Urteil des LSG Saarland vom 22.06.2005

LSG Saarbrücken: arbeitsunfähigkeit, eintritt des versicherungsfalles, krankengeld, arbeitsentgelt, kraftwerk, stahl, firma, beitragsberechnung, wechsel, betriebsübergang

LSG Saarbrücken Urteil vom 22.6.2005, L 2 KR 24/03
Krankengeldberechnung - Entgeltabrechnungszeitraum - Arbeitgeberwechsel
Leitsätze
Bei der Berechnung des Krankengelds ist auch dann gemäß § 47 Abs. 2 SGB 5 der letzte
Entgeltzeitraum zu Grunde zu legen, wenn anschließend ein Arbeitgeberwechsel
stattgefunden hat, bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit im neuen Arbeitsverhältnis noch kein
abgerechneter Entgeltzeitraum gegeben ist; dass der Arbeitnehmer bei der neuen
Arbeitsstelle eine geringere Entlohnung erhält, ist ohne Bedeutung.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das
Saarland vom 3.9.2003 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des dem Kläger ab 21.8.1998 bewilligten
Krankengeldes.
Der bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Kläger war bis zum 30.6.1998 beim
Kraftwerk W. GmbH beschäftigt. Dieses teilte dem Kläger durch Schreiben vom 5.6.1997
mit, es müsse zum 30.6.1998 stillgelegt werden. Man könne dem Kläger aber mitteilen,
dass mit der Kündigung ein konkretes Arbeitsplatzangebot der Gesellschafter der
Kraftwerk W. GmbH, den Firmen S.-Stahl AG, Stadtwerke S. AG und VSE, verknüpft
werden könne. Im Fall des Klägers habe sich die Firma S.-Stahl AG bereit erklärt, einen
Arbeitsplatz anzubieten. Das Arbeitsverhältnis bei der Kraftwerk W. GmbH wurde durch
Schreiben vom 19.11.1997 gekündigt. Der Kläger schloss mit der Firma S.-Stahl AG am
10.2.1998 einen unbefristeten Arbeitsvertrag ab 1.7.1998 als Revidierer/Glüher. Die
bisherigen Beschäftigungsjahre bei der Kraftwerk W. GmbH wurden in diesem
Arbeitsvertrag anerkannt. Im Juli 1998 verdiente der Kläger bei der Firma S.-Stahl AG
brutto 4.398,48 DM, netto 2.998,35 DM. Sein Verdienst zuvor beim Kraftwerk W. war
höher.
Ab 10.7.1998 erkrankte der Kläger wegen der Folgen multipler Bandscheibenvorfälle
arbeitsunfähig. Die Lohnfortzahlung endete am 20.8.1998. Ab 21.8.1998 erhielt er von
der Beklagten Krankengeld, das aus dem Monatslohn für Juli 1998 bei der Firma S.-Stahl
AG errechnet wurde. Der Krankengeldanspruch endete mit dem 7.1.2000.
Mit Schreiben vom 14.10.2002 erhob der Kläger „Widerspruch" gegen das gezahlte
Krankengeld von September 1998 bis Januar 2000, weil für die Berechnung des
Krankengeldes die Einmalzahlungen von Urlaubs- und Weihnachtsgeld des Kraftwerks W.
nicht berücksichtigt worden seien.
Nachdem die Kraftwerk W. GmbH der Beklagten die Beträge des Weihnachtsgeldes für
1997 und 1998 sowie des Urlaubsgeldes 1998 mitgeteilt hatte, bewilligte die Beklagte
dem Kläger durch Schreiben vom 13.12.2002 eine Nachzahlung von Krankengeld in Höhe
von insgesamt 227,35 EUR für den Zeitraum 21.8.1998 bis 7.1.2000.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Er führte aus, ihm sei Krankengeld auf Grund des
Verdienstes zu gewähren, den er im Monat vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit erzielt habe.
Durch den höheren Verdienst beim Kraftwerk W. habe er auch einen Anspruch auf höheres
Krankengeld.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 24.3.2003 unter
Hinweis auf § 47 Abs. 1, Abs. 2 SGB V und ein gemeinsames Rundschreiben der
Spitzenverbände der Krankenkassen vom 12.5.1987 zurück. Sie müsse den
Arbeitsverdienst vom Juli 1998 der Berechnung des Krankengeldes zugrunde legen. Ein
Wechsel des Arbeitgebers sei nur dann unschädlich, wenn im Wege der
Gesamtrechtsnachfolge oder einer Einzelrechtsnachfolge der Arbeitsplatz behalten worden
wäre. Dies sei aber beim Kläger nicht der Fall gewesen.
