Urteil des LSG Saarland vom 02.03.2007

LSG Saarbrücken: befreiung von der versicherungspflicht, bemessung der beiträge, zusatzrente, umlageverfahren, öffentlich, zusatzversicherung, beitragssatz, rentner, begriff, industrie

LSG Saarbrücken Urteil vom 2.3.2007, L 7 R 44/05
Krankenversicherung - Tragung der Beiträge für eine Rente aus der umlagefinanzierten
hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherung ab 1.1.2004
Leitsätze
Bei einer Rente aus der hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherung im Umlageverfahren
handelt es sich - jedenfalls für die Zeit ab dem 01.01.2004 - um eine Rente der
gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne des § 228 SGB 5 und nicht um
Versorgungsbezüge nach § 229 I 1 Nr 5 SGB 5. Der Bezieher einer
hüttenknappschaftlichen Zusatzrente hat daher einen Anspruch auf Übernahme der
hälftigen Krankenversicherungsbeiträge nach § 249 a SGB 5. Ein anderes Normverständnis
würde den Gleichheitssatz des Art 3 I GG verletzen.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das
Saarland vom 23.05.2005 aufgehoben und der Bescheid der Beklagten vom 19.11.2003
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2004 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, die auf die Zusatzrente des Klägers aus der
Hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherung ab 01.01.2004 anfallenden Beiträge zur
Gesetzlichen Krankenversicherung zur Hälfte zu tragen.
Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren nur noch über die von dem Kläger seit dem
01.01.2004 zu tragenden Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen der
Hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherung (HZV).
Der 1940 geborene Kläger bezieht seit dem 01.04.2001 aufgrund
Zusatzrentenbescheides vom 29.05.2001 eine Rente aus der HZV.
19.11.2003
01.01.2004 nicht mehr der halbe, sondern der volle allgemeine Beitragssatz zur
Krankenversicherung der Rentner (KVdR) von der Rente aus der HZV einbehalten und an
den zuständigen Krankenversicherungsträger abgeführt werde.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, ohne diesen zu begründen; der
07.09.2004
zurückgewiesen.
Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 04.09.2004 Klage erhoben, wobei er
beantragt hat, die Beklagte zu verurteilen, unter Berücksichtigung der von dem Kläger
vertretenen Rechtsauffassung im Zusammenhang mit der Einbehaltung und Abführung der
vollen Beiträge zur Krankenversicherung sowie Pflegeversicherung aus der HZV ab
01.04.2004 die dem Kläger gezahlte Zusatzrente neu zu berechnen.
Das Sozialgericht für das Saarland (SG) hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit
23.05.2005
Es hat zur Begründung seiner Entscheidung u.a. ausgeführt, Gegenstand des vorliegenden
Verfahrens sei die Höhe der Beiträge zur Krankenversicherung ab 01.01.2004. Zwar habe
der Kläger seinen Klageantrag dahin formuliert, die Zusatzrente sei ab 01.04.2004 neu zu
berechnen, der weitere Inhalt des Klageschriftsatzes weise aber eindeutig aus, dass sich
der Kläger gegen die Änderungen ab 01.01.2004 wende. Soweit der Kläger nunmehr in
sein Klagebegehren auch die Beiträge zur Pflegeversicherung einbezogen habe, sei seine
Klage unzulässig, denn die angefochtenen Bescheide regelten lediglich die Abführung der
vollen Beiträge zur Krankenversicherung ab 01.01.2004. Hinsichtlich dieser Regelung sei
die erhobene Klage zwar zulässig, aber unbegründet. Dass nämlich die von der Beklagten
vorgenommene Berechnung der klägerischen Zusatzrente gegen § 248 des 5. Buches des
Sozialgesetzbuchs, Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) in der derzeit gültigen
Fassung verstoße, sei vom Kläger weder vorgetragen noch ansonsten für die Kammer
ersichtlich. Der Kläger könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, § 248 SGB V
verstoße gegen höherrangiges Recht, insbesondere gegen Vorschriften des Grundgesetzes
(GG). Eine Verletzung des Gleichheitssatzes liege nicht vor. Art. 3 GG schließe nämlich
nicht aus, dass ungleiche Sachverhalte auch ungleich behandelt würden. Die Vorschrift
verbiete lediglich, dass wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches
willkürlich gleich behandelt werde. Zwischen Arbeitnehmern, die in einem aktiven
Beschäftigungsverhältnis stünden, und Rentnern bestünden aber wesentliche
Unterschiede, so dass der Gesetzgeber nicht gehindert sei, die Beitragstragung zur
gesetzlichen Krankenversicherung unterschiedlich zu regeln. Für die Kammer sei nicht
ersichtlich, dass die Beitragspflicht zur Krankenversicherung Eigentumsrechte
beeinträchtige.
