Urteil des LSG Saarland vom 19.02.1997

LSG Saa: reformatio in peius, vergütung, gleichbehandlung, verfügung, rka, abrechnung, aufteilung, beeinflussung, tgv, arztpraxis

Landessozialgericht für das Saarland
Urteil vom 19.02.1997 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht für das Saarland
Landessozialgericht für das Saarland L 3 Ka 5/95
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 05.04.1995 wird mit der Maßgabe
zurückgewiesen, daß die Kläger der Beklagten als Gesamtschuldner die Kosten des Klageverfahrens zu erstatten
haben. Die Kläger haben der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner
zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Honorarbescheide AOK für das 3. und 4. Quartal 1992.
Die Kläger betreiben als Ärzte für Laboratoriumsmedizin eine Gemeinschaftspraxis und sind zur kassen- bzw.
vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Die Honorarverteilung erfolgte in den streitigen Quartalen auf der Grundlage des ab 01.07.1992 gültigen
Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) der Beklagten, der bezüglich der Vergütung der Laborleistungen in § 5 III
folgende Regelung enthält:
1. Die Laborleistungen nach dem Abschnitt O I BMÄ werden mit dem für diese Leistungen vereinbarten
Vertragspunktwert vergütet. Übersteigt der Leistungsbedarf den für O I Leistungen vereinbarten Teilbetrag der
Gesamtvergütung, werden die von allen Gruppen angeforderten O I Leistungen unabhängig der Anforderung in den
einzelnen Gruppen entsprechend der zur Verfügung stehenden Teilgesamtvergütung für diese Leistungen
quotiert.Sinkt unter Berücksichtigung einer eventuell notwendigen Quotierung der Punktwert unterhalb eines
Interventionspunktwertes von 6,0 Pfennigen, werden zunächst die sich aus Punkt II c) ergebenden Spitzenbeträge zur
Stützung des Interventionspunktwertes herangezogen. Reichen diese Beträge nicht aus, werden die allen Ärzten
zustehenden Leistungen, die der Mengenbegrenzung unterliegen, soweit quotiert, bis der Interventionspunktwert von
6,0 erreicht wird.
2. Die Laborleistungen nach dem Abschnitt O II und O III BMÄ werden mit dem für diese Leistungen vereinbarten
Vertragspunktwert vergütet. Die Regelung unter Abschnitt III. 1. Absatz 2 und 3 gilt entsprechend mit der Maßgabe,
daß für die Gruppe der Laborärzte und Mikrobiologen eine TGV-Gruppe analog Ziffer II gebildet wird, wenn der mit dem
Vertragspunktwert bewertete Leistungsbedarf für die O II- und O III-Leistungen den der KVS zustehenden Teilbetrag
der Gesamtvergütung für diese Leistungen übersteigt. Die Verteilung der der Gruppe der Laborärzte und Mikrobiologen
zustehenden TGV-Gruppe erfolgt analog der Regelung unter Ziffer II.
Mit Rundschreiben vom 25.01.1993 übersandte die Beklagte den Vertragsärzten die Abrechnungen des 3. Quartals
1992. Gegen die ihnen erteilte Honorarabrechnung AOK III/92 erhoben die Kläger Widerspruch. Laborärzte führten
bekanntlich nur Leistungen auf Überweisungen aus. Eigene Patienten, Primärscheine, seien nicht zulässig. Somit sei
eine Selbstzuweisung ausgeschlossen. Überlegungen des HVM seien aber gewesen, Ausweitungen in Form von
Selbstzuweisungen auszuschließen. Somit sollte die Laborarztgruppe der Überweisungsdurchführer beim HVM
ausgenommen sein. Wenn alle Fachgruppen als Grundbasis 9 Pfennige (Pf.) erhielten, sei es nicht zu verstehen, daß
Laborärzte und Mikrobiologen 7,5 Pf. oder weniger erhielten. Bei der Abrechnung sei der Restpunktwert der Laborärzte
gar auf 6 Pf. gefallen.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.1993 zurückgewiesen. In dem Rundschreiben vom
25.01.1993 seien die Vergütungssätze der Leistungen für Versicherte u.a. der Beigeladenen bekanntgegeben worden.
