Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 18.10.2000

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Landessozialgericht NRW, L 11 KA 197/99
Datum:
18.10.2000
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
11. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 11 KA 197/99
Vorinstanz:
Sozialgericht Dortmund, S 14 Ka 165/98
Nachinstanz:
Bundessozialgericht, B 6 KA 7/01 B
Sachgebiet:
Vertragsarztrecht
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund
vom 21.10.1999 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die
außergerichtlichen Kosten des Beklagten auch für das
Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
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Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Zulassung. Er ist seit dem Quartal
III/1983 zur vertragszahnärztlichen Versorgung in Dortmund zugelassen. Seit seiner
Niederlassung unterlag er - abgesehen vom Quartal I/1993 - durchgehend Maßnahmen
der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Am 14.11.1995 wurde eine Vereinbarung zur Erledigung
der damals noch anhängigen Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren sowie eines
Schlichtungsverfahrens wegen des Vorwurfs der Beschäftigung eines ungenehmigten
Assistenten getroffen. Durch Beschluss vom 14.12.1994 verfügte der
Disziplinarausschuss das Ruhen der Zulassung des Klägers für sechs Monate,
beginnend mit dem 01.04.1995. Dieser Beschluss wurde durch rechtskräftiges Urteil des
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen vom 20.09.1997 bestätigt. Die
Disziplinarmaßnahme wurde verhängt wegen dauernder Unwirtschaftlichkeit,
mangelnder Mitwirkung im Gutachterverfahren und mangelhafter Röntgendiagnostik.
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Nachdem die Beigeladenen zu 1 - 3 den Entzug der Zulassung des Klägers beantragt
hatten, erteilte der Zulassungsausschuss dem Kläger am 15.11.1995 die Auflage, bis
Januar 1996 einen Röntgenkursus nachzuweisen. Der Kläger teilte Ende Januar 1996
mit, dass er sich für einen Kursus "Innovationen in der zahnärztlichen Röntgenologie"
angemeldet habe. Mit Beschluss vom 20.03.1996 entzog der Zulassungsausschuss
dem Kläger seine Zulassung als Vertragszahnarzt wegen jahrelanger unwirtschaftlicher
Abrechnung, Boykottierung des Gutachterverfahrens, mangelhafter Fertigung von
Röntgenaufnahmen und mangelhafter Röntgendiagnostik sowie Beschäftigung eines
nicht genehmigten Assistenten. Der Berufungsausschuß wies mit Beschluss vom
30.10.1996 den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers als verfristet zurück.
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Eine Wiedereinsetzung wurde abgelehnt. Im anschließenden sozialgerichtlichen
Verfahren erklärte sich der Beklagte vor dem Senat am 10.12.1997 unter Aufhebung
seines Beschlusses bereit, über den Widerspruch des Klägers erneut zu verhandeln
und zu entscheiden. Mit weiterem Beschluss vom 25.02.1998 wies er den Widerspruch
aus den bereits vom Zulassungsausschuss angeführten Gründen erneut zurück.