Gegen den am 01.06.2005 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 01.07.2005
bei Gericht eingegangene Berufung.
Zur Begründung trägt der Kläger im Wesentlichen vor, entgegen den Ausführungen des SG
beinhalte der angefochtene Bescheid nicht nur Regelungen hinsichtlich der Einbehaltung
und Abführung der vollen Beitragssätze zur Krankenversicherung aus der HZV, sondern
ebenfalls den vollen Beitragssatz zur Pflegeversicherung, und zwar ebenfalls ab
01.01.2004. Der Kläger rüge nach wie vor die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen
Grundlagen der hier angefochtenen Bescheide; insbesondere liege darin eine Verletzung
der Rechte des Klägers aus Art. 3 Abs. 1 GG.
Der Kläger beantragt,
1. den Gerichtsbescheid des SG vom 23.05.2005 aufzuheben und
den Bescheid der Beklagten vom 19.11.2003 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 07.09.2004 abzuändern,
2.die Beklagte zu verurteilen, die auf die Zusatzrente des Klägers aus
der HZV ab 01.01.2004 anfallenden Beiträge zur Gesetzlichen
Krankenversicherung zur Hälfte zu tragen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
wobei sie zur Begründung im Wesentlichen vorträgt, die Berechnung der HZV-Rente und
der abzuführenden Beiträge zur KVdR sei unter Beachtung der geltenden Vorschrift des §
248 SGB V erfolgt.
Die Beklagte hat eine Stellungnahme des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger
(VDR) vom 23.03.2004 sowie eine Stellungnahme des Bundesministeriums der Finanzen
(BMF) vom 19.08.2005 vorgelegt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, den weiteren
Akteninhalt sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen
Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Gegen die Zulässigkeit der von dem Kläger eingelegten Berufung ergeben sich keine
Bedenken.
Die Berufung ist auch in vollem Umfang begründet, nachdem der Klägerbevollmächtigte im
Termin zur mündlichen Verhandlung seinen Antrag auf die Übernahme der hälftigen
Krankenversicherungsbeiträge beschränkt hat.
Der Kläger hat ab dem 01.01.2004 gegenüber der Beklagten gem. § 249a SGB V in der
bis 30.06.2005 geltenden Fassung einen Anspruch auf Übernahme der hälftigen Beiträge
zur Krankenversicherung aus der HZV, da es sich bei der HZV um eine Rente aus der
gesetzlichen Rentenversicherung handelt.
Zwar gelten gem. § 228 Abs. 1 SGB V als Rente der gesetzlichen Rentenversicherung nur
Renten der allgemeinen Rentenversicherung (bzw. Renten der Rentenversicherung der
Arbeiter und Angestellten nach der bis 31.12.2004 geltenden Gesetzesfassung) sowie
Renten der knappschaftlichen Rentenversicherung einschließlich der Steigerungsbeträge
aus Beiträgen der Höherversicherung. Die HZV-Zusatzrente ist aber als Rente der
allgemeinen Rentenversicherung anzusehen, auch wenn § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V
Renten aus der HZV als Renten der betrieblichen Altersversorgung ansieht und sie damit
den sonstigen der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezügen) zurechnet. §
229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V ist aber, zumindest für die Zeit ab dem 01.01.2004, in
verfassungskonformer Auslegung dahingehend zu interpretieren, dass hiervon nur die mit
Wirkung ab dem 01.07.2002 neu eingeführten Renten aus der kapitalgedeckten HZV
erfasst werden, nicht hingegen Renten aus der im Umlageverfahren finanzierten HZV;
diese sind als Renten der allgemeinen Rentenversicherung bzw. als Renten aus der
Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten i.S.d. § 228 Abs. 1 SGB V anzusehen.
