Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 24.02.2010

LSG NRW (kläger, wiedereinsetzung in den vorigen stand, antrag, klage auf zahlung, kenntnis, frist, nachfrist, europäischer gerichtshof, leichte fahrlässigkeit, arbeitnehmer)

Landessozialgericht NRW, L 12 AL 10/09
Datum:
24.02.2010
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 12 AL 10/09
Vorinstanz:
Sozialgericht Detmold, S 3 (10) AL 89/07
Sachgebiet:
Arbeitslosenversicherung
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold
vom 14.01.2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind
auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
1
Umstritten ist ein Anspruch des Klägers auf Insolvenzgeld. Hierbei geht es
insbesondere um die Frage, ob dem Kläger wegen unverschuldeter Versäumung der
Antragsfrist eine Nachfrist einzuräumen ist.
2
Der am 00.00.1966 geborene Kläger absolvierte vom 28.12.2005 bis 10.01.2006 auf
Kosten der Bundesagentur für Arbeit bei der Firma Y GmbH in I eine
Trainingsmaßnahme als Fachlagerist. Anschließend war er ab 11.01.2006 bei der Firma
Y GmbH beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete am 14.03.2006, ohne dass der
Kläger Arbeitsentgelt für seine Tätigkeit erhalten hatte.
3
Am 10.04.2006 erhob der Kläger, vertreten durch seinen jetzigen
Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt G, vor dem Arbeitsgericht Bielefeld Klage auf
Zahlung des ausstehenden Lohnes gegen die Y GmbH (4 Ca 99/06). Er hatte auf
Zahlung einer Vergütung in Höhe von 4.400 Euro brutto sowie 307,80 Euro
Entschädigung für die Nutzung seines eigenen PKW geklagt. In einem Vergleich einigte
sich der Kläger mit der Arbeitgeberin am 15.05.2006 auf Zahlung von 3.850 Euro brutto
ausstehendes Arbeitsentgelt und 319,80 Euro netto Fahrkostenerstattung.
4
Am 29.11.2006 beantragte der Geschäftsführer der Y GmbH, Herr N, die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über das Firma der Y GmbH. Am 16.02.2007 wurde durch das
Amtsgericht Bielefeld (43 In 1336/06) das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Y
GmbH eröffnet und Rechtsanwalt X als Insolvenzverwalter bestellt. Hierüber wurden die
Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben des Insolvenzverwalters vom
28.02.2007 informiert. Am 05.03.2007 meldeten die Prozessbevollmächtigten des
5
Klägers beim Insolvenzverwalter eine noch ausstehende Forderung gegenüber der Y
GmbH in Höhe von 2.897,60 Euro zur Insolvenztabelle an. Eine Durchschrift dieser
Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren wurde dem Kläger von den
Prozessbevollmächtigten ohne weiteres zusätzliches Anschreiben zur Kenntnis
übersandt. Dieses Schreiben hat der Kläger eigenen Bekundungen zufolge im März
2007 auch erhalten.
Am 10.09.2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Zahlung von Insolvenzgeld.
Er überreichte eine Insolvenzgeldbescheinigung des Insolvenzverwalters vom
20.08.2007, mit der offene Entgeltansprüche für den Zeitraum vom 11.01.2006 bis
14.03.2006 in Höhe von insgesamt 3.317,21 Euro bestätigt wurden. Auf Nachfrage der
Beklagten gab der Kläger an, vom Insolvenzereignis im März 2007 durch seinen
Prozessbevollmächtigten Kenntnis erhalten zu haben. Er habe jedoch erst im
September 2007 den Antrag auf Insolvenzgeld stellen können, da er zuvor auf die
Insolvenzgeldbescheinigung des Insolvenzverwalters habe warten müssen.
6
Mit Bescheid vom 09.10.2007, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 12.11.2007,
lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, er habe die
Antragsfrist versäumt. Eine Nachfrist könne dem Kläger nicht eingeräumt werden, da er
den Antrag fahrlässig zu spät gestellt habe. Auch ohne die Insolvenzgeldbescheinigung
des Insolvenzverwalters sei es dem Kläger möglich gewesen, innerhalb der
zweimonatigen Ausschlussfrist den Antrag auf Insolvenzgeld zu stellen. Er könne sich
nicht darauf berufen, dass seine Angelegenheit beim Insolvenzverwalter verspätet
bearbeitet worden sei. Die nach den Umständen erforderliche und nach der
Persönlichkeit des Klägers zumutbare Sorgfalt habe er offensichtlich nicht angewendet.
