Urteil des LSG Saarland vom 09.11.2005

LSG Saarbrücken: reformatio in peius, ablauf der frist, juristische person, abrechnung, missverhältnis, durchschnitt, versorgung, zahl, kausalzusammenhang, zustellung

LSG Saarbrücken Urteil vom 9.11.2005, L 3 KA 12/02
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom
06.06.2002 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat auch die außergerichtlichen Kosten des Beklagten im Berufungsverfahren zu
erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer aufgrund von durchgeführten
Wirtschaftlichkeitsprüfverfahren vorgenommenen Honorarkürzung für das Quartal 4/1998
im Wert von 2.730,23 EUR.
Der Kläger war im maßgeblichen Zeitraum als Arzt in Saarbrücken nieder- und zur
vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit Beschluss vom 06.08.1999 teilte der Prüfungsausschuss II der KVS auf die Sitzung
vom 22.03.1999 dem Kläger mit, dass die Abrechnung für das Quartal 4/98 gem. § 106
des 5. Buchs des Sozialgesetzbuchs, Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) überprüft
und die Kürzung der Beratungs- und Betreuungsleistungen auf 120% des Durchschnitts der
Vergleichsgruppe pro Fall (Kürzungen insgesamt = 66.172,7 Punkte) beschlossen worden
sei.
Begründet wurde der Beschluss damit, dass die Abrechnung mit der Gruppe der
Praktischen Ärzte/Allgemeinärzte/Ärzte des Abrechnungsbereiches verglichen worden sei,
die im geprüften Quartal 431 Praxen umfasse. Aus den beigefügten
Honorarvergleichswerten bzw. gegebenenfalls aus der mit der Abrechnung zur Verfügung
gestellten erweiterten Anzahlstatistik gehe hervor, dass die Anforderung(en) des
Vertragsarztes in der/den beanstandeten Leistungsgruppe(n) bzw. Leistungspositionen(en)
in einem offensichtlichen Missverhältnis zu den Durchschnittswerten der Vergleichsgruppe
stünden. Es sei damit der Anschein der Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise
gegeben. Für nachfolgende Leistungssparten ergebe sich folgende Abrechnung:
Sparte
Punkte pro Fall
Überschreitung %
Arzt Durchschn. Fachgr .
Beratungs- und Betreuungsleistungen414,1 245,9
68,4
Praxisbesonderheiten, die das somit vorliegende offensichtliche Missverhältnis aufklären
könnten, seien für den Prüfungsausschuss nicht in ausreichendem Maße feststellbar. Der
Prüfungsausschuss habe demnach zu Recht davon ausgehen können, dass der
Vertragsarzt in diesen Leistungsbereichen unwirtschaftlich gehandelt habe. Er habe deshalb
auf der Grundlage des offensichtlichen Missverhältnisses mittels Schätzung die angeführte
Kürzungsmaßnahme beschlossen.
Gegen diesen Beschluss legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, dass der
Beschluss nicht haltbar sei, weil sämtliche kompensatorischen Einsparungen völlig
unberücksichtigt blieben. Selbst seine Honoraranforderung insgesamt pro Fall sei in dem
Bescheid mit nur einer ganz geringen Abweichung zum Durchschnitt der Vergleichsgruppe
mit etwa 5% ausgewiesen. Bei der doch deutlich unterdurchschnittlichen Fallzahl von
weniger als 50% sei dies ein außerordentlich gutes und wirtschaftliches Ergebnis.
Mit Beschluss vom 09.12.1999 wies der Prüfungsausschuss den Widerspruch zurück und
leitete ihn an den Beklagten weiter.
Mit Beschluss vom 19.06.2000 änderte der Beklagte den Beschluss des
Prüfungsausschusses dahingehend ab, dass anstelle der Kürzung der Leistungsgruppe
„Beratungs- und Betreuungsleistungen“ auf je 120% des Durchschnitts der
Vergleichsgruppe pro Fall eine Kürzung der GO-Nrn. 11, 18 und 21 EBM auf jeweils 200%
des Durchschnitts der ausführenden Ärzte pro Fall beschlossen wurde. Im Hinblick auf das
Gebot der reformatio in peius bleibe hierdurch die Gesamtkürzungssumme unverändert.