Ein anderes Normverständnis würde zu einer verfassungsrechtlich nicht vertretbaren
Ungleichbehandlung der Rentenbezieher aus der umlagefinanzierten HZV im Verhältnis zu
den Rentenbeziehern aus der knappschaftlichen Rentenversicherung führen.
Zwar handelt es sich bei der HZV im Umlageverfahren lediglich um eine verpflichtende
Zusatzversorgung auf öffentlich-rechtlicher Grundlage für die Arbeitnehmer in den
Betrieben der Saarhütten und anderer Unternehmen der eisenerzeugenden, -
verarbeitenden und -weiterverarbeitenden Industrie im Saarland. Hierbei werden die
Leistungen aus der HZV zusätzlich zu und abhängig von der Gewährung einer Rente aus
der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt (§ 3 Abs. 2 des Gesetzes über die
Neuregelung der hüttenknappschaftlichen Pensionsversicherung im Saarland vom
22.12.1971 in der bis 30.06.2002 geltenden Fassung ; § 19
Abs. 2 HzVG vom 21.06.2002 in der seit 01.07.2002 geltenden
Fassung ). Aufgrund der Vergleichbarkeit der HZV-Rente in Ergänzung zur Rente aus
der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Rente aus der knappschaftlichen
Rentenversicherung würde aber eine Ungleichbehandlung bei der Tragung der Beiträge zur
Krankenversicherung einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1
Grundgesetz (GG) bedeuten.
Die HZV hat nämlich ihren Ursprung in dem alten preußischen Knappschaftsgesetz von
1854, wodurch das Knappschaftswesen für das gesamte damalige preußische
Staatsgebiet einheitlich geregelt wurde. Alle durch den Staat oder Private betriebenen und
unter der Aufsicht der Bergbehörde stehenden Hütten in Aufbereitungsanlagen mussten
einem Knappschaftsverein angehören. Infolgedessen kam es auch zur Gründung der
hüttenknappschaftlichen Pensionsversicherung im Saarland. Mit der Verkündung des
Reichsknappschaftsgesetzes im Jahr 1923 schieden im übrigen Reichsgebiet die in den
Hüttenwerken beschäftigten Personen aus der knappschaftlichen Versicherung
grundsätzlich aus. Es wurde jedoch eine Ausnahmeregelung vorgesehen, wonach die
knappschaftliche Versicherung durch eine gemeinschaftliche Erklärung des Arbeitgebers
und der Mehrheit der Arbeitnehmer fortgesetzt werden kann. Diejenigen Hüttenwerke, die
durch entsprechende Erklärung in der knappschaftlichen Versicherung geblieben sind, sind
heute in der knappschaftlichen Rentenversicherung versichert. Aufgrund der besonderen
Verhältnisse nach dem Ersten Weltkrieg verlief im Saarland die Entwicklung anders. Nach
der Rückgliederung im Jahr 1935 blieb der knappschaftliche Pensionsverein für Hüttenwerke
noch für einige Zeit bestehen. Im Jahr 1938 übernahm dann die Reichsknappschaft die
hüttenknappschaftliche Pensionsversicherung in einer besonderen Verwaltungsstelle, der
Saarhüttenknappschaft. Nach 1945 wurde die hüttenknappschaftliche
Pensionsversicherung dann der Landesversicherungsanstalt (LVA) für das Saarland als
besondere Abteilung angegliedert.