Weiterhin seien im Rundschreiben die Ausgangsfallwerte der einzelnen Arztgruppen und die Restpunktwerte
aufgeführt worden. Für die Laborleistungen aus Kapitel O II und O III habe der Ausgangsfallwert 814,3 Punkte
betragen. 80 % dieses Wertes seien mit 7,5 Pf. vergütet worden, während das Resthonorar mit einem Punktwert von
6 Pf. vergütet worden sei. Die Berechnungen entsprächen sowohl den Vereinbarungen in den Verträgen mit der
Beigeladenen als auch den Bestimmungen des HVM.
Mit Rundschreiben vom 26.04.1993 wurde die Abrechnung des 4. Quartals 1992 an die Vertragsärzte versandt. Gegen
die Honorarabrechnung AOK IV/92 legten die Kläger Widerspruch ein unter Hinweis auf ihr vorangegangenes
Widerspruchsschreiben. Auch dieser Widerspruch wurde mit einem weiteren Widerspruchsbescheid, ebenfalls vom
06.07.1993, zurückgewiesen.
Das Sozialgericht für das Saarland (SG) hat die gegen diese Bescheide erhobenen Klagen zur gemeinsamen
Verhandlung und Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 05.04.1995 abgewiesen. In den Gründen hat es
ausgeführt, Grundlage für die Berechnung der Honoraransprüche der Kläger seien die im einheitlichen
Bewertungsmaßstab/Bewertungsmaßstab für kassenärztliche Leistungen (EBM/BMÄ) festgelegten Punktwerte i.V.m.
dem HVM der Beklagten sowie die entsprechenden Honorarverträge mit der Beigeladenen. Die Klage richte sich dabei
gegen die in § 5 III HVM getroffene Vergütung der Laborleistungen. Diese Regelung sei aber rechtlich nicht zu
beanstanden, sie verstoße insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit, denn sie enthalte
eine ausreichende Differenzierung zwischen den Auftragsleistungen erbringenden Ärzte und den Selbstzuweisern
einerseits und keine unzulässige Gleichbehandlung der rationalisierbaren Leistungen nach O II im Verhältnis zu den
kostenintensiven Leistungen nach O III andererseits. Die in Frage stehende Topfbildung als solche verstoße nicht
gegen höherrangiges Recht und sei auch mit dem EBM, der seinerseits rechtsgültig sei, vereinbar (vgl. im einzelnen
BSG vom 29.09.1993 - Az.: 6 RKa 65/91 = SozR 3 - 2500 § 85 Nr. 4). Die von der Beklagten getroffene Regelung
genüge auch dem aus Art. 12 Grundgesetz (GG) i.V. m. Art. 3 GG folgenden Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit,
der besage, daß die ärztlichen Leistungen "prinzipiell gleichmäßig" zu vergüten seien mit der Folge, daß
Unterschiede, die typischerweise innerhalb der betroffenen Berufsgruppe bestünden, auch bei den
Vergütungsregelungen Berücksichtigung finden müßten. Gemäß § 5 III 2. werde für die Gruppe der Laborärzte und
Mikrobiologen eine gesonderte Teilgesamtvergütungsgruppe gebildet. Damit werde der Unterscheidung zwischen
Auftragsleistungen erbringenden Ärzte und Selbstzuweisern Rechnung getragen. Gleichzeitig werde diese Gruppe von
den für die Mengenentwicklung durch Selbstzuweisung verantwortlichen Selbstzuweisern abgegrenzt und erhalte
einen eigenen Topf. Dieser Topf sei durch die Verweisung auf III 1. und damit auch auf die Mindestpunktwertgrenze
ausreichend nach unten abgesichert. Diese Regelung wirke auch auf die Mengenentwicklung ein, da durch
übermäßige Ausdehnung der ökonomisch attraktiven Leistungen durch Selbstzuweiser lediglich deren eigener, vom
Punktwert der Auftragsleistungen erbringenden Ärzte unabhängiger Topf abgegrenzt werde. Der Umstand, daß sowohl
Leistungen nach O II als auch O III aus diesem Topf vergütet würden, also sowohl rationalisierbare kostengünstig zu
erbringende Leistungen als auch nicht rationalisierbare Leistungen mit einem hohen Kostenanteil, rechtfertige nicht
den Schluß auf die Rechtswidrigkeit der getroffenen Regelung, stelle insbesondere keine unzulässige
Gleichbehandlung dar. Das wertmäßige Verhältnis der Leistungen zueinander werde nämlich durch den EBM bzw.
