Urteil des LSG Saarland vom 04.11.2003

LSG Saarbrücken: reformatio in peius, bedürftigkeit, rücknahme, verwaltungsakt, verwertung, arbeitsamt, bausparvertrag, wiederkehrende leistung, wirtschaftliche einheit, anrechenbares vermögen

LSG Saarbrücken Urteil vom 4.11.2003, L 6 AL 13/01
Ausführungsbescheid - Arbeitslosenhilfe - Bedürftigkeitsprüfung - Vermögensverwertung -
Absetzung von Verbindlichkeiten - verdecktes Treuhandvermögen
Leitsätze
1. Ein Ausführungsbescheid, in dem die Behörde die Regelung trifft, die nach dem
sozialgerichtlichen Urteil zu ergehen hat, ist kein Verwaltungsakt, der einen früheren
abändert oder ersetzt; er trifft eine vorläufige Regelung und wird von selbst hinfällig, wenn
das Urteil auf dem er beruht, aufgehoben wird.
2. Als Vermögen im Sinne der Alhi-Vorschriften ist die Summe der gesamten aktiven
Vermögenswerte anzusehen, während die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten erst bei
der Frage der Verwertbarkeit nach § 6 Abs. 2 AlhiV bzw. der Zumutbarkeit der Verwertung
nach § 6 Abs. 3 AlhiV erfolgt.
Der Ansatz von Verbindlichkeiten ist allerdings bei der Feststellung der vorhandenen
Vermögensgegenstände geboten, soweit die Verbindlichkeiten unmittelbar auf dem
fraglichen Vermögensgegenstand lasten. Von einer Verwertbarkeit kann auch dann nicht
ausgegangen werden, sofern und soweit der Vermögensinhaber im Zeitpunkt der
grundsätzlich gebotenen Verwertung seines Vermögens zur Tilgung von Schulden
verpflichtet ist; das ist regelmäßig der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit. Noch nicht aktuell zu
befriedigende Verbindlichkeiten können nur dann vermögensmindernd berücksichtigt
werden, wenn die betreffenden Vermögensbestandteile und Verbindlichkeiten bei
wirtschaftlicher Betrachtung als eine Einheit anzusehen sind.
3. Auf einem Girokonto angelegte Geldbeträge sind bei der Ermittlung des Vermögens
ebenso wie Bargeld zu behandeln, auch wenn ein derartiges Konto üblicherweise nicht
dazu bestimmt ist, Vermögen anzusparen.
4. Wer als verdeckter Treuhänder den Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft erzeugt,
muß sich hiervon auch im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung durch Sozialleistungsträger
festhalten lassen. Ohne Offenkundigkeit des Treuhandcharakters besteht dem Gläubiger
des Treuhänders gegenüber keine hinreichende Rechtfertigung für die Versagung des
Zugriffs.
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 12.
Dezember 2000 wird zurückgewiesen.
II. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland
vom 12. Dezember 2000 abgeändert und die Klage vollständig abgewiesen.
III. Eine Kostenerstattung findet für beide Instanzen nicht statt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, die Bewilligung von
Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 30. Oktober 1997 bis 13. August 1998
zurückzunehmen, die gezahlten Leistungen in Höhe von 13.441,05 DM zurückzufordern
sowie die Erstattung der für diese Zeit entrichteten Beiträge zur Kranken- und
Pflegeversicherung in Höhe von 4.965,30 DM zu verlangen.
Der im Jahre 1959 geborene Kläger war zuletzt von April 1987 bis März 1994 als
Schichtleiter bei der St.fabrik beschäftigt. Ab dem 01. April 1994 hatte er zunächst
Arbeitslosengeld (Alg) und ab dem 01. März 1995 wegen einer Umschulung zum
Industriekaufmann Unterhaltsgeld bezogen. Nach Abschluss der Maßnahme am 30.
November 1996 wurde ihm wiederum Alg bis zur Erschöpfung dieses Anspruch am 29.
Oktober 1997 bewilligt.
Mit einem am 18. September 1997 bei der Arbeitsamt-Dienststelle eingegangenen
Formblatt beantragte der Kläger die Gewährung von Anschluss-Alhi. Im Antragsvordruck
verneinte er die Frage nach Vermögen ebenso wie die Fragen, ob Freistellungsaufträge für
Kapitalerträge erteilt und ob Bausparverträge abgeschlossen seien. In diesem Formblatt
findet sich unmittelbar über der Unterschrift folgender Passus:
"Ich versichere, dass meine Angaben zutreffen. Die Ausfüllhinweise habe ich beachtet;
Änderungen werde ich unverzüglich anzeigen. Das Merkblatt 1 für Arbeitslose, "Ihre Rechte,
Ihre Pflichten", habe ich erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen."
Das Arbeitsamt N. bewilligte daraufhin dem Kläger mit Bescheid vom 14. Oktober 1997
Alhi ab dem 30. Oktober 1997 ohne Berücksichtigung von Vermögen. Bei einem
Bemessungsentgelt von 990,-- DM ergab sich ein wöchentlicher Leistungssatz von 325,20
DM. Mit Bescheid vom 09. Januar 1998 wurde der Leistungssatz mit Wirkung vom 01.
Januar 1998 auf 327,11 DM erhöht.
Im Fortzahlungsantrag vom 04. September 1998 verneinte der Kläger ebenfalls das
Vorhandensein von Vermögen. Es wurde deshalb mit Bescheid vom 06. Oktober 1998 Alhi
ab dem 30. Oktober 1998 in Höhe von wöchentlich 322,21 DM ohne Berücksichtigung von
Vermögen weiterbewilligt.
Auf Grund einer Mitteilung des Bundesamtes für Finanzen wurde der Beklagten im Oktober
1998 bekannt, dass der Kläger zwei Freistellungsaufträge für Kapitalerträge erteilt hatte.
Daraufhin forderte das Arbeitsamt N. den Kläger auf, unter Verwendung des Zusatzblattes
"Bedürftigkeitsprüfung" seine Vermögensverhältnisse nachzuweisen. Dieser Aufforderung
kam der Kläger in den darauffolgenden Wochen nur zögerlich nach:
1. Nach einer Bescheinigung der Volksbank eG betrug sein Guthaben auf dem dortigen
Girokonto am 30. Oktober 1997 1.449,46 DM. Am 05. November 1998 belief sich der
Kontostand nur noch auf 183,76 DM; laut Mitteilung des Bankhauses wurden jedoch für
das Jahr 1997 Kapitalerträge in Höhe von 759,21 DM ausgeschüttet.
2. Die Bausparkasse bestätigte, dass auf dem Bausparkonto des Klägers zum 30.
Dezember 1997 ein Sparguthaben von 7.494,91 DM bestanden habe; hierzu seien Zinsen
in Höhe von 224,90 DM gekommen, so dass der Gesamtabrechnungsbetrag 7.719,81 DM
betragen habe. Diese Summe werde wegen der Kündigung des Bausparvertrages auf das
Girokonto des Klägers überwiesen.
Der Kläger gab hierzu an, die Bausparsumme habe er zur Tilgung privater Schulden
verwandt. Die Zeugin H. K. bestätigte, dass sie dem Kläger größere Geldbeträge geliehen
habe; er habe das Geld in kleinen Beträgen - so wie er gekonnt habe - zurückgezahlt; er
habe auch 7.000,-- DM auf einmal zurückbezahlt.
3. Zu den Zinserträgen über 759,21 DM äußerte sich der Kläger dahingehend, dass sie
aus dem Vermögen seiner Mutter resultieren würden, die ihm das Geld zur Verwaltung
überlassen habe. Dieses Geld sei ihm am 13. Oktober 1997 bar ausgezahlt worden; er
habe es seiner Mutter übergeben, da diese aus familiären Gründen eine neue Wohnung
gesucht und auch gefunden habe. Auf die Nachfrage der Beklagten, warum im Jahre 1998
gleichwohl noch Zinsen zugeflossen seien, räumte der Kläger ein, seine Mutter habe ihm
ihr Barvermögen danach nochmals anvertraut. Laut Kontoauszügen wurde am 31.
Oktober 1997 ein Betrag von 32.000,-- DM als Festgeld angelegt; weitere Einzahlungen
auf dieses Konto erfolgten am 19. März 1998 in Höhe von 3.000,-- DM und am 30. Juni
1998 in Höhe von 5.058,61 DM; am 08. Juli 1998 wurde das Festgeldkonto mit einem
Saldo von 40.571,06 DM endgültig aufgelöst. Die Mutter des Klägers bestätigte schriftlich,
dass es sich bei diesem Betrag um ihr eigenes Ersparnis gehandelt habe; der Kläger habe
das Kapital aus familiären Gründen für sie verwaltet; als sie von seinen Schulden erfahren
habe, habe sie es zurückverlangt, bevor es gepfändet werde. Der Kläger gab an, dass er
die Zinseinnahmen aus dieser Festgeldanlage als Weihnachts- und Geburtstagsgeschenk
habe behalten sollen. Er legte der Beklagten die Ablichtungen des von seiner Mutter
geschlossenen Mietvertrages vor, wonach sie ab dem 01. März 1998 eine Wohnung mit 3
Zimmern, Küche, Bad gemietet habe.
Die Beklagte ging davon aus, dass dem Kläger am 30. Oktober 1997 folgende Guthaben
zugestanden hätten:
1. das Girokonto 1.449,46 DM 2. der Bausparvertrag 7.719,81 DM 3. das Festgeld
32.000,-- DM
zusammen 41.169,27 DM.
