Urteil des LSG Saarland vom 13.05.2005

LSG Saarbrücken: firma, gesellschafter, einkünfte, betriebsleiter, rücknahme, mindestbeitrag, behörde, versicherungspflicht, zukunft, gesellschaftsvertrag

LSG Saarbrücken Urteil vom 13.5.2005, L 7 RJ 174/03
Beiträge als wiederkehrende oder laufende Leistungen - Bindung der Behörde an
Teilanerkenntnis - Rentenversicherungsbeiträge eines selbständigen Handwerkers
Leitsätze
Von dem Begriff der "wiederkehrenden oder laufenden Leistungen " i.S.d. § 144 I 2 SGG
werden auch Beiträge erfasst. An ein abgegebenes Teilanerkenntnis bleibt die Behörde
unabhängig von seiner Annahme gebunden. Werden bei der erstmaligen Festsetzung der
Rentenversicherungsbeiträge eines sebstständig tätigen Handwerkers keine Unterlagen
vorgelegt, aufgrund derer eine einkommensentsprechende Beitragsbemessung
vorgenommen werden kann,steht im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X die
Vorschrift des § 165 I 8 SGB VI nicht einer Korrektur des Beitragsbescheides von Anfang an
entgegen.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom
15.01.2003 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens
zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger als selbständig tätiger Handwerker Beiträge
zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe des Regelbeitrages zu entrichten hat.
Der 1967 geborene Kläger ist Meister im Karosserie- und Fahrzeugbauerhandwerk.
Zusammen mit dem Zeugen J.T. wurde er am 30.12.1999 mit Wirkung zum 28.12.1999
als Inhaber eines Karosserie-Fachbetriebes in die Handwerksrolle T. eingetragen. Als
Betriebsleiter wurden der Kraftfahrzeugmechanikermeister H. O. und der Kläger (als
technischer Betriebsleiter) eingetragen. Nach dem der Handwerkskammer T. vorgelegten
Vertrag zur Gründung einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) vom 31.07.1999
betrug der Anteil des Zeugen J.T. am Gesellschaftsvermögen 70%; der Anteil des Klägers
belief sich auf 30%. An den Überschüssen und Verlusten der Gesellschaft sollten die
Gesellschafter im Verhältnis ihrer Vermögensbeteiligung beteiligt sein. Nach einem weiter
vorgelegten Vertrag vom 01.08.1999 waren der Kläger und der Zeuge J.T. zu jeweils 50%
am Gewinn der Gesellschaft beteiligt; einen etwaigen Verlust hatte der Zeuge J.T. zu 100%
zu übernehmen.
Nach Mitteilung der Eintragung durch die LVA Rheinland-Pfalz hörte die Beklagte den Kläger
zu einer beabsichtigten Feststellung der Versicherungspflicht als selbständiger Handwerker
an und teilte ihm sodann mit Bescheid vom 12.04.2000 mit, dass er aufgrund der
Eintragung in die Handwerksrolle der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 8 des 6.
Buches des Sozialgesetzbuchs, Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) unterliege.
Versicherungspflichtige Handwerker zahlten grundsätzlich den Regelbeitrag, der einem
Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße entspreche. Ein vom Regelbeitrag
abweichender Beitrag könne auf Antrag nur gezahlt werden, wenn das Arbeitseinkommen
aus dem Gewerbebetrieb von der Bezugsgröße abweiche.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid
vom 21.07.2000 als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Mit Schreiben vom 08.01.2001 teilte der Kläger mit, dass er bei der Firma J.T. K. kein
Arbeitseinkommen beziehe, sondern Gesellschafter dieser Firma sei, der für die technische
Überwachung zuständig sei. Seines Erachtens liege daher kein
sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vor, sodass keine
Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung gegeben sei. Er bitte daher um
Aufhebung des Beitragsbescheides und Rückerstattung der eingezogenen
Rentenversicherungsbeiträge. Mit ergänzenden Schreiben vom 16.03.2001, 26.04.2001
und 31.05.2001 teilte der Kläger mit, ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag existiere nicht.
Er - der Kläger - sei einzig und allein deswegen Gesellschafter der GbR, weil er über die
notwendige handwerkliche Qualifikation als Betriebsleiter eines Karosserie- und
Fahrzeugbauerbetriebes verfüge. Er übe diese Betriebsleiterfunktion unentgeltlich aus; bei
der J.T. & S. beziehe er weder ein Arbeitseinkommen noch sei er am Gewinn beteiligt.
Seine Einkünfte erziele er als Gesellschafter-Geschäftsführer der Firma B.S. in B. Als
beitragspflichtige Einnahmen könnten daher nur 630 DM pro Monat angesetzt werden. Die
Beteiligung des Klägers am Gewinn der GbR sei ausschließlich aus handwerksrechtlichen
Gründen und auf Drängen von Herrn H. von der Handwerkskammer T. auf einem von
diesem zur Verfügung gestellten Vertragsentwurf vorgenommen worden, weil der Zeuge
J.T. nicht über den Meistertitel im Karosseriebaugewerbe verfüge.
Die Handwerkskammer T. teilte mit Schreiben vom 16.05.2001 mit, dass eine
Betriebsleiterüberprüfung eingeleitet worden sei; aktuelle Unterlagen lägen noch nicht vor.
Mit weiterem Schreiben vom 04.10.2001 teilte die Handwerkskammer mit, im Rahmen
des zwischenzeitlich durchgeführten Amtslöschungsverfahrens hätten die Gesellschafter
des Unternehmens vorgetragen, dass die Gewinn- und Verlustbeteiligung wie folgt geregelt
sei: 70% J.T. und 30% R. S.