BMÄ geregelt, während die Regelung des HVM den Honorarpunktwert betreffe. In diesem Zusammenhang habe das
BSG ausgeführt, daß die Verteilungsgerechtigkeit lediglich dann verletzt sei, wenn durch Selbstzuweisung die
Mengenentwicklung und durch die Mengenentwicklung der Honorarpunktwert negativ beeinflußt werde und eine
betreffende Gruppe, nämlich die Auftragsleistungen erbringenden Ärzte, hierauf keinen Einfluß hätten, demnach
sowohl durch die Menge als auch durch die Verweisung auf kostenintensive Leistungen, im wesentlichen solche nach
O III, letztendlich benachteiligt werden könnten. Demnach würden die durch BSG vom 29.10.1993 a.a.O. dargestellten
strukturellen Unterschiede der Leistungen nach O II und O III ausreichend berücksichtigt. Insoweit entfalle nämlich die
Möglichkeit der Punktwertabsenkung durch übermäßige Selbstzuweisung einerseits, zum anderen werde durch den
Mindestpunktwert ein bodenloser Wertverfall verhindert. Auch der Umstand, daß im wesentlichen alle an der
Teilgesamtvergütungsgruppe Beteiligten an den ihnen erteilten Auftrag gebunden seien, verhindere, daß durch
verstärkte Ausführungen der Leistungen nach O II eine willkürliche Beeinflussung des Punktwertes erfolge. Gerade
durch die Bildung eines Sondertopfes für die im wesentlichen Auftragsleistungen erbringenden Ärzte werde verhindert,
daß durch eine medizinisch nicht veranlaßte Ausweitung bestimmter ökonomisch attraktiver Leistungen der
Honoraranspruch für die anderen am Topf beteiligten Auftragsleistungen erbringenden Ärzte beeinflußt werde. Auch
der Umstand, daß zwar eine Punktwertdifferenzierung vorgenommen werde, diese sich aber nicht dahingehend
ausgewirkt habe, daß unterschiedliche Honorarpunktwerte vergütet würden, rechtfertige kein abweichendes Ergebnis.
Die Höhe des Punktwertes bei mengenmäßig begrenzten Leistungen werde nämlich nicht von der Beklagten
festgesetzt, sondern folge aus der Mengenentwicklung als solcher. Was den Ausgangspunktwert betreffe, handele es
sich hierbei um eine im Gesamtvertrag getroffene strukturelle Entscheidung, deren Weitergabe zulässig sei. Durch die
von der Beklagten getroffene Regelung, nämlich Bildung eines Sondertopfes für Laborärzte und Mikrobiologen, also
Auftragsleistungen erbringende Ärzte, würden diese von den Selbstzuweisern, den Verursachern der
Mengenentwicklung, und der dadurch bedingten Punktwertabsenkung, abgegrenzt. Die Regelung enthalte weiterhin
auch eine Punktwertgarantie. Eine Anrechnung der Auftragsleistungen auf das Punktekontingent des auftraggebenden
Arztes erscheine neben der Bildung von Sondertöpfen für Auftragsleistungen erbringende Ärzte nicht erforderlich, da
insoweit eine Beeinflussung durch Selbstzuweiser ausgeschlossen sei. Dies würde zwar möglicherweise auch zur
Mengenbegrenzung führen, jedoch sei es nicht Sache der Gerichte, in die der Satzungsautonomie der Beklagten
unterliegenden Regelungen einzugreifen, es sei denn, diese seien rechtswidrig. Ob die Beklagte die zweckmäßigste
aller denkbaren Lösungen gewählt habe, sei nicht Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung. Die Regelung der
Beklagten verstoße demnach nicht gegen den aus Art. 12 i.V.m. Art. 3 GG hergeleiteten Grundsatz der
Verteilungsgerechtigkeit. Die Regelung des § 5 HVM und die darauf beruhenden Honorarbescheide seien als
rechtmäßig anzusehen.