7
Am 11.12.2007 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Detmold Klage erhoben und sein
Begehren weiter verfolgt. Er hat die Auffassung vertreten, er habe die Antragsfrist
schuldlos versäumt. Der Insolvenzverwalter habe ihn nicht auf die maßgebliche Frist
hingewiesen. Er sei vielmehr davon ausgegangen, dass die Forderungsanmeldung
beim Insolvenzverwalter zur Fristwahrung ausreiche. Seine Prozessbevollmächtigten
seien ausschließlich mit der Durchsetzung seiner Zahlungsansprüche gegen die
Arbeitgeber beauftragt worden. Ein Mandat zur Durchsetzung eines etwaigen
Insolvenzgeldanspruchs habe zunächst nicht bestanden. Da er zur Zeit Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts beziehe, müsse Insolvenzgeld auch unter
Härtegesichtspunkten gewährt werden. Auf die vom Insolvenzverwalter mit der
Insolvenzgeldbescheinigung bestätigte Arbeitsentgeldforderung habe er lediglich eine
Ratenzahlung in Höhe von 549,80 Euro erhalten, so dass ihm noch 2.767,61 Euro an
Insolvenzgeld zu zahlen seien.
8
Vor dem Sozialgericht hat der Kläger beantragt,
9
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 09.10.2007 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 12.11.2007 zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld in Höhe
von 2.767,41 Euro netto zu gewähren.
10
Die Beklagte hat beantragt,
11
die Klage abzuweisen.
12
Die Beklagte hat an ihrer im Verwaltungsverfahren vertretenen Rechtsauffassung
13
festgehalten.
Mit Urteil vom 14.01.2009 hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet abgewiesen.
Zur Begründung hat das Sozialgericht wörtlich ausgeführt:
14
"Der Bescheid der Beklagten vom 09.10.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 12.11.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2
Sozialgerichtsgesetz (SGG) in seinen Rechten.
15
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Insolvenzgeld.
16
Nach § 183 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) haben Arbeitnehmer
Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei 1.Eröffnung
des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers, 2.Abweisung des
Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder 3.vollständiger
Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des
Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich
mangels Masse nicht in Betracht kommt, (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden
drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben.
17
Diese Voraussetzungen sind, was unter den Beteiligten auch nicht streitig ist, vorliegend
erfüllt. Mit Beschluss des Amtsgerichts Bielefeld vom 16.02.2007 wurde über das
Vermögen der Y GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter
bestätigte dem Kläger offene Entgeltansprüche für den Insolvenzgeldzeitraum in Höhe
von 3.317,21 Euro. Auf diese offene Forderung wurden dem Kläger zwischenzeitlich
lediglich 549,80 Euro gezahlt.
18
Ein Anspruch auf Gewährung von Insolvenzgeld scheitert jedoch an der verspäteten
Antragstellung des Kläges. Nach § 324 Abs. 3 S. 1 SGB III ist Insolvenzgeld innerhalb
einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen.
19
Mit Versäumung der Frist erlischt der Anspruch auf Insolvenzgeld. Die EWG-Richtlinie
987/80 (abgedruckt bei Gagel, SGB III, Anhang zu § 183) steht der Anwendung der
Ausschlussfrist nicht entgegen (vgl. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 18.09.2003, C
- 125/01= SozR 4-4300 § 323 Nr. 1). Normzweck ist die Verfahrensbeschleunigung, um
den Gesamtumfang der Insolvenzgeldansprüche zügig festzustellen und abzuwickeln.
Nur so hat die Agentur für Arbeit die Chance, die gemäß § 187 SGB III übergehenden
Ansprüche auf Arbeitsentgelt zu realisieren (vgl. Niesel, SGB III, 4. Auflage, § 323 Rz.
