Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 05.10.2009

LSG NRW (wiedereinsetzung in den vorigen stand, nachzahlung von beiträgen, begründung des urteiles, objektive unmöglichkeit, freiwillige versicherung, anordnung, arbeitslosenversicherung, zahlung, verzug, bezug)

Landessozialgericht NRW, L 19 AL 74/08
Datum:
05.10.2009
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
19. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 19 AL 74/08
Vorinstanz:
Sozialgericht Köln, S 24 AL 91/07
Sachgebiet:
Arbeitslosenversicherung
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom
21.10.2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch
im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
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Die Klägerin wendet sich gegen die Beendigung ihres freiwilligen
Versicherungsverhältnisses gemäß § 28 a Sozialgesetzbuch Drittes Buch -
Arbeitsförderung (SGB III).
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Die im Jahr 1953 geborene Klägerin beantragte nach vorherigem Bezug von
Arbeitslosenhilfe am 29.12.2006 die freiwillige Weiterversicherung und gab hierbei an,
sie sei seit dem 31.12.2004 selbständig. Sie unterzeichnete, das Merkblatt "Freiwillige
Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung" erhalten und von seinem Inhalt
Kenntnis genommen zu haben.
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Mit zwei Bescheiden vom 22.01.2007 entsprach die Beklagte dem Antrag auf freiwillige
Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung für die Zeit ab dem 29.12.2006. Die
Höhe der zu entrichtenden Beiträge beliefen sich auf 39,81 EUR monatlich im Jahr 2006
bzw. 25,73 EUR ab dem 01.01.2007. Die Beiträge seien fällig in Höhe von 3,98 EUR
am 01.03.2007, am 01.04.2007 für die Zeit vom 01.01.2007 bis 30.04.2007 in Höhe von
102,92 EUR und für die Folgezeit jeweils am 01. des Monats, erstmals am 01.05.2007 in
Höhe von 25,73 EUR. Beide Bescheide enthielten Hinweise zum Verlust des
Versicherungsschutzes bei Zahlungsverzug, der die Beitragszahlung für 2007
betreffende Bescheid enthält die Passage: "Das Versicherungspflichtverhältnis endet,
wenn sie mit einer Beitragszahlung länger als drei Monate in Verzug sind (§ 28a Abs. 2
S. 3 Nr. 3 SGB III)."
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Am 22.02.2007 entrichtete die Klägerin 3,98 EUR für im Dezember 2006, am
04.04.2007 77,19 EUR und am 22.05.2007 25,73 EUR für die Monate Januar bis
einschließlich April 2007. Beiträge für den Folgezeitraum entrichtete die Klägerin nicht.
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Mit Bescheid vom 23.10.2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ihr
Versicherungsverhältnis ende am 30.04.2007, da sie ihrer Zahlungsverpflichtung nicht
nachgekommen und mit den Beitragszahlungen mehr als drei Monate im Rückstand sei.
Den am 27.10.2007 hiergegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin unter
Hinweis auf vorübergehende Schwierigkeiten, ihren finanziellen Verpflichtungen
geregelt nachzukommen. Durch Vorlage eines Buchungsbeleges wies die Klägerin die
Überweisung weiterer 154,38 EUR am 22.10.2007 nach. Mit Widerspruchsbescheid
vom 20.11.2007 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zu Recht sei
mit Bescheid vom 23.10.2007 das Ende der freiwilligen Weiterversicherung in der
Arbeitslosenversicherung am 30.04.2007 festgestellt worden, da die Klägerin mit der
Entrichtung von Beiträgen ab dem 01.05.2007 länger als drei Monate im Verzug
gewesen sei.
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Die am 24.12.2007 erhobene Klage hat die Klägerin damit begründet, der
verschuldensunabhängig allein aufgrund verspäteter Beitragszahlung eintretende
Ausschluss aus der freiwilligen Arbeitslosenversicherung nach § 28 a Abs. 2 S. 2 Nr. 3
SGB III sei mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht vereinbar und damit verfassungswidrig.
Verzug setze stets ein Vertretenmüssen voraus. Insofern die Regelung keine
Rechtfertigungs- oder Entschuldigungstatbestände und ebensowenig die Möglichkeit
einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorsehe, sei sie nichtig und unbeachtlich,
jedenfalls aber verfassungskonform dahin auszulegen, dass ihr die verzögerte Zahlung
nicht angelastet werden könne. Hierzu hat die Klägerin ein am 13.10.2008
unterzeichnetes Attest ihrer behandelnden Ärztin B vorgelegt, in dem ihr eine infolge
beruflicher Überlastung geminderte Leistungsfähigkeit in der Besorgung privater
Angelegenheiten im Zeitraum von Mai bis September 2007 bescheinigt wird.