Gegen dieses ihnen am 16.05.1995 zugestellte Urteil haben die Kläger mit einem am 08.06.1995 eingegangenen
Schriftsatz die vom SG zugelassene Berufung eingelegt.
Sie tragen vor, im Rahmen ihrer kassen- bzw. vertragsärztlichen Tätigkeit würden sie nur auf Auftrag dritter Ärzte
tätig. Der hier maßgebliche HVM der Beklagten folge im Hinblick auf das Urteil des BSG vom 29.09.1993 - 6 RKa
65/91 - nicht dem Gebot der Verteilungsgerechtigkeit und unterscheide nicht gebührend zwischen Auftragserbringern
und Selbstzuweisern. Die gem. § 5 III 2. HVM gebildete Teilgesamtvergütungsgruppe für Laborärzte und
Mikrobiologen trage dem Unterschied der geforderten angemessenen Honorierung zwischen reinen Auftragsleistungen
und Selbstzuweiserleistungen nicht gebührend Rechnung, da es an einer gesonderten Punktwertbestimmung für die
von dieser Gruppe erbrachten laborärztlichen Leistungen fehle. Die Regelung im HVM wirke auch nicht auf die
Mengenentwicklung ein, da Selbstzuweisern durch mengenmäßige Ausweitung Punktwertverfallausgleichung möglich
sei, was ihnen - den Klägern - versagt sei. Ferner stelle es eine unzulässige Gleichbehandlung dar, daß Leistungen
nach O II und O III, damit zu rationalisierende und auch nicht rationalisierbare Leistungen mit einem hohen
Kostenanteil, aus einem Topf vergütet würden. Dem HVM der Beklagten fehle eine Zuordnung von Honorartöpfen für
reine Auftragserbringer. Die Regelung im HVM der Beklagten stelle insoweit eine rechtlich bedenkliche
Hilfskonstruktion dar, die dem geforderten Gleichbehandlungsgrundsatz nicht Rechnung trage.
Die Kläger beantragen,
1. das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 05.04.1995 und die Honorarbescheide AOK der Beklagten für
die Quartale III und IV/92 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 06.07.1993 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verurteilen, sie - die Kläger - bzgl. ihrer Honoraransprüche für diese Quartale neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, es treffe zu, daß zwischen Laborärzten und selbstzuweisenden Ärzten hinsichtlich der Leistungen nach
O II und O III EBM zunächst nicht differenziert werde. Diese Differenzierung trete jedoch dann ein, wenn der
festgesetzte Punktwert aufgrund einer steigenden Mengenentwicklung absinke. Sodann koppele sich das für
Laborleistungen vorgesehene Budget der Laborärzte und Mikrobiologen von demjenigen der übrigen Ärzte ab und bilde
eine eigene Teilgesamtvergütung. Selbstzuweisende Ärzte partizipierten an diesem fachgruppenbezogenen
Sondertopf nicht. Damit werde genau das bezweckt, was das BSG in seiner Entscheidung vom 29.09.1993 als
wesentlich erachte, nämlich die Bildung getrennter Töpfe für Laborärzte und selbstzuweisende Ärzte. Daß dies nicht
von vornherein geschehe, sei völlig unschädlich, da der Trennungsmechanismus exakt dann greife, wenn der
Punktwert aufgrund der Mengenentwicklung degrediere. Die Mengenentwicklung als solche sei wiederum nach der
Auffassung des BSG im wesentlichen von den Selbstzuweisern gesteuert. Mit der automatischen Bildung eines
eigenen Topfes bei sinkendem Punktwert werde dieser Einfluß der selbstzuweisenden Ärzte gestoppt. Für die
Auffassung der Kläger, neben der Bildung eines eigenen Topfes für Laborärzte müsse auch ein eigener Punktwert für
diese Fachgruppe geschaffen werden, gebe das Urteil des BSG nichts her. Der Senat stelle vielmehr fest, daß aus
dem Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit nicht abgeleitet werden könne, Laborärzten stünde ein bestimmter
höherer Punktwert, etwa wie für die allgemeinen Leistungen, zu. Es könne auch nicht beanstandet werden, daß
Leistungen nach O II und O III EBM zusammengefaßt worden seien. Diese Leistungen seien typischerweise
diejenigen, welche von Laborärzten im Auftrag erbracht würden, während Leistungen nach O I EBM nur einen sehr
geringen Anteil am Gesamtvolumen der Auftragsfälle ausmachten, da sie von vielen Ärzten selbst erbracht werden
könnten. Dem Vortrag der Kläger, die Kostensituation sei wegen unterschiedlicher Rationalisierungsmöglichkeiten bei
Leistungen nach O II und O III EBM unterschiedlich, sei entgegenzuhalten, daß mit dem Punktwert für
rationalisierungsfähige Leistungen die höheren Kosten für die Leistungen nach O III EBM ausgeglichen werden
könnten. Es handele sich folglich um eine Mischkalkulation, die dem vertragsärztlichen Honorierungssystem nicht
fremd sei.