Zur Begründung wurde in dem Beschluss u.a. ausgeführt, dass sich beim statistischen
Kostenvergleich beim Gesamtfallwert des Klägers eine Überschreitung von 7,6% ergebe;
bei Gewichtung des deutlich unterdurchschnittlichen Rentneranteils erhöhe sich die
Überschreitung auf 21,4%. Es sei bei der Beurteilung des Gesamtfallwertes zu
berücksichtigen, dass der Kläger keine physikalisch-medizinischen Leistungen, keine
Laborspezialleistungen, keine Röntgenleistungen sowie eine Vielzahl von GO-Nrn. des EBM
(kleines Leistungsspektrum) nicht erbringe und abrechne, die jedoch im Vergleichswert der
Gruppe enthalten seien. Würden diese Leistungen aus dem Vergleichswert der Gruppe
herausgerechnet, so erhöhe sich die Überschreitung des Gesamtfallwertes zusätzlich in
einem deutlichen Maße. Der vorgenannte Mehraufwand ergebe sich u.a. aus dem
Mehraufwand in der Leistungsgruppe „Beratungs- und Betreuungsleistungen“ mit einer
Überschreitung von 88,7% (nach Rentnergewichtung). Die Prüfgremien hätten darüber
hinaus bei der Überprüfung der einzelnen GO-Nrn. Überschreitungen im Bereich des
offensichtlichen Missverhältnisses festgestellt. Bei dem Kläger seien letztendlich folgende
Leistungsbereiche von Kürzungsmaßnahmen betroffen, bei denen sich bei einem Vergleich
mit den Werten der zuständigen Arztgruppe folgende Überschreitungen feststellen ließen:
GO-
Nr.
/
Anforderung des
Beschw.führers in
Punkte pro Fall
Zahl
der
ausf.
Ärzte
Anforderung ausf. Ärzte der
Vergleichsgruppe
/Vergleichsgruppe in Punkte
pro Fall
Überschreitung
in %
11 89,6
395
14,5
517,9
18 106,9
329
8,2
1.203,7
21 27,6
321
7,4
273,0
Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liege eine
Überschreitung in dieser Höhe im so genannten Bereich des „offensichtlichen
Missverhältnisses“. Damit sei der Anschein der Unwirtschaftlichkeit gegeben. Das BSG
gehe davon aus, dass die Methode des statistischen Vergleiches in geeigneten Fällen auch
zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Abrechnung einzelner Leistungspositionen des
einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) herangezogen werden könne. Die
Voraussetzung, dass es sich um Leistungen handeln müsse, die für die betreffende
Arztgruppe typisch seien, also von einem größeren Teil der Fachgruppenmitglieder
regelmäßig in nennenswerter Zahl erbracht würden und damit eine ausreichende
Vergleichsgrundlage abgäben, sei bei den o.g. Leistungen ohne Zweifel gegeben. Wenn der
Kläger wie dargelegt die aufgeführten Leistungen um ein Vielfaches häufiger erbringe als
die übrigen Ärzte seiner Vergleichsgruppe, so weise dies eindeutig auf eine
Unwirtschaftlichkeit hin. In Anlehnung an die Rechtsprechung des BSG habe der Beklagte
davon ausgehen können, dass jedenfalls bei einer im Vergleich zum
Fachgruppendurchschnitt mehr als doppelt so hohen Abrechnungshäufigkeit die Grenze
zum offensichtlichen Missverhältnis überschritten sei.
Der Beklagte habe zunächst überprüft, ob der festgestellte Mehraufwand durch
Praxisbesonderheiten erklärt werden könne. Hierbei sei festzustellen gewesen, dass bei
dem Kläger kein wesentlich von der Vergleichsgruppe abweichendes Patientenklientel
vorhanden sei, welches den festgestellten Mehraufwand in der Leistungsgruppe
„Beratungs- und Betreuungsleistungen“ hätte erklären können. Vielmehr habe sich für den
Beklagten die Erkenntnis ergeben, dass der Kläger von einer Vielzahl von Verdünnungsfällen
profitiere, bei denen lediglich ein Arzt-Patientenkontakt stattgefunden habe. Des Weiteren
habe der Beklagte in der unterdurchschnittlichen Fallzahl des Klägers keine
Praxisbesonderheit erkennen können. Die Fallzahl des Klägers sei nach Auffassung des
Beklagten ausreichend groß, um einen aussagefähigen Vergleich mit den
Fachgruppenwerten durchzuführen.