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Mit Urteil vom 21.10.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die gesetzlichen
Voraussetzungen des Leistungsausschlusses seien erfüllt, die Regelung selbst nicht
verfassungswidrig. Auf die weitere Begründung des Urteiles wird Bezug genommen.
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Gegen das am 17.11.2008 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom
28.11.2008. Sie trägt vor, ein wirksames Fristversäumnis, welches das
Versicherungspflichtverhältnis wegen Beitragsverzuges im Sinne von § 28 a Abs. 2 S. 2
Nr. 3 SGB III beende, liege nicht vor. Nach dem Anordnungsrecht der Beklagten sei eine
Zahlungserinnerung erforderlich, in ihrem Falle jedoch nicht erfolgt. Zudem schreibe das
Anordnungsrecht der Beklagten die entsprechende Anwendung der §§ 60, 66 und 67
Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil (SGB I) vor, in deren Rahmen die
nachträgliche Zahlung der Beiträge für die Zeit von Mai bis Oktober 2007 zu
berücksichtigen sei.
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 21.10.2008 abzuändern und die Beklagte unter
Aufhebung des Bescheides vom 23.10.2007 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 20.11.2007 zu verurteilen, ihre freiwillige Versicherung
nach § 28a SGB III über den 30.04.2007 hinaus fortzuführen und die zu zahlenden
Beiträge als rechtzeitig wirksam entrichtet entgegen zu nehmen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Beklagte schließt sich der Begründung des angefochtenen Urteils an. Die mit der
Begrufungsbegründung der Klägerin in Bezug genommene Handlungsempfehlung sei
ein Verwaltungsinternum und entfalte keine Auswirkungen auf die kraft Gesetzes
eintretende Beendigung des Versicherungsverhältnisses bei Zahlungsverzug an.
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Zu weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Prozess- und Verwaltungsakte, die
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Berufung ist unbegründet.
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Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
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So wie die Versicherungspflicht nach § 28a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB III auf Antrag des
Versicherten bei Vorliegen der Voraussetzungen kraft Gesetzes eintritt (vgl. Urteil des
BSG vom 03.06.2009 - B 12 AL 1/08 R -), bedarf auch der hier streitige
Versicherungsausschluss nach § 28a Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III als hierzu gegenläufiger
Vorgang ("actus contrarius") keiner Regelung seitens der Beklagten, tritt vielmehr kraft
Gesetzes ein. Richtige Klageart ist vorliegend die mit einem Feststellungsantrag
verbundene Anfechtungsklage. Das nach § 55 Abs. 1 SGG (Sozialgerichtsgesetz)
erforderliche Feststellungsinteresse (vgl. BSG a.a.O. m.w.N.) liegt vor. Es ergibt sich aus
dem Absicherungsbedürfnis der Klägerin.
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Zutreffend hat die Beklagte mit Bescheid vom 23.10.2007 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 20.11.2007 festgestellt, dass das
Versicherungsverhältnis der Klägerin ab dem 30.04.2007 wegen Beitragsverzuges nach
§ 28 a Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III beendet ist.
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Die gesetzlichen Voraussetzungen dieses Leistungsausschlusses sind erfüllt (1.), das
Unterbleiben einer vorherigen Zahlungserinnerung hindert den Ausschluss kraft
Gesetzes nicht (2.). Die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme der Klägerin in die
freiwillige Arbeitslosenversicherung im Wege eines sozialrechtlichen
Herstellungsanspruches liegen nicht vor (3.).
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1. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 a Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III sind erfüllt.
Hiernach endet das Versicherungsverhältnis, wenn der Versicherungsberechtigte mit
der Beitragszahlung länger als drei Monate in Verzug ist.
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Die Fälligkeit der Beiträge richtet sich nach der Anordnung des Verwaltungsrats der
Bundesagentur für Arbeit zum Antrags- und Beitragsverfahren bei freiwilliger
Weiterversicherung (Anordnung nach § 352 a SGB III) vom 22. Dezember 2005. Nach §
7 Abs. 1 der Anordnung sind die Beiträge für die Zeiten der freiwilligen
Weiterversicherung monatlich oder für das jeweilige Kalenderjahr im Vorhinein an die
Bundesagentur für Arbeit zu zahlen. Als Tag der Zahlung gilt nach § 7 Abs. 2 der
Anordnung der Tag des Geldeingangs bei der Bundesagentur für Arbeit. Nach § 8 Abs.