Die Beigeladene beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließt sich den Gründen des angefochtenen Urteils an.
Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der
beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten; der Inhalt der Beiakten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Es handelt sich vorliegend um eine Angelegenheit der Kassenärzte (§§ 33, 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz -
SGG), so daß der Senat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Kassenärzte
entscheidet.
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Die von den Klägern angefochtenen Regelungen im HVM betreffend
die Vergütung der Laborleistungen und die auf ihnen beruhenden Honorarbescheide der Beklagten sind rechtmäßig.
Die hier maßgebliche Bestimmung des § 5 III des HVM verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Gemäß § 85 Abs.
4 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) verteilt die Kassenärztliche Vereinigung die
Gesamtvergütung unter die Kassenärzte. Sie wendet dabei den im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen
festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung sind Art und Umfang der Leistungen des Kassenarztes
zugrunde zu legen (§ 85 Abs. 4 Satz 1 bis 3 SGB V).
Wie das BSG bereits wiederholt entschieden hat (s. SozR 3 - 2500 § 85 Nrn. 4, 11), läßt sich aus § 85 Abs. 4 Satz 3
SGB V nicht herleiten, daß die kassenärztlichen Leistungen nach ihrer Art und ihrem Umfang stets gleichmäßig nach
einem für alle Leistungen einheitlichen Punktwert honoriert werden müssen. Vielmehr läßt das Gesetz eine Aufteilung
der Gesamtvergütung in Teilbudgets zu mit der Folge, daß die kassenärztlichen Leistungen nicht mehr entsprechend
dem EBM im selben Verhältnis, sondern, abhängig von der Mengenentwicklung im jeweiligen Leistungsbereich,
unterschiedlich hoch vergütet werden. Für die Zulässigkeit einer solchen Aufteilung in Teilbudgets spricht auch die
Vorschrift des § 85 Abs. 4 Satz 5 SGB V, wonach eine nach Arztgruppen und Versorgungsgebieten unterschiedliche
Verteilung zulässig ist. Allerdings darf die Kassenärztliche Vereinigung im Hinblick auf die berufsregelnde Tendenz
von Honorarverteilungsvorschriften die Verteilung nicht frei nach ihrem Ermessen vornehmen. Vielmehr muß sie den
aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit beachten, wonach zwar
die ärztlichen Leistungen prinzipiell gleichmäßig zu vergüten sind, aber Unterschiede, die typischerweise innerhalb der
betroffenen Berufsgruppe bestehen, auch bei der Honorarverteilung berücksichtigt werden müssen, wenn sie so
bedeutsam sind, daß ihre Beachtung nach einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise geboten
erscheint (BSG a.a.O. § 85 Nr. 4). Durch die Pflicht zur Beachtung des Gleichheitsgebotes wird es der
Kassenärztlichen Vereinigung nicht verwehrt, im Interesse der Überschaubarkeit und Praktikabilität einer Regelung zu
verallgemeinern, zu typisieren und zu pauschalieren. Der Gleichheitssatz läßt ihr einen weiten Gestaltungsspielraum.
Ob sie jeweils die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat, ist vom Gericht nicht
nachzuprüfen (BSG a.a.O.).
Entgegen der Ansicht der Kläger verstößt § 5 III HVM der Beklagten nicht gegen das Gebot der
Verteilungsgerechtigkeit, da er hinreichend zwischen Auftragsleistungen erbringenden Ärzten - wie den Klägern - und
sogenannten Selbstzuweisern differenziert.