18). Die Frist beginnt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ohne
Rücksicht auf die Kenntnis des Arbeitnehmers mit dem Tag nach dem Eintritt des
Insolvenzereignisses (vgl. BSG SozR 4100 § 141 e Nr. 5 und 8). Das
Insolvenzverfahren über das Vermögen der Y GmbH wurde am 16.02.2007 eröffnet. Die
zweimonatige Antragsfrist begann damit am 17.02.2007 und endete am 16.04.2007. Der
Antrag des Klägers auf Gewährung von Insolvenzgeld vom 10.09.2007 war verspätet.
20
Dem Kläger ist auch keine Nachfrist im Sinne des § 324 Abs. 3 S. 2 SGB III
einzuräumen. Eine Nachfrist ist nach dieser Vorschrift nur dann gegeben, wenn der
Arbeitnehmer die Versäumung der Antragsfrist nicht zu vertreten hat. Er hat die
Versäumung der Frist dann zu vertreten, wenn er sich nicht mit der erforderlichen
Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht hat (§ 324 Abs. 3 S. 3 SGB III).
21
§ 324 Abs. 3 S. 2 SGB III stellt eine spezialgesetzliche Ausprägung des Rechtsinstituts
der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dar. Die Unkenntnis vom Eintritt des
Insolvenzereignisses, des Laufens der Antragsfrist oder der sonstigen Rechtslage
eröffnet daher noch nicht diie Nachfrist (vgl. BSG SozR 4100 § 141 e Nr. 8). Vielmehr
darf es sich nicht um eine verschuldete Unkenntnis gehandelt haben, wobei für das
Verschulden bereits leichte Fahrlässigkeit genügt (vgl. BSG SozR 4100 § 141 e Nr. 5).
Maßgeblich ist daher, ob der Kläger die Antragsfrist unter Außerachtlassung derjenigen
Sorgfalt, die von einem gewissenhaft Handelnden, orientiert an den Fähigkeiten und
Erkenntnismöglichkeiten seiner Person, erwartet werden kann, versäumt hat.
22
Vorliegend wurden die Prozessbevollmächtigten des Klägers durch das Schreiben des
Insolvenzverwalters vom 28.02.2007 über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über
das Vermögen der Y GmbH informiert. Die ausstehenden Arbeitsentgeltansprüche des
Klägers wurden daraufhin von ihnen am 05.03.2007 zur Insolvenztabelle angemeldet.
Der Kläger selber hat eingeräumt, im März 2007 von der Insolvenz seiner ehemaligen
Arbeitgeberin Kenntnis erhalten zu haben.
23
Damit steht fest, dass bereits innerhalb der zweimonatigen Antragsfrist des § 324 Abs. 3
S. 1 SGB III der Antrag auf Insolvenzgeld hätte gestellt werden können. Für einen
solchen Antrag war die Vorlage der Insolvenzgeldbescheinigung des
Insolvenzverwalters nicht notwendig. Die Beklagte holt nach Eingang des
Insolvenzgeldantrages eine solche Bescheinigung von Amts wegen ein.
24
Soweit der Kläger die Voraussetzungen für einen rechtzeitigen Insolvenzgeldantrag
nicht kannte, eröffnet ihm dies nicht die Nachfrist.
25
Wenn der Hinderungsgrund zur Beantragung von Insolvenzgeld bereits während der
Frist des § 324 Abs. 3 S. 1 SGB III wegfällt, ist eine Nachfrist nicht eröffnet (vgl. Leitherer
in Eicher/Schlegel, SGB III, § 324 Rz. 53).
26
Bei der Beurteilung, ob der Arbeitnehmer die Fristversäumnis zu vertreten hat, ist
grundsätzlich auch das Verschulden (und in diesem Rahmen die Kenntnis) seines
Bevollmächtigten dem Arbeitnehmer zuzurechnen. Ob dies auch für einen im Rahmen
eines Arbeitsgerichtsprozesses gegen den Arbeitgeber tätig werdenden
Prozessbevollmächtigten gilt, der während des Prozesses von der Insolvenz des
Arbeitgebers erfährt, hängt von dem erteilten Auftrag ab: Soweit er ausschließlich mit
der Vertretung im arbeitsgerichtlichen Verfahren beauftragt war, schadet es nicht, wenn
der Prozessbevollmächtigte den Arbeitnehmer nicht rechtzeitig innerhalb der
Antragsfrist über die Insolvenz des Arbeitgebers informiert bzw. selbst die Stellung des
Insolvenzgeldantrages unterlassen hat. Ist er jedoch umfassend mit der "Durchsetzung
von Arbeitsentgeltansprüchen" beauftragt, so ist es dem Arbeitnehmer zuzurechnen,
wenn der Bevollmächtigte von dem Insolvenzereignis Kenntnis erlangt und den
Vertretenen nicht darauf hinweist, dass ein Antrag auf Insolvenzgeld zu stellen ist (vgl.