Im anschließenden Klageverfahren wiederholte und ergänzte der Kläger seine
Rechtsauffassung. Es sei grundsätzlich davon auszugehen, dass nach § 47 Abs. 2 SGB V
der Berechnung des Krankengeldes als Lohnersatzleistung der letzte vor dem Beginn der
Arbeitsunfähigkeit abgerechnete Entgeltabrechnungszeitraum zugrunde zu legen sei.
Nach entsprechender Ankündigung erließ das Sozialgericht für das Saarland (SG) am
3.9.2003 einen Gerichtsbescheid, mit dem es die Beklagte verurteilte, dem Kläger
Krankengeld auf Grund des Verdienstes zu gewähren, den er im Monat vor Beginn der
Arbeitsunfähigkeit erzielt hatte. Das SG verwies auf § 47 Abs. 2 SGB V und darauf, dass
diese Vorschrift eindeutig auf bereits abgerechnete Entgeltzeiträume abstelle. Schon nach
dem Wortlaut des Gesetzes dürfe die Berechnung des Krankengeldes nur auf Grund eines
Lohnabrechnungszeitraums erfolgen, der vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgelaufen und
abgerechnet sei. Durch die Pauschalierung in der gesetzlichen Regelung könne es bei der
Berechnung des Krankengeldes im Einzelfall zu Abweichungen zum aktuellen
Arbeitsverdienst kommen. Dies habe aber der Gesetzgeber bewusst hingenommen. Es sei
unerheblich, ob ein bestehendes Beschäftigungsverhältnis geändert worden sei oder ob ein
Arbeitsverhältnis geendet habe und ein neues begründet worden sei.
Gegen den am 8.9.2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 10.9.2003
Berufung eingelegt.
Sie begründet die Berufung im Wesentlichen damit, es sei mit dem Lohnersatzprinzip nicht
zu vereinbaren, wenn der Kläger Krankengeld aus einem Arbeitslohn beziehe, den er
künftig nicht mehr erzielen könne. Stimme die Rechtsansicht des Klägers, bedeutet dies,
dass er als kranker Versicherter besser gestellt sei, als wenn er arbeite. Unter Hinweis auf
die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) müsse auf das Lohnersatzprinzip
abgestellt und das tatsächliche Einkommen als Grundlage für die Ermittlung des zu
zahlenden Krankengeldes zugrunde gelegt werden.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland vom 3.9.2003 aufzuheben und
die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Er verteidigt den angefochtenen Gerichtsbescheid, verweist auf den eindeutigen Wortlaut
des § 47 Abs. 2 SGB V und darauf, dass die Gewährung von Krankengeld auch Folge von
Beitragsleistungen sei. Im Übrigen könne man auch von einem Betriebsübergang nach §
613a BGB sprechen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden
erklärt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der
Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung
durch Urteil entschieden werden konnte (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, aber nicht
begründet. Zu Recht hat das SG unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG der Klage
stattgegeben.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der durch Verwaltungsakt vom 13.12.2002 beschiedene
Antrag des Klägers, die Berechnung des Krankengelds bzgl. Einmalzahlungen zu überprüfen
und höheres Krankengeld zu zahlen. Diesem Antrag wurde seitens der Beklagten bzgl. der
Berücksichtigung von Einmalzahlungen entsprochen. Aus dem Widerspruch des Klägers
hiergegen vom 19.12.2002 ergibt sich, dass der Kläger darüber hinaus eine weitere
Erhöhung begehrt und die falsche Anwendung des § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB V rügt. Damit
macht er die Rechtswidrigkeit der bisherigen Verfahrensweise geltend, was die Beklagte
zum Anlass nahm, im Widerspruchsbescheid vom 24.3.2003 auch hierüber inhaltlich zu
befinden. Die dort geäußerte Rechtsansicht der Beklagten ist aber nach Überzeugung des
Senats falsch, weshalb im Sinne des Gerichtsbescheids des SG eine Abänderung der
Bescheide vom 13.12.2002 und 24.3.2003 geboten ist. Der Kläger hat Anspruch auf ein
höheres Krankengeld für den Zeitraum des Bezugs dieser Leistung.
Nach § 47 Abs. 1 SGB V beträgt das Krankengeld 70 vH des erzielten regelmäßigen
Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt
(Regelentgelt), das aus dem Arbeitsentgelt berechnete Krankengeld darf aber 90 vH des
Nettoarbeitsentgelts nicht übersteigen. Das Regelentgelt wird bei Arbeitnehmern nach Abs.