1 der Anordnung werden die Beiträge erstmals am 01. des zweiten Monats fällig, der
dem Monat folgt, in dem die Bundesagentur für Arbeit die Versicherungspflicht auf
Antrag mit Bescheid festgestellt hat, frühestens jedoch mit Beginn der freiwilligen
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Weiterversicherung. Nach § 8 Abs. 2 der Anordnung werden die laufenden Beiträge,
soweit sie nicht für das jeweilige Kalenderjahr im Vorhinein gezahlt werden, spätestens
am 01. des Monats fällig, in dem ... die selbständige Tätigkeit ausgeübt wird ... Eine dem
Anordnungsrecht entsprechende Mitteilung über die Fälligkeit der Monatsbeiträge
enthielten die Bescheide der Beklagten vom 22.01.2007. Danach war der von der
Klägerin für Mai 2007 geschuldete Beitrag am 01.05.2007 fällig und die Klägerin mit
ihrer Zahlung ab dem 02.08.2007 mit mehr als drei Monaten in Verzug. Die ab dem
01.052007 geschuldeten Beiträge gingen erst am 23.10.2007 bei der Beklagten ein und
wahren somit die Frist nicht.
Es kann dahingestellt bleiben, ob auf den vorliegenden Fall § 286 Abs. 4 Bürgerliches
Gesetzbuches (BGB) direkt oder analog anzuwenden ist, wonach der Schuldner nicht in
Verzug kommt, solange die Leistung infolge eines Umstandes unterbleibt, die der
Schuldner nicht zu vertreten hat. Denn die Klägerin hat auch zur Überzeugung des
Senats die verspätete Beitragszahlung zu vertreten.
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Der mit der Widerpruchsbegründung genannte Gesichtspunkt vorübergehender
Zahlungsschwierigkeiten ist schon deswegen unerheblich, weil jeder Schuldner für
seine Leistungsfähigkeit zur Erfüllung der übernommenen Verpflichtung einzustehen
hat. Auch der auf das Attest der Ärztin B gestützte Vortrag im Klageverfahren, die nicht
rechtzeitige Zahlung der geschuldeten Beiträge sei auf berufliche Überlastung
zurückzuführen, entlastet die Klägerin nicht. War die Klägerin nämlich zu hohem
beruflichen Einsatz seinerzeit in der Lage, ist es nicht auf objektive Unmöglichkeit,
sondern auf subjektiv anlastbares Organisationsverschulden zurückzuführen, dass sie
die regelmäßige und pünktliche Beitragszahlung nicht, z.B. durch Einrichtung eines
Dauerauftrages, sichergestellt hat. Das Versicherungsverhältnis der Klägerin war damit
als Rechtsfolge des § 28 a Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB III ab dem 01.05.2007 beendet.
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2. Die Beendigung des Versicherungsverhältnisses hindert weder das Fehlen einer
Mahnung oder eines (erneuten) Hinweises auf den drohenden
Versicherungsausschluss noch der Umstand, dass die Klägerin die für die Zeit ab Mai
2007 geschuldeten Beiträge verspätet, wenn auch vor Bekanntgabe des Bescheides
vom 23.10.2007 gezahlt hat.
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Eines erneuten Hinweises auf den Fälligkeitszeitpunkt der Beiträge bedurfte es schon
vor dem Hintergrund der präzisen Angaben in den Bescheiden vom 22.01.2007 nicht.
Ein solcher war zudem deshalb entbehrlich, da für die Leistung eine Zeit nach dem
Kalender bestimmt war.
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Eine erneute Mahnung oder einen erneuten Hinweis auf den drohenden Verlust des
Versicherungsschutzes sieht das Gesetz nicht vor, es knüpft die Rechtsfolge der
Beendigung des Versicherungsverhältnisses ausschließlich an das Ausbleiben
rechtzeitiger Beitragszahlung an.
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Dies entspricht dem anhand der Gesetzgebungsmaterialien nachweisbaren Konzept
des Gesetzgebers, das Bestehen eines Versicherungsverhältnisses auf Antrag - im
Gegensatz zu einem an die Ausübung eines versicherungspflichtigen
Beschäftigungsverhältnisses (§§ 24, 25, 26 SGB III) geknüpften
Versicherungspflichtverhältnis - aus Gründen der Risikobegrenzung an die tatsächliche
Entrichtung von Beiträgen anzuknüpfen (BT-Drucks. 15/1515, S. 78). Mit der Einführung
der freiwilligen Arbeitslosenversicherung auf Antrag nach § 28 a SGB III (eingeführt
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durch Gesetz vom 23.12.2003 - BGBl. I 2848 - mit Wirkung zum 01.02.2006) wollte der
Gesetzgeber erkennbar die versicherungsrechtlichen Nachteile mildern, die sich für
Selbständige, insbesondere Existenzgründer, aus der zum 01.02.2006 wirksam
werdenden Verkürzung der bislang zu Gunsten dieses Personenkreises erweiterten
Rahmenfristen für die Erfüllung der Voraussetzungen für den Bezug von
Arbeitslosengeld ergaben (Urteil des Senats vom 12.01.2009 - L 19 AL 72/07 - Revision
anhängig unter B 12 AL 1/09 R). Mit der Neuregelung hat der Gesetzgeber den
Fortbestand eines Versicherungsschutzes in der Arbeitslosenversicherung für die
betroffenen Personen von deren in einer Antragstellung zu dokumentierenden
Willensentscheidung abhängig gemacht. Er wollte hierdurch sowie durch die
Verknüpfung des Bestandes eines Versicherungsverhältnisses an die tatsächliche
Beitragszahlung dem Versicherungsprinzip Rechnung tragen (BT Drucks., a.a.O.).