Nachdem der Kläger mehrfach mitgeteilt hatte, dass er seinen Antrag auf Überprüfung des
Beitragsbescheides aufrecht erhalte, teilte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 12.10.2001
mit, dass eine Rücknahme/Änderung des Bescheides vom 12.04.2000 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 21.07.2000 nach § 44 des 10. Buches des
Sozialgesetzbuchs, Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) nicht
erfolgen könne und es bei der Erhebung des einkommensunabhängigen Regelbeitrages
verbleibe. Gem. § 165 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 SGB VI erfolge die Beitragserhebung bei
selbständig Tätigen auf der Grundlage eines Arbeitseinkommens in Höhe der Bezugsgröße
(einkommensunabhängiger Regelbeitrag), sofern nicht eine abweichende
Beitragsberechnung beantragt werde. Nach Eintritt der Bestandskraft der o.a. Bescheide
sei der Wechsel der Beitragsart - entsprechend dem in § 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI
geregelten Folgemonatsprinzip - rückwirkend nicht mehr möglich gewesen. Die Erhebung
des einkommensunabhängigen Regelbeitrages sei damit rechtmäßig erfolgt; eine
Rücknahme nach § 44 SGB X sei somit ausgeschlossen. Die an sich für die Zukunft
zulässige Änderung zum einkommensabhängigen Beitrag könne dagegen mangels
Nachweises des tatsächlichen Arbeitseinkommens nicht erfolgen. Da die Feststellungen der
Handwerkskammer den von dem Kläger gemachten Angaben zu seinem
Arbeitseinkommen aus der GbR widersprächen und die bereits mit Schreiben vom
15.08.2001 angekündigte Vorlage des Jahresabschlusses 2000 ebenfalls nicht erfolgt sei,
sei das tatsächliche Arbeitseinkommen nicht nachgewiesen worden. Es verbleibe damit
auch weiterhin bei der Erhebung des einkommensunabhängigen Regelbeitrages.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, wobei er die Bilanz der J J.T. + S."
zum 31.12.2000, die Erklärung zur gesonderten - und einheitlichen - Feststellung von
Grundlagen für die Einkommensbesteuerung und die Eigenheimzulage für das Jahr 2000
und den Einkommensteuerbescheid für 2000 vorlegte.
Der eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.2002 als
unbegründet zurückgewiesen. In den Gründen des Widerspruchsbescheides wurde u.a.
ausgeführt, dass der Kläger weder im Anhörungsverfahren nach Eintragung in die
Handwerksrolle noch im Widerspruchsverfahren nach Erteilung des Bescheides vom
12.04.2000 die Zahlung eines einkommensabhängigen Beitrages beantragt habe. Eine
entsprechende Antragstellung sei erst nach Bestandskraft des Widerspruchsbescheides
vom 21.07.2000 erfolgt, sodass ein Wechsel der Beitragsart - entsprechend dem in § 165
Abs. 1 Satz 8 SGB VI geregelten Folgemonatsprinzip - rückwirkend nicht mehr möglich
gewesen sei. Die Erhebung des einkommensunabhängigen Regelbeitrages sei somit für die
Vergangenheit zu Recht erfolgt. Die an sich für die Zukunft zulässige Änderung zum
einkommensabhängigen Beitrag könne vorliegend mangels Nachweises des tatsächlichen
Arbeitseinkommens nicht erfolgen. Die in der Widerspruchsschrift gemachten Angaben
widersprächen nach wie vor den Gestaltungsvorgaben der Handwerksordnung (HwO).
Dass nunmehr im Widerspruchsverfahren erneut vorgetragen werde, die Gewinnverteilung
erfolge nach wie vor nicht nach den der Handwerkskammer gegenüber gemachten
aktuellen Angaben, sei letztlich der Beleg für den Verstoß gegen das Ordnungsrecht. Die
behaupteten Einkommensverhältnisse, die auch im Einkommensteuerbescheid so nicht
angegeben seien, könnten daher nicht als im Sinne des § 165 Abs. 1 SGB VI nachgewiesen
angesehen werden.
Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 07.02.2002 Klage erhoben. Zur
Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, entscheidend für das vorliegende
Verfahren sei, welche Einkünfte er tatsächlich bezogen habe und nicht, welcher
Gewinnanteil ihm nach den Vorgaben der Handwerkskammer T. hätte zustehen müssen.
Das ordnungsrechtliche Verfahren der Handwerkskammer T., das zwischenzeitlich sogar zu
einer Löschungsverfügung mit sofortiger Vollziehung geführt habe, sei gerade mit der
fehlenden Gewinnbeteiligung des Klägers als Betriebsleiter begründet worden. Die
Löschungsverfügung sei zwar zwischenzeitlich aufgehoben worden, aber in Kenntnis der
Tatsache, dass der Kläger nicht am Gewinn und Verlust beteiligt sei. Die Bestandskraft des
Beitragsbescheides vom 12.04.2000 stehe entgegen der Auffassung der Beklagten einer
Änderung nach § 44 SGB X nicht entgegen. Das Folgemonatsprinzip des § 165 Abs. 1 Satz
8 SGB VI beziehe sich ausschließlich auf die Neufestsetzung der Beiträge für die Zukunft. §
44 Abs. 1 SGB X verpflichte die Beklagte zwingend zur Rücknahme des Beitragsbescheides
mit Wirkung für die Vergangenheit soweit sie von einem unrichtigen Sachverhalt
ausgegangen sei. Dies sei hier der Fall, da der Kläger nachweislich keine Einkünfte außer
der Haftungsvergütung bezogen habe.
Mit Schriftsatz vom 07.01.2003 hat die Beklagte mitgeteilt, dass sie sich nach
Überprüfung der Sach- und Rechtslage bereit erklären könne, ausgehend vom Antrag auf
einkommensabhängige Beitragszahlung vom 02.08.2001 und der Mitteilung der
Handwerkskammer T. vom 04.10.2001 über die tatsächlichen Verhältnisse hinsichtlich der
Gewinn- und Verlustbeteiligung innerhalb der Gesellschaft ab dem Folgemonat, d. h. dem
01.11.2001, den einkommensabhängigen Beitrag festzusetzen. Als
Beitragsbemessungsgrundlage sei zum einen die Haftungsvergütung in Höhe von 500 DM
für das Jahr 2000, nachgewiesen durch den Bescheid des Finanzamtes T. vom
15.01.2002, angesetzt worden, zum anderen könne die prozentuale Verteilung des
Gewinns, wie sie von der Handwerkskammer T. im o. g. Schreiben mitgeteilt worden sei,
nicht unberücksichtigt bleiben, da diese erst Voraussetzung für eine ordnungsgemäße
Eintragung in die Handwerksrolle gewesen sei. Demnach müsste sich der Kläger zu der
Haftungsvergütung noch 30% des für das Jahr 2000 ausgewiesenen Gewinns in Höhe von
12.296 DM als Beitragsbemessungsgrundlage zurechnen lassen. Der Ansatz der
Haftungsvergütung als alleinige Beitragsbemessungsgrundlage sei nicht möglich.
