Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 11.03.2009

LSG NRW: hessen, existenzminimum, anpassung, zivilprozessordnung, sozialhilfe, rechtskraft, datum

Landessozialgericht NRW, L 20 B 10/09 SO
Datum:
11.03.2009
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
20. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 20 B 10/09 SO
Vorinstanz:
Sozialgericht Düsseldorf, S 28 (23) SO 30/08
Sachgebiet:
Sozialhilfe
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts
Düsseldorf vom 17.12.2008 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu
erstatten.
Gründe:
1
Das Sozialgericht hat zu Recht die Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels
hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung des Klägers im Sinne von § 73a
Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) abgelehnt.
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Der Kläger verfolgt mit seiner Klage die Gewährung höherer Leistungen nach dem
Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er hält die ihm bewilligten Regelleistungen
i.S.v. § 20 SGB II in Höhe von monatlich 347,00 EUR bzw. (ab Juli 2008) 351,00 EUR
für in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen. Er verweist im
Beschwerdeverfahren u.a. auf den Beschluss des Landessozialgerichts Hessen vom
29.10.2008 - L 6 AS 336/07, mit dem jenes Gericht dem Bundesverfassungsgericht die
Frage zur Klärung vorgelegt hat, ob Regelleistungen bzw. Sozialgeld für minderjährige
Kinder verfassungswidrig zu gering bemessen seien. Ferner verweist er darauf, dass
nach seiner Kenntnis Verfassungsbeschwerdeverfahren beim
Bundesverfassungsgericht anhängig seien.
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Der Senat folgt dem nicht. Vielmehr hat der Senat bereits mehrfach entschieden, dass
die Regelleistungen nach § 20 SGB II bzw. die entsprechend hohen Regelsätze nach §
28 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) das sog. kulturelle Existenzminimum bei
Alleinstehenden in hinreichender Weise sicherstellten (zuletzt Urteil des Senats vom
12.01.2009 - L 20 SO 83/08). Auch das Bundessozialgericht geht in ständiger
Rechtsprechung davon aus.
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Hieran ändert auch, wie der Kläger jedoch vorträgt, die eingetretene Preissteigerung seit
der erstmaligen Festsetzung der Regelleistungen zum Jahre 2005 nicht. Zum einen sind
die Regelleistungen zwischenzeitlich entsprechend den gesetzlichen Vorgaben in § 20
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Abs. 4 SGB II mehrfach angehoben worden. Zum anderen ist eine derart signifikante
Preissteigerung, die trotz dieser Anhebung nunmehr eine Verfassungswidrigkeit der
Höhe der jetzigen Regelleistungen offensichtlich machen würde, vom Kläger
keineswegs dargetan und auch nicht nachvollziehbar. Der Gesetzgeber durfte vielmehr
eine pauschale Anpassungsregelung wie diejenige in § 20 Abs. 4 SGB II wählen, die
eine Anpassung der Regelleistungen analog zur Änderung des aktuellen Rentenwertes
in der gesetzlichen Rentenversicherung bis zur mit statistischen Methoden
durchgeführten Neubemessung bei Vorliegen einer aktuelleren Einkommens- und
Verbrauchsstichprobe (§ 20 Abs. 4 Satz 2 SGB II i.V.m. § 28 Abs. 3 Satz 5 SGB XII)
gewährleistet. Denn die Orientierung an der Entwicklung des aktuellen Rentenwertes
spiegelt jedenfalls in annähernder Weise die auch für die Bemessung der
Grundsicherungsleistungen zu beachtende allgemeine Einkommensentwicklung wider
(vgl. § 68 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch ( SGB VI)).
Sofern der Kläger im Beschwerdeverfahren auf den Vorlagebeschluss des
Landessozialgerichts Hessen vom 29.10.2008 - L 6 AS 336/07 verweist, so übersieht er,
dass dieser Vorlagebeschluss lediglich von einer Verfassungswidrigkeit der
Leistungsbemessung im Hinblick auf die Regelleistungen bzw. das Sozialgeld für
minderjährige Kinder ausgeht. Entsprechend hat im Übrigen das Bundessozialgericht
erst kürzlich ein Normkontollverfahren im Sinne von Artikel 100 Abs. 1 Grundgesetz in
die Wege geleitet (Beschlüsse vom 27.01.2009 - B 14/11b AS 9/07 R und B 14 AS 5/08
R); dabei hat es jedoch seine Rechtsprechung hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit
der Bemessung der Regelsätze für Alleinstehende, die mit derjenigen des Senats
übereinstimmt, keineswegs aufgegeben. Der Kläger hat auch in keiner Weise deutlich
gemacht, weshalb aus einer möglichen Verfassungswidrigkeit von Leistungen für
Minderjährige zugleich eine mögliche Verfassungswidrigkeit von Leistungen für
alleinstehende Erwachsene folgen sollte.
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Sofern der Kläger darauf verweist, es seien Verfassungsbeschwerdeverfahren
anhängig, in denen die Höhe der Regelleistung ebenfalls zur verfassungsgerichtlichen
Prüfung gestellt werde, ändert dies nichts daran, dass in der höchstrichterlichen
Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit und auch vom Senat eine
Verfassungswidrigkeit nicht angenommen wird und die Klage deshalb keine Aussicht
auf Erfolg hat. Allein der bloße Umstand, dass beim Bundesverfassungsgericht ein
Verfassungsbeschwerdeverfahren zu einer bestimmten Rechtsfrage anhängig gemacht
worden ist, belegt noch nicht die grundsätzliche Klärungsbedürftigkeit einer
fachgerichtlich schon höchstrichterlich entschiedenen Rechtsfrage und schon gar nicht
eine hinreichende Erfolgsaussicht im Hinblick auf den konkret geltend gemachten
Anspruch. Die verfassungsrechtlichen Ausführungen des Klägers im vorliegenden
Verfahren verbleiben darüber hinaus bislang im Allgemeinen, so dass auch nicht etwa
insoweit konkrete, eine andere Entscheidung nahelegende Darlegungen erkennbar
wären.
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Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten (§ 73a SGG i.V.m. § 127 Abs.
4 ZPO).
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Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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