Mit dem HZvG von 1971 wurde die HZV auf eine Rechtsgrundlage gestellt, die sie
weitgehend an das System der gesetzlichen Rentenversicherung angebunden und
angeglichen hat. So erfüllt die HZV im Umlageverfahren sämtliche Kriterien, die die
Legaldefinition des § 15 Abs. 2 Fremdrentengesetz (FRG) für den Begriff der „gesetzlichen
Rentenversicherung“ aufstellt. Danach ist als gesetzliche Rentenversicherung jedes System
der sozialen Sicherheit anzusehen, in das in abhängiger Beschäftigung stehende Personen
durch öffentlich-rechtlichen Zwang einbezogen sind, um sie und ihre Hinterbliebenen für
den Fall der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE), des Alters und des Todes oder für
einen oder mehrere dieser Fälle durch die Gewährung regelmäßig wiederkehrender
Geldleistungen (Renten) zu sichern. Nach den Ausführungen des VDR in seiner
Stellungnahme vom 23.03.2004 wird die HZV im internationalen und europäischen
Sozialrecht auch grundsätzlich wie die allgemeine gesetzliche Rentenversicherung
behandelt. Weiterhin liegt bei der HZV genau wie bei der gesetzlichen Rentenversicherung
eine öffentlich-rechtliche Trägerschaft - hier durch die LVA für das Saarland (jetzt: Deutsche
Rentenversicherung Saarland) - vor (vgl. § 14 Abs. 1 HZvG aF, § 2 Abs. 1 nF). Die
Arbeitnehmer, die in den Betrieben der Saarhütten und anderen Unternehmen der
eisenerzeugenden, -verarbeitenden und -weiterverarbeitenden Industrie im Saarland
beschäftigt sind, sind auch in der HZV pflichtversichert (§ 1 HZvG); eine Befreiung von der
Versicherungspflicht ist nicht vorgesehen. Damit liegt wie in der gesetzlichen
Rentenversicherung eine öffentlich-rechtlich begründete Zwangsversicherung vor. Die HZV
ist auch durch eine mit der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbare Finanzierung
gekennzeichnet, indem sie sich je zur Hälfte durch Beiträge der Versicherten und der
Arbeitgeber finanziert (§§ 11 Abs. 1, 12 Abs. 4 HZvG aF, § 5 Abs. 3 HZvG nF); der
Gesamtbeitrag wird auch - entsprechend den für die allgemeine Rentenversicherung
maßgebenden Vorschriften - durch den Arbeitgeber gezahlt (§ 13 Abs. 1 HZvG aF, § 6 Abs.
1 HZvG nF). Letztlich erbringt die HZV auch Leistungen, die mit denen der allgemeinen
gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar sind. Sie gewährt in erster Linie Renten,
nämlich Zusatzrente wegen Alters, wegen Berufsunfähigkeit und wegen
Erwerbsunfähigkeit sowie an Hinterbliebene, sofern ein Anspruch auf vergleichbare
Leistungen aus der allgemeinen Rentenversicherung besteht (§ 3 HZvG aF, § 19 HZvG nF).
Insgesamt stellt die HZV im Umlageverfahren damit einen besonderen Teil innerhalb des
allgemeinen Systems der gesetzlichen Rentenversicherung der, der sich im Wesentlichen
nur dadurch von der allgemeinen Rentenversicherung abgrenzt, dass die Rente nicht als
eine einheitliche Leistung erbracht wird, sondern in zwei Zahlbeträgen.
Die HZV-Renten sind auch als mit den Renten der knappschaftlichen Rentenversicherung
vergleichbare soziale Sicherungsleistungen anzusehen. Denn die Leistungshöhe in der HZV
im Umlageverfahren ist so bemessen, dass sie annähernd derjenigen für knappschaftliche
Versicherte entspricht. Aufgrund geschichtlicher Besonderheiten gewährt auch die
knappschaftliche Rentenversicherung ihren Versicherten eine Zusatzversorgung, die vom
Gesetzgeber in § 228 Abs. 1 SGB V ohne weiteres zur Grundsicherung der allgemeinen
Rentenversicherung gezählt wird, obwohl sie ihre Mitglieder noch weitergehend sichert als
die HZV. Der nach § 67 des 6. Buches des Sozialgesetzbuchs, Gesetzliche
Rentenversicherung (SGB VI) grundsätzlich maßgebende Rentenartfaktor von 1,0 erhöht
sich für HZV-Versicherte nämlich lediglich um 0,3 Punkte auf 1,3 (§ 4 Abs. 3 HZvG aF)
bzw. bei einem Rentenbeginn nach dem Jahr 2002 um weniger als 0,3 Punkte (§ 20 Abs.
3, 4 HZvG nF), während nach § 82 Nr. 1 SGB VI für knappschaftlich Versicherte der
grundlegende Rentenartfaktor nach wie vor 1,3333 beträgt.