2 berechnet. Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB V ist für die Berechnung des Regelentgelts
das von dem Versicherten im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten
Entgeltabrechnungszeitraum, mindestens das während der letzten vier Wochen erzielte
und um einmaliges Arbeitsentgelts verminderte Arbeitsentgelt maßgeblich.
Ist das Arbeitsentgelt nach Monaten bemessen, gilt der dreißigste Teil des im letzten vor
Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Kalendermonat erzielten und um einmalig
gezahltes Arbeitsentgelt verminderten Arbeitsentgelts als Regelarbeitsentgelt (§ 47 Abs. 2
Satz 3 SGB V). Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 6 SGB V, der gemäß der Übergangsregelung des
§ 47a Abs. 1 SGB V vorliegend Anwendung findet, ist für die Berechnung des Regelentgelts
der dreihundertsechzigste Teil des einmalig gezahlten Arbeitsentgelts, das in den letzten
zwölf Kalendermonaten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit nach § 23a SGB IV der
Beitragsberechnung zugrunde gelegen hat, dem nach Satz 1 bis 5 berechneten
Arbeitsentgelt hinzuzurechnen. Nach der Rechtsprechung des BSG zur Vorgängerregelung
des § 47 Abs. 2 SGB V, § 182 Abs. 5 RVO, darf schon nach dem Wortlaut des Gesetzes
für die Krankengeldberechnung nur ein Lohnabrechnungszeitraum herangezogen werden,
der vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgelaufen und abgerechnet war. Abgelaufen war der
Lohnabrechnungszeitraum bzw. der Kalendermonat dann, wenn er vollständig verstrichen
ist, denn der Bemessung des Regellohnes soll nur „erzieltes", das heißt durch
Arbeitsleistung bereits verdientes Arbeitsentgelt, zugrunde gelegt werden. Abgerechnet ist
ein Lohnabrechnungszeitraum bzw. ein Kalendermonat dann, wenn der Arbeitgeber das in
diesem Zeitraum erzielte Arbeitsentgelt vollständig errechnet hat, so dass es ohne
weiteres ausgezahlt oder überwiesen werden kann. Mit diesem Rückgriff auf eine vor der
Arbeitsunfähigkeit abgelaufene und abgerechnete Lohnperiode soll einerseits das
Arbeitsentgelt nach seinem letzten aktuellen Stand ersetzt werden, mithin das
Krankengeld allen Veränderungen in den Lohnverhältnissen so dicht wie möglich folgen.
Andererseits ist der Grundsatz der "Aktualität des Regellohnes" zugunsten der
Praktikabilität seiner Feststellung modifiziert worden: Maßgebend für die Berechnung des
Krankengeldes ist nicht der letzte, sondern ein zeitlich zurückliegender, häufig der
„vorletzte", dafür aber ein „abgerechneter" Verdienst (BSG, Urteil vom 25.6.1991, 1/3 RK
6/90). Dies dient der Schnelligkeit der Krankengeldberechnung, weil nur aufgrund des
Ergebnisses einer bereits durchgeführten Lohn- oder Gehaltsabrechnung dem Versicherten
das Krankengeld ohne weiteres und zügig ausgezahlt werden kann. Lohnänderungen, die
nach dem Ablauf des maßgeblichen Bemessungszeitraums eintreten, sind daher für die
Krankengeldberechnung grundsätzlich unerheblich (BSG aaO.).
Ähnlich wie § 182 Abs. 5 RVO enthält auch § 47 Abs. 2 SGB V eine gesetzliche Definition,
die - unwiderleglich - bestimmt, welches Arbeitsentgelt das Regelentgelt ist. Da der Begriff
des Regelentgelts als das während des letzten Entgeltabrechnungszeitraums "erzielte
Arbeitsentgelt" definiert ist, kommt es bei Empfängern von Monatsbezügen allein auf das
im letzten abgerechneten Kalendermonat erzielte Entgelt an. Bei diesem wird also vom
Gesetz - zwingend - vorgegeben, dass es das während der Arbeitsunfähigkeit entgangene
Arbeitsentgelt verlässlich wiedergibt (BSG aaO.).
Mit dieser Methode hat der Gesetzgeber der Berechnung des Krankengeldes die sog.
