Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 02.04.2009

LSG NRW: bemessungszeitraum, anspruch auf bewilligung, arbeitsentgelt, berufliche tätigkeit, härte, rahmenfrist, firma, brand, verfügung, arbeitsorganisation

Landessozialgericht NRW, L 9 AL 43/08
Datum:
02.04.2009
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
9. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 9 AL 43/08
Vorinstanz:
Sozialgericht Detmold, S 9 AL 160/05
Sachgebiet:
Arbeitslosenversicherung
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts
Detmold vom 28.03.2008 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die
außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren. Die
Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
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Die Beteiligten streiten um die Höhe des Arbeitslosengeldanspruchs des Klägers.
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Der im Jahre 1950 geborene Kläger war in der Zeit vom 01.04.1964 bis zum 30.06.2004
bei der Firma X GmbH als Werkzeugmacher bzw. technischer Angestellter beschäftigt.
Ausweislich einer Arbeitsbescheinigung bestand im Anschluss daran befristet vom
01.07.2004 bis zum 30.06.2005 ein Arbeitsverhältnis mit der C GmbH in N. Der Kläger
erhielt in der Zeit vom 01.07.2003 bis zum 31.05.2004 ein beitragspflichtiges
Bruttoarbeitsentgelt von 55.659,10 Euro. Nach der Gehaltsabrechnung seines
ehemaligen Arbeitgebers vom 07.07.2004 erzielte er für den Monat Juni 2004 ein
beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt von 5.052,78 Euro. Für die Zeit vom 01.07.2004
bis zum 30.06.2005 erhielt der Kläger ein beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt von
52.866,76 Euro. Am 09.06.2005 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte die
Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 01.07.2005 und - sinngemäß - den
Bemessungsrahmen auf zwei Jahre zu erweitern.
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Mit Bescheid vom 14.06.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld auf
der Grundlage eines täglichen Arbeitsentgelts von 144,84 Euro für 780 Tage ab dem
01.07.2005 (61,53 Euro täglich). Hierbei legte sie das im Zeitraum vom 01.07.2004 bis
zum 30.06.2005 erzielte Arbeitsentgelt zugrunde. Mit Schreiben vom 13.06.2005 teilte
sie dem Kläger außerdem mit, sein Antrag auf Anerkennung einer unbilligen Härte
müsse abgelehnt werden, weil das Bemessungsentgelt für die letzten beiden Jahre
nicht um 10 % höher liege als das Bemessungsentgelt des letzten Jahres.
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Seinen am 11.07.2005 gegen den Bescheid vom 14.06.2005 erhobenen Widerspruch
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begründete der Kläger damit, dass Berechnungsgrundlage für die Höhe seines
Arbeitslosengeldes sein Bruttoarbeitsentgelt für die Zeit vom 01.07.2003 bis zum
30.06.2004 sein müsse.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom
26.08.2005 als unbegründet zurück. Das letzte Versicherungspflichtverhältnis vor
Entstehen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld sei das bei der Firma C GmbH gewesen.
Dieses habe am 30.06.2005 geendet. Damit verlaufe der einjährige
Bemessungsrahmen vom 01.07.2004 bis zum 30.06.2005. Der Bemessungszeitraum
innerhalb dieses Bemessungsrahmens umfasse die Entgeltzeiträume von Juli 2004 bis
Juni 2005. In dieser Zeit habe der Kläger ein durchschnittliches tägliches
Bemessungsentgelt von 144,84 Euro erzielt, das der Bewilligung zugrunde zu legen sei.
Eine unbillige Härte liege nicht vor. Denn in den letzten zwei Jahren habe der Kläger
nicht überwiegend eine berufliche Tätigkeit ausgeübt, in der er ein höheres Entgelt
erzielt habe als im Bemessungszeitraum. Nur wenn das Bemessungsentgelt aus dem
erweiterten Bemessungsrahmen das um 10 % erhöhte Bemessungsentgelt aus dem
regulären Bemessungsrahmen übersteige, liege eine unbillige Härte vor. Um 10 %
erhöht betrage das Bemessungsentgelt des Klägers 159,32 Euro. Innerhalb des auf
zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens habe der Kläger ein beitragspflichtiges
Bruttoarbeitsentgelt von insgesamt 108.525,86 Euro erzielt, was einem täglichen
Arbeitsentgelt von 154,82 Euro entspreche.
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Am 20.09.2005 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, es liege
in seinem Falle eine unbillige Härte vor, da es sich bei seiner Beschäftigung in der Zeit
vom 01.07.2004 bis zum 30.06.2005 um eine geringer entlohnte Arbeit bei einer
Auffanggesellschaft gehandelt habe. In der Zeit von Juli 2003 bis Juni 2004 habe er
dagegen mit insgesamt 65.560,15 Euro wesentlich mehr Geld als im zugrunde gelegten
Bemessungszeitraum verdient.