Das Sozialgericht für das Saarland (SG) hat den Zeugen J.T. gehört. Dieser hat u.a.
ausgesagt, dass er der Cousin des Klägers sei. Der Kläger bekomme von der Firma eine
jährliche Haftungsvergütung von 500 DM, seit Einführung des Euro 255 Euro. Sie hätten
diese Haftungsvergütung vereinbart, damit der Kläger eventuelle Unkosten abdecken
könne, zum Beispiel Fahrkosten zu Ihrer Firma in T. und sonstige Besorgungen. Der Kläger
beziehe sonst keinerlei Einkünfte aus dem Geschäftsbetrieb. Sie hätten bisher auch noch
keinen Gewinn gemacht. Die Finanzierung der Firma laufe über einen Finanzierungsauftrag
bei der Bank. Es gebe einen Kreditvertrag und einen hohen Dispokredit. Für den Kredit
hafte er - der Zeuge - persönlich, nicht der Kläger. Der Kläger arbeite in der Firma mit; er
überwache die Tätigkeiten; er habe die Oberaufsicht. Der Kläger sei jeden Tag in T.; ob er
auch dann immer in der Firma da sei, wisse er - der Zeuge - nicht, da er auch nicht immer
selbst dort sei. Er könne nicht sagen, wie lang der Kläger in der Firma pro Woche tätig sei.
Er gehe davon aus, dass der Kläger so drei bis viermal pro Woche anwesend sei. Soweit er
es noch in Erinnerung habe, hätten sie im Gesellschaftsvertrag die Gewinn- und
Verlustbeteiligung in Höhe von 30% zu Lasten des Klägers nur auf Betreiben der
Handwerkskammer T. vereinbart. Sie selbst hätten sich darüber keine Gedanken gemacht.
Er - der Zeuge - bekomme pro Monat etwa 900 Euro von der Firma, um die laufenden
Kosten, wie z. B. Krankenversicherung, Privatvorsorge und Unfallversicherung tragen zu
können. Das entspreche so auch dem Gewinn, der im Einkommensteuerbescheid für das
Jahr 2000 ausgewiesen worden sei. Von diesem Gewinn habe der Kläger außer der
Haftungsvergütung nichts bekommen. Der Kläger habe lediglich seinen Meisterbrief zur
Verfügung stellen sollen; er - der Zeuge - selbst habe dagegen die Firma leiten sollen. Die
Oberaufsicht, die der Kläger habe ausführen sollen, habe lediglich auf dem Papier
gestanden. Der Kläger sei zwar täglich in T. gewesen. Er sei dabei meist wegen seiner
eigenen Firma, die er in M. betreibe, unterwegs gewesen. Wie oft der Kläger in seinem -
des Zeugen - Betrieb gewesen sei, könne er nicht sagen. Im Jahr 2000 habe er einen
zusätzlichen Handwerksmeister in Vollzeit eingestellt gehabt. Er habe ihn jedoch nach etwa
einem Jahr entlassen müssen, da er sich den Mann finanziell nicht habe leisten können. Die
Firma werde rückwirkend zum 31.12.2002 aufgelöst. Er - der Zeuge - habe heute noch
zum Gewerbeamt und zur Handwerkskammer gewollt, um die Löschung zu betreiben.
Wenn er gesagt habe, dass die Löschung der Firma erfolgen solle, habe er damit gemeint,
dass nur der Kläger als Gesellschafter gelöscht werden solle. Er habe bereits einen neuen
Meister gefunden, der von ihm angestellt werde. Er brauche den Kläger als
Konzessionsträger dann nicht mehr.
Das SG hat, entsprechend dem von dem Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung
gestellten Antrag, mit Urteil vom 15.01.2003 die Beklagte unter Aufhebung des
Beitragsbescheides vom 12.04.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
21.07.2000 und des Bescheides vom 12.10.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
und 23.01.2002 verpflichtet, den Rentenversicherungsbeitrag des Klägers entsprechend
dem so genannten Mindestbeitrag gem. § 165 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI ab Beginn der
Versicherungspflicht neu festzusetzen und den Differenzbetrag plus 4% Zinsen hierauf zu
erstatten.
Es hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, dass die
Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X im vorliegenden Fall erfüllt seien. Der
Kläger habe, wie sich aus den nachgereichten Einkommensteuerbescheiden für Jahr 1999
und 2000 in Verbindung mit den Bescheinigungen des Finanzamtes T. ergebe, lediglich eine
so genannte „Haftungsvergütung" erhalten. Die Beklagte habe dementsprechend in dem
Bescheid vom 12.04.2000 zu Unrecht festgestellt, dass der Kläger ab dem Zeitpunkt der
Eintragung in die Handwerksrolle zur Zahlung des Regelbeitrages als selbständiger
Handwerker verpflichtet sei. Entscheidend für die Frage der Versicherungspflicht und auch
für die Art bzw. Höhe des Beitrages seien die tatsächlichen Verhältnisse, die der Kläger
immer wieder der Beklagten mitgeteilt habe, ohne dass dieser Vortrag akzeptiert worden
sei. Dabei ergebe sich aus § 165 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI ausdrücklich, dass das tatsächliche
Arbeitseinkommen bei der Bemessung des Beitrages maßgeblich sei, wenn der selbständig
Tätige ein von der Bezugsgröße abweichendes niedrigeres oder höheres Arbeitseinkommen
nachweise. Dieser Nachweis des von der Bezugsgröße abweichenden Arbeitseinkommens
sei dem Kläger durch Vorlage der Einkommensteuerbescheide in Verbindung mit den
Bescheinigungen des Finanzamts T. vom 31.07.2001 und 15.01.2002 gelungen. § 165
Abs. 1 Satz 3 SGB VI regele insoweit ausdrücklich, dass der Nachweis durch Vorlage des
Einkommensteuerbescheides erbracht werden könne. Aus Satz 7 dieser Vorschrift ergebe
sich zudem, dass statt des Einkommensteuerbescheides auch eine Bescheinigung des
Finanzamts vorgelegt werden könne, die die für den Nachweis des Arbeitseinkommens
erforderlichen Daten des Einkommensteuerbescheides enthalte. Trotz Vorlage
entsprechender Unterlagen durch den Kläger bereits im Verwaltungsverfahren habe die
Beklagte an ihrer Ansicht festgehalten und nach wie vor die Erhebung des
einkommensunabhängigen Regelbeitrages nach § 165 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 SGB VI
begehrt, obwohl sich aus der Verwaltungsakte eindeutige Hinweise darauf ergäben, dass