Unter Berücksichtigung eines Freibetrages von 8.000,-- DM errechnete die Beklagte,
ausgehend von einem wöchentlichen Bruttobemessungsentgelt in Höhe von 990,-- DM,
dass der Kläger für 33 Wochen, also vom 31. Oktober 1997 bis zum 18. Juni 1998 nicht
bedürftig gewesen sei. Wegen der am 19. März 1998 erfolgten Kapitalaufstockung um
3.000,-- DM auf dem Festgeldkonto fehle es auch für weitere 3 Wochen, also bis zum 09.
Juli 1998, an der Bedürftigkeit. Die zweite Kapitalaufstockung am 30. Juni 1998 um
5.058,61 DM führe außerdem zu einem erneuten Fehlen der Bedürftigkeit von 5 Wochen,
also für den anschließenden Zeitraum vom 10. Juli bis 13. August 1998.
Mit Bescheid vom 29. März 1999 nahm die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung
der Alhi für die Zeit vom 30. Oktober 1997 bis 13. August 1998 ganz zurück. Zur
Begründung wurde angegeben, der Kläger verfüge über ein Vermögen in Höhe von
49.227,88 DM, das verwertbar und dessen Verwertung zumutbar sei. Unter
Berücksichtigung der Freigrenze von 8.000,-- DM würden 41.227,88 DM verbleiben, die bei
der Prüfung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen seien. Bei Teilung dieses Betrages durch
das Arbeitsentgelt, nach dem sich die Höhe der Alhi richtet (990,--DM), ergebe sich, dass
der Kläger für einen Zeitraum von 41 Wochen nicht bedürftig sei und somit keinen
Anspruch auf Alhi habe. Er habe die Tatsache, dass er über Vermögen verfüge, nicht bzw.
nicht richtig angegeben. Daher habe er Leistungen in Höhe von 13.441,05 DM bezogen,
obwohl insoweit die rechtlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten; dieser Betrag sei
zu erstatten. Außerdem seien die von der Beklagten entrichteten Beiträge zur Kranken-
und Pflegeversicherung in Höhe von 4.965,30 DM zu erstatten. Die Gesamtforderung
betrage somit 18.406,35 DM. Dieser Betrag werde gegen den Anspruch auf Alhi in Höhe
von 45,45 DM wöchentlich aufgerechnet.
Den Widerspruch begründete der Kläger damit, dass er nie über ein die Freigrenze
übersteigendes Vermögen verfügt habe.
Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 30. August 1999 als
unbegründet zurückgewiesen. In den Gründen wurde angegeben, das nachgewiesene
Vermögen gehöre nach Überzeugung der Widerspruchsstelle tatsächlich dem Kläger; die
vorgelegten Bestätigungen müssten als Gefälligkeitsbescheinigungen angesehen werden.
Die Bescheinigung der Zeugin K. beinhalte keine konkreten Angaben zur Höhe und Fälligkeit
der angeblich geliehenen Beträge; es werde lediglich ausgeführt, der Kläger habe "einmal"
7.000,-- DM zurückgezahlt. Aus den vorgelegten Unterlagen gehe auch nicht hervor, dass
das Vermögen in Höhe von 32.000,-- DM plus der Aufstockungsbeträge tatsächlich der
Mutter des Klägers gehört habe. Die Kontoauszüge würden nirgendwo einen Sperrvermerk
oder einen Hinweis enthalten, dass der Kläger nicht in vollem Umfang über das angelegte
Vermögen verfügungsberechtigt sei. Auch seien die zwischendurch ausgeführten
Transaktionen nicht geeignet, den Nachweis zu erbringen, das Vermögen gehöre der
Mutter des Klägers. Es sei daher bei der Bedürftigkeitsprüfung ab dem 30. Oktober 1997
von einem Vermögen - einschließlich der Aufstockungsbeträge im März und Juni 1998 - in
Höhe von 49.227,88 DM auszugehen.
Die Rücknahme der Alhi-Bewilligung sei zu Recht auch für die Vergangenheit vorgenommen
worden, denn der Kläger könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Der
Verwaltungsakt beruhe auf seinen - des Klägers - falschen Angaben bezüglich der Höhe
seines Vermögens ab dem 30. Oktober 1997. Die zu erstattenden Beträge seien fehlerfrei
ermittelt worden; das gelte auch bezüglich der geleisteten Kranken- und
Pflegeversicherungsbeiträge.
Im anschließenden Klageverfahren hat der Kläger behauptet, er habe im Zeitraum 30.
Oktober 1997 bis 13. August 1998 nie über ein die Freigrenze übersteigendes Vermögen
verfügt. Die mit ihm befreundete Zeugin K. habe ihm früher ein Darlehen gewährt, das für
die Anschaffung eines neuen Autos bestimmt gewesen sei. Sein bisher gehaltenes Auto sei
während der Umschulungsmaßnahme kaputt gegangen; er selbst sei aber dringend auf ein
neues Fahrzeug angewiesen gewesen. Die Tilgung des Darlehens sei je nach seinen
finanziellen Möglichkeiten erfolgt; in der Regel seien ca. 300,-- DM monatlich gezahlt
worden. Nach Zuteilung des Bausparvertrages in Höhe von 7.719,81 DM habe er 7.000,--
DM an die Zeugin K. zurückgezahlt.
Soweit der Festgeldbetrag in Höhe von 32.000,-- DM sowie die weiter diesem Konto
zugeflossenen Beträge in Frage ständen, sei zu berücksichtigen, dass es sich hierbei
ausschließlich um Vermögen seiner Mutter gehandelt habe, das er für sie verwaltet habe.
Angesichts der engen familiären Beziehungen habe ein gegenseitiges Vertrauen bestanden,
so dass ein Sperrvermerk beim Konto nicht notwendig gewesen sei.
Das Sozialgericht für das Saarland (SG) hat Frau H. K. sowie den Bruder des Klägers, J. H.,
als Zeugen vernommen; die Mutter des Klägers, C. H., hat die Aussage verweigert. Durch
Urteil vom 12. Dezember 2000 hat das SG der Klage teilweise stattgegeben. Nach dem
Tenor ist der angefochtene Bescheid vom 29. März 1999 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 30. August 1999 insoweit aufgehoben worden, als die Alhi
für die Zeit nach dem 16. April 1998 aufgehoben wurde, ausgenommen vom 30. Juni bis
30. August 1998; im Übrigen ist die Klage abgewiesen worden. In den
Entscheidungsgründen hat die Kammer die Rechtswidrigkeit des angefochtenen
Bescheides jedoch insoweit bejaht, als die Bewilligung der Alhi für die Zeit vom 17. April
1998 bis zum 30. Juni 1998 und nach dem 03. August 1999 aufgehoben wurde. In den
weiteren Ausführungen der Entscheidungsgründe wird dagegen dargelegt, dass der Kläger
vom 30. Juni 1998 bis zum 03. August 1998 nicht bedürftig gewesen sei.
Als Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Leistungsbewilligung für die Zeit bis zum 16.
April 1998 hat das SG den zur Zeit der Rücknahmeentscheidung im Jahre 1999 geltenden
§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren - (SGB
X) herangezogen. Der Kläger habe insoweit vorsätzlich unvollständige Angaben bei der
Stellung des Antrages auf Alhi gemacht, als er sowohl die Freistellungsanträge als auch das
ihm zustehende Vermögen verneint habe. Dabei fänden nur der Bausparvertrag und das
Festgeld, nicht aber das Girokonto mit einem Stand von 1.449,49 DM Berücksichtigung.
Zum einen stehe dem die Zweckbestimmung eines Girokontos entgegen, das in erster
Linie dazu diene, die anfallenden Geldgeschäfte abzuwickeln; es diene aber nicht dazu,
Vermögen anzusparen. Allein schon die nicht vorhandene Verzinsung stehe einem
Ansparen von Vermögen entgegen. Zum anderen sei ein Guthaben auf einem Girokonto,
das im Rahmen des Normalen liege, vom Begriff des Vermögens nicht zwingend erfasst.
Der Kontostand des klägerischen Guthabens habe am 31. Oktober 1997 1.449,76 DM
betragen; er basiere auf Überweisungen am 10. und 24. Oktober 1997 über jeweils
764,40 DM. Die nächsten Überweisungen seien erst am 07. November 1997 mit 318,50
DM und 108,40 DM erfolgt, die darauffolgende größere Zahlung erst am 26. November
1997 mit 1.355,40 DM. Im Nachhinein betrachtet, habe der Kläger gut getan, etwas Geld
auf dem Girokonto zu lassen, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Das Gericht halte es
nicht für zumutbar, einen derartigen Betrag bei der Alhi-Gewährung anzurechnen.
Nicht anzurechnen sei auch ein Betrag von 10.636,-- DM, da er nach Überzeugung des
Gerichts nicht dem Kläger, sondern seiner Mutter zugestanden habe. Der Zeuge J. H. habe
glaubwürdig ausgesagt, einmal 5.900,--DM, ein andermal 1.600,-- DM und dann wiederum
2.200,-- DM von seiner Mutter an den Kläger weitergeleitet zu haben. Rechne man die
Zinsen aus der ersten Zahlung von 5.900,-- DM, die 1993 erfolgt sein soll, hinzu, ergebe
sich bei einer Verzinsung von 3% ein Betrag von 708,-- DM, für die beiden übrigen
Zahlungen in Höhe von insgesamt 3.800,-- DM ergeben sich Zinsen für zwei Jahre in Höhe
von 228,-- DM. Die Summe dieser der Mutter des Klägers zustehenden Beträge ergebe
10.636,-- DM.