Insgesamt ist damit die umlagefinanzierte HZV als Teil der allgemeinen Rentenversicherung
i.S.d. § 228 Abs. 1 SGB V anzusehen (vgl. auch Urteil des Bundessozialgerichts vom
12.12.1995, Az.: 10 RAr 1/95), während unter den Begriff der „hüttenknappschaftlichen
Zusatzversorgung“ in § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V allein die durch das HZvG nF neu
eingeführte kapitalgedeckte HZV zu subsumieren ist. Letztere unterscheidet sich nämlich in
erheblichem Umfang von der ursprünglichen HZV im Umlageverfahren. Zwar liegt insoweit
ebenfalls eine öffentlich-rechtliche Trägerschaft durch die Deutsche Rentenversicherung
Saarland vor, und es handelt sich auch um eine öffentlich-rechtlich begründete
Zwangsversicherung (§§ 1, 2 HZvG nF); auch die Ausgestaltung der Beitragspflicht und der
Beitragszahlung orientiert sich an der allgemeinen Rentenversicherung (§ 5 HZvG nF).
Gegen eine Qualifizierung als „gesetzliche Rentenversicherung“ spricht aber entscheidend,
dass Inhalt und Höhe der Leistungsgewährung durch Festlegungen in der Satzung und den
allgemeinen Versicherungsbedingungen in ihrer jeweils geltenden Fassung geregelt werden
(§ 12 Abs. 1 HZvG nF) und im übrigen die Bestimmungen des Gesetzes zur Verbesserung
der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) entsprechend Anwendung finden (§ 15 HZvG
nF). Weiterhin unterliegt die Pensionskasse, der die Durchführung der kapitalgedeckten
HZV obliegt, der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (§ 10 Abs. 1
HZvG nF). Anders als bei der gesetzlichen Rentenversicherung finden auf die Buchführung,
Bilanzierung und Rechnungslegung der kapitalgedeckten HZV auch die Bestimmungen des
Handelsgesetzbuches (HGB) Anwendung, wie sich aus §§ 10 Abs. 2 Satz 2, 15 HZvG nF
ergibt. Gegen eine Einordnung der kapitalgedeckten HZV als gesetzliche
Rentenversicherung sprechen auch die steuerrechtlichen Regelungen. Für die Beiträge zur
kapitalgedeckten HZV gelten nämlich gem. § 15 Abs. 2 HZvG nF die Vorschriften für die
steuerliche Förderung der betrieblichen Altersversorgung nach dem
Einkommensteuergesetz (§§ 3 Nr. 63, 10a EStG). Die Beiträge zur HZV im
Umlageverfahren werden demgegenüber steuerlich und beitragsrechtlich wie Beiträge zur
Sozialversicherung behandelt (§ 32 HZvG nF). Weiterhin bestehen - anders als bei der
gesetzlichen Rentenversicherung - zwischen der Pensionskasse, die eine Einrichtung i.S.d. §
1 Abs. 3 BetrAVG ist, und den Mitgliedern privatrechtliche Versicherungsverhältnisse.
Gegen die Qualifizierung der umlagegedeckten HZV als Anteil der „allgemeinen
Rentenversicherung“ i.S.d. § 228 Abs. 1 SGB V lässt sich auch nicht mit Erfolg einwenden,
dass § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V die HZV bereits vor Einführung der kapitalgedeckten
HZV generell als Teil der betrieblichen Altersversorgung eingestuft hat. Denn bei einer
Qualifizierung als betriebliche Altersversorgung ergäbe sich, jedenfalls für die Zeit ab dem
01.01.2004, eine verfassungsrechtlich nicht vertretbare Ungleichbehandlung zwischen den
Rentenbeziehern aus der umlagegedeckten HZV und den Rentenbeziehern aus der
knappschaftlichen Rentenversicherung. Aufgrund der mit Wirkung ab dem 01.01.2004
erfolgten Neuregelung des § 248 SGB V müssten die HZV-Zusatzversicherten dann
nämlich auf die HZV-Leistung den vollen Beitrag zur KVdR zahlen, während die
Knappschaftsversicherten auf die eine „normale“ Rente übersteigende Leistung - aufgrund
des um 0,3333 erhöhten Rentenartfaktors - wegen der Regelung des § 249a SGB V nach
wie vor nur den halben Krankenversicherungsbeitrag entrichten müssen. Eine derartige
Differenzierung wäre aber mit dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG nicht
vereinbar.