der Kläger entweder nur den so genannten „Mindestbeitrag" i.S. der genannten
Vorschriften hätte zahlen müssen oder gar eine Versicherungsfreiheit i.S.d. § 5 Abs. 2 Satz
2 SGB VI i.V.m. § 8 des 4. Buches des Sozialgesetzbuchs, Gemeinsame Vorschriften über
die Sozialversicherung (SGB IV) vorgelegen habe. So habe auch der Zeuge J.T. bestätigt,
dass der Kläger lediglich eine so genannte Haftungsvergütung für das Jahr 2000 sowie die
Folgejahre in Höhe von 500 DM erhalten habe. Dies entspreche auch den im Laufe des
Klageverfahrens vorgelegten Einkommensteuerbescheiden i.V.m. den jeweiligen
Bescheinigungen des Finanzamtes T. Der Zeuge J.T. habe auch nachvollziehbar geschildert,
dass sowohl der Gesellschaftsvertrag als auch die im Anschluss daran geregelte Gewinn-
und Verlustverteilung zwischen dem Kläger und dem Zeugen lediglich deswegen erfolgt sei,
weil die Handwerkskammer T. eine Eintragung in die Handwerksrolle daran habe anknüpfen
wollen. Wenn sich der Zeuge im Übrigen auch häufig widersprochen habe, insbesondere
hinsichtlich des Umfangs der Tätigkeit, so habe er jedoch hinsichtlich der tatsächlichen
Einkünfte des Klägers immer wieder die genannten Zahlen bestätigt. Damit stehe zur
Überzeugung des Gerichts fest, dass die Einkünfte des Klägers pro Jahr allenfalls 500 DM
Überzeugung des Gerichts fest, dass die Einkünfte des Klägers pro Jahr allenfalls 500 DM
bzw. 255 Euro betragen hätten und daran, entsprechend der ausdrücklichen gesetzlichen
Regelung in § 165 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, der Rentenbeitrag zu errechnen sei. Dies bedeute
hier, dass der Kläger den so genannten Mindestbeitrag zu entrichten habe. Demgegenüber
habe das Gericht nicht zur Überzeugung gelangen können, dass der Kläger auch in
zeitlicher Hinsicht lediglich geringfügig beschäftigt gewesen sei und damit eine
Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI i.V.m. § 8 SGB IV bestanden
habe. Denn der Kläger selbst habe im Laufe des Klageverfahrens nie eine geringfügige
Beschäftigung, d.h. neben den geringfügigen Einkünften auch eine tatsächliche Arbeitszeit
von weniger als 15 Stunden pro Woche, vorgetragen. Der Zeuge J.T. habe hierzu
widersprüchliche Angaben gemacht. Nachdem er zunächst bekundet habe, dass der Kläger
drei- bis viermal pro Woche in der Firma gewesen sei und auch die Oberaufsicht gehabt
habe, habe er anschließend ausgesagt, dass die Mitarbeit des Klägers lediglich auf dem
Papier gestanden habe. Das Gericht könne insgesamt nicht beurteilen, wann der Zeuge
insoweit die Wahrheit wiedergegeben habe. Dies gehe zu Lasten des Klägers, sodass eine
Versicherungsfreiheit nicht angenommen werden könne. Daraus ergebe sich, dass der
Beitragsbescheid vom 12.04.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
21.07.2000 von Anfang an rechtswidrig gewesen sei und hierdurch eine Belastung des
Klägers durch Erhebung von erhöhten Beiträgen erfolgt sei. Gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB
X sei dieser Bescheid aufzuheben, da er objektiv rechtswidrig sei. Auf ein Verschulden oder
Vertretenmüssen der Behörde komme es dabei nicht an. Sie habe die Leistungen in Form
einer Neubescheidung neu festzustellen. Die Rücknahme des Bescheides habe
entsprechend dem Wortlaut des Gesetzes zum Zeitpunkt des Erlasses des Erstbescheides
zu erfolgen. Die Rücknahme für die Vergangenheit stehe nicht im Ermessen der Behörde.
Im vorliegenden Fall sei auch nicht § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB X anwendbar, da keine
vorsätzlichen unrichtigen oder unvollständigen Angaben seitens des Klägers, z.B. durch
Mitteilung einer unrichtigen Höhe der Vergütung, angegeben worden seien. Vielmehr habe
der Kläger auf das Anhörungsschreiben der Beklagten vom 21.02.2000 überhaupt nicht
reagiert. Dieses Verhalten des Klägers hindere die Rücknahme nach § 44 Abs. 1 Satz 1
SGB X nicht, da sich aus § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB X gerade nicht ergebe, dass eine
Rücknahme generell ausgeschlossen sei, wenn der Versicherte die Fehlerhaftigkeit
möglicherweise zu vertreten habe. Vielmehr könne die Behörde dann nach freiem
Ermessen darüber entscheiden, ob sie den Verwaltungsakt dennoch für die Vergangenheit
zurücknehme wolle. Jedoch erfasse § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB X gerade nicht den Fall des
(vorsätzlichen) Verschweigens, wobei eine andere Beurteilung dann erfolgen könne, wenn
nach einer bestimmten Tatsache gefragt sei und bei einer bestehenden Mitteilungspflicht
bewusst unvollständige Angaben gemacht worden seien. Ein solcher Fall liege hier jedoch
eindeutig nicht vor. Der Kläger habe zunächst gar keine Mitteilung an die Beklagte gemacht
und diese habe ihn auch nicht entsprechend aufgefordert. Vielmehr habe er mit Schriftsatz
vom 16.03.2001 mitgeteilt, dass er kein Einkommen erziele. Dementsprechend gelte im
vorliegenden Fall § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X, sodass der Beitragsbescheid vom 12.04.2000
auch für die Vergangenheit zurückzunehmen sei. Es könne dabei angemerkt werden, dass,
selbst wenn § 44 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 SGB X Anwendung fände, die Beklagte
jedenfalls für die rückwirkende Aufhebung Ermessen auszuüben hätte, was sie nicht getan
habe, weil sie stets von der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes
ausgegangen sei. Der Kläger habe auch einen Anspruch auf Zurückerstattung der zuviel
geleisteten Beiträge, was sich aus § 26 SGB IV ergebe. § 44 Abs. 4 SGB X sei nicht
einschlägig, da diese Vorschrift nur die rückwirkende Leistung von „Sozialleistungen" regele.