Zur Begründung der hiergegen erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, der
Beschluss enthalte auf der Tatbestandsseite falsche und lückenhafte Feststellungen
zum Sachverhalt sowie eine unzutreffen de rechtliche Würdigung. Anstatt abzuwarten,
ob und inwieweit er sich die Disziplinarmaßnahme zur Warnung habe gereichen lassen,
sei das Entziehungsverfahren eingeleitet und ihm die Zulassung entzogen worden. Das
Verlangen des Zulassungsausschusses, einen Röntgenkursus zu besuchen, sei
praktisch unmöglich gewesen. Es habe in der Kürze der Zeit kein entsprechendes
Angebot gegeben. Die Auflage sei auch nicht mehr aktuell. In jüngerer Vergangenheit
habe er qualitativ aussagekräftige Röntgenaufnahmen gemacht. Bereits im Juni 1995
habe der Prüfungsausschuss anläßlich einer Überprüfung der Quartale I/1994 bis
IV/1994 festgestellt, dass seine Röntgenaufnahmen qualitativ keinen Anlaß gäben,
Röntgenleistungen zu kürzen. Der Vorwurf der mangelnden Mitwirkung im
Gutachterverfahren entbehre jeglicher Grundlage. Auch eine ungenehmigte
Assistententätigkeit habe nicht vorgelegen. Herr C. sei lediglich bei der Behandlung von
Privatpatienten tätig geworden. Die Bescheinigung über seine Assistententätigkeit habe
Herr C. ohne sein Wissen bei der KZV vorgelegt. Schließlich könne auch der Vorwurf
der unwirtschaftlichen Behandlungsweise keinen Bestand haben. In seiner Praxis habe
ein überdurchschnittlicher Sanierungsbedarf im Bereich der Endodontie bestanden, der
von den Prüfgremien auch durch das Zugestehen eines Mehrbetrages anerkannt
worden sei. Die von diesen Praxisbesonderheiten nicht erfaßten Überschreitungen
seien so gering, dass der Vorwurf der Unwirtschaftlichkeit pauschal und nicht haltbar
sei. In den Quartalen IV/1995 und I/1996 habe er sogar unterdurchschnittlich
abgerechnet. Es müsse außerdem berücksichtigt werden, dass er zuletzt für das Quartal
III/1996 abgerechnet habe und seitdem auf Anordnung der KZV seine
vertragszahnärztliche Tätigkeit für weitere fünf Quartale unterbrochen und bereits zuvor
aufgrund der Disziplinarmaßnahme zwei Quartale nicht tätig gewesen sei. Damit könne
eine Fortsetzung von Pflichtverstößen bereits rein begrifflich nicht vorliegen. Nach der
Verhängung der Disziplinarmaßnahme habe er sich durchgehend pflichtgemäß
verhalten.
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Der Kläger hat beantragt,
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den Beschluss des Beklagten vom 25.02.1998 aufzuheben.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hat gemeint, dass dem Kläger nunmehr schon wegen Nichtausübung der
vertragszahnärztlichen Tätigkeit die Zulassung zu entziehen sei.
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Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 21.10.1999 die Klage abgewiesen und den
angefochtenen Bescheid bestätigt. Der Kläger habe fortgesetzt unwirtschaftlich
gehandelt und damit seine vertragszahnärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Bei der
Röntgendiagnostik hätten sich noch 1996 erhebliche fachliche Defizite gezeigt. Insofern
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habe auch keine Bereitschaft zur Verbesserung seiner Arbeit bestanden. In der
Vergangenheit habe er die Arbeit der Gutachterkommission erheblich behindert, indem
er Unterlagen nicht vorgelegt habe.
Zur Begründung seiner hiergegen gerichteten Berufung macht der Kläger geltend, das
Sozialgericht sei auf seine Argumente nicht hinreichend eingegangen. Eine ständige
Unwirtschaftlichkeit habe nicht vorgelegen. In den letzten Abrechnungszeiträumen sei
es nicht zu Beanstandungen gekommen. Die Feststellungen der Gutachterkommission
sei durch Äußerung der Prüfgremien widerlegt, wonach seine Arbeit, insbesondere die
Röntgendiagnostik, ordnungsgemäß sei.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 21.10.1999 abzuändern und den Bescheid
des Beklagten vom 25.02.1998 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Der Senat hat die Behandlungs- und Abrechnungsunterlagen des Klägers ab dem Jahr
1998 eingesehen. Es hat außerdem in einem Erörterungstermin den Zeugen S. zu der
Frage vernommen, wann die Unterschrift des Vorsitzenden unter den Beschluss des
Zulassungsausschusses vom 20.03.1996 gelangte.