Art. 3 Abs. 1 GG beinhaltet eine Verpflichtung des Gesetzgebers, wesentlich Gleiches
gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. Bundesverfassungsgericht,
Amtliche Sammlung 3, 58, 135; 4, 115, 155). Dem Gesetzgeber steht bei
der Bestimmung des Personenkreises, auf den eine gesetzliche Vorschrift angewendet
werden soll, unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgebots allerdings ein weiter
Gestaltungsspielraum zur Verfügung (vgl. BVerfGE 3, 162, 182; 27, 364, 371; 49, 148,
165; 78, 249, 287). Eine Verletzung des Gleichheitssatzes ist daher nur zu bejahen, wenn
sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache folgender oder sonst wie einleuchtender
Grund für die vorgenommene Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (vgl.
BVerfGE 10, 234, 246; 46, 55, 62; 78, 249, 287; Urteil des Bundessozialgerichts
vom 24.03.1988, Az.: 7 RAr 81/86). Denn der Gesetzgeber ist durch Art. 3 GG nicht
verpflichtet, in jeder Rechtsvorschrift Raum für die Berücksichtigung einer wesentlichen
Abweichung im Einzelfall zu lassen (vgl. BSG-Urteil vom 20.11.1996, Az.: 14 REg 6/96).
Insbesondere bei der Ordnung von Massenerscheinungen, wie sie beispielsweise im Bereich
der Arbeitsförderung und auch der Rentenversicherung auftreten, darf der Gesetzgeber
daher typisierende Regelungen treffen und im Einzelfall auftretende Härten sind hierbei
unvermeidlich und hinzunehmen (vgl. BSG-Urteil vom 26.03.1992, Az.: 11 RAr 15/91).
Gleichwohl darf der Gesetzgeber auch bei der Regelung von Massenerscheinungen eine
Gruppe von Normadressaten nicht differenzierend behandeln, wenn zwischen dieser und
einer anderen Gruppe keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen,
dass sie eine Ungleichbehandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 55, 72, 88; 83, 395,
401). Eine gesetzliche Differenzierung zwischen vergleichbaren Personengruppen muss
daher auf sachliche Unterschiede zwischen den Angehörigen dieser Gruppe gestützt sein,
wobei diese Unterschiede ein gewisses Gewicht haben müssen. Auch unter
Berücksichtigung eines weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers ist eine Verletzung
des Gleichheitsgebots damit in Fällen zu bejahen, in denen eine ungleiche Behandlung nicht
mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist,
was dann zu bejahen ist, wenn ein einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung
nicht erkennbar ist (vgl. BVerfGE 9, 334, 337; 64, 158, 168). Zur Rechtfertigung einer
unterschiedlichen Behandlung von Sachverhalten reicht es hierbei nicht aus, dass der
Gesetzgeber die eine oder andere Verschiedenheit zwischen ihnen festgestellt hat.
Gesetzgeber die eine oder andere Verschiedenheit zwischen ihnen festgestellt hat.
Vielmehr muss ein innerer Zusammenhang zwischen den vorgefundenen
Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung bestehen. Erforderlich ist, dass der
Gesetzgeber bei seiner Auswahl nach sachgerechten Kriterien vorgegangen ist; der
Differenzierungsgrund muss sachbezogen und vertretbar erscheinen. Ob dies der Fall ist,
lässt sich nicht abstrakt und allgemein, sondern stets nur nach Natur und Eigenart des in
Frage stehenden Sachverhältnisses und unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der
betreffenden gesetzlichen Regelung feststellen. Auch die Art der Differenzierung darf nicht
sachfremd sein; es muss sich aus dem Sachverhalt, den die differenzierende Regelung
zum Gegenstand hat, gerade für sie ein sachlich vertretbarer Gesichtspunkt anführen
lassen (vgl. BVerfGE 71, 39, 58 m.w.N.).