Der Rückerstattungsanspruch sei auf der Grundlage des § 27 SGB IV mit 4% zu verzinsen.
Gegen das ihr am 29.01.2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19.02.2003
Berufung eingelegt; der Kläger hat gegen das ihm am 30.01.2003 zugestellte Urteil am
18.03.2003 Anschlussberufung eingelegt, diese dann aber in der mündlichen Verhandlung
am 13.05.2005 zurückgenommen.
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor, dass das SG die
Regelung des § 165 SGB VI verkenne, wonach die Erhebung des Regelbeitrages auf der
Grundlage eines Arbeitseinkommens in Höhe der Bezugsgröße immer rechtmäßig sei.
Lediglich bei Nachweis eines von der Bezugsgröße abweichenden Arbeitseinkommens sei
unter Berücksichtigung des Folgemonatsprinzips (§ 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI) ein
einkommensunabhängiger Beitrag auf der Grundlage des nachgewiesenen
Arbeitseinkommens zu erheben. Eine rückwirkende Änderung der
Beitragsbemessungsgrundlage sei dagegen gesetzlich nicht vorgesehen. Die Bescheide
vom 12.04.2000 sowie vom 21.07.2000 seien bestandskräftig geworden, ohne dass
durch den Versicherten ein vom Regelbeitrag abweichender Beitrag beantragt worden sei.
Auch eine sonstige Begründung des zulässigen Widerspruchs sei nicht erfolgt. Damit sei die
Erhebung des Regelbeitrages rechtmäßig und bestandskräftig erfolgt. Eine Rücknahme
dieser Bescheide sei somit nach § 44 SGB X schon mangels anfänglicher Rechtswidrigkeit
nicht möglich. Die Möglichkeit der Änderung der Beitragsberechnungsgrundlagen habe
damit - auf Antrag bzw. bei Nachweis des tatsächlichen Einkommens - nur noch für die
Zukunft bestanden. Ein entsprechender Antrag sei am 08.01.2001 erstmals gestellt
worden. Die Beitragsänderung wäre damit frühestens ab 01.02.2001 entsprechend § 165
Abs. 1 SGB VI zulässig gewesen, wenn ein vom Regelbeitrag abweichendes
Arbeitseinkommen nachgewiesen worden wäre.
Bezüglich der Höhe des Arbeitseinkommens werde zunächst auf den Schriftwechsel mit
der zuständigen Handwerkskammer hingewiesen, aus dem die handwerksrechtlich
erforderlichen Vertragsausgestaltungen und Tätigkeitsbedingungen hervorgingen
(Mindestvoraussetzungen). Deren Einhaltung sei zur rechtmäßigen Eintragung in die
Handwerksrolle erforderlich. Diese finanziellen Vertragsvereinbarungen stimmten weder mit
den Angaben des Versicherten noch mit den Steuerbescheiden oder den Angaben des
weiteren Gesellschafters überein. Nach den für Personengesellschaften geltenden
Vorschriften der §§ 1 Abs. 1 Satz 2, 7 Abs. 4 Satz 2 HwO werde eine Personengesellschaft
nur dann in die Handwerksrolle eingetragen, wenn für die technische Leitung ein persönlich
haftender Gesellschafter verantwortlich sei. Die Anstellung eines Betriebsleiters genüge
nicht. Als gerade noch zulässige Untergrenze gegenüber einer „Strohmann-Gesellschaft"
werde eine mindestens 30%-ige Beteiligung des Handwerker-Gesellschafters gesehen. Im
anhängigen Verfahren sei der Kläger nach der Handwerksrolleneintragung Mitinhaber-
Gesellschafter und verantwortlicher Betriebsleiter für das Karosserie- und
Fahrzeugbauerhandwerk und somit selbständiger Handwerker i.S.d. §§ 1, 7 HwO. Herr J.T.
sei lediglich Mitgesellschafter, der mangels eigenen handwerklichen Befähigungsnachweises
(Meisterbrief etc.) allein keinen Handwerksbetrieb selbständig betreiben dürfe. Nach den
gemachten Angaben habe der Kläger als Mitinhaber und verantwortlicher Betriebsleiter
eine monatliche gewinn- und verlustunabhängige Vergütung erzielt, die nicht nur den
Anforderungen an eine Personengesellschaft widerspreche, sondern auch weit unter einem
sonst üblichen Meistergehalt liege. Es sei nicht nachvollziehbar, dass das SG, ohne dies zu
berücksichtigen und weitere Nachforschungen bei anderen Dienststellen anzustrengen,
dem bloßen Vortrag der Gesellschafter folge, obgleich seitens der Handwerkskammer nach
Änderung des Gesellschaftsvertrages und der Betriebsleitererklärung bestätigt worden sei,
dass die tatsächlichen Verhältnisse - also auch das Einkommen und die Beteiligung des
Gesellschafter-Betriebsleiters - nach Angaben des Betriebes selbst den Anforderungen der
HwO genügt hätten. Unterstelle man unrichtige Angaben der Beteiligten gegenüber dem
SG und der Beklagten, wäre das tatsächliche Arbeitseinkommen, das dann nicht nur aus
einer Haftungsvergütung bestehen würde, durch den Einkommensteuerbescheid des
Klägers tatsächlich nicht nachgewiesen, da dort keinerlei Einkünfte aus selbständiger Arbeit
oder Gewerbebetrieb i.S.d. Gesellschaftsvertrages ausgewiesen seien. Soweit das SG
anführe, der Rückgriff auf eine Bescheinigung des Finanzamtes sei möglich, sei
anzumerken, dass eine derartige Bescheinigung lediglich die Daten eines bereits erteilten
Einkommensteuerbescheides bestätige. Damit sei weiterhin der Regelbeitrag mangels
geführten Nachweises zu erheben. Die Nachweispflicht treffe nicht den
Rentenversicherungsträger, sondern den Versicherten.