Dagegen habe der Kläger nicht den Nachweis führen können, dass höhere Beträge nicht
ihm, sondern seiner Mutter zugestanden hätten. Seine Mutter habe in der mündlichen
Verhandlung zulässigerweise die Aussage verneint (gemeint ist wohl: verweigert). Da der
Kläger Inhaber der Forderung gegenüber der Bank gewesen sei, sei zunächst davon
auszugehen, dass es sich um sein Geld gehandelt habe. Insoweit sei die Aussage des
Zeugen J. H. nicht ergiebig gewesen, der nichts darüber gesagt habe, welche weiteren
Geldbeträge vom Kläger oder von seiner Mutter stammen würden.
Anzurechnen auf die Alhi sei auch der Bausparvertrag mit einem Vermögensbestand von
7.719,81 DM. Hiervon könnten nicht Verbindlichkeiten gegenüber der Zeugin K. in Abzug
gebracht werden. Der von der Zeugin gewährte Kredit für ein Auto sei nicht zu
berücksichtigen gewesen, da dies erst 1998 gewesen sei. Die Zahlung zwischen 6.000,--
und 7.000,-- DM, von der die Zeugin berichtet habe, habe sie nicht zeitlich einordnen
können, außer dass es vor Weihnachten gewesen sei; das Jahr habe sie nicht angegeben.
Es habe daher nicht festgestellt werden können, wann welche Schulden bestanden haben.
Damit ergebe sich unter Berücksichtigung des Freibetrages ein anrechenbares Vermögen
von 21.083,81 DM. Dies entspreche einer Zeit von 21 Wochen, also bis zum 26. März
1998.
Soweit dem Kläger am 19. März 1998 weitere 3.000,-- DM zugeflossen seien, sei die
Aufhebung der Bewilligung der Alhi gemäß § 48 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Nr. 3 SGB X möglich
gewesen, weil sich die tatsächlichen Verhältnisse des Klägers durch den Zufluss von
Vermögen geändert hätten. Insoweit seien die Bedürftigkeit und damit sein Anspruch auf
Alhi entfallen. Die rückwirkende Aufhebung sei ohne Rücksicht auf Verschulden zulässig, da
der Kläger nach Erlass des Verwaltungsaktes Vermögen erzielt habe, das zum Wegfall des
Anspruchs geführt habe. Da es sich um einen Betrag von 3.000,-- DM bei einem
Bemessungsentgelt von 990,-- DM gehandelt habe, sei der Anspruch genau für drei
Wochen weggefallen. Entsprechendes gelte für den Geldzufluss in Höhe von 5.058,61 DM
am 30. Juni 1998, wobei ein Zeitraum von fünf Wochen anzusetzen sei, nämlich vom 30.
Juni bis zum 03. August 1998. Insoweit sei der Kläger nicht bedürftig gewesen; im Übrigen
sei der Bescheid aufzuheben gewesen. Wegen der Rückforderung der Leistungen stehe der
Beklagten kein Ermessen zu.
Das Urteil ist dem Kläger am 10. Januar 2001, der Beklagten einen Tag später zugestellt
worden. Mit einem am Montag, dem 12. Februar 2001, eingegangenen Schriftsatz hat der
Kläger Berufung, mit einem am 24. April 2001 eingegangenen Schriftsatz die Beklagte
Anschlussberufung eingelegt.
Der Kläger begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides vom 29. März 1999 in
Form des Widerspruchsbescheides vom 30. August 1999 in vollem Umfang. Er vertritt die
Auffassung, dass der aus dem Bausparvertrag resultierende Auszahlungsbetrag nicht als
sein Vermögen anzurechnen sei. Die Zeugin K. habe ihm im Jahre 1996 einen Betrag von
15.000,-- DM zur Anschaffung eines 190er Mercedes geliehen. Auf diese Summe habe er
jeweils kleinere Beträge zurückgezahlt, daneben aber auch den Betrag von 6.000,-- bis
7.000,-- DM aus dem Bausparvertrag. Die Höhe des Schuldenstandes Ende Oktober 1997
wisse er derzeit nicht mehr. Beim Arbeitsamt habe er die Schulden damals nicht
angegeben, weil er sie nicht genau habe nachweisen können. Wenn er in Geldnöten
gewesen sei, habe er hin und wieder auch weitere Beträge von der Zeugin K. erhalten.
Derzeit - im November 2003 - schulde er ihr noch 900,-- EUR.
Wenn die Zeugin bei ihrer Vernehmung vor dem SG den Zeitraum vor Weihnachten
angegeben habe, stehe dies ihrer Glaubwürdigkeit nicht entgegen, obwohl der Betrag
tatsächlich wenige Tage nach Weihnachten gezahlt worden sei. Denn man könne nach
mehreren Jahren keine genauen Angaben von einem Zeugen erwarten.
Der Kläger behauptet weiter, dass sowohl der gesamte auf dem Festgeldkonto angelegte
Betrag als auch die Zahlungseingänge in Höhe von 3.000,-- DM und von 5.058,61 DM nicht
ihm, sondern seiner Mutter zugestanden hätten. Sie lebe mit seiner Schwester, der Zeugin
R. H., zusammen. Da diese mit dem Geld großzügig umgehe, habe seine Mutter
befürchtet, dass ihr Geld schnell ausgegeben würde. Deshalb habe sie das Geld
ursprünglich seinem Bruder, dem Zeugen J. H., zur Verwaltung gegeben. Hin und wieder
habe sie das Geld sehen wollen, weil sie Angst gehabt habe, dass das Geld weg wäre. Da
dies seinem Bruder lästig geworden sei, habe er die Sache an ihn - den Kläger -
abgegeben. Dass es aus steuerlichen Gründen günstiger gewesen wäre, das Geld auf den
Namen seiner Mutter anzulegen, habe er nicht bedacht. Angesichts der
verwandtschaftlichen Beziehungen sei es eigentlich selbstverständlich, dass über das
Treuhandverhältnis keine schriftliche Vereinbarung getroffen worden sei.
Als seine Mutter eine neue Wohnung in Aussicht gehabt und sie darüber hinaus auch
gehört habe, dass er - der Kläger - Schulden habe, habe sie das Geld wieder zurückhaben
wollen. Nachdem sie aber die Wohnung letztlich nicht bekommen habe, habe sie ihm das
Geld wieder zurückgegeben. Er habe es dann nochmal für kurze Zeit für sie angelegt,
schließlich aber ganz an sie ausgezahlt. Was aus dem Geld geworden ist, könne er nicht
genau sagen. Jedenfalls habe er selbst überhaupt nicht die Möglichkeit gehabt,
irgendwelches Vermögen anzusparen.
Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte am 20. Februar 2001 einen
Ausführungsbescheid auf Grund des sozialgerichtlichen Urteils erlassen. Darin hat sie dem
Kläger mitgeteilt, dass ihm Alhi im Zeitraum vom 17. April bis 29. Juni 1998 in Höhe von
3.458,02 DM und im Zeitraum vom 04. bis 13. August 1998 in Höhe von 467,30 DM
zustehe. Der zu erstattende Betrag mindere sich um die genannten Beträge. Die zu
erstattenden Beiträge zur Krankenversicherung würden sich in den genannten Zeiträumen
um 1.138,73 DM bzw. 149,29 DM und die Beiträge zur Pflegeversicherung um 142,34 DM
bzw. 19,23 DM mindern. Bei der Kasse des Landesarbeitsamtes sei unter
Berücksichtigung von bereits aufgerechneten Beträgen noch eine Restforderung von
6.091,96 DM an Alhi, 3.123,26 DM an Krankenversicherungsbeiträgen und 392,35 DM an
Pflegeversicherungsbeiträgen offen.
In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Beklagten erklärt, der Bescheid vom
29. März 1999 werde insoweit aufgehoben, als die Aufrechnung des
Rückforderungsbetrages in Höhe von wöchentlich 45,45 DM gegen den Anspruch des
Klägers auf Alhi verfügt wurde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG vom 12. Dezember 2000 abzuändern sowie den Bescheid der Beklagten
vom 29. März 1999 in Form des Widerspruchsbescheides vom 30. August 1999 in vollem
Umfange aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
1. die Berufung des Klägers zurückzuweisen,
2. das Urteil des SG vom 12. Dezember 2000 abzuändern und die Klage in vollem
Umfange abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass das Guthaben auf dem Girokonto des Klägers in
Höhe von 1.449,46 DM ebenfalls als sein Vermögen anzurechnen sei. Das Bankguthaben
sei ein durch Verbrauch verwertbarer Vermögensgegenstand, der der Bestreitung des
Lebensunterhaltes dienen sollte.
Ebenso handele es sich bei der Bausparsumme in Höhe von 7.719,81 DM um im Rahmen
der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigendes Vermögen des Klägers. Selbst wenn man
davon ausgehe, dass die Zeugin K. diesen Betrag tatsächlich erhalten habe, sei nicht
nachgewiesen, dass insoweit entsprechende Verbindlichkeiten gegenüber der Zeugin dem
Grunde und der Höhe nach bestanden hätten, zumal auch die Fälligkeit und rechtliche
Durchsetzbarkeit der Verbindlichkeiten nicht dargelegt worden seien.
Nach Auffassung der Beklagten ist auch das Festgeldguthaben in voller Höhe - also auch in
Höhe des vom Vordergericht ermittelten Betrages von 10.636,-- DM - als Vermögen des
Klägers zu behandeln. Dieser habe eingeräumt, dass er in seinem Verfügungsrecht über
das Festgeldkonto nicht beschränkt gewesen sei. Dass bezüglich dieses Guthabens ein
Treuhandverhältnis bestanden habe, sei nicht nachgewiesen. Der Zeuge J. H. habe lediglich
bestätigt, dass er von seiner Mutter stammende Geldbeträge dem Kläger überbracht
habe. Schriftliche Vereinbarungen zum Treuhandverhältnis hätten nicht bestanden;
schuldrechtliche Beschränkungen des Klägers in der Ausübung seiner Eigentumsrechte an
diesen Geldbeträgen seien nicht nachgewiesen.