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Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme sowie der weiteren Einzelheiten des
Sach- und Streitstandes, auch des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die
Gerichtsakte, die beigezogenen Akten des Beklagten und des Zulassungsausschusses
sowie die Gerichtsakten in den Verfahren L 11 KA 162/96, L 11 KA 125/95, L 11 KA
99/97, L 11 KA 139/98, L 11 KA 198/99 und L 11 KA 99/97 verwiesen. Deren Inhalt war
Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu
Recht abgewiesen. Der Beschluss des Beklagten vom 25.02.1998 ist rechtmäßig und
beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes
(SGG).
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Rechtsgrundlage für den Entzug der Zulassung ist § 95 Abs. 6 SGB V i.V.m. § 27 der
Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte. Danach ist die Zulassung u.a. zu
entziehen, wenn der Vertragszahnarzt seine vertragszahnärztlichen Pflichten gröblich
verletzt. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt eine gröbliche Pflichtverletzung vor,
wenn durch das Verhalten eines (Zahn)Arztes das Vertrauen der
Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen so erheblich gestört ist,
dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit dem (Zahn)Arzt nicht mehr zugemutet
werden kann. Unter Berücksichtigung des Grundrechts der Berufsfreiheit des
betroffenen Zahnarztes aus Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie des Grundsatzes
der Verhältnismäßigkeit darf die Zulassungsentziehung nur ausgesprochen werden,
wenn sie das einzige Mittel zur Sicherung und zum Schutz der vertragsärztlichen
Versorgung ist (vgl. BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 4; BSGE 66, 6; BVerfGE 69, 233). Diese
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Voraussetzungen liegen hier vor. Der Kläger hat eine Reihe gröblicher
Pflichtverletzungen begangen, die den Entzug seiner Zulassung rechtfertigen.
Nach den Feststellungen des Senats liegt eine fortgesetzte unwirtschaftliche
Behandlungsweise des Klägers vor. Seit Beginn seiner vertragszahnärztlichen Tätigkeit
1983 bis zum Quartal II/1995 ist es mit Ausnahme eines einzigen Quartals durchgehend
zu Maßnahmen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung gekommen. Es liegen
insofern bestandskräftige, zum Teil gerichtlich überprüfte Bescheide vor, die der Senat
seiner Bewertung zugrundelegt. Die vom Kläger vorgebrachten Einwände gegen die
Kürzungen sind in diesem Verfahren unbeachtlich. Die Rechtskraft der ergangenen
Entscheidungen schließt eine nochmalige Überprüfung der Kürzungsmaßnahmen im
Verfahren über den Entzug der Zulassung aus (BSGE 34, 252). Der Kläger hat von
Beginn seiner Tätigkeit an und trotz zweier Beratungsgespräche über seine
Behandlungsweise in den Jahren 1989 und 1993 fortlaufend gegen das Gebot der
Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise verstoßen. Dabei ergab sich, auch wenn die
Kürzungen für die einzelnen Quartale jeweils gering waren, insgesamt ein erheblicher
Kürzungsbetrag. Soweit der Kläger darauf verweist, dass seine endodontischen
Leistungen im Quartal III/1996 nicht beanstandet worden, berührt dies die
Feststellungen für die vorangegangenen Quartale nicht. Dies gilt ebenso für die von ihm
aus ihrem Kontext gelösten und auszugsweise vorgelegten Ausführungen der
Prüfgremien, soweit sie seine Behandlungsweise sanktionieren.
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Ein gröblicher Pflichtverstoß ist ferner in der mangelnden Mitwirkung des Klägers im
Gutachterverfahren zu sehen. Nach den im bestandskräftigen Bescheid des
Disziplinarauschusses getroffenen Feststellungen hat er in zahlreichen Verfahren zur
Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit der zahnprothetischen Versorgung der
Gutachterkommission nicht alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt. Damit hat er die
Arbeit der Kommission und letztlich die Versorgung der Versicherten erheblich
behindert und seine mangelnde Bereitschaft dokumentiert, sich in das System der
vertragszahnärztlichen Versorgung mit den darin vorgesehenen Kontrollmechanismen
einzufügen. Noch im Januar 1996 wurde in einem Begutachtungsfall vom Kläger nur
eine unzureichende Dokumentation vorgelegt.