Dieses Konzept deckt sich mit dem Gesetzeswortlaut.
Zudem gab es bei Neufassung des § 28 a SGB III noch die Regelung des § 191 Nr. 3
SGB V (Fassung vom 27.12.2003), in der Krankenversicherung. Dort ist das Erfordernis
eines vorherigen Hinweises gesetzlich vorgeschrieben. Nach § 191 Nr. 3 SGB V endete
die freiwillige Mitgliedschaft nach zweimonatigem Beitragsverzug erst dann, wenn der
Versicherte auf die Rechtsfolgen weiterer Nichtzahlung eindeutig, bestimmt und
rechtzeitig hingewiesen worden war (vgl. BSGE 76, 28, 31). Die Existenz dieser
abweichenden Regelung rechtfertigt ebenfalls die Annahme, dass der Gesetzgeber
bewusst und gewollt auf die Aufnahme einer Hinweispflicht in § 28 a SGB III verzichtet
hat (Fuchsloch in Gagel, SGB III, Stand Januar 2009, § 28 a Rn 16).
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Etwas anderes folgt auch nicht aus internem Weisungsrecht der Beklagten. Zwar sah
die von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegte für das Jahr 2007 geltende DA
28a.29 Abs. 3 zu § 28 a SGB III eine Zahlungserinnerung vor, allerdings nicht zwingend.
Dementsprechend ist auch unter "Häufig gestellte Fragen" Nr. 27 gerade ausgeführt,
dass § 28 a Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III eine vorherige Erinnerung/Ermahnung an die
termingerechte Zahlung des Beitrages, anders als § 191 Nr. 3 SGB V, nicht kenne.
Darüber hinaus werde der Versicherte im Hinweisblatt und im Versicherungsschein auf
die Folgen fehlender Mitwirkung hingewiesen. Letzteres trifft zur Überzeugung des
Senats auf die Klägerin zu. Sie war sowohl durch das bei Antragstellung zur Verfügung
gestellte Merkblatt als auch durch die Hinweise in den Bescheiden vom 22.01.2007
informiert und hinsichtlich der möglichen Folgen eines Zahlungsverzuges in
unmissveständlicher Weise gewarnt worden.
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Die Möglichkeit einer Wiederherstellung der Versicherung in entsprechender
Anwendung von §§ 60, 66 und 67 SGB I in Verbindung mit der erfolgten Nachzahlung
von Beiträgen ergibt sich nicht aus § 3 der auf § 352 a SGB III gestützten Anordnung der
Beklagten.
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Nach § 3 der Anordung gelten die §§ 60, 66 und 67 SGB I entsprechend "zur
Durchführung der freiwilligen Weiterversicherung ... hinsichtlich der Pflichten der / des
Versicherten". Norma sind die zu versichernden Personen, nicht Mitarbeiter der
Beklagten. Die entsprechende Anwendung der §§ 60,66,67 SGB I betrifft auch nur das
Antragsverfahren.
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Dies ist sowohl der Formulierung "zur Durchführung der freiwilligen Weiterversicherung"
wie auch der systematischen Stellung innerhalb der Anordnung zu entnehmen.
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Diese ist chronologisch aufgebaut und regelt zunächst das Antragsverfahren, sodann
die Bescheiderteilung, in der Folge die Beitragszahlung und schließlich die mögliche
Beitragserstattung.
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3. Die Klägerin kann auch nicht im Wege eines sozialrechtlichen
Herstellungsanspruches in Verbindung mit ihrer nachträglichen Beitragsentrichtung so
gestellt werden, als habe sie die Beiträge rechtzeitig entrichtet.
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Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch greift bei einer dem zuständigen
Sozialleistungsträger zuzurechnenden Pflichtverletzung ein, durch welche dem
Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden entstanden ist. Auf der
Rechtsfolgeseite muss durch die Vornahme einer Amtshandlung des Trägers ein
Zustand hergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung
nicht erfolgt wäre (ständige Rechtsprechung z.B. Urteil des BSG vom 06.11.2008 - B 1
KR 8/08 R - m.w.N., juris). Dies ist hier nicht möglich. Die Wiederherstellung eines kraft
Gesetzes beendeten Versicherungsverhältnisses widerspräche zudem der gesetzlichen
Regelung.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Die Revision wurde nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, da der Senat der
Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung beimisst.
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