Bei Anlegung dieser Kriterien ist im vorliegenden Fall kein sachlich nachvollziehbarer und
einleuchtender Grund erkennbar, der eine Ungleichbehandlung von Knappschaftsrentnern
und HZV-Zusatzrentnern hinsichtlich der Beiträge zur KVdR rechtfertigen könnte. Die mit
Wirkung ab dem 01.01.2004 erfolgte Regelung des § 248 SGB V, wonach für die
Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen der volle allgemeine Beitragssatz der
jeweiligen Krankenkasse maßgeblich ist, hatte zum Ziel, eine Stabilisierung der
Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung und damit eine finanzielle Entlastung
zu bewirken (vgl. Bundestags-Drucksache 15/1170, Seite 1ff). Derartige rein
fiskalische Gesichtspunkte sind aber grundsätzlich nicht geeignet, eine differenzierende
Behandlung vergleichbarer Personengruppen zu rechtfertigen; auch im Falle notwendiger
Sparmaßnahmen ist vielmehr eine gerechte Verteilung der Lasten geboten (vgl. BVerfGE
19, 76, 84; 60, 16, 43; 61, 43, 63; 76, 256, 311; 93, 386, 402). Eine derartige gerechte
Lastenverteilung würde es im Hinblick auf die dargestellten Gemeinsamkeiten von
Knappschaftsversicherung und HZV nicht darstellen, wenn es infolge der Regelung des §
248 SGB V bei Knappschaftsversicherten und HZV-Zusatzversicherten zu einer ungleichen
Belastung hinsichtlich der Krankenversicherungsbeiträge kommen würde.
Dem lässt sich auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass durch die gesetzliche
Neuregelung Rentner, die Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen aus selbständiger
Tätigkeit erhalten, in angemessenem Umfang an der Finanzierung der
Leistungsaufwendungen beteiligt werden sollen. Als Begründung hierfür wird allgemein
ausgeführt, dass die Leistungsaufwendungen für Rentner im Jahr 1983 noch zu ca. 60%
durch deren eigene Beiträge gedeckt worden seien, mittlerweile aber nur noch zu 43%.
Dies stellt aber keinen nachvollziehbaren Grund dafür dar, nur die HZV-Zusatzrentner, nicht
aber auch die mit diesen vergleichbaren Knappschaftsrentner in erhöhtem Maße an den
Finanzierungskosten der KVdR zu beteiligen. Hinsichtlich der HZV im Saarland enthält die
Gesetzesbegründung auch keinerlei Hinweise, aus welchen Gründen auch speziell bei den
HZV-Rentnern eine höhere Beitragszahlung für erforderlich gehalten wird.
Letztlich rechtfertigt auch der Umstand, dass die HZV formal als zusätzliche
Rentenversicherung ausgestaltet ist, während der Leistungszuschlag bei
Knappschaftsrentnern wie gezeigt innerhalb eines einheitlichen Systems geregelt ist, keine
Ungleichbehandlung bei der Beitragstragung zur KVdR. Zwar hat das BVerfG zur
Rechtfertigung einer unterschiedlichen Behandlung in früheren Entscheidungen die
Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Ordnungssystemen als ausreichend angesehen (vgl.
BVerfGE 9, 338, 349ff; 11, 283, 293; 13, 225, 228; 34, 118, 131), geht aber in seiner
jüngeren Rechtsprechung davon aus, dass rein systematische im Unterschied zu sachlichen
Gründen eine Ungleichbehandlung generell nicht rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 84,
348, 363); dem schließt sich der erkennende Senat an.
Eine nach alledem verfassungsrechtlich nicht hinnehmbare Ungleichbehandlung zwischen
Knappschaftsrentnern und den Beziehern einer Rente aus der umlagefinanzierten HZV
lässt sich aber vermeiden, wenn man entsprechend den oben gemachten Ausführungen
die umlagefinanzierte HZV zumindest seit dem 01.01.2004 nicht (mehr) als „betriebliche
Altersversorgung“ i.S.d. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V, sondern als Rente der
„allgemeinen Rentenversicherung“ i.S.d. § 228 Abs. 1 SGB V ansieht; die §§ 228 Abs. 1,
229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 249a SGB V sind daher in verfassungskonformer Auslegung
dahingehend zu verstehen, dass zu den „Versicherungspflichtigen, die eine Rente aus der
gesetzlichen Rentenversicherung beziehen“, auch die Bezieher einer Rente aus der
umlagefinanzierten HZV zu zählen sind.
Auf die Berufung waren der erstinstanzliche Gerichtsbescheid folglich aufzuheben und der
angefochtene Bescheid abzuändern; die Beklagte war zu verurteilen, die auf die
Zusatzrente des Klägers aus der HZV ab 01.01.2004 anfallenden Beiträge zur
Gesetzlichen Krankenversicherung zur Hälfte zu tragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat hat die Revision gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil der Rechtsstreit
im Hinblick darauf, dass bei der Beklagten derzeit 1.138 gleichgelagerte
Widerspruchsverfahren anhängig sind, grundsätzliche Bedeutung hat.