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Er hat ferner in der Vergangenheit wiederholt sowohl in Verfahren der
Wirtschaftlichkeitsprüfung als auch im Gutachterverfahren Röntgenaufnahmen
vorgelegt, die ein erhebliches fachliches Defizit bei der Röntgendiagnostik erkennen
ließen. Dass dies nicht stets der Fall war und die Prüfgremien teilweise eine
ordnungsgemäße Röntgendiagnostik attestiert haben, belegt lediglich, dass der Kläger
nicht durchweg unbrauchbare Arbeit in diesem Bereich geleistet hat, berührt aber nicht
die festgestellten Unzulänglichkeiten. Der Kläger hat sich insofern auch nicht um eine
Verbesserung seiner Qualifikation bemüht. Der Kurs "Innovationen in der zahnärztlichen
Röntgenologie", den er im März 1998 belegt hat, war nicht geeignet, die grundlegenden
Defizite im Bereich der Röntgendiagnostik zu beseitigen. Der Kläger kann nicht darauf
verweisen, dass er in der Zeit ab dem 15.11.1995 keinen entsprechenden Kurs
gefunden hätte. Unabhängig von der Frage, ob in einem Zeitraum von mehreren
Monaten tatsächlich im Bundesgebiet keine Fortbildung in diesem Bereich angeboten
wurde, wußte der Kläger spätestens seit der Sitzung des Disziplinarausschusses im
Dezember 1994, dass die Nachqualifikation in der Röntgendiagnostik eine maßgebliche
Rolle auch in einem Verfahren über den Zulassungentzug spielen würde. Zuvor war
bereits in einem Gespräch im Dezember 1993 mit einem Vorstandsmitglied der KZV die
Qualität der vorgelegten diagnostischen Unterlagen thematisiert worden. Selbst in
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dieser Situation hat der Kläger sich aber nicht um eine adäquate fachliche Fortbildung
bemüht.
Auch in dem dem Schlichtungsverfahren zugrundeliegenden Komplexes des Vorwurfs
der Beschäftigung eines ungenehmigten Assistenten hat der Kläger sich grob
pflichtwidrig verhalten. Zwar ist aufgrund der Vereinbarung vom 14.11.1994 formal offen
gebleiben, ob der Kläger seinen Neffen ungenehmigt beschäftigt hat. Unabhängig
davon zeigt aber das Verhalten in diesem Verfahren, dass die Kassenzahnärztliche
Vereinigung und die Krankenkassen nicht, wie dies im System der
vertragszahnärztlichen Versorgung erwartet werden muß, auf die absolute Ehrlichkeit
des Klägers vertrauen können. Der Kläger hat sich zunächst in einem Schreiben vom
16.03.1995 für die Beschäftigung seines Neffen Herrn H: als Assistenten entschuldigt
und damit dessen Tätigkeit in seiner Praxis bestätigt. Mit Schreiben vom 10.07.1995 hat
er dann erklärt, Herr C. habe keine selbständigen Behandlungen durchgeführt und die
Bescheinigung, dass er von August 1994 bis Februar 1995 als Zahnarztassistent
beschäftigt gewesen sei, sei ihm nur auf sein Verlangen und in Unkenntnis ihrer
Bedeutung ausgestellt worden. In seiner Klageschrift hat der Kläger nunmehr
vorgetragen, Herr C. sei nur bei Privatpatienten tätig geworden. Die Bescheinigung
habe sein Neffe ohne sein Wissen verwendet. Bereits der wechselnde Vortrag zur
Beschäftigung des Herrn C. mit der Folge der Verschleierung von Tatsachen oder
Irreführung der anderen Beteiligten zerstört das Vertrauen in die persönliche Integrität
und Ehrlichkeit des Klägers. Darüberhinaus führt die - den Vortrag des Klägers in
diesem Verfahren unterstellt - fälschliche Ausstellung einer Bescheinigung über eine
Beschäftigung als Assistent im Sinne einer Gefälligkeitsbescheinigung in Unkenntnis
der weiteren Verwendung dieser Bescheinigung zu einer gröblichen Störung des in der
vertragszahnärztlichen Versorgung unerläßlichen Vertrauensverhältnisses.