Ebenso habe der Beklagte überprüft, ob dem festgestellten Mehraufwand ein im
Kausalzusammenhang stehender kompensationsfähiger Minderaufwand gegenüberstehe.
Der Kläger habe zwar einen kompensationsfähigen Minderaufwand geltend gemacht, er
habe jedoch nicht, wie von den Sozialgerichten gefordert, den Kausalzusammenhang im
Einzelnen, geschweige den Minderaufwand, dargelegt. Sofern der Kläger
Unterschreitungssätze in einzelnen Leistungsgruppen geltend mache, sei anzuführen, dass
der Kläger (z.B. in der Leistungsgruppe „Sonderleistungen“) eine Vielzahl von Leistungen
nicht erbringe und abrechne, die jedoch im Vergleichswert der Fachgruppe enthalten seien.
Würden diese Leistungen aus dem Vergleichswert herausgerechnet, überschreite der
Kläger in der Leistungsgruppe „Sonderleistungen“ den Vergleichswert der Fachgruppe um
36,3%. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger einen deutlich
unterdurchschnittlichen Rentneranteil betreue, so dass bei einer Rentnergewichtung von
weit höheren Überschreitungssätzen auszugehen sei. Ein Minderaufwand stelle sich in den
einzelnen Leistungsgruppen nicht dar. Im Verordnungsbereich stelle sich der gleiche
Sachverhalt dar.
Seitens des Prüfungsausschusses sei ursprünglich die Leistungsgruppe „Beratungs- und
Betreuungsleistungen“ auf 120% des Fachgruppendurchschnitts gekürzt worden. Der
Mehraufwand in dieser Leistungsgruppe ergebe sich im Wesentlichen durch den
Mehraufwand bei den GO-Nrn. 11, 18 und 21 EBM. Nach Durchsicht aller Unterlagen habe
der Beklagte die Notwendigkeit der Ansatzhäufigkeit dieser Leistungen, auch unter
Berücksichtigung der angeführten Diagnosen, nicht nachvollziehen können. Der Beklagte
habe daher den Beschluss des Prüfungsausschusses dahingehend konkretisiert, indem er
statt der Spartenkürzung die einzelnen Leistungen einer Kürzungsmaßnahme unterzogen
habe. Nach Kürzung verbleibe dem Kläger bei den einzelnen Ziffern jeweils der doppelte
Durchschnitt der ausführenden Ärzte der Vergleichsgruppe. Insgesamt hätten sich für den
Beklagten keine Gesichtspunkte ergeben, die den Anschein der Unwirtschaftlichkeit hätten
widerlegen können. Im Hinblick auf das Gebot der „reformatio in peius“ habe der Beklagte
die ursprüngliche Gesamtkürzungssumme beibehalten.
Gegen den am 17.11.2000 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 18.12.2000, einem
Montag, Klage erhoben.
Das Sozialgericht für das Saarland (SG) hat mit Beschluss vom 02.04.2001 die KVS, den
Verband der Angestellten-Krankenkassen, die AOK für das Saarland, die
Bundesknappschaft, den BKK-Landesverband Rheinland-Pfalz und Saarland, die
Landwirtschaftliche Krankenkasse für das Saarland und die Innungskrankenkasse des
Saarlandes beigeladen.
Mit Urteil vom 06.06.2002 hat das SG die Klage abgewiesen.