Bezugs- bzw. Referenzmethode zugrunde gelegt, die - im Gegensatz zum
Lohnausfallprinzip - unberücksichtigt lässt, wie sich die Lohnverhältnisse außerhalb des
Bezugs- bzw. des Bemessungszeitraums, insbesondere nach Eintritt des Leistungsfalles,
entwickeln (BSG aaO. mwN.). Diese auf eine vor der Arbeitsunfähigkeit abgelaufene
Lohnperiode abstellende Methode verfolgt vor allem das Ziel, dem Versicherungsträger
eine schnelle Entscheidung zu ermöglichen; sie findet ihre innere Rechtfertigung darin, dass
zukünftige Entwicklungen des Arbeitsentgelts häufig nur hypothetisch festgestellt werden
könnten (BSG aaO. mwN.). Deren Berücksichtigung würde den Versicherungsträger zu
einer - uU wiederholten - Neuberechnung der Leistung zwingen und damit einen
Verwaltungsaufwand erfordern, der namentlich bei relativ kurzfristigen Leistungen wie dem
Krankengeld in keinem angemessenen Verhältnis mehr zu dem für den
Leistungsempfänger erzielten Erfolg stünde (BSG aaO.) Bei Sozialleistungen wie dem
Krankengeld bleibt es - mangels einer entsprechenden Regelung - daher bei dem
Grundsatz, dass nur ein bis zum Eintritt des Versicherungsfalles (als solcher gilt für das
Krankengeld auch die Arbeitsunfähigkeit) verdienter Lohn zu berücksichtigen ist, dagegen
später eintretende Lohnänderungen - gleichgültig worauf sie beruhen - grundsätzlich
unberücksichtigt bleiben.
Auch der Umstand einer Umgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses bei oder
unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit rechtfertigt nach der Rechtsprechung des
BSG (aaO.) kein anderes Ergebnis (so aber das „Gemeinsame Rundschreiben der
Spitzenverbände der Rehabilitationsträger" vom 12. Mai 1987). Ist Endzeitpunkt der zu
berücksichtigenden Lohnsituation der Beginn der Arbeitsunfähigkeit und können nur davor
abgelaufene und abgerechnete Abrechnungszeiträume für die Krankengeldberechnung
herangezogen werden, muss auch im vorliegenden Ausnahmefall das Krankengeld in der
gesetzlich vorgeschriebenen Weise berechnet werden (BSG aaO.). Diese Gesetzeslage
führt zwar im Einzelfall dazu, dass das zu zahlende Krankengeld höher, aber auch geringer
sein kann als der dem Versicherten tatsächlich entgehende Lohn; dies muss jedoch im
Rahmen der vom Gesetzgeber bewusst aus Praktikabilitätsgründen gewählten pauschalen
Regelung hingenommen werden (BSG aaO.). Gerade der Gesichtspunkt der
Verwaltungsökonomie und der notwendigen Schematisierung kurzfristiger Leistungen
spricht beim Krankengeld dafür, nur einen bis zum Eintritt des Versicherungsfalles
verdienten Lohn zu berücksichtigen. Eine Auslegung, die ein vor der Arbeitsunfähigkeit zwar
bereits feststehendes geringeres Entgelt in die Bemessung einbeziehen würde, stünde
nicht nur in Widerspruch zu der verbindlich vorgegeben Bezugsmethode, sondern würde
zudem auch dem Umstand widersprechen, dass sich die Höhe des Krankengeldes nach
den vorher entrichteten Beiträgen richtet (BSG aaO.; vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V, nach
dem nur das der Beitragsberechnung zugrunde liegende Arbeitsentgelt berücksichtigt
wird).