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Die mangelnde Redlichkeit des Klägers zeigt sich weiterhin darin, dass er im Verfahren
L 11 KA 99/97 eine manipulierte Urkunde vorgelegt hat. Er hat in der Sitzung des
Senates am 10.12.1997 eine Kopie des Beschlusses des Zulassungsausschusses
vorgelegt, auf der die Unterschrift des Vorsitzenden Dr. M. fehlte. Die Kopie wurde nach
seinen Angaben von seinem früheren Anwalt kurz vor der Sitzung des Sozialgerichts
am 29.04.1997 gefertigt. Er hat damit den Anschein erweckt, als sei der Beschluss bis
zu diesem Zeitpunkt noch nicht ordnungsgemäß unterschrieben gewesen. Bereits aus
der Anfrage seines damaligen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 11.04.1997 an die
Beigeladene zu 8), wann die Unterschriften eingeholt worden seien, geht aber hervor,
dass das Schriftstück zum Zeitpunkt der Anfrage die erforderlichen Unterschriften
aufwies. Aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen S. steht zur Überzeugung des
Senates fest, dass der Beschluss bei seiner Zustellung von allen Mitgliedern
unterschrieben war. Nachdem Zweifel an der Authentizität der vorgelegten Ablichtung
entstanden waren, hat der Kläger selbst vorgetragen, dass auf der von ihm vorgelegten
Ablichtung Umrisse der Unterschrift von Dr. M. zu erkennen seien. Unabhängig von
einer etwaigen strafrechtlichen Wertung des Verhaltens des Klägers wird hier wiederum
seine fehlende Vertrauenswürdigkeit im Umgang mit den Gremien der gemeinsamen
Selbstverwaltung und den Gerichten deutlich. Bekräftigt wird diese Bewertung durch
den wechselnden, der jeweiligen Prozeßsituation angepaßten Vortrag des Klägers.
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Das grob pflichtwidrige Verhalten des Klägers bei der vertragszahnärztlichen
Versorgung der Versicherten wird auch fortgesetzt. Der Senat läßt offen, ob die
Nichtabrechnung etlicher Quartale in der Vergangenheit eine Pflichtverletzung darstellt.
Zumindest nach dem ersten Termin vor dem Senat im März 2000 hätte eine
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ordnungsgemäße und vollständige Abrechnung für alle noch ausstehenden Quartale
erwartet werden können. Jedenfalls ergibt sich aus dem vom Kläger selbst in der
mündlichen Verhandlung vorgelegten Fall des Patienten S. eine weitere
Pflichtwidrigkeit. Der Kläger hat in diesem Fall einen Heil- und Kostenplan vorgelegt,
wie er in identischer Form bereits einige Jahre zuvor von der Gutachterkommission
abgelehnt worden war. Bereits diese Vorgehensweise unter Ausnutzung des
Umstandes, dass ein Gutachterverfahren derzeit nicht mehr stattfindet, stellt eine grobe
Pflichtwidrigkeit dar. Dabei entschuldigt den Kläger nicht, dass der Plan bei einem
anderen Zahnarzt genehmigt wurde. Pflichtwidrig ist darüberhinaus zur Überzeugung
des Senates das Vorgehen des Klägers bei diesem Patienten. Der Senat stützt sich
dabei auf die Sachkunde des ehrenamtlichen Richters Dr. O., der als Vertragszahnarzt
tätig ist, worauf der Kläger in der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden ist.