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Der Kläger hat beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 14.06.2005 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 26.08.2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
an ihn Arbeitslosengeld in Höhe von 156,47 Euro ab dem 01.07.2005 nach den
gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen
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und sich im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide bezogen.
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Mit Urteil vom 28.03.2008 hat das Sozialgericht Detmold die Beklagte unter
entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 14.06.2005 und des
Widerspruchsbescheides vom 26.08.2005 verpflichtet, dem Kläger ab dem 01.07.2005
Arbeitslosengeld auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts von 155,13 Euro zu
zahlen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Berechnung nach dem niedrigeren
Jahresentgelt des unmittelbar vor der Arbeitslosigkeit liegenden Jahres stelle eine
unbillige Härte im Sinne von § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch III (SGB III) dar.
Denn in dem erweiterten Bemessungszeitraum von zwei Jahren habe der Kläger
überwiegend ein höheres Entgelt erzielt. Während er in dem von der Beklagten
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zugrunde gelegten Bemessungszeitraum lediglich ein sozialversicherungspflichtiges
Arbeitsentgelt von 50.525,88 Euro verdient habe, habe er in dem erweiterten
Bemessungszeitraum von zwei Jahren ein Arbeitsentgelt in Höhe von 113.396,65 Euro
erzielt, was einem Bemessungsentgelt von 155,13 Euro täglich entspreche. Die
Differenz von 10,29 Euro bedeute einen Unterschied zu dem von der Beklagten
angenommenen Bemessungsentgelt von 7,1 %. Dieser Unterschied sei angesichts der
großen wirtschaftlichen Belastung für den Betroffenen auch so erheblich, dass er eine
unbillige Härte darstelle. Es werde auf das Urteil des LSG NRW vom 31.05.2006 - L 1
AL 10/06 - verwiesen, in dem dargestellt sei, dass ein Gehaltsunterschied von 6,47 %
nicht unwesentlich sei, sondern sich wirtschaftlich spürbar auswirke. Dem stehe auch
nicht die Aufhebung dieser Entscheidung und Zurückverweisung der Sache durch das
Urteil des BSG vom 29.01.2008 - B 7/7a AL 40/06 R - entgegen. Denn die Entscheidung
des BSG sei im Wesentlichen damit begründet, dass das LSG neben dem rein
finanziellen Aspekt auch weitere Gründe in die Prüfung der unbilligen Härte einbezogen
habe. Angesichts des vom Kläger tatsächlich erzielten Arbeitsentgeltes in dem
zweijährigen Zeitraum (155,13 Euro täglich) sei die Klage im Übrigen unbegründet.
Gegen das ihr am 21.05.2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 12.06.2008
eingelegte Berufung der Beklagten. Sie macht zur Begründung geltend, das BSG habe
in seiner Entscheidung vom 29.01.2008 - B 7/7a AL 40/06 R - unter anderem ausgeführt,
dass es auf die vom LSG aufgeworfene Rechtsfrage der prozentualen Höhe des
Arbeitsentgeltverlustes als Voraussetzung für die Annahme einer unbilligen Härte nicht
ankomme. Die Härteklausel solle lediglich unbillige Ergebnisse bei der Bemessung des
Arbeitslosengeldes für den Fall vermeiden, dass der Arbeitslose im
Bemessungszeitraum eine Beschäftigung ausgeübt hat, in der er einen für ihn
außergewöhnlichen Minderverdienst erzielt habe. Die Vorschrift sei vor dem
Hintergrund des Entgeltausfallprinzips zu sehen, wonach das Arbeitslosengeld die
Funktion besitze, dasjenige Arbeitsentgelt zu ersetzen, das wegen des Eintritts von
Arbeitslosigkeit ausgefallen sei. Der Gesetzgeber gehe dabei grundsätzlich davon aus,
dass das im Wege der Bemessungsregelung ermittelte letzte Entgelt repräsentativ für
die Situation des Arbeitslosen sei. Die Härteklausel stelle nur ein Korrektiv für
Ausnahmefälle dar. Eine solche Ausnahmekonstellation liege nach Auffassung der
Beklagten in der Regel erst dann vor, wenn das Bemessungsentgelt aus dem
erweiterten Bemessungsrahmen das um 10 % erhöhte Bemessungsentgelt aus dem
Bemessungsrahmen des § 130 Abs. 1 SGB übersteige.
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Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 28.03.2008 zu ändern und die Klage
abzuweisen.