Die (von dem Kläger vorgetragene) Gewerbeummeldung habe keinerlei Beweiswert, zumal
es sich bei einem Gewerberegister - im Gegensatz zur Handwerksrolle - nicht um ein
Register i.S.d. öffentlichen Registerrechts mit Glaubenswirkung handele. Unabhängig davon
sei darauf hinzuweisen, dass Herr J.T. die Eintragungsvoraussetzungen selbst nicht erfülle
und die Handwerksbetriebsführung als Einzelunternehmung J.T. selbst mit einem
angestellten Betriebsleiter nach der HwO nicht möglich sei. Die unbeachtliche
Gewerbeummeldung sei außerdem - soweit ersichtlich - weiterhin auf der Grundlage der
durch die Handwerkskammer T. für die GbR ausgestellten Handwerkskarte erfolgt. Für den
Betrieb eines Handwerks als stehendes Gewerbe gebe die Gewerbeordnung hinsichtlich
der handwerksrechtlichen Voraussetzungen ohnehin der HwO den Vorrang. Da keine
der handwerksrechtlichen Voraussetzungen ohnehin der HwO den Vorrang. Da keine
zwischenzeitliche Löschung aus der Handwerksrolle bekannt geworden sei, verbleibe es
auch weiterhin beim Vorliegen von Versicherungspflicht nach § 2 Ziff. 8 SGB VI. Eine
Lösung (gemeint war wohl: Löschung) hätte überdies mangels Rückwirkung auch keine
Auswirkungen auf den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Ergänzend sei noch darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem von dem Kläger zitierten
Schriftsatz der Beklagten vom 07.01.2003 um ein so genanntes Teilanerkenntnis
gehandelt habe. Anerkenntnisse kämen generell nur dann zur Ausführung, wenn sie von
der Gegenseite auch angenommen würden. Dies sei vorliegend unzweifelhaft nicht
geschehen, sodass für eine Ausführung kein Raum gewesen sei.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des SG vom 15.01.2003 aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt zur Begründung im Wesentlichen vor, dass er zu keinem Zeitpunkt bei der Firma
J.T. und S. beschäftigt und auch nicht an der Gesellschaft beteiligt gewesen sei. Er erhalte
weder ein Gehalt noch eine sonstige Vergütung noch eine Gewinnbeteiligung, sondern
lediglich eine symbolische „Haftungsvergütung" von 500 DM pro Jahr. Er sei ein Cousin von
Herrn J.T. und habe aus Gefälligkeit die Betriebsleiterfunktion als Karosseriebaumeister auf
dem Papier übernommen. Dies sei ausschließlich aus handwerksrechtlichen Gründen
erfolgt, da ansonsten eine Schließung des Betriebes durch die Handwerkskammer T.
gedroht habe. Er sei als Gesellschafter-Geschäftsführer der Firma B.S. in M.
vollzeitbeschäftigt und von daher rein zeitlich nicht in der Lage, für die Firma J.T. tätig zu
werden. Der Gesellschaftsvertrag, der eine Beteiligung des Klägers mit 30% vorgesehen
habe, sei lediglich zum Schein abgeschlossen worden, da die Handwerkskammer T. eine
solche Beteiligung eines eingetragenen Karosseriebaumeisters verlangt habe. Er habe nie
bestritten, dass hierin ein Verstoß gegen geltendes Handwerksrecht liege; dies habe
mittlerweile auch zu einer Beendigung der Scheinfirma J.T. und S. zum 31.12.2002
geführt. Für die Beitragsfestsetzung nach § 165 SGB VI sei das Handwerksrecht jedoch
völlig irrelevant. Was die nach § 165 Abs. 1 Sätze 3ff SGB VI erforderlichen
Einkommensnachweise anbetreffe, sei festzustellen, dass diese der Beklagten vorlägen,
aber von ihr ignoriert würden. Selbst bei Zugrundelegung der von der Beklagten
angenommenen Beitragsbemessungsgrundlage müsste der Beitrag des Klägers für das
Jahr 2000 entsprechend einer „Gewinnbeteiligung" in Höhe von 30% von 12.796 DM
festgesetzt werden, was einem monatlichen Beitrag von 61,10 DM, also noch unter dem
Mindestbeitrag, entsprechen würde. Für das Jahr 2001 betrage der Gewinn der Firma J.T.
24.378 DM, was bei einem unterstellten Gewinnanteil von 30% immer noch unter dem
Mindestbeitrag liegen würde.
Das Folgemonatsprinzip des § 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI gelte nicht für den erstmaligen
Nachweis des erzielten Einkommens und schließe schon gar nicht die Anwendung des § 44
Abs. 1 SGB X für die Vergangenheit aus. Die verspätete Vorlage der
Einkommensnachweise stehe einer rückwirkenden Neufestsetzung des Beitragsbescheides
ebenfalls nicht entgegen.
Der Senat hat eine Auskunft von der Handwerkskammer T. eingeholt. Wegen des
Ergebnisses wird auf die schriftliche Auskunft verwiesen. Diese hat mit Schreiben vom
12.01.2005 u.a. mitgeteilt, dass die am 28.12.1999 erfolgte Eintragung in die
Handwerksrolle bis zum 31.12.2002 bestanden habe. Danach habe Herr J.T. den Betrieb
vorerst als Einzelunternehmen mit einem angestellten Betriebsleiter weitergeführt. Die
Betriebsleitung sei ab diesem Datum nicht mehr von Herrn S., sondern von dem
Karosseriebauermeister G.S. ausgeübt worden. Seit dem 01.07.2003 werde das
Unternehmen durch die Firma „K. J.T. & L. GmbH" fortgeführt. Der Kläger sei in diesem
Unternehmen weder Gesellschafter noch als Geschäftsführer bestellt. Nach dem
vorgelegten Vertrag (zu der ursprünglichen Gesellschaft) habe die Gewinn- und
Verlustverteilung bei Herrn J.T. 70%, bei dem Kläger 30% betragen. Eine Regelung über die
Zahlung einer so genannten „Haftungsvergütung" ergebe sich nicht aus dem Vertrag. Die
BGB-Gesellschaft sei nicht schon zum 31.12.2001, sondern erst zum 31.12.2002
aufgelöst worden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, den weiteren
Akteninhalt sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen
Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die von der Beklagten eingelegte Berufung ist zulässig.