Der Kläger beantragt,
die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Frau H. K. und der Schwester des
Klägers, Frau R. H., als Zeuginnen. Auf die in der Sitzungsniederschrift vom 04. November
2003 enthaltenen Aussagen der Zeuginnen wird verwiesen. Der Bruder des Klägers, Herr J.
H., hat schriftlich mitgeteilt, dass er die Aussage verweigere.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte, die
beigezogene Ermittlungsakte 36 Js 2278/02 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken
betreffend das Verfahren gegen den Kläger wegen des Verdachts des Betruges sowie die
Leistungsakte der Beklagten. Der Inhalt der Beiakten war Gegenstand der mündlichen
Verhandlung.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung ist zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstands 1.000,-- DM im
Zeitpunkt der Berufungseinlegung überstiegen hat (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der hier maßgeblichen, vor dem 01. Januar 2002 geltenden
Fassung (vgl. Art. 22 und Art. 68 Abs. 1 des 4. Euro-Einführungsgesetzes vom 21.
Dezember 2000 - BGBl. I S. 1983)). Im Streit sind zu diesem Zeitpunkt die Rücknahme der
Bewilligung der Alhi für die Zeiträume 30. Oktober 1997 bis 16. April 1998 und 30. Juni bis
03. August 1998 (im Tenor des SG-Urteils offensichtlich unrichtig als 30. August 1998
bezeichnet), die Rückforderung der für diese Zeiträume gezahlten Alhi-Leistungen sowie die
Erstattung gezahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von weit mehr als
1.000,-- DM gewesen.
Im Verlauf des Berufungsverfahrens ist der Gegenstand des Rechtsstreits durch die von
der Beklagten eingelegte Anschlussberufung dahingehend erweitert worden, dass nunmehr
auch die Rechtmäßigkeit der vom Vordergericht ausgesprochenen teilweisen Aufhebung
des Rücknahmebescheides für die Zeiten 17. April bis 29. Juni 1998 und 04. bis 13. August
1998 zur Überprüfung gestellt wird, ebenso die für diese Zeiträume von der Beklagten
geltend gemachten Ansprüche auf Rückzahlung der Alhi sowie der Beiträge zur Kranken-
und Pflegeversicherung.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Rücknahmebescheid der Beklagten vom 29.
März 1999 in Form des Widerspruchsbescheides vom 30. August 1999 und der vom
Prozessvertreter der Beklagten erklärten teilweisen Aufhebung des Bescheides insoweit,
als die Aufrechnung des Rückforderungsbetrages gegen den Anspruch des Klägers auf Alhi
verfügt wurde. Der Bescheid der Beklagten vom 20. Februar 2001, in dem in Ausführung
des sozialgerichtlichen Urteils vom 12. Dezember 2000 der vom Kläger zu erstattende
Rückforderungsbetrag reduziert worden ist, ist nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des
Verfahrens geworden. Ein solcher Ausführungsbescheid, in dem die Beklagte die Regelung
trifft, die nach dem sozialgerichtlichen Urteil zu ergehen hat, ist kein Verwaltungsakt, der
einen früheren abändert oder ersetzt; er trifft eine vorläufige Regelung und wird von selbst
hinfällig, wenn das Urteil, auf dem er beruht, aufgehoben wird (Bundessozialgericht (BSG)
KOV 1961 Rspr.Nr. 1278; Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 7. Aufl. 2002, § 96 Anm.
10).
Die Berufung des Klägers, mit der er sich dagegen wendet, dass das SG den Bescheid vom
29. März 1999 nur teilweise aufgehoben hat, ist allerdings nicht begründet. Das SG hat zu
Recht bestätigt, dass die Rücknahme der Alhi-Bewilligung jedenfalls für die Zeiträume vom
30. Oktober 1997 bis 16. April 1998 sowie vom 30. Juni bis 03. August 1998 - letzteres
Datum im Tenor offenbar unrichtig mit 30. August 1998 bezeichnet- , die Rückforderung
der für diese Zeit gezahlten Leistungen und das Verlangen auf Erstattung der erbrachten
Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge rechtens sind.
Rechtsgrundlage für die Rücknahme der mit Bescheid vom 14. Oktober 1997
ausgesprochenen Alhi-Bewilligung ist, soweit auf den Bestand des dem Kläger am 30.
Oktober 1997 gehörenden Vermögens abgestellt wird, § 45 SGB X in Verbindung mit §
330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) vom 24. März
1997 (BGBl. I S. 594). Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht
oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat, im Falle seiner
Rechtswidrigkeit nur unter der Einschränkung der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit
Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden. Der
Begünstigte kann sich u. a. nicht mit Erfolg auf Vertrauen in die Bestandskraft des
rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes berufen, soweit der Verwaltungsakt auf
Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher
Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X).
§ 45 SGB X regelt die Rücknahme von Verwaltungsakten, die von Anfang an rechtswidrig
sind, also bereits bei ihrem Erlass nicht mit der materiellen Rechtslage übereinstimmen
(vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nr. 60; Hauck/Haines, Sozialgesetzbuch - SGB X 1,2 -
Kommentar K § 45 RNr. 1). Diese Rechtsvoraussetzung ist vorliegend gegeben, denn der
Bewilligungsbescheid vom 14. Oktober 1997 stellt sich als rechtswidriger begünstigender
Verwaltungsakt dar. Rechtswidrig ist dieser Verwaltungsakt, weil dem Kläger mangels
Bedürftigkeit von Anfang an, also ab 30. Oktober 1997, kein Anspruch auf Alhi zustand.
Eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi ist gemäß § 134 Abs. 1 Satz Nr. 3
Arbeitsförderungsgesetz (AFG) die Bedürftigkeit des Arbeitslosen. Dieses am 01. Januar
1998 außer Kraft getretene Gesetz (vgl. Art. 82 Abs. 1 Nr. 1 und Art. 83 Abs. 1
Arbeitsförderungs-Reformgesetz (AFRG) vom 24. März 1997 - BGBl. I, S. 594 -) ist im
vorliegenden Rechtsstreit für die für das Jahr 1997 erbrachten Leistungen weiter
anzuwenden, denn das SGB III findet auf Ansprüche, die Zeiträume vor seinem
Inkrafttreten am 01. Januar 1998 betreffen, keine Anwendung (BSG, DBlR 4521, AFG/§
103). Soweit die Alhi-Bewilligung für das Jahr 1998 betroffen ist, ist § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB
III einschlägig, wonach ebenfalls die Bedürftigkeit eine der Anspruchsvoraussetzungen für
den Bezug von Alhi ist. Nicht bedürftig im Sinne des § 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AFG ist nach
§ 137 Abs. 2 AFG ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen die
Gewährung von Alhi offenbar nicht gerechtfertigt ist; eine entsprechende Vorschrift ist §
193 Abs. 2 SGB III. Unter welchen Voraussetzungen die Gewährung von Alhi mit Rücksicht
auf die Vermögensverhältnisse offenbar nicht gerechtfertigt ist, konkretisieren die §§ 6 ff.
der auf der Ermächtigungsgrundlage in § 137 Abs. 3 AFG basierenden Arbeitslosenhilfe-
Verordnung (AlhiV) vom 07. August 1974 (BGBl. I S. 1929), hier in der Fassung des
Arbeitslosenhilfe-Reformgesetzes vom 24. Juni 1996 (BGBl. I S. 878). Die AlhiV als solche
galt auch nach Aufhebung der ihr zugrundeliegenden Ermächtigung in § 137 Abs. 3 AFG
durch Art. 82 Abs. 1 Nr. 1 AFRG zum 01. Januar 1998 weiter, denn Wegfall und Änderung
einer Ermächtigungsgrundlage lassen die Wirksamkeit der auf ihrer Grundlage
ordnungsgemäß erlassenen Rechtsverordnungen grundsätzlich unberührt (BSG SozR 3-
4300 § 193 Nr. 2 m.w.N.); auch Art. 81 Satz 1 AFRG geht davon aus, dass die nach dem
AFG erlassenen Rechtsverordnungen grundsätzlich weitergelten.
Nach § 6 Abs. 1 AlhiV ist das Vermögen des Arbeitslosen zu berücksichtigen, soweit es
verwertbar, die Verwertung zumutbar ist und der Wert des Vermögens, dessen
Verwertung zumutbar ist, jeweils 8.000,-- DM übersteigt. Nach Abs. 2 Satz 1 dieser
Vorschrift ist Vermögen insbesondere verwertbar, soweit seine Gegenstände verbraucht,
übertragen oder belastet werden können. Es ist nicht verwertbar, soweit der Inhaber des
Vermögens in der Verfügung beschränkt ist und die Aufhebung der Beschränkung nicht
erreichen kann (Abs. 2 Satz 2). Die Verwertung ist zumutbar, wenn sie nicht offensichtlich
unwirtschaftlich ist und wenn sie unter Berücksichtigung einer angemessenen
Lebenshaltung des Inhabers des Vermögens und seiner Angehörigen billigerweise erwartet
werden kann (§ 6 Abs. 3 Satz 1 AlhiV). Satz 2 der Vorschrift führt Beispiele unzumutbarer
Verwertung auf.
Zum Vermögen des Klägers gehörten im Zeitpunkt des erstmaligen Bezuges der Alhi am
30. Oktober 1997 u.a. sowohl die Auszahlungssumme aus dem Bausparvertrag als auch
der auf dem Festgeldkonto angelegte Betrag in voller Höhe. Beim Bausparguthaben kann
allerdings zunächst nur von einem Betrag in Höhe von 7.494,91 DM ausgegangen werden.