Hünecke in Gagel, SGB III, § 324 Rz. 31 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des
BSG).
27
Vorliegend ist die Kenntnis der Prozessbevollmächtigten vom Insolvenzereignis dem
Kläger zuzurechnen. Die Prozessbevollmächtigten waren nicht ausschließlich mit der
Durchsetzung arbeitsrechtlicher Ansprüche durch den Kläger beauftragt. Es bestand
vielmehr auch ein Mandat über das Ende des arbeitsgerichtlichen Verfahrens hinaus zur
Durchführung der Zwangsvollstreckung aus dem arbeitsgerichtlichen Vergleich. Von
28
dieser Vollmacht haben die Prozessbevollmächtigten noch im März 2007 Gebrauch
gemacht, in dem sie die offenen Entgeltforderungen des Klägers zur Insolventabelle
angemeldet haben. Unter Beachtung der gebotenen Sorgfalt hätte es sich den
Prozessbevollmächtigten des Klägers aufdrängen müssen, nach dem Schreiben des
Insolvenzverwalters vom 28.02.2007 den Kläger rechtzeitig auf die Möglichkeit der
Beantragung von Insolvenzgeld hinzuweisen. Gegebenenfalls hätten diese auch
selbständig einen Antrag auf Insolvenzgeld für den Kläger stellen können. Dieses
Pflichtversäumnis seiner Prozessbevollmächtigten muss sich der Kläger über § 85 Abs.
2 Zivilprozessordnung zurechnen lassen. Steht damit fest, dass innerhalb der
Antragsfrist fahrlässig kein Antrag auf Insolvenzgeld gestellt wurde, kann auch keine
Nachfrist nach § 324 Abs. 3 S. 2 SGB III beginnen (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-
Westfalen, Urteil vom 24.10.2007, L 12 AL 62/06).
Der Kläger kann sich vorliegend auch nicht auf die Härteregelung des § 324 Abs. 1 S. 2
SGB III berufen. Nach dieser Vorschrift kann die Beklagte zur Vermeidung unbilliger
Härten eine verspätete Antragstellung zulassen. Die Vorschrift bezieht sich nur auf §
324 Abs. 1 S. 1 SGB III, d.h. auf Leistungen der Arbeitsförderung, die vor Eintritt des
leistungsbegründenden Ereignisses zu beantragen sind (vgl. Niesel, SGB III, 4. Auflage,
§ 324 Rz. 8). Für das Insolvenzgeld, welches keine Leistung der Arbeitsförderung ist,
existiert die Sonderregelung des § 324 Abs. 3 SGB III."
29
Gegen dieses ihm am 09.02.2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 04.03.2009
eingegangene Berufung des Klägers. Der Kläger vertritt weiterhin die Auffassung, die
Fristversäumnis nicht vertreten zu müssen. Er sei zwar über die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens informiert worden. Er sei jedoch weder von der Beklagten noch von
dem Insolvenzverwalter davon in Kenntnis gesetzt worden, dass ein fristgebundener
Antrag auf Insolvenzgeld zu stellen sei. Er sei bei Eintritt des Insolvenzereignisses bei
einem anderen Unternehmen beschäftigt gewesen. Mit der Geltendmachung von
Insolvenzgeldansprüchen habe er seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten nicht
beaufragt, so dass ihm auch ein evtl. Verschulden desselben nicht zugerechnet werden
könne. Das zögerliche Verhalten des Insolvenzverwalters könne dem Kläger erst recht
nicht zugerechnet werden. Die Fristversäumung sei somit unverschuldet gewesen, so
dass ihm unter Einräumung einer Nachfrist auf seinen Antrag hin Insolvenzgeld zu
gewähren sei.