Gemäß § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bedarf die Berufung der Zulassung in
dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des
Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
1. bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten
Verwaltungsakt betrifft, 500 Euro oder 2. bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen
juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 5.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende
Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
Streitgegenstand ist im vorliegenden Fall die Höhe der von dem Kläger zu entrichtenden
Rentenversicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 28.12.1999 bis 31.12.2002, so dass
die Jahresgrenze des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG überschritten ist. Denn von dem Begriff der
„wiederkehrenden oder laufenden Leistungen" i.S.d. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG werden
auch Beiträge erfasst (vgl. Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar, 7. Auflage 2002, § 144
Randnr. 23; Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 24.08.2004,
Az.: L 11 KR 3165/03, BSG-Beschluss vom 28.01.1999, Az.: B 12 KR 51/98 B = SozR 3-
1500 § 144 Nr. 16).
Hinsichtlich des Zeitraums ab dem 01.11.2001 ist die Berufung schon deshalb
unbegründet, weil die Beklagte aufgrund ihrer mit Schriftsatz vom 07.01.2003
abgegebenen Erklärung verpflichtet ist, ab dem Monat November 2001 den Mindestbeitrag
zu erheben. Das von der Beklagten mit dem Schriftsatz vom 07.01.2003 unterbreitete
Angebot der Beklagten stellt nämlich keinen Vergleichsvorschlag, sondern ein
Teilanerkenntnis des von dem Kläger geltenden gemachten Anspruchs dar, an das die
Beklagte – entgegen der von ihr geäußerten Auffassung - unabhängig von seiner Annahme
gebunden blieb (vgl. BSG-Urteil v. 21.11.1961, Az.: 9 RV 374/60 = SozR Nr. 3 zu § 101
SGG). Allgemein richtet sich die Abgrenzung von Vergleich und Anerkenntnis danach, dass
das Anerkenntnis als Prozesshandlung ohne jede Einschränkung erklärt und die Ableitung
der Rechtsfrage aus dem vom Kläger behaupteten Tatbestand ohne Drehen und Wenden
zugegeben werden muss; im begrifflichen Gegensatz dazu steht der Prozessvergleich, der
unter beiderseitigem Nachgeben den Rechtsstreit beenden soll (vgl. BSG-Urteil vom
21.09.1983, Az.: 4 RJ 63/82; BSG-Urteil vom 29.04.1969, Az.: 10 RV 12/68). Ob die
Prozesserklärung eines Beteiligten ein (Teil)Anerkenntnis oder ein Vergleichsangebot sein
soll, ist hierbei durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BSG-Urteil v. 21.11.1961, Az.: 9 RV
374/60 = SozR Nr. 3 zu § 101 SGG; Urteil des LSG für das Saarland vom 26.04.1996,
Az.: L 1 J 18/95).
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte den von ihr unterbreiteten Vorschlag zwar nicht
ausdrücklich als „Teilanerkenntnis" bezeichnet. Aus dem Fehlen dieser Bezeichnung lässt
sich jedoch nicht der Schluss ziehen, dass es sich deswegen um einen Vergleichsvorschlag
handeln müsse, der nach erfolgter Ablehnung durch den Kläger frei widerruflich gewesen
wäre. Denn der Schriftsatz vom 02.05.1994 enthält keine derartige Bezeichnung. Nach
der Rechtsprechung des BSG kann ein Versicherungsträger im Einzelfall im
sozialgerichtlichen Verfahren eine Anerkenntniserklärung i.S.d. § 101 Abs. 2 SGG auch
ohne die Verwendung des entsprechenden Ausdrucks abgeben. Hierbei ist lediglich
erforderlich, dass sich ein darauf gerichteter Wille hinreichend deutlich aus dem gesamten
Inhalt der Äußerung und aus dem Zusammenhang, in dem sie steht, ergibt (vgl. BSG-Urteil
vom 27.01.1982, Az.: 9a/9 RV 30/81). Dies ist vorliegend zu bejahen. Denn aus der
Formulierung in dem Schriftsatz vom 07.01.2003 „.. dass wir uns bereit erklären können
…" lässt sich der Wille der Beklagten entnehmen, den geltend gemachten Anspruch
teilweise, und zwar ab dem 01.11.2001, aber insoweit ohne Einschränkungen,
zuzuerkennen. Unerheblich sind insoweit die weiteren Ausführungen in dem Schriftsatz
vom 07.01.2003, dass der Kläger sich zu der Haftungsvergütung noch 30% des für das
Jahr 2000 ausgewiesenen Gewinns zurechnen lassen müsse, weil auch im Falle einer
derartigen Gewinnzurechnung - worauf das SG zu Recht hingewiesen hat - das Einkommen
des Klägers niedriger war als die im Jahr 2001 geltende
Mindestbeitragsbemessungsgrundlage von 630 DM. Im Hinblick auf die gewählten
Formulierungen in dem Schriftsatz vom 07.01.2003 könnte dieser allenfalls dann als bloßer
Vergleichsvorschlag angesehen werden, wenn darin zusätzlich eine einschränkende
Formulierung wie beispielsweise „zur Beendigung des Rechtsstreits" enthalten wäre. Dies
ist jedoch nicht der Fall.
Unerheblich ist auch, dass gem. § 101 Abs. 2 SGG nur das angenommene Anerkenntnis
des geltend gemachten Anspruchs den Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Hieraus
kann aber nicht geschlossen werden, dass im Falle der Nichtannahme eines abgegebenen
(Teil)anerkenntnisses (zur Zulässigkeit von Teilanerkenntnissen siehe BSG-Urteil v.
16.07.1968, Az.: 9 RV 968/66) dieses durch den Versicherungsträger frei widerrufen
werden könnte. Es bleibt vielmehr eine Prozesserklärung mit der materiellen Wirkung, dass
der Beteiligte, der die Erklärung abgegeben hat, hieran gebunden ist und - sofern über die
Wirksamkeit des Anerkenntnisses gestritten wird - im Wege des Anerkenntnisurteils
entsprechend der von ihm abgegebenen Erklärung zu verurteilen ist (vgl. BSG-Urteil v.