Denn maßgebender Stichtag für die Prüfung der Vermögensverhältnisse ist der erste Tag,
für welchen Alhi beantragt ist und an dem die übrigen Voraussetzungen für den Anspruch
auf Alhi erfüllt sind (BSG SozR 3-4220 § 6 Nr. 8 und 9), hier also der 30. Oktober 1997.
Die erst zum Jahresende 1997 angefallenen Bausparzinsen in Höhe von 224,90 DM
scheiden daher zunächst bei der Vermögensberechnung aus.
Der vom Kläger vertretenen Auffassung, die Auszahlungssumme aus dem Bausparvertrag
sei nicht als sein Vermögen anzurechnen, weil er aus diesem Betrag 6.000,-- bis 7.000,--
DM an die Zeugin K. zur teilweisen Tilgung eines Darlehens gezahlt habe, kann, wie das SG
im angefochtenen Urteil zutreffend festgestellt hat, aus Rechtsgründen nicht gefolgt
werden.
Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist als Vermögen im Sinne der Alhi-Vorschriften
der gesamte Bestand an Sachen oder Rechten in Geld oder Geldeswert in der Hand des
Berechtigten anzusehen (BSG SozR 4100 § 138 Nr. 3; SozR 3 4220 § 6 Nr. 8 und 9). Der
Beschreibung des Vermögens im Sinn der Alhi-Vorschriften als die Summe der aktiven
Vermögenswerte ist zu entnehmen, dass Verbindlichkeiten grundsätzlich erst bei der Frage
der Verwertbarkeit des Vermögens (§ 6 Abs. 2 AlhiV) bzw. der Zumutbarkeit der
Verwertung (§ 6 Abs. 3 AlhiV) zu berücksichtigen sind. Bereits auf der Stufe der
Feststellung der vorhandenen Vermögenswerte können Verbindlichkeiten nur dann
ausnahmsweise mindernd berücksichtigt werden, wenn sie unmittelbar auf einem
Vermögensgegenstand lasten, wie etwa Hypothekenschulden auf einem Hausgrundstück
(vgl. BSG SozR 3-4200 § 6 Nr. 7, 8 und 9). Diese Voraussetzung ist hinsichtlich der
Darlehensschuld nicht erfüllt; das Darlehen war, wie der Kläger selbst vorträgt, zur
Anschaffung eines Kraftfahrzeugs gewährt worden.
Die gegenüber der Zeugin K. damals bestandene Rückzahlungsverpflichtung aus dem
Darlehen begründete auch keine Verfügungsbeschränkung des Klägers im Sinne des § 6
Abs. 2 Satz 2 AlhiV, da dieser weiterhin in der Lage war, sein aktives Vermögen zur
Behebung der Bedürftigkeit einzusetzen. Gleichwohl ist nach der Rechtsprechung des BSG
von einer "Bindung des Vermögens" im Sinne des § 6 Abs. 2 AlhiV auszugehen, wenn der
Vermögensinhaber im Zeitpunkt der grundsätzlich gebotenen Verwertung seines
Vermögens zur Tilgung von Schulden verpflichtet ist (BSG SozR 4100 § 138 Nr. 3; DBlR
3732a zu § 137 AFG; DBlR 3807 zu § 137 AFG; SozR 3-4220 § 6 Nr. 9). Hierbei hat das
BSG entscheidend darauf abgestellt, dass der Arbeitslose andernfalls in der Konfliktlage sei,
einerseits sein Vermögen zur Beseitigung der Bedürftigkeit einsetzen zu sollen,
andererseits aber gezwungen wäre, fällige Zahlungsverpflichtungen zu verletzen und - mit
den sich daraus ergebenden zivilrechtlichen Folgen - geschlossene Verträge zu brechen.
Der Senat ist auf Grund der durchgeführten Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt,
dass Ende des Jahres 1997 keine derartige aktuelle Zahlungsverpflichtung des Klägers
bestanden hatte, der Zeugin K. einen Betrag zwischen 6.000,-- und 7.000,-- DM
auszuhändigen. Die Zeugin hat zwar bestätigt, dass sie dem Kläger im Sommer 1996
15.000,-- DM zur Anschaffung eines Autos geliehen habe; sie hat aber erklärt, sie wisse
nicht mehr, ob etwas Schriftliches abgemacht worden sei. Nach Angaben der Zeugin K.
hat der Kläger monatlich einen Betrag von 300,-- DM zurückzahlen sollen. Da diese
Rückzahlungsmodalitäten nach Aussage der Zeugin K. vom Kläger in den ersten Jahren
auch eingehalten wurden, bestand für ihn kein Anlass, das Darlehen schon nach etwa
einem Jahre - also bereits vor Fälligkeit der noch ausstehenden Raten - durch Rückzahlung
eines Betrages von 6.000,-- bis 7.000,-- DM teilweise zu tilgen. Die Zahlung eines derart
hohen Betrages erscheint auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger seinerzeit Alhi nur in
Höhe von wöchentlich 325,20 DM bezogen hatte, wenig verständlich. Die Zeugin K. hat
eingeräumt, dass der Kläger bisweilen nicht in der Lage gewesen sei, die Ratenzahlungen
zu erbringen; dann habe sie eben auf die Zahlungen verzichtet; derzeit schulde er ihr
immer noch 900,-- EUR. Bei dieser Sachlage bestand für den Kläger zum Zeitpunkt der
Auszahlung der Bausparsumme keine Konfliktlage zwischen den Verwendungszwecken der
vorzeitigen teilweisen Tilgung der Darlehensschuld einerseits und der Verwertung für den
Lebensunterhalt andererseits. Es ist nicht Aufgabe der bedürftigkeitsabhängigen Alhi, die
vorzeitige Tilgung noch nicht fälliger Darlehen zu ermöglichen. Darüber hinaus ist zu
berücksichtigen, dass vorliegend auch erhebliche Zweifel an der rechtlichen
Durchsetzbarkeit der Darlehensforderung bestanden haben. Denn die Zeugin K. hat erklärt,
sie wäre - falls der Kläger keine Ratenzahlungen geleistet hätte - wahrscheinlich nicht
gerichtlich gegen ihn vorgegangen.
Schließlich kann sich der Kläger auch nicht auf eine Unzumutbarkeit der
Vermögensverwertung berufen. Zwar ermöglicht die in § 6 Abs. 3 AlhiV vorgesehene
Billigkeitsprüfung unter bestimmten Voraussetzungen, Vermögensgegenstände
Verbindlichkeiten zuzuordnen, die noch nicht aktuell zu befriedigen sind. Diese
Voraussetzungen sind aber nur erfüllt, wenn und soweit Vermögensbestandteile und
Verbindlichkeiten bei wirtschaftlicher Betrachtung als eine Einheit anzusehen sind. Eine bei
wirtschaftlicher Betrachtungsweise anzuerkennende Einheit von Vermögensbestandteilen
und Verbindlichkeiten liegt nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 3-4220 § 6 Nr. 8 und
9) vor, wenn beide nach Entstehung und beabsichtigter Tilgung miteinander verknüpft sind.
Dies erfordert einen zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang, der die Beurteilung
erlaubt, dass Vermögensbestandteil und Verbindlichkeit eine wirtschaftliche Einheit bilden
(BSG a.a.O.). Von einem solchen zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang kann im
vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden, weil das Darlehen zur Anschaffung eines
Kraftfahrzeuges gewährt worden, der Bausparvertrag jedoch zum Erwerb einer Immobilie
bzw. zur Durchführung notwendiger Erhaltungsmaßnahmen an dieser abgeschlossen war.
Damit ist die ausgezahlte Bausparsumme dem Bestand des dem Kläger Ende Oktober
1997 gehörenden Vermögens hinzurechnen.
Dasselbe gilt für den vom Kläger am 30. Oktober 1997 auf seinen Namen auf ein
Festgeldkonto eingezahlten Betrag von 32.000,-- DM. Mit dem Einwand, bei diesem Geld
habe es sich um Vermögen seiner Mutter gehandelt, kann der Kläger nicht gehört werden.
Das Bankkonto bei der Volksbank war nicht als Treuhandkonto gekennzeichnet gewesen.
Zugleich konnte der Kläger ohne Einschränkung über dieses Konto verfügen. Maßgebliches
Kriterium zur Bestimmung der Kontoinhaberschaft ist der erkennbare Wille des das Konto
Einrichtenden unter besonderer Berücksichtigung der Umstände es Einzelfalls. Nicht
genügend ist, wenn der Einrichtende lediglich den inneren Willen zur Einrichtung eines
Treuhandkontos hatte, dies jedoch nicht erkennbar zum Ausdruck gebracht hat; denn es
kommt nicht auf den inneren, sondern auf den erkennbaren Willen an, und daher ist ein
solches "verdecktes" Treuhandkonto als reines Privatkonto zu behandeln. Denn ohne
Offenkundigkeit des Treuhandcharakters besteht den Gläubigern des Treuhänders
gegenüber keine hinreichende Rechtfertigung für die Versagung des Zugriffs, und deshalb
lehnt die Rechtsprechung der Zivilgerichte Bundesgerichtshof ((BGH) NJW 1971, 559 f.) die
Gewährung einer Drittwiderspruchsklage mit Recht ab, wenn jemand Gelder, die er für
einen Dritten eingezogen hat, nicht auf einem (offenen) Treuhandkonto, sondern auf
seinem Privatkonto verwahrt (Canaris: "Inhaberschaft und Verfügungsbefugnis bei
Bankkonten" in NJW 1973, 825, 832).