Es hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, dass die vom
Beklagten angewandte Regelprüfmethode des Horizontalvergleichs weder generell zu
beanstanden sei noch die Art und Weise ihrer Anwendung im konkreten Fall
durchgreifenden Bedenken unterliege. Nach § 106 Abs. 2 Nr. 1 SGB V erfolge die
Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch arztbezogene Prüfung ärztlicher
und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten. Nach den hierzu von der
Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen sei die statistische Prüfung die
Regelprüfmethode. Danach würden die Abrechnungswerte des Arztes mit denjenigen der
Fachgruppe im selben Quartal verglichen (so genannter Horizontalvergleich). Falls der
Mehraufwand bei dem Gesamtfallwert, bei Spartenwerten oder bei Einzelleistungswerten
im Vergleich zum Durchschnittswert der Vergleichsgruppe in einem offensichtlichen
Missverhältnis stehe, könne das Honorar gekürzt werden. Dieser Methode liege eine
gesetzliche Fiktion zu Grunde, nach der davon auszugehen sei, dass der Durchschnitt der
Fachgruppe insgesamt wirtschaftlich handele. Ergänzt durch die so genannte intellektuelle
Betrachtung, bei der medizinisch-ärztliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen seien, sei dies
die Methode, die typischerweise die umfassendsten Erkenntnisse erbringe. Auch eine
Wirtschaftlichkeitsprüfung im Wege von Einzelfallprüfungen sei nicht in Betracht
gekommen. Dies gelte nicht nur für strenge Einzelfallprüfungen, bei denen für jeden
Behandlungsfall nachträgliche Feststellungen über die Berechtigung des
Behandlungsausmaßes getroffen würden, sondern auch für so genannte
Einzelfallprüfungen, bei denen der Behandlungsumfang lediglich anhand der
Diagnoseangaben auf seine Plausibilität überprüft werde, und ebenso für so genannte
repräsentative Einzelfallprüfungen mit Hochrechnungen. Alle diese Methoden erforderten
einen erheblichen Verwaltungsaufwand, der in aller Regel nicht zumutbar bzw. zumindest
unverhältnismäßig sei. Ebenso wenig zu beanstanden sei das vom Beklagten im Vergleich
zu Grunde gelegte Leistungsspektrum. Gegenstand von Wirtschaftlichkeitsprüfungen seien
üblicherweise Gesamtfallwerte oder Abrechnungswerte von Leistungssparten oder
Abrechnungshäufigkeiten von Einzelleistungen. Die Entscheidung, die
Wirtschaftlichkeitsprüfung auf einzelne Leistungstatbestände zu beschränken, unterliege
ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere sei bezüglich der betroffenen GO-Nrn.
von einer ausreichend großen Vergleichsgruppe auszugehen, was nach der
Rechtsprechung zu statistisch aussagekräftigen Durchschnittswerten führe. Auch der
Umfang der einzelnen Kürzungsmaßnahmen sei rechtlich nicht zu beanstanden. Nach der
Rechtsprechung des BSG könne davon ausgegangen werden, dass jedenfalls bei einer im
Vergleich zum Gruppendurchschnitt mehr als doppelt so hohen Abrechnungshäufigkeit die
Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis überschritten sei. Die GO-Nrn. 11, 18 und 21
EBM würden nach der sich in der Akte befindenden erweiterten Anzahlstatistik auch von
einer ausreichenden Zahl von Ärzten abgerechnet, um statistisch aussagefähige
Durchschnittswerte zu erhalten. Dabei habe der Beklagte im Rahmen der Einräumung einer
Überschreitungsmöglichkeit von 200% gegenüber dem Fachgruppendurchschnitt den vom
Kläger geltend gemachten Praxisbesonderheiten auch in ausreichendem Maße Rechnung
getragen. Insbesondere vermöge die Kammer nicht zu erkennen, inwieweit die geltend
gemachten Einsparungen in anderen Leistungsbereichen in einem Kausalzusammenhang
zu den hier deutlich erhöht abgerechneten Gesprächsleistungen stünden. Auch der
Einwand des Klägers, das statistische Material des Beklagten bzw. der Beigeladenen zu 1)
sei deshalb nicht aussagekräftig, weil eine Vielzahl von Ärzten durch die
Budgetierungsvorschriften tatsächlich erbrachte ärztliche Leistungen nicht mehr zur
Abrechnung brächten und sich somit der Fallgruppendurchschnitt deutlich verringere,
vermöge nicht zu überzeugen. Dies unterstelle, dass sich eine Vielzahl von Vertragsärzten
ihrer aufgrund § 95 Abs. 3 SGB V bestehenden Verpflichtung, an der vertragsärztlichen
Versorgung ordnungsgemäß teilzunehmen, entzögen. Zur ordnungsgemäßen Teilnahme an
der vertragsärztlichen Versorgung gehöre nämlich auch, dass alle Versicherten gegenüber
erbrachten Leistungen zur Abrechnung gebracht würden.