In diesem Urteil, das die Umwandlung eines Vollzeitarbeitsverhältnis in eine
Teilzeitbeschäftigung beim selben Arbeitgeber betraf, ließ es das BSG ausdrücklich offen,
ob etwas anderes gilt, wenn bereits vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit feststeht, dass das
alte Arbeitsverhältnis bei oder nach dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit endet und ein neues
- bei einem anderen oder auch bei dem gleichen Arbeitgeber – beginnt. Unabhängig davon,
dass der Wechsel des Beschäftigungsverhältnisses im vorliegenden Fall bereits vor Eintritt
der Arbeitsunfähigkeit lag, kann nach Ansicht des Senats auch der Wechsel des
Beschäftigungsverhältnisses nichts an der klaren gesetzlichen Regelung ändern, den letzten
Entgeltabrechnungszeitraum beim „alten" Arbeitgeber der Krankengeldzahlung zugrunde
zu legen. Auf die Kontinuität des Beschäftigungsverhältnisses kommt es nämlich nach dem
Wortlaut des § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB V nicht an. Für den Senat wäre es auch nicht
einleuchtend, wenn es - wie im vom BSG (aaO.) entschiedenen Fall – im Falle einer
Umwandlung von einer Vollzeit - in eine Teilzeitbeschäftigung beim selben Arbeitgeber bei
der Berechnung des Krankengelds wegen einer Arbeitsunfähigkeit zu Beginn der
Teilzeittätigkeit auf den Entgeltabrechnungszeitraum der Vollzeitbeschäftigung ankommen
soll, während ein Arbeitgeberwechsel mit der Folge eines niedrigeren Arbeitsentgelts zur
Folge haben sollte, nunmehr – entgegen dem Wortlaut von § 47 Abs. 2 SGB V – das neue,
niedrigere Arbeitsentgelt zu berücksichtigen (a. A – aber ohne nähere Begründung - wohl
Peters-Schmidt, SGB V, Stand 8/04, § 47 Rdnr. 22). Nicht die Fortdauer des konkreten
Beschäftigungsverhältnisses, sondern das nach wie vor bei der Beklagten bestehende und
vom Arbeitgeberwechsel unabhängige Versicherungsverhältnis ist maßgebend für die
gesetzlichen Leistungen, auch für die des Krankengeldes, für die der Kläger ununterbrochen
Beiträge – weit überwiegend für das alte, aber auch für das neue Beschäftigungsverhältnis
– gezahlt hat. Damit kann auch unentschieden bleiben, wie der
Entgeltabrechnungszeitraum zu berechnen wäre, wenn der Kläger noch keine vier Wochen
gearbeitet hat oder wie der Fall zu entscheiden wäre, wenn der Kläger ab dem 1.7.1998
gearbeitet hat oder wie der Fall zu entscheiden wäre, wenn der Kläger ab dem 1.7.1998
keine Beschäftigung gehabt hätte.
Die Argumentation der Beklagten kann nicht überzeugen. Das von ihr ins Verfahren
eingebrachte Urteil des BSG vom 30.3.2004 (B 1 KR 32/02 R) betrifft nicht die hier
vorliegende Fallkonstellation. In dieser Entscheidung ging es um die Höhe des
Krankengeldes für einen freiwillig Versicherten, der kein Arbeitnehmer war und für den
daher nicht § 47 Abs. 2, sondern Abs. 4 Satz 2 SGB V maßgeblich war. Hier wie da nimmt
das Gesetz Bezug auf das Arbeitseinkommen. Bei Arbeitnehmern wird aber – im
Gegensatz zu Selbständigen, die kein festes Entgelt für ihre Tätigkeit erhalten – nach dem
klaren Wortlaut des Gesetzes auf den letzten Entgeltabrechnungszeitraum abgestellt. Dies
stellt das von der Beklagten in Bezug genommene Urteil des BSG nicht in Frage.
Ein anderes Ergebnis kann die Beklagte auch nicht aus der Lohnersatzfunktion des
Krankengeldes ableiten. Im Gegensatz zu § 182 Abs. 4 Satz 1 RVO, der von dem
"entgangenen" Entgelt spricht, das durch das Krankengeld ersetzt werden soll, enthält § 47
SGB V einen solchen Hinweis nicht mehr. Selbst für § 182 Abs. 4 Satz 1 RVO hat das BSG
im Urteil vom 25.6.1991 entschieden, dass durch die in diesem Satz enthaltene Definition
des Regellohns sowie die Verweisung auf seine Berechnung nach Abs. 5 klargestellt wird,
dass damit nicht der dem Arbeitsunfähigen im Einzelfall tatsächlich entgangene Verdienst
gemeint ist, sondern dasjenige Entgelt, das er in einer zurückliegenden Lohnperiode
innerhalb des "Bemessungszeitraums" vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit verdient hat; denn
dieses Entgelt galt kraft in § 182 Abs. 4 Satz 1 RVO enthaltener gesetzlicher Fiktion als
dasjenige Entgelt, das der Versicherte unter normalen Verhältnissen während der
Arbeitsunfähigkeit verdient hätte, das ihm also in diesem Sinne durch die Arbeitsunfähigkeit
"entgangen" ist (BSG aaO. mwN.). Auch für die Nachfolgenorm des § 47 Abs. 2 SGB V, die
sogar – wie ausgeführt – die Lohnersatzfunktion gar nicht mehr erwähnt - ist an dieser
Ansicht festzuhalten.
Ob ein Betriebsübergang nach § 613a BGB vorliegt, was der Senat stark bezweifelt,
braucht deshalb nicht entschieden zu werden.
Die Berufung hat daher keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, weil eine höchstrichterliche
Entscheidung über die Berechnung des Krankengeldes bei einem Arbeitgeberwechsel und
einer Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des ersten Entgeltabrechnungszeitraums – soweit
ersichtlich - nicht vorliegt.