Diese Rechtsgrundsätze gelten nicht nur im Konkurs- bzw. Insolvenzverfahren und im
Rahmen der Drittwiderspruchsklage nach § 771 Zivilprozessordnung (ZPO), sondern sind
entsprechend auf das Recht der Arbeitsförderung bei der Berücksichtigung von Vermögen
des Empfängers von Alhi übertragbar, denn die Beklagte befindet sich insoweit in einer
einem Gläubiger des Treuhänders vergleichbaren Stellung, wenn der Leistungsempfänger
gegen die Berücksichtigung von Vermögenswerten einwendet, es handele sich um ein
"verdecktes" Treuhandkonto. Besonderheiten der Arbeitslosenversicherung, die eine
hiervon abweichende Sichtweise gebieten würden, bestehen nicht (Hess. LSG, E-LSG AL-
233; LSG NRW NZS 2002, 495 f.).
Auch die in beiden Rechtszügen durchgeführte Beweisaufnahme hat nichts ergeben, was
für eine Treuhandstellung des Klägers im Außenverhältnis gegenüber dritten Gläubigern und
damit auch gegenüber der Beklagten spricht. Der Bruder des Klägers, J. H., hat vor dem
SG ausgesagt, er selbst habe im Jahre 1993 nur einen Teil des Geldes seiner Mutter,
nämlich 5.800,-- DM oder 5.900,-- DM gehabt. Dass er diesen Betrag in der Folgezeit dem
Kläger ausgehändigt hat, hat der Zeuge nach der Sitzungsniederschrift vom 12. Dezember
2000 nicht ausgesagt. Eine weitere Befragung des Zeugen J. H. durch den Senat hätte
keine zusätzliche Klärung gebracht, da er die Aussage verweigert hat. Der Zeuge will nach
seinen Bekundungen vor dem SG etwa in den Jahren 1995 und 1996 außerdem 1.600,--
DM und danach noch einmal 2.200,-- DM von seiner Mutter an den Kläger überbracht
haben. Dass diese Gelder vom Kläger treuhänderisch angelegt werden sollten, hat der
Zeuge J. H. jedoch nicht bestätigt. Allein aus der bloßen Geldübergabe an den Kläger kann
noch nicht geschlossen werden, dass es sich dabei um einen Teil des Geldes gehandelt
hat, das der Kläger Ende Oktober 1997 als Festgeld angelegt hatte. Der Senat vermag
daher nicht die vom SG gezogene Schlussfolgerung nachzuvollziehen, dass ein Betrag in
Höhe von 10.636,-- DM auf dem Festgeldkonto nicht dem Vermögen des Klägers
zuzurechnen war.
Die Aussage der vom Senat als Zeugin vernommenen Schwester des Klägers, R. H., hat
keine Bestätigung für seine Behauptung ergeben, dass der auf dem Festgeldkonto
angelegte Betrag ihm nicht gehört habe. Die Zeugin hat lediglich bekundet, dass sie Mitte
des Jahres 1998 - also nach dem für die Alhi-Bewilligung maßgeblichen Stichtag am 30.
Oktober 1997 - auf dem Kaffeetisch einen größeren Geldbetrag gesehen habe. Während
die Zeugin zunächst ausgesagt hat, sie wisse nicht, wie hoch die Summe gewesen sei, hat
sie im weiteren Verlauf ihrer Vernehmung angegeben, dass es 20.000,-- DM gewesen
seien. Ihre Mutter habe die Frage bejaht, dass das Geld ihr - der Mutter - gehöre. Später
habe sie ihr - der Zeugin - gesagt, sie habe das Geld treuhänderisch dem Kläger gegeben.
Die Zeugin hat jedoch auf weiteres Befragen eingeräumt, dass sie nicht wisse, was der
Kläger mit dem Geld gemacht habe; auch das Wort "treuhänderisch" sei nicht gefallen.
Damit lässt sich aus der Aussage der Zeugin R. H. nichts dafür herleiten, dass der vom
Kläger bereits am 30. Oktober 1997 bei der Volksbank eingezahlte Betrag von 32.000,--
DM ihm nicht selbst gehört haben soll. Es sind auch sonst keine vernünftigen Gründe
ersichtlich, weshalb der Kläger das Geldvermögen seiner Mutter unter eigenem Namen
angelegt hatte, ohne die angebliche Treuhandschaft zu kennzeichnen. Der im
Zusammenhang mit der Zinsabschlagsteuer zustehende Freibetrag hätte bei einer
Geldanlage auf den Namen der Mutter in voller Höhe ausgeschöpft werden können,
während bei einer Anlage auf den Namen des Klägers der Freibetrag bereits bei den im
Jahre 1997 angefallenen Bausparzinsen berücksichtigt wurde. Wenn der Kläger - auch als
angeblich verdeckter Treuhänder - den Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft über
32.000,-- DM erzeugt hat, muss er sich hieran auch im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung
durch Sozialleistungsträger festhalten lassen.
Schließlich ist auch - entgegen der vom SG vertretenen Rechtsauffassung - der auf dem
Girokonto des Klägers am 30. Oktober 1997 angelegte Betrag in Höhe von 1.449,46 DM
zu seinem Vermögensbestand hinzuzurechnen. Dieser Anspruch auf Geld gehört zum
Bestand an Rechten und ist gemäß § 6 Abs. 2 AlhiV verwertbar. Entgegen der Auffassung
des SG bestehen auch keine Bedenken hinsichtlich der Zumutbarkeit der Verwertung des
auf dem Girokonto des Klägers befindlichen Geldbetrages. Auch wenn ein Girokonto
üblicherweise nicht dazu bestimmt ist, Vermögen anzusparen, ist der angelegte Betrag
ebenso wie Bargeld zu behandeln, bei dem lediglich der Freibetrag von 8.000,-- DM - und
zwar gemeinsam mit allen anderen Vermögenswerten - abgesetzt werden kann.
Ebensowenig lässt sich mit der Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung (§ 6
Abs. 3 Satz 1 AlhiV) des Klägers eine Privilegierung des auf dem Girokonto angelegten
Geldes begründen. Als Vermögensgegenstände, die zur angemessenen Lebenshaltung
gehören, werden im Schrifttum beispielhaft die persönlichen Kleidungsstücke oder nicht für
die Berufsausbildung oder Erwerbstätigkeit benötigte Kraftfahrzeuge aufgeführt (vgl. Ebsen
in Gagel, Komm. zum AFG, Stand: Januar 1998, § 137 RNr. 240 f.), keinesfalls jedoch
Einlagen auf dem Girokonto, mit denen leicht der vom Verordnungsgeber vorgegebene
Freibetrag von 8.000,-- DM umgangen werden könnte, zumal die vom SG vertretene
Auffassung nicht erkennen lässt, ob auf einem Girokonto angelegtes Geld unabhängig von
der Summe unverwertbar sein soll.
Das Vermögen des Klägers umfasste daher am 30. Oktober 1997 die Bausparsumme in
Höhe von 7.494,91 DM, das Guthaben auf dem Festgeldkonto in Höhe von 32.000,-- DM
sowie die Einlage auf dem Girokonto von 1.449,46 DM, zusammen also 40.944,37 DM.
Nach Abzug des Freibetrages von 8.000,-- DM (§ 6 Abs. 1 AlhiV) ergibt sich ein zu
berücksichtigendes Vermögen von 32.944,37 DM. Gemäß § 9 AlhiV besteht Bedürftigkeit
nicht für die Zahl voller Wochen, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden
Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergibt, nach dem sich die Alhi richtet. Bei einem
wöchentlichen Arbeitsentgelt von 990,-- DM, nach dem sich die Alhi des Klägers ab dem
30. Oktober 1997 richtete, führt diese Regelung dazu, dass seine Bedürftigkeit zunächst
für 33 Wochen nicht bestanden hatte (32.944,37 DM: 990,-- DM); d. h. für die Zeit vom
30. Oktober 1997 bis zum 18. Juni 1998.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass es sich bei dem auf dem Girokonto angelegten
Betrag von 1.449,46 DM nicht um einen unselbständigen Rechnungsposten bei der
Ermittlung des Vermögenswertes sondern um einen vom SG als privilegiert anerkannten
Betrag handelt, der im Berufungsverfahren wegen des Verbots der "reformatio in peius"
nicht in Frage zu stellen ist, ergibt sich allein schon bei Berücksichtigung von
Bausparsumme und Festgeldguthaben ein Zeitraum von 31 Wochen, für den Bedürftigkeit
des Klägers nicht vorlag ((7.494,91 DM + 32.000,-- DM): 990,-- DM). Da das SG im
angefochtenen Urteil nur von einem Zeitraum von 21 Wochen ab dem 30. Oktober 1997
ausgegangen ist, für den dem Kläger Alhi zunächst zu versagen ist, ist dieser durch das
Urteil des SG insoweit nicht zu Unrecht beschwert.
Da der Kläger ab dem 30. Oktober 1997 für die Zeit von 33 Wochen nicht die
Anspruchsvoraussetzungen für Alhi erfüllte, war die Bewilligung dieser Leistung mit
Bescheid vom 14. Oktober 1997 von Anfang an rechtswidrig. Der Rücknahme der
rechtswidrigen Bewilligung steht der Vertrauensschutz, der gemäß § 45 Abs. 2 SGB X zu
beachten ist, nicht entgegen. Denn der Verwaltungsakt beruhte auf Angaben, die der
Kläger vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hatte (§ 45 Abs. 2 Satz 3
Nr. 2 SGB X).