§ 5 III 1. HVM regelt die Vergütung der Laborleistungen nach dem Abschnitt O I EBM/BMÄ. Bei diesen Leistungen
handelt es sich um die Basisuntersuchungen, die zum Standard einer jeden Arztpraxis gehören. Sie fallen bei
ausschließlich Auftragsleistungen erbringenden Ärzten nur in sehr geringem Umfang an (nach den Abrechnungen in
den streitigen Quartalen ca. 1,7 % der von den Klägern angeforderten Laborleistungen) und werden weit überwiegend
in den einzelnen Arztpraxen selbst erbracht. Unter Beachtung des der Beklagten zustehenden
Gestaltungsspielraumes und im Interesse der Praktikabilität erscheint daher für den Bereich O I wegen der für die
Laborärzte geringen praktischen Bedeutung die Bildung eines eigenen Honorartopfes für Laborärzte nicht zwingend
geboten, so daß insoweit die Vergütung aus einem Topf für alle Arztgruppen nicht zu beanstanden ist.
Für die Laborleistungen nach den Abschnitten O II (allgemeine Untersuchungen) und O III (spezielle Untersuchungen)
EBM/BMÄ wird gem. § 5 III 2. ein eigener Honorartopf gebildet. Diese Leistungen werden mit dem vereinbarten
Vertragspunktwert vergütet, so daß zunächst keine Unterscheidung zwischen Laborärzten und Selbstzuweisern
getroffen wird. Diese Differenzierung erfolgt jedoch, sobald aufgrund von Leistungsausweitungen der mit dem
Vertragspunktwert bewertete Leistungsbedarf den für O II und O III Leistungen vereinbarten Teilbetrag der
Gesamtvergütung übersteigt und der Punktwert durch Quotierung absinkt. Sodann wird für die Laborärzte und
Mikrobiologen - die Auftragsleistungen erbringenden Ärzte - eine eigene Teilgesamtvergütungsgruppe gebildet, an der
die selbstzuweisenden Ärzte nicht teilnehmen. Dadurch wird erreicht, daß Leistungsausweitungen, die durch die
selbstzuweisenden Ärzte veranlaßt sind, die ihr Leistungsspektrum und ihren Leistungsumfang im wesentlichen selbst
bestimmen können, sich nicht auf das Honorar der Auftragsleistungen erbringenden Laborärzte auswirken. Durch die
Einführung eines garantierten Mindestpunktwertes von 6 Pf. ist zudem gewährleistet, daß der Punktwert nicht unter
eine noch vertretbare Mindestgrenze absinkt. Entgegen der Ansicht der Kläger sind diese im HVM der Beklagten
getroffenen Regelungen auch geeignet, auf die Mengenentwicklung einzuwirken, da sich Leistungsausweitungen, die
nicht durch Auftragsleistungen erbringende Ärzte, sondern durch Selbstzuweiser verursacht werden, ausschließlich
auf die Verteilung der für diese Gruppe zur Verfügung stehenden Teilgesamtvergütung auswirken und damit nur deren
Punktwert beeinflussen.
Die Honorarverteilungsregelungen für die Laborleistungen im HVM der Beklagten unterscheiden sich somit ganz
wesentlich von denen im HVM der Kassenärztlichen Vereinigung H., die das BSG in seinem Urteil vom 29.09.1993
(SozR 3 a.a.O. § 85 Nr. 4) wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit für rechtswidrig erklärt
hat. Der HVM der Kassenärztlichen Vereinigung H. sah für sämtliche Laborleistungen die Vergütung mit einem
einheitlichen, von der Höhe des zur Verfügung stehenden Budgets und der Leistungsmenge abhängigen Punktwert
vor. Das BSG hat bemängelt, daß diese Regelungen die Unterschiede vernachlässigten, die sich zwischen
Laborärzten auf der einen und anderen Laboruntersuchungen ausführenden Ärzten auf der anderen Seite dadurch
ergäben, daß erstere ausschließlich Auftragsleistungen erbrächten, während letztere ihr Leistungsspektrum und ihren
Leistungsumfang im wesentlichen selbst bestimmen könnten. Auch seien gleichermaßen solche Leistungen erfaßt (im
wesenlichen des Abschnitts O II des EBM), bei denen sich durch die Möglichkeit der Rationalisierung selbst bei
sinkendem Punktwert noch größere Gewinne erzielen ließen, wie auch solche Leistungen (im wesentlichen des
Abschnitts O III des EBM), die wegen hoher Kostenanteile und geringerer oder fehlender
Rationalisierungsmöglichkeiten nur bei einem bestimmten höheren Mindestpunktwert kostendeckend erbracht werden
könnten. Dies benachteilige die Gruppe der Laborärzte, die in ihrer Praxis überwiegend solche Spezialuntersuchungen
gem. Abschnitt O III des EBM ausführten, und begünstige demgegenüber die Mitglieder von Laborgemeinschaften, für
die wegen der vorteilhaften Kostenstrukturen bei den von ihnen in Auftrag gegebenen allgemeinen
Laboruntersuchungen nach Abschnitt O II des EBM und der Möglichkeit, diese Untersuchungen ohne Erbringung einer
eigenen ärztlichen Leistung abrechnen zu können, zudem ein erheblicher wirtschaftlicher Anreiz zur Ausweitung der
Leistungsmenge bestehe.