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Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts nimmt der Senat Bezug auf den
Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten. Diese Akten waren
Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
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Entscheidungsgründe:
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Die Berufung der Beklagten ist statthaft. Sie bedarf insbesondere nicht gemäß § 144
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes in der ab dem 01.04.2008 geltenden
Fassung (Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des
Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 - BGBl. I 444) der Zulassung, denn die
Berufung betrifft im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG wiederkehrende oder laufende
Leistungen für mehr als ein Jahr. Zwischen den Beteiligten steht die Höhe des
Arbeitslosengeldanspruchs des Klägers für die Dauer von 780 Tagen - und damit für
mehr als ein Jahr - im Streit.
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Die auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Sozialgericht hat
der Klage im Ergebnis zu Recht teilweise stattgegeben und die Beklagte verpflichtet,
dem Kläger Arbeitslosengeld auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts von 155,13
EUR zu zahlen. Denn der Kläger hat Anspruch auf Bewilligung von Arbeitslosengeld
jedenfalls in der vom Sozialgericht angenommenen Höhe. Durch die angefochtenen
Bescheide der Beklagten ist der Kläger im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG
beschwert.
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Die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld an den Kläger
liegen vor. Anspruch auf Arbeitslosengeld haben gemäß § 118 Abs. 1 SGB III
Arbeitnehmer, die 1. arbeitslos sind, 2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos
gemeldet haben und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Die Anwartschaftszeit hat
erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem
Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 123 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Die
Rahmenfrist beträgt nach § 124 Abs. 1 SGB III zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor
der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
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Vorliegend war der Kläger ab dem 01.07.2005 arbeitslos im Sinne des § 119 SGB III. Er
war beschäftigungslos (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) und stand ab diesem Zeitpunkt den
Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung (§ 119 Abs. 1 Nr. 3 SGB
III). Ebenso hat er sich am 09.06.2005 mit Wirkung zum 01.07.2005 persönlich arbeitslos
gemeldet (§ 122 SGB III). Er hat auch die Anwartschaftszeit des § 123 SGB III erfüllt. Die
Rahmenfrist beginnt nach § 124 Abs. 1 SGB III mit dem 30.06.2005, denn erst am
01.07.2005 lagen alle Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld vor. Die
Rahmenfrist läuft von diesem Tag an zwei Jahre rückwärts, also bis zum 01.07.2003. In
dieser Zeit war der Kläger jedenfalls noch zwölf Monate bei der X GmbH beschäftigt
(01.07.2003 bis 30.06.2004). Er hat also schon mit dieser Beschäftigung die
Anwartschaftszeit erfüllt.
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Das dem Kläger danach zustehende Arbeitslosengeld ist nach dem von ihm im
Zeitraum vom 01.07.2003 bis zum 31.05.2004 bezogenen beitragspflichtigen
Arbeitsentgelt zu bemessen.
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Nach § 129 Nr. 1 SGB III beträgt das Arbeitslosengeld für den Kläger, der Vater zweier
Kinder ist, 67 Prozent des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelts), das sich
aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat
(Bemessungsentgelt). Leistungsentgelt ist nach § 133 Abs. 1 SGB III das um
pauschalierte Abzüge einer Sozialversicherungspauschale von 21 % (§ 133 Abs. 1 Satz
2 Nr. 1 SGB III) und der Lohnsteuer nach der Lohnsteuertabelle (§ 133 Abs. 1 Satz 2 Nr.
2 SGB III) verminderte Bemessungsentgelt.
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Das Bemessungsentgelt ist nach § 131 Abs. 1 Satz1 SGB III das durchschnittlich auf
den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im
Bemessungszeitraum erzielt hat. Der Bemessungszeitraum umfasst nach § 130 Abs. 1
SGB III die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen
Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der
versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der
Bemessungsrahmen umfasst nach § 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III ein Jahr und endet mit
dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des
Anspruchs. Nach § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB III wird der Bemessungsrahmen auf
zwei Jahre erweitert, wenn es mit Rücksicht auf das Bemessungsentgelt im erweiterten
Bemessungsrahmen unbillig hart wäre, von dem Bemessungsentgelt im
Bemessungszeitraum auszugehen.
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Vorliegend umfasst der Bemessungsrahmen den Zeitraum vom 01.07.2003 bis zum
30.06.2004. Denn das letzte Versicherungspflichtverhältnis des Klägers vor der
Entstehung des Anspruchs war das zum 30.06.2004 beendete Beschäftigungsverhältnis
bei der Firma X GmbH. Entgegen der Annahme der Beklagten werden die Zeiträume
vom 01.07.2004 bis zum 30.06.2005 nicht umfasst, denn weder stellte das
Arbeitsverhältnis bei der C GmbH in N ein Versicherungspflichtverhältnis dar, noch war
der Kläger aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig.