In dem von ihm am 16. September 1997 unterschriebenen Formblatt hat der Kläger auf
die Frage, ob er Freistellungsaufträge für Kapitalerträge bei Kreditinstituten erteilt habe,
das Kästchen mit "Nein" angekreuzt. Die von der Beklagten angestellten Ermittlungen
ergaben jedoch, dass der Kläger tatsächlich zwei Freistellungsaufträge für Kapitalerträge
erteilt hatte. Die Bedeutung dieser Frage nach Freistellungsaufträgen muss dem Kläger,
der in den Jahren 1995 bis 1997 erfolgreich eine Umschulung zum Industriekaufmann
absolviert hatte, voll bewusst gewesen sein. Dasselbe gilt für die unrichtige Beantwortung
der Frage nach Bankguthaben, die er ebenfalls wahrheitswidrig verneint hat. Es wurden
weder das Girokonto mit 1.449,46 DM noch das Festgeldkonto mit einer Einlage von
32.000,-- DM angegeben. Auf Grund der eindeutigen Fragestellung konnte der Kläger ohne
Schwierigkeiten erkennen, dass das Vorhandensein von Guthaben Einfluss auf den
Anspruch auf Alhi haben musste. Auch durch die Hinweise im "Merkblatt für Arbeitslose",
dessen Erhalt der Kläger unterschriftlich bestätigt hat, ist er darauf hingewiesen worden,
dass die Bewilligung der Alhi von der Bedürftigkeit des Antragstellers abhängt; dort ist
ausdrücklich vermerkt, dass im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung auch Vermögen
berücksichtigt wird. Selbst wenn der Kläger - rechtsirrig - der Meinung gewesen sein sollte,
ein verdecktes Treuhandkonto seiner Mutter sei nicht seinem Vermögen zuzurechnen,
entsprach es doch einer einfachen und naheliegenden Überlegung, die entsprechenden
Bankguthaben offen zu legen, damit die Beklagte überhaupt eine rechtliche Bewertung im
Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung vornehmen konnte. Die subjektive Urteils- und
Kritikfähigkeit des Klägers ist nicht eingeschränkt; vielmehr besaß er nach dem in der
mündlichen Verhandlung hinterlassenen Eindruck offenkundig das erforderliche
Einsichtsvermögen, um die Bedeutung dieser Angaben für die von ihm beantragte Alhi zu
erkennen.
Schließlich hat der Kläger wahrheitswidrig im Antragsformblatt die Frage nach dem
Bestehen eines Bausparvertrages verneint. Der Kläger wusste sehr wohl vom Bestehen
dieses Bausparvertrages über 7.494,91 DM, denn er hat, wie die Bausparkasse S. H. AG
S1 bestätigt hat, dieses Konto zum Jahresende 1997 gekündigt. Er kann sich nicht mit
Erfolg darauf berufen, dass ihm ein Mitarbeiter auf dem Arbeitsamt die Auskunft erteilt
habe, der auf dem Bausparkonto angelegte Betrag sei für die Stellung des Antrags auf Alhi
nicht relevant, weil das Guthaben noch nicht fällig sei. Da der Kläger den Namen des
angeblichen Sachbearbeiters bei der Beklagten nicht anzugeben vermochte, handelt es sich
bei seiner entsprechenden Behauptung um unbewiesenen Parteivortrag, der den Kläger
nicht entlasten kann, zumal es insoweit auf den genauen Inhalt des seinerzeit angeblich
geführten Gesprächs ankäme. Im Übrigen spricht auch die zögerliche Beantwortung der ab
dem 28. Oktober 1998 an den Kläger gerichteten Anfragen nach seinen
Vermögensverhältnissen nicht für seine Gutgläubigkeit, da er erst nach fünfmaliger
Nachfrage durch die Beklagte sämtliche Transaktionen nachgewiesen hatte, die zu dem
Abschlusssaldo von 40.571,06 DM auf dem Festgeldkonto führten. Bei dieser Sachlage ist
dem Kläger der Vorwurf vorsätzlichen Handelns bei Stellung des Antrags auf Anschluss-Alhi
zu machen.
Die von der Beklagten ausgesprochene Alhi-Bewilligung mit Wirkung vom 30. Oktober 1997
beruhte auf den unrichtigen Angaben des Klägers über seine Vermögensverhältnisse; denn
ausgehend von diesen damaligen Angaben hatte das Arbeitsamt die Bedürftigkeit des
Klägers nicht in Frage gestellt. Weil ein Fall des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X gegeben
ist, kam auch die Rücknahme der Bewilligung für die Vergangenheit in Betracht (§ 45 Abs.
4 Satz 1 SGB X).
Die Beklagte hat die in § 45 Abs. 3 Satz 2 SGB X vorgesehene Rücknahmefrist von einem
Jahr gewahrt, die ab der Kenntnis der Beklagten von den Tatsachen läuft, die die
Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts für die Vergangenheit
rechtfertigen. Der Anstellung von Ermessenserwägungen durch die Beklagte wegen der
Rücknahme der Alhi-Bewilligung für die Vergangenheit bedurfte es nicht; die Beklagte war
gemäß § 330 Abs. 2 SGB III zur teilweisen Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 14.
Oktober 1997 wegen des am 30. Oktober 1997 vorhandenen Vermögensbestandes
verpflichtet, soweit er die Zeit vom 30. Oktober 1997 bis zum 18. Juni 1998 betraf. Da
das SG - ausgehend von einem Vermögensbestand des Klägers am 30. Oktober 1997 von
21.083,81 DM - lediglich einen Zeitraum von 21 Wochen - nämlich vom 30. Oktober 1997
bis zum 26. März 1998 - errechnete, für den die Rücknahme der Alhi-Bewilligung
gerechtfertigt sei, kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass er insoweit durch das
Urteil des SG vom 12. Dezember 2000 zu Unrecht belastet ist.
Indes sind auch nach dem 30. Oktober 1997 Vermögenszuflüsse erfolgt, die nicht ohne
Einfluss auf die Bedürftigkeit des Klägers und damit auf seine Berechtigung zum Alhi-Bezug
blieben. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Beträge:
- 30. Dezember 1997, Zinsen des Bausparguthabens 224,90 DM
- 02. Februar 1998, Zinsen aus Festgeldkonto 260,00 DM
- 19. März 1998, Kapitalaufstockung auf Festgeldkonto 3.000,-- DM
- 30. Juni 1998, Kapitalaufstockung auf Festgeldkonto 5.058,61 DM.
Diese Geldbeträge sind aus denselben Gründen dem Vermögen des Klägers zuzurechnen
wie das bis dahin schon vorhandene Bausparguthaben und der bereits angelegte Betrag
auf dem Festgeldkonto; insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Somit
standen dem Kläger am 18. Juni 1998, dem Tag, bis zu dem seine Bedürftigkeit wegen
des am 30. Oktober 1997 vorhandenen Geldvermögens die Berechtigung zum Bezug der
Alhi ausgeschlossen hatte, zusätzlich (224,90 DM + 260,-- DM + 3.000,-- DM =)
3.484,90 DM zur Bestreitung seines Lebensunterhalts zur Verfügung. Das Vorhandensein
dieses Vermögens rechtfertigt eine weitere rückwirkende Aufhebung der Alhi-Bewilligung
für die Zeit nach dem 18. Juni 1998.
Als Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Leistungsbewilligung für Zeiten nach dem 18.
Juni 1998 kommt allein § 48 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III in
Betracht. Nach § 48 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den
tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine
wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (Satz 1). Der
Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse u.a.
aufgehoben werden, wenn der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen
Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse
vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Satz 2 Nr. 2) oder nach
Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden
ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Satz 2 Nr.
3). Die Bestimmung des § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III modifiziert § 48 SGB X wie folgt:
Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen für die Aufhebung
eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, so ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der
Änderung der Verhältnisse aufzuheben.
Bei dem Bescheid vom 14. Oktober 1997, mit dem dem Kläger Alhi ab dem 30. Oktober
1997 bewilligt worden war, handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung;
denn mit der Bewilligung wurde eine regelmäßig wiederkehrende Leistung zugesprochen,
so dass der Verwaltungsakt rechtliche Bedeutung über den Zeitpunkt der Bekanntgabe
hinaus äußerte (vgl. BSG SozR 4100 § 138 Nr. 25; SozR 3-4100 § 138 Nr. 1). Die
erforderliche wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die beim Erlass des Alhi-
Bewilligungsbescheides vorgelegen haben, ist ab dem 19. Juni 1998 - dem Tag, an dem
das am 30. Oktober 1997 vorhandene Geldvermögen nicht mehr zu berücksichtigen war -
insoweit eingetreten, als die Dauer der Nicht-Bedürftigkeit des Klägers wegen der
zwischenzeitlichen Geldzuflüsse verlängert wurde. Der vom SG vertretenen Auffassung, die
Änderung der Verhältnisse bestehe darin, dass wegen des Zuflusses von Vermögen die
Bedürftigkeit des Klägers entfallen sei, vermag sich der Senat nicht anzuschließen, da die
Bedürftigkeit - wie bereits ausgeführt - bis zum 18. Juni 1998 schon gar nicht bestanden
hatte.
Der nachträgliche Vermögenszufluss in Höhe von 3.484,90 DM wirkte sich dahin aus, dass
die Bedürftigkeit des Klägers auch für die Zeit von weiteren drei Wochen, also vom 19. Juni
bis 09. Juli 1998, nicht bestanden hatte. Dies ergibt sich gemäß § 9 AlhiV aus der Division
des zu berücksichtigenden Vermögens (3.484,90 DM) durch das Arbeitsentgelt, nach dem
sich die Alhi richtete (990,-- DM).
Zwischenzeitlich war aber am 30. Juni 1997 ein weiterer Vermögenszufluss erfolgt,
nämlich der Aufstockungsbetrag von 5.058,61 DM auf dem Festgeldkonto. Auch dieser
Betrag ist - ebenso wie das übrige auf dem Festgeldkonto bis dahin angelegte Vermögen -
dem Vermögen des Klägers nachträglich zuzurechnen. Die gemäß § 9 AlhiV
vorzunehmende Anrechnung führt dazu, dass dem Kläger mangels Bedürftigkeit die Alhi
nochmals für weitere fünf Wochen, also für die Zeit vom 10. Juli bis 13. August 1998 zu
versagen ist (5.058,61 DM: 990,-- DM).