30
Der Kläger beantragt,
31
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 14.01.2009 zu ändern und nach dem
erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
32
Die Beklagte beantragt,
33
die Berufung zurückzuweisen.
34
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
35
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte, der Insolvenzakte des Amtsgerichtes Bielefeld 43 In 1336/06, die den
Kläger betreffend Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des Arbeitsgerichtes
Bielefeld 4 Ca 979/06 Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der
mündlichen Verhandlung.
36
Entscheidungsgründe:
37
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die angefochtene
Entscheidung der Beklagten zu Recht bestätigt. Dem Kläger steht Insolvenzgeld nicht
zu. Der Senat hält das angefochtene Urteil für zutreffend und nimmt zur Vermeidung von
Wiederholungen hierauf gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug.
38
Der Vortrag im Berufungsverfahren im Schriftsatz vom 08.04.2009 gibt zu keiner
anderen Beurteilung Anlass. Soweit hierin im Wesentlichen darauf abgestellt wird, dass
der Bevollmächtigte nicht mit der Beantragung von Insolvenzgeld beauftragt gewesen
sei und diesem kein schuldhaftes Verhalten, welches dem Kläger zugerechnet werden
könnte, vorzuwerfen sei, so ist darauf hinzuweisen, dass es hierauf letztlich nicht
ankommt. Der Kläger ist durch die Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren vom
05.03.2007, die er eigenen Bekundungen zufolge auch im März 2007 erhalten hat, über
die Eröffnung des Insolvenzverfahrens informiert worden. Selbst wenn man die Kenntnis
des Klägers vom Insolvenzereignis erst mit dem 31.03.2007 annimmt, so lief die Frist für
die Beantragung von Insolvenzgeld nur bis 31.05.2007. Diese Frist ist schuldhaft nicht
eingehalten worden.
39
Sollte es das vom Kläger in der mündlichen Verhandlung geschilderte Gespräch mit
seinem Anwalt nach Erhalt der Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren gegeben
haben, so müsste man spätestens zu diesem Zeitpunkt eine Nebenpflicht des
Rechtsanwalts annehmen, den Kläger auf die Möglichkeit der Beantragung von
Insolvenzgeld hinzuweisen.Dann hätte der Kläger die Frist aufgrund der Versäumnisses
seines Anwalts versäumt.
40
Sollte es dieses Gespräch nicht gegeben haben, wie der Prozessbevollmächtigte
angibt, so ändert dies am Ergebnis nichts. Der Kläger hätte dann den Fristablauf
aufgrund seines eigenen Verhaltens zu vertreten. Wer in Kenntnis des
Insolvenzereignisses nichts zur Durchsetzung seiner Ansprüche unternimmt, der
handelt zumindest fahrlässig, was bereits ausreicht, um die Einräumung einer Nachfrist
abzulehnen. Die Unkenntnis der Frist, innerhalb derer Insolvenzgeld zu beantragen ist,
hindert deren Ablauf nicht. Eine solche Unkenntnis rechtfertigt nicht ein
"Nichtvertretenmüssen" der Versäumung einer gesetzlichen Frist (vgl. BSG vom
10.04.1985 - 10 RAr 11/84 Rdnr. 16; Niesel, SGB III, 4. Aufl. 2007, § 324, Rdnr. 22). Das
Vertrauen des Arbeitnehmers auf ein Tätigwerden des Insolvenzverwalters ist nicht
geschützt. Eine Verpflichtung der Beklagten, den betroffenen Arbeitnehmer bei Kenntnis
eines Insolvenzereignisses zu ermitteln und diesen über einen zu stellenden
Insolvenzgeldantrag und die Antragsfrist aufzuklären, besteht nicht (Urteil des
erkennenden Senates vom 24.10.2007 - L 12 AL 62/06 -).
41
Das angefochtene Urteil war somit auch unter Berücksichtigung der im
Berufungsverfahren vorgetragenen zusätzlichen Aspekte zu bestätigen.
42
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
43
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die hierfür in § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder
Nr. 2 SGG aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
44