab 01.01.1991 (Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt II Nr. 2 § 1 und Abschnitt III Nr. 1 Buchst. e) EinigVtr).
Vor diesem Hintergrund ist es deshalb interessengerecht, dem knappschaftlichen Renten-versicherungsträger im
Rahmen des § 201 SGB VI das Risiko aufzuerlegen, dass eine Fehlversicherung mit zu niedrigen Beiträgen erst nach
Ablauf der Verjährungsfrist für den Nachzahlungsanspruch gegenüber dem knappschaftlichen Arbeitgeber bemerkt
wird und die dann zu niedrigen Beiträge wegen der Beitragsfiktion des § 201 Abs. 1 Satz 1 SGB VI trotzdem als
wirksame Beiträge zur knappschaftlichen Rentenversicherung gelten. Soweit schließlich dem Arbeitgeber im Einzelfall
erhebliche Pflichtverstöße bei der An-meldung seines Unternehmens zur knappschaftlichen Rentenversicherung und
den dafür zu entrichtenden Beiträgen zur Last fallen sollten, lässt sich korrigierend prüfen, ob die Ver-jährungseinrede
tatsächlich erhoben werden darf. Insoweit kann z.B. auf § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV oder eine Verwirkung verwiesen
werden. Dies betrifft jedoch nicht das Verhältnis zum knappschaftlich Versicherten und ist daher nur im Rahmen des
§ 201 Abs. 3 SGB VI relevant, nicht aber für die Wirksamkeit der Beitragsfiktion gemäß § 201 Abs. 1 Satz 1 SGB VI.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Die Revision ist gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen
der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, weil bisher zu der hier streitigen Rechtsfrage, ob die an
den unzu-ständigen Rentenversicherungsträger gezahlten Pflichtbeiträge auch dann dem eigentlich zuständigen
knappschaftlichen Rentenversicherungsträger als wirksame Pflichtbeiträge zuzuordnen sind, wenn die Differenz zum
vollen Knappschaftsbeitrag wegen Verjährung vom Arbeitgeber nicht nachgezahlt wird, noch keine Rechtsprechung
existiert und weitere vergleichbare Fälle wie der vorliegende – zumindest im Beitrittsgebiet, insbesondere hin-sichtlich
des hier betroffenen Knappschaftsbetriebes – nicht auszuschließen sind.