Sind mithin in den tatsächlichen Verhältnissen, die im Zeitpunkt der Alhi-Bewilligung
(Bescheid vom 14. Oktober 1997) vorgelegen haben, zum 19. Juni 1998 bzw. zum 10. Juli
1998 wesentliche Änderungen, nämlich die Fortdauer der Nicht-Bedürftigkeit eingetreten,
kommt es für die zusätzlich vorgenommene rückwirkende Aufhebung der Alhi-Bewilligung
für die Zeit vom 19. Juni bis zum 13. August 1998 darauf an, ob in der Person des Klägers
zumindest eine der oben zu § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Fallgruppen verwirklicht
war. Dies ist zu bejahen, da das nach Erlass des Bewilligungsbescheides erzielte Vermögen
zum (teilweisen) Wegfall des Anspruchs auf Alhi geführt hatte und somit die
Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X vorliegen. Dabei gilt nach der
Vorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse der
Beginn des Anrechnungszeitraumes, vorliegend also der 19. Juni 1998.
Darüber hinaus ist auch § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X einschlägig, da der Kläger dem
Arbeitsamt die nachträglichen Vermögenszuflüsse nicht mitgeteilt hatte. Die
entsprechende gesetzlich vorgeschriebene Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn
nachteiliger Änderungen der Verhältnisse ergibt sich aus § 60 Abs. 1 Nr. 2
Sozialgesetzbuch, Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I), wonach derjenige, der
Sozialleistungen beantragt oder erhält, Änderungen in den Verhältnissen, die für die
Leistung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen hat. Gegen diese gesetzliche Pflicht zur
Mitteilung der Geldzuflüsse hat der Kläger vorsätzlich verstoßen. Im "Merkblatt 1 für
Arbeitslose", dessen Erhalt und inhaltliche Kenntnisnahme der Kläger im Zusammenhang
mit der Stellung des Antrags auf Alhi am 16. September 1997 unterschriftlich bestätigt
hatte, ist auf Seite 51 ausdrücklich und unmissverständlich darauf hingewiesen, dass bei
Änderungen im Vermögen das Arbeitsamt zu benachrichtigen ist. In dem vom Kläger
unterschriebenen Antragsvordruck auf Gewährung von Alhi ist ebenfalls darauf
hingewiesen, dass der Antragsteller dem Arbeitsamt Änderungen unverzüglich anzuzeigen
habe, die gegenüber den in diesem Antrag angegebenen Verhältnissen eintreten. Für ein
vorsätzliches Verhalten des Klägers spricht auch die Tatsache, dass er auch im Folgeantrag
vom 04. September 1998 wiederum das Vorhandensein jeglichen Vermögens verneint
hatte.
Damit liegen die Rechtsvoraussetzungen für die rückwirkende Aufhebung der Alhi-
Bewilligung auch für den Zeitraum 19. Juni bis 13. August 1998 vor. Für
Ermessenserwägungen lässt die Vorschrift des § 330 Abs. 3 SGB III keinen Raum, wie
bereits oben ausgeführt wurde. Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X, die im Falle
der rückwirkenden Aufhebung des Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung wegen Änderung
der Verhältnisse entsprechend gilt (§ 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X), ist eingehalten. Dass sich
die Beklagte im angefochtenen Verwaltungsakt bezüglich der Aufhebung der
Leistungsbewilligung für die Zeit vom 19. Juni bis 13. August 1998 nicht auf § 48 SGB X,
sondern auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X gestützt hat, ist unschädlich, denn insoweit
handelt es sich lediglich um einen Verfahrensfehler bei einer gebundenen Entscheidung, der
weder zur Anfechtbarkeit noch gar zur Nichtigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts führt
(§§ 41 Abs. 1 Nr. 2, 42 SGB X).
Da das SG im angefochtenen Urteil vom 12. Dezember 2000 zu dem Ergebnis gekommen
ist, dass wegen der nachträglichen Vermögenszuflüsse lediglich eine Aufhebung der Alhi-
Bewilligung für den Zeitraum 30. Juni bis 03. August 1998 in Betracht kommt, kann sich
der Kläger wegen der gebotenen Aufhebung der Leistungsbewilligung für die Zeit vom 19.
Juni bis 13. August 1998 nicht darauf berufen, dass ihn das Urteil des SG zu Unrecht
belaste. Soweit im Tenor des Urteils des Vordergerichts das Datum "30.08.1998"
angegeben ist, handelt es sich um eine offensichtliche Unrichtigkeit, da sich aus der in der
in den Entscheidungsgründen ersichtlichen Berechnung ergibt, dass die Bedürftigkeit des
Klägers lediglich bis zum 03. August 1998 verneint wird.
Sowohl die (teilweise) Rücknahme der Alhi-Bewilligung bis zum 18. Juni 1998 als auch die
(teilweise) Aufhebung der Bewilligung für den anschließenden Zeitraum bis zum 13. August
1998 haben ohne weiteres zur Folge, dass der Kläger verpflichtet ist, die für diese
Zeiträume erhaltenen Leistungen zurückzuzahlen. Nach § 50 Abs. 1 SGB X sind bereits
erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit, wie hier, ein Verwaltungsakt aufgehoben
worden ist. Der Kläger hatte im Zeitraum vom 30. Oktober 1997 bis zum 13. August
1998 Alhi in Höhe von insgesamt 13.441,05 DM zu Unrecht erhalten, die von ihm
zurückzuzahlen sind. Das SG hat sich, obwohl es den Rücknahme- bzw.
Aufhebungszeitraum reduziert hat, im angefochtenen Urteil nicht zur Höhe des
Rückforderungsbetrages geäußert. Im Hinblick darauf, dass das SG von einem kürzeren
Zeitraum ausgeht, für den die Alhi zurückzuzahlen ist, ist der Kläger auch insoweit nicht zu
Unrecht durch das angefochtene Urteilt belastet.
Infolge der rückwirkenden Rücknahme bzw. Aufhebung der Alhi-Bewilligung ist der Kläger
auch verpflichtet, der Beklagten die von ihr für diese Zeiträume an die T.-Krankenkasse
entrichteten Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 4.411,38 DM zu erstatten. Diese
Verpflichtung ergibt sich aus § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III, wonach der Bezieher von Alhi der
Bundesanstalt für Arbeit die Beiträge zu ersetzen hat, soweit die Entscheidung über die
Leistung rückwirkend aufgehoben und die Leistung zurückgefordert worden ist. Die
Erstattungspflicht entfällt nach § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III nur dann, wenn für die Dauer
des Erstattungszeitraums ein weiteres Krankenversicherungsverhältnis bestand und gegen
diese Krankenkasse ein Erstattungsanspruch gegeben ist. Diese Voraussetzungen lagen
hier nicht vor, da der Kläger nur bei der T.-Krankenkasse gegen Krankheit versichert war.
Der Kläger hat außerdem die von der Beklagten für den Zeitraum 30. Oktober 1997 bis
13. August 1998 gezahlten Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 553,92
DM zu erstatten. Die Rechtsgrundlage für diese Verpflichtung ergibt sich aus § 335 Abs. 5
SGB III, der die entsprechende Anwendung des § 335 Abs. 1 bis 3 SGB III anordnet, und
zwar auch und gerade dann, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt
hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden
ist (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch, Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung
(SGB XI), in der Fassung des Art. 10 Nr. 1 AFRG). Die Entscheidung des Vordergerichts,
insoweit die Klage abzuweisen, ist daher im Ergebnis nicht zu beanstanden, wenngleich die
Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils keine Ausführungen darüber enthalten,
dass der Kläger zur Erstattung der von der Beklagten entrichteten Beiträge zur Kranken-
und Pflegeversicherung verpflichtet ist.
Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
II. Die Anschlussberufung der Beklagten, mit der sie die Abweisung der Klage in vollem
Umfange begehrt, ist zulässig, auch wenn die Berufungsfrist verstrichen ist (Meyer-
Ladewig, a.a.O., § 143 SGG, Anm. 5). Die Voraussetzung, dass eine Hauptberufung
eingelegt ist, ist erfüllt. Dem Rechtsinstitut der Anschließung ist eigentümlich, dass sie zur
Geltendmachung weitergehender Ansprüche erhoben wird (BSG SozR Nr. 9 zu § 521
ZPO). Damit entfällt die Bindung des Gerichts an den Antrag des Berufungsführers; es
kann zu seinen Ungunsten entscheiden und wird vom Verbot der reformatio in peius befreit
(Meyer-Ladewig, a.a.O., § 143 SGG Anm. 5a).
Die Anschlussberufung ist auch begründet. Das SG hat den Bescheid der Beklagten vom
29. März 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. August 1999 zu Unrecht
in der im Tenor formulierten Weise aufgehoben. Der angefochtene Bescheid der Beklagten
ist in der Form, die er durch die vom Prozessvertreter der Beklagten erklärten teilweisen
Aufhebung - nämlich dem Absehen von der Aufrechnung - erhalten hat, nicht zu
beanstanden. Die Beklagte hat zu Recht die Bewilligung der Alhi für die Zeit vom 30.
Oktober 1997 bis 13. August 1998 zurückgenommen bzw. aufgehoben, die gezahlten
Leistungen in Höhe von 13.441,05 DM zurückgefordert sowie die Erstattung der für diese
Zeit entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 4.965,30 DM
verlangt. Der Senat verweist diesbezüglich auf die obigen Ausführungen zur Berufung des
Klägers, mit denen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestätigt worden
ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) lagen nicht vor.