Diese vom BSG herausgestellten Unterschiede zwischen den Laborärzten einerseits und den selbstzuweisenden
Ärzten andererseits werden durch die dargestellten Regelungen im HVM der Beklagten angemessen berücksichtigt,
die sicherstellen, daß sich durch die selbstzuweisenden Ärzte verursachte Ausweitungen der Leistungsmenge nicht
auf den Punktwert und damit das Honorar der Auftragsleistungen erbringenden Laborärzte auswirken. Dies gilt auch,
soweit es um die Zusammenfassung der Leistungen nach O II und O III EBM/BMÄ in einem Honorartopf geht. Auch
insofern besteht der entscheidende Unterschied zwischen dem HVM der Kassenärztlichen Vereinigung H. und dem
der Beklagten darin, daß beim Absinken des Punktwertes eine eigene Teilgesamtvergütungsgruppe gebildet wird, so
daß wegen der getrennten Honorartöpfe eine Begünstigung der selbstzuweisenden Ärzte zu Lasten der
Auftragsleistungen erbringenden Laborärzte durch eine Ausweitung der kostengünstiger zu erbringenden Leistungen
nach O II ausgeschlossen ist. Daß im eigenen Honorartopf der Laborärzte die Leistungen nach O II und O III mit
demselben Punktwert vergütet werden, beeinträchtigt die Verteilungsgerechtigkeit nicht. Das wertmäßige Verhältnis
dieser Leistungen zueinander, die Punktebewertung der einzelnen Leistungen, wird nicht durch den HVM, sondern
durch den EBM bzw. BMÄ festgelegt. Da die Auftragsleistungen erbringenden Laborärzte an den ihnen erteilten
Auftrag gebunden sind, ist es ihnen nicht möglich, durch eigenveranlaßte Ausweitung kostengünstig zu erbringender
Leistungen den Honoraranspruch der übrigen an dem Sondertopf der Laborärzte beteiligten Ärzte zu beeinflussen.
Schließlich hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, daß mit dem Punktwert für rationalisierungsfähige
Leistungen nach O II - vor allem Praxisgemeinschaften, wie sie auch die Kläger führen, kommen
Rationalisierungsmöglichkeiten zugute - höhere Kosten nach O III ausgeglichen werden können und es sich insoweit
um eine Mischkalkulation handelt, was nicht zu beanstanden ist.
Im Ergebnis ist somit festzustellen, daß die streitigen Honorarverteilungsregelungen mit dem Gebot der
Verteilungsgerechtigkeit vereinbar und die angefochtenen Honorarbescheide rechtmäßig sind.
Danach war die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 SGG. Im Hinblick auf den ab 01.01.1993 gültigen §
193 Abs. 4 Satz 2 SGG hat der Senat die Kostenentscheidung des SG abgeändert. Hierzu war er berechtigt, obwohl
er die Entscheidung des SG in der Hauptsache bestätigt hat, da das Verbot der reformatio in peius für die
Kostenentscheidung nicht gilt (s. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz mit Erläuterungen, 5. Auflage 1993, § 193
Rdnr. 16 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des BSG).
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.