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In einem Versicherungspflichtverhältnis stehen Personen, die als Beschäftigte oder aus
sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind (§ 24 Abs. 1 SGB III).
Versicherungspflichtig sind nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III Personen, die gegen
Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung (versicherungspflichtige Beschäftigung)
beschäftigt sind. Beschäftigung ist die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in
einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte sind eine Beschäftigung nach Weisungen und
eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 SGB IV).
Vorliegend fehlt es an einer Beschäftigung nach Weisungen und dem erforderlichen
Eingebundensein des Klägers in die Arbeitsorganisation seiner Arbeitgeberin, weil der
Kläger während der Dauer des arbeitsvertraglichen Arbeitsverhältnisses tatsächlich
nicht für die C GmbH gearbeitet hat. Der Kläger hat hierzu in der mündlichen
Verhandlung vom 02.04.2009 mitgeteilt, lediglich auf Veranlassung der GmbH
Fortbildungsmaßnahmen absolviert zu haben, die durch Drittfirmen ausgeführt worden
seien. Zudem waren seinen Angaben zufolge auch Zeiten zu verzeichnen, in denen er
zwischen den einzelnen Fortbildungen nichts tun, sondern lediglich zur Verfügung
stehen musste. Im Aufgabenbereich der GmbH und damit unmittelbar für seine
Arbeitgeberin war der Kläger zu keinem Zeitpunkt tätig. Anhaltspunkte dafür, dass die
Angaben des Klägers in Zweifel zu ziehen gewesen wären, bestanden für den Senat
schon deshalb nicht, weil der Kläger in Unkenntnis der rechtlichen Auswirkungen der
von ihm gegebenen Antworten Art und Umfang seiner Tätigkeit zunächst sogar leicht
übertrieben dargestellt hat und erst auf Nachfrage des Senats zu einer präziseren
Darstellung seines Arbeitsverhältnisses gelangt ist.
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Es liegt auch kein Fall vor, bei dem vom Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses
im hier maßgeblichen versicherungsrechtlichen Sinne auch ohne das tatsächliche
Ausüben einer Beschäftigung ausgegangen werden kann (vgl. Brand in Niesel, SGB III,
§ 25 Rn. 4). Zwar kann ausnahmsweise ein Beschäftigungsverhältnis auch bestehen,
wenn die tatsächliche Arbeitsleistung beendet ist, das Arbeitsverhältnis aber fortbesteht
und Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Willen haben, das Beschäftigungsverhältnis
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fortzusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 18.04.1991 - 7 RAr 106/90 -; Urteil des erkennenden
Senats vom 31.07.2008 - L 9 AL 10/07 -; Brand in Niesel, a.a.O.). Vorliegend handelte
es sich jedoch nicht um die Fortführung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses,
sondern um ein neu begründetes Arbeitsverhältnis, bei dem die Aufnahme einer
Beschäftigung niemals stattgefunden hat und auch zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt
war (vgl. Urteil des erkennenden Senats, a.a.O.).
Ist danach als Bemessungsrahmen der Zeitraum vom 01.07.2003 bis zum 30.06.2004
festzustellen, so umfasst der Bemessungszeitraum die Entgeltabrechnungszeiträume
von Juli 2003 bis Mai 2004.Der Monat Juni 2004 hat außer Betracht zu bleiben, da
dieser Monat nicht schon beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis
(30.06.2004), sondern vielmehr erst durch die Abrechnung vom 07.07.2004 abgerechnet
war. Abgerechnet ist ein Zeitraum nur, wenn der Arbeitgeber oder die auszahlende
Stelle das Entgelt vollständig errechnet hat, sodass es ohne weiteres an den
Arbeitnehmer ausgezahlt oder überwiesen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom
21.07.1977 - 7 RAr 102/76 - , SozR 4100 § 112 Nr 5; Brand in Niesel, SGB III, § 130 Rn.
7). Dies war am 30.06.2004 bezüglich des Gehalts für den Monat Juni 2004 noch nicht
der Fall. Im Bemessungszeitraum Juli 2003 bis Mai 2004 hat der Kläger
beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von insgesamt 55.659,10 Euro erzielt. Hieraus
errechnet sich ein Bemessungsentgelt von 165,65 Euro (55.659,10 Euro: 336). Der
daraus resultierende Arbeitslosengeldanspruch übersteigt sogar die vom Sozialgericht
tenorierte Anspruchshöhe, sodass die Berufung der Beklagten ohne Erfolg bleibt. Da
der Kläger nicht seinerseits Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts eingelegt hat,
ist es dem Senat verwehrt, ihm darüber hinaus Arbeitslosengeld in der oben ermittelten
Höhe zuzusprechen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn.
1 und 2 SGG).
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