21.11.1961, Az.: 9 RV 374/60 = SozR Nr. 3 zu § 101 SGG; BSG-Urteil v. 29.04.1969,
Az.: 10 RV 12/68). Hiergegen lässt sich nicht mit Erfolg einwenden, dass ein Widerruf des
nicht angenommenen Anerkenntnisses jedenfalls in den Fällen möglich sein müsse, in
denen durch den Erlass eines Anerkenntnisurteils ein offensichtlich dem materiellen Recht
widersprechendes Ergebnis erzielt würde. Denn es ist zu berücksichtigen, dass eine
Anerkenntniserklärung - zusätzlich zu ihrer Eigenschaft als prozessgestaltende Erklärung -
sich mit der Weiterleitung an den Versicherten gleichzeitig als Entscheidung einer Behörde
zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts mit unmittelbarer
Rechtswirkung nach außen, mithin als Verwaltungsakt (§ 31 SGB X) darstellt. Ein derartiger
begünstigender Verwaltungsakt kann aber auch im Falle seiner Rechtswidrigkeit nur unter
den einschränkenden Voraussetzungen des § 45 SGB X zurückgenommen werden.
Die Beklagte ist damit bereits aufgrund der von ihr abgegebenen bindenden
Anerkenntniserklärung verpflichtet, ab dem Monat November 2001 nur noch den
Mindestbeitrag zu erheben.
Auch hinsichtlich des Zeitraums vom 28.12.1999 bis 31.10.2001 ist die Berufung
unbegründet. Zur Begründung verweist der Senat insoweit auf die zutreffenden
Ausführung des SG in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils, sodass von
einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen wird (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend und teilweise vertiefend ist lediglich auszuführen, dass der von der Beklagten
vertretenen Auslegung des § 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI nicht gefolgt werden kann. Bereits
der Wortlaut der Norm „Änderungen des Arbeitseinkommens …" zeigt, dass sich die
Vorschrift nicht auf die erstmalige Feststellung des der Beitragsberechnung zugrunde
gelegten Einkommens beziehen kann, was auch durch die Entstehungsgeschichte der
Norm belegt wird. Denn die Sätze 3 bis 10 des § 165 Abs. 1 SGB VI wurden durch Art. 1
Nr. 26, 17 Abs. 1 des SGB VI-Änderungsgesetzes vom 22.12.1995 (BGBl I S. 1824) mit
Wirkung ab 01.01.1996 hinzugefügt und sollten den praktischen Schwierigkeiten Rechnung
tragen, die sich für die Rentenversicherungsträger daraus ergaben, dass die für die
Beitragsbemessung maßgeblichen Feststellungen des Finanzamtes bei Beitragsfälligkeit
noch nicht zur Verfügung standen (vgl. Störmann in Sozialgesetzbuch – Sozialversicherung
– Gesamtkommentar, § 165 SGB VI Ziff. 1.3 m.w.N.). Hierbei sollte die Regelung des §
165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI aber ausschließlich den Fall einer Änderung des
Arbeitseinkommens bei bereits einkommensgerechter Beitragszahlung betreffen (vgl.
Scholz in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 165 SGB VI Randnr. 26;
Beschluss des Sächsischen LSG vom 09.04.2001, Az.: L 4 RA 32/01). Die Vorschrift kann
damit in Fällen wie dem vorliegenden, in denen im Verwaltungsverfahren keine
Einkommensnachweise vorgelegt worden sind, dies aber im Überprüfungsverfahren nach §
44 SGB X nachgeholt wird, keine Anwendung finden. Bei einer erstmaligen Veranlagung
aufgrund einer versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit sind nämlich generell die
Einkünfte zugrunde zu legen, die sich aus den von dem Versicherten vorgelegten
Unterlagen ergeben. Sofern derartige Unterlagen bzw. der Einkommensteuerbescheid
verspätet vorgelegt werden, wirkt sich dieser Mangel im Nachweis zwar zunächst zu
Lasten des Versicherungspflichtigen aus, indem der Regelbeitrag erhoben werden muss
(vgl. Scholz a.a.O. Randnr. 14); dies bedeutet aber nicht, dass bei Nachholung des
Nachweises keine Korrektur des ursprünglichen Beitragsbescheides im Verfahren nach § 44
SGB X erfolgen kann (vgl. Störmann a.a.O. Ziff. 4.4).
Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Kläger durch die von ihm vorgelegten
Unterlagen, seine von ihm ergänzend gemachten Angaben sowie die Aussage des Zeugen
J.T. auch nachgewiesen, dass er im Rahmen seiner Tätigkeit für die GbR J.T. und S. nur in
geringem Umfang Einkünfte erzielt hat. Der Senat hat - ebenso wie das SG – keine Zweifel
daran, dass die von dem Kläger und dem Zeugen J.T. gemachten Angaben der Wahrheit
entsprechen, wonach der Kläger für seine Tätigkeit in der GbR lediglich eine
Aufwandsentschädigung in Höhe von 500 DM jährlich erhalten hat. Es kann insoweit
dahingestellt bleiben, ob sich der Kläger darüber hinaus aufgrund der gegenüber der
Handwerkskammer gemachten Angaben noch den Gewinn der Gesellschaft in einem
Umfang von 50% oder 30% zurechnen lassen muss, da auch in diesem Fall die der
Beitragsbemessung zugrunde zu legenden Einnahmen des Klägers lediglich zu einer
Festsetzung des Mindestbeitrages führen (12.796/2 = 6.398/12 = 533,17 + (500/12 =)
41,67 = 574,84 DM bei einer Mindestbeitragsbemessungsgrundlage von 630 DM).
Unerheblich ist hierbei, dass der Gewinn des Jahres 2001 auf 24.378 DM gestiegen ist, da
sich dies - aufgrund der nunmehr anwendbaren Vorschrift des § 168 Abs. 1 Satz 8 SGB VI
- frühestens auf die ab dem 01.01.2002 zu erhebenden Beiträge auswirken könnte, die
Beklagte aufgrund des abgegebenen Teilanerkenntnisses aber - wie gezeigt – ohnehin zur
Festsetzung des Mindestbeitrages verpflichtet ist.
Die Berufung der Beklagten war damit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) lagen nicht vor.