Gegen das vor dem 09.09.2002, wahrscheinlich am 02.09.2002, zugestellte Urteil richtet
sich die am 30.09.2002 bei Gericht eingegangene Berufung.
Zur Begründung trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass ein wesentlicher Anteil seiner
Tätigkeit, insbesondere die ausdrücklich geforderte und durch die Gestaltung der Ziffer 5
EBM systematisch geförderte Notfallerreichbarkeit, eine Praxisbesonderheit darstelle. In
diesem Bereich sei ein statistischer Vergleich mit Praxen, die diese Erreichbarkeit gar nicht
ermöglichten, nicht sachgerecht. Würden aus dem statistischen Vergleich alle Praxen, die
keine permanente Notfallerreichbarkeit hätten, ganz oder anteilig herausgerechnet, ergebe
sich für seine Tätigkeit keine hohe Abweichung vom Durchschnitt mehr.
Der im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienene und auch nicht vertretene
Kläger beantragt sinngemäß
1. das Urteil des SG vom 06.06.2002 und den Beschluss des Beklagten vom 19.06.2000
aufzuheben,
2. den Beklagten zu verurteilen, über den Widerspruch gegen den Beschluss des
Prüfungsausschusses vom 06.08.1999 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats
neu zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
wobei er zur Begründung u.a. vorträgt, dass die von dem Kläger vorgetragenen Argumente
ausreichend berücksichtigt worden seien. Die Ausführungen in der Berufungsbegründung
bezögen sich auf den Leistungsansatz nach der GO-Nr. 5 EBM, welcher im strittigen
Verfahren keiner Kürzung unterlegen habe.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, den weiteren
Akteninhalt sowie auf die von dem Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte, die Gegenstand
der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Durch das Nichterscheinen des Klägers in der mündlichen Verhandlung war der Senat nicht
an einer Entscheidung gehindert, da der Kläger ordnungsgemäß zum Termin geladen und
in der ihm übersandten Ladung auf die Möglichkeit einer Entscheidung auch in seiner
Abwesenheit hingewiesen worden ist.
Die von dem Kläger eingelegte Berufung, gegen deren Zulässigkeit sich keine Bedenken
ergeben, ist nicht begründet.
Denn die Entscheidung des Beklagten, eine Kürzung der abgerechneten GO-Nrn. 11, 18
und 21 EBM auf jeweils 200% des Durchschnitts der Vergleichsgruppe vorzunehmen,
wobei aufgrund des Verbots der „reformatio in peius“ allerdings die ursprünglich im
Beschluss des Prüfungsausschusses vorgesehene Gesamtkürzungssumme beibehalten
wurde, ist nicht zu beanstanden.
Zur Begründung bezieht sich der Senat auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen
Beschlusses des Beklagten sowie des angegriffenen Urteils des SG, so dass von einer
weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen wird (§ 153 Abs. 2
Sozialgerichtsgesetz ).
Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass die von dem Kläger im Berufungsverfahren
vorgebrachten Argumente nicht stichhaltig sind. Zu der von dem Kläger angeführten
angeblichen Praxisbesonderheit „Notfallerreichbarkeit“ hat der Senat in seinem Urteil vom
11.02.2005 (Az.: L 3 KA 6/04), in dem es um die Kürzung der Honorare für die Quartale
2/01, 3/01 und 1/02 ging, ausgeführt, dass der Umstand der Nichtberücksichtigung von im
Rahmen des Notfalldienstes erbrachten Leistungen nach der GO-Nr. 5 EBM-Ä bei der
Vergleichsgruppe nicht geeignet sei, die von dem Beklagten getroffene
Ermessensentscheidung in Frage zu stellen, da dem Kläger nach Kürzung immer noch
200% des Gruppendurchschnitts verblieben; insoweit ist zu berücksichtigen, dass nach der
höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BSG-Urteil vom 16.07.2003, Az.: B 6 KA 44/02
R; BSG-Urteil vom 29.01.1997, Az.: 6 RKA 5/96 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 38) bei der
Feststellung der Höhe der Honorarkürzung als Reaktion auf eine festgestellte
Unwirtschaftlichkeit den Prüfgremien regelmäßig ein Ermessensspielraum zusteht, der ein
ganze Bandbreite denkbarer und vertretbarer Entscheidungen bis hin zur Kürzung des
gesamten unwirtschaftlichen Mehraufwandes ermöglicht. Eine Ermessensüberschreitung
ist daher nicht einmal ansatzweise zu erkennen. Darüber hinaus ist in dem vorliegend
streitgegenständlichen Quartal 4/98 - worauf der Beklagte zu Recht hingewiesen hat - gar
keine Kürzung der Nr. 5 EBM-Ä vorgenommen worden; es ist daher nicht nachvollziehbar,
wie sich die Praxisbesonderheit „Notfallerreichbarkeit“ überhaupt auf die der Kürzung
unterliegenden Nr. 11, 18 und 21 EBM-Ä auswirken soll.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 SGG in der bis
01.01.2002 geltenden Fassung (vgl. BSG-Urteil vom 30.01.2002, Az.: B 6 KA 73/00 R =
SozR 3-2500 § 135 Nr. 21; BSG-Urteil vom 30.01.2002, Az.: B 6 KA 12/01 R = SozR 3-
2500 § 116 Nr. 24; BSG-Beschluss vom 27.11.2003, Az.: B 6 KA 79/02 B).
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) lagen nicht vor.
Sonstiger Langtext
I. Rechtsmittelbelehrung
Dieses Urteil kann nicht mit der Revision angefochten werden, weil sie gesetzlich
ausgeschlossen und vom Landessozialgericht nicht zugelassen worden ist.
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision nur zu, wenn sie nachträglich vom
Bundessozialgericht zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der
Revision durch das Landessozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist von einem beim Bundessozialgericht zugelassenen
Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich
beim Bundessozialgericht, Kassel (Postanschrift: 34114 Kassel) einzulegen. Die
Beschwerdeschrift muss bis zum Ablauf der Monatsfrist beim Bundessozialgericht
eingegangen sein.
Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen:
a) die Mitglieder und Angestellten von Gewerkschaften, von selbständigen Vereinigungen
von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung, von Vereinigungen von
Arbeitgebern, von berufsständischen Vereinigungen der Landwirtschaft und von den
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche
Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem
sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die
unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer bisherigen Tätigkeit sowie ihres
Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Erfüllung dieser Aufgaben bieten, sofern
die Bevollmächtigten kraft Satzung oder Vollmacht zur Prozessvertretung befugt sind.
Gleiches gilt für Bevollmächtigte, die als Angestellte juristischer Personen, deren Anteile
sämtliche im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Satz 1 genannten Organisationen
stehen, handeln, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und
Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt
und wenn die Vereinigung für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
b) jeder bei einem deutschen Gericht zugelassene Rechtsanwalt.
Behörden sowie Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts brauchen sich nicht
durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen.
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils von einem
zugelassenen Prozessbevollmächtigten schriftlich zu begründen.
In der Begründung muss
die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt
oder
die Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten
Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil
abweicht,
oder
ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, bezeichnet
werden.
Als Verfahrensmangel kann eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 des
Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht und eine Verletzung des § 103 SGG nur gerügt
werden, soweit das Landessozialgericht einem Beweisantrag ohne hinreichende
Begründung nicht gefolgt ist.
II. Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe
Für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter, der nicht
schon durch einen Bevollmächtigten der unter I a)genannten Gewerkschaften oder
Vereinigungen vertreten ist, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines
Rechtsanwaltes beantragen.
Der Antrag kann von dem Beteiligten persönlich gestellt werden; er ist beim
Bundessozialgericht entweder schriftlich einzureichen oder mündlich vor dessen
Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.
Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und
Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen; hierzu ist der für die Abgabe der
Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck kann von allen Gerichten
und ggf. durch den Schreibwarenhandel bezogen werden.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Erklärung über die persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnisse - ggf. nebst entsprechenden Belegen - müssen bis zum
Ablauf der Frist für die Einlegung der Beschwerde (ein Monat nach Zustellung des Urteils)
beim Bundessozialgericht eingegangen sein.
Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt
benannt werden.
Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht,
einen Rechtsanwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der
beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.