Nach den eigenen Angaben des Klägers hat er vor der wiederholten Einreichung des
Heil- und Kostenplanes weder Röntgenaufnahmen gefertigt noch eine endodontische
Behandlung durchgeführt. Beides wäre aber unbedingt erforderlich gewesen. Apikale
Aufhellungen, wie sie in der gutachtlichen Stellungnahme vom 31.01.1996 beschrieben
werden, deuten stets auf Entzündungsprozesse hin. Bei einer solchen Situation muß
zunächst der Zahn saniert und der Entzündungsprozeß beseitigt werden, bevor
prothetische Maßnahmen durchgeführt werden. Außerdem wäre eine vorherige
Röntgendiagnostik notwendig gewesen, um zu überprüfen, ob - was bei der Versorgung
mit Teleskopkronen häufig der Fall ist - gleichzeitig die Anfertigung von Innenkronen
indiziert ist.
Die Pflichtverstöße des Kläger sind als so schwerwiegend anzusehen, dass den
Beigeladenen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht zumutbar und ein
milderes Mittel zur Sicherung der vertragszahnärztlichen Versorgung nicht ersichtlich ist.
Entgegen der Auffassung des Klägers war der Beklagte nicht gehalten, zu nächst
abzuwarten, ob und wie sich die Disziplinarmaßnahme auf sein Verhalten auswirkte.
Dass eine Disziplinarmaßnahme verhängt und kurz darauf die Zulassung entzogen
wurde, stellt auch nicht, wie der Kläger meint, eine Doppelbestrafung dar. Während die
Disziplinarmaßnahme dazu dient, die Mitglieder der Kassenzahnärztlichen Vereinigung
zu pflichtgemäßem Verhalten anzuhalten, haben die Zulassungsgremien über die
generelle Eignung eines Zahnarztes zur Teilnahme an der vertrags(zahn)ärztlichen
Versorgung zu entscheiden. Liegen die Voraussetzungen für einen Entzug der
Zulassung vor, kann diese Entscheidung ungeachtet etwaiger anderer Maßnahmen
getroffen werden (vgl. BSG SozR 2200 §368a Nr. 16). Es ist daher auch nicht
rechtsmißbräuchlich, wenn die Beigeladenen zu 1 - 3 während des Ruhens der
Zulassung auf grund der Disziplinarmaßnahme einen Entzugsantrag gestellt und das
Verfahren auch nach der vergleichsweisen Einigung am 14.11.1995 weiter betrieben
haben.
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Der Kläger hat seine Eignung auch nicht im Laufe des Rechtsstreits wieder erlangt.
Zwar hat er vorübergehend keine eigene Röntgendiagnostik durchgeführt. Infolge der
Abschaffung des Gutachterverfahrens waren auch insofern keine aktuellen
Pflichtverstöße zu verzeichnen. Der Kläger rechnet erst seit einigen Quartalen wieder ab
und auch dies nur in eingeschränktem Umfang. Neuere Verfahren der
Wirtschaftlichkeitsprüfung sind noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Abgesehen
davon, dass einem Wohlverhalten im Prozeß grundsätzlich weniger Gewicht zukommt
als dem vorwerfbaren Verhalten in der Zeit vor dem Zulassungsentzug (vgl. BSG SozR
3-2500 § 95 Nr. 4; BSGE 43, 250, 253), hat der Kläger aber im Laufe des Verfahrens
weitere Pflichtverstöße begangen, die seine Nichteignung auch zum Zeitpunkt der
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letzten mündlichen Verhandlung noch dokumentieren. Das Verhalten des Klägers im
Verfahren, insbesondere der Umstand, dass er noch im letzten Termin selbst Unterlagen
vorlegt, die aus seiner Sicht seiner Entlastung dienen sollen, die aber eine weitere
Pflichtwidrigkeit belegen, zeigt deutlich seine mangelnde Einsichtsfähigkeit und
Bereitschaft, sich von den Pflichtverstößen in der Vergangenheit zu distanzieren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen
nicht vor.
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