Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 06.05.2010

LSG NRW (wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, aufschiebende wirkung, antragsteller, vollziehung, sgg, begründung, höhe, antrag, interesse, anordnung)

Landessozialgericht NRW, L 12 B 107/09 SO ER
Datum:
06.05.2010
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 12 B 107/09 SO ER
Vorinstanz:
Sozialgericht Duisburg, S 2 SO 101/09 ER
Sachgebiet:
Sozialhilfe
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des
Sozialgerichts Duisburg vom 06.07.2009 geändert. Die aufschiebende
Wirkung der Anfechtungsklage (S 2 SO 102/09) gegen den
Änderungsbescheid der Antragsgegnerin vom 19.02.2009 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 14.04.2009 wird angeordnet. Die
Antragsgegnerin hat die Kosten des Antragstellers in beiden
Rechtszügen zu erstatten. Dem Antragsteller wird für das
Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt B aus F
ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt.
Gründe:
1
I.
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Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten für die private Kranken-/
Pflegeversicherung des Antragstellers in voller Höhe im Rahmen der
Leistungsgewährung nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch -
Sozialhilfe - (SGB XII) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.
3
Der 1938 geborene Antragsteller bezieht seit dem 01.01.2005 ergänzende Leistung der
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII
von der Antragsgegnerin.
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Er ist bei der E Krankenversicherung AG (E) privat kranken- und pflegeversichert.
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Mit Bescheid vom 17.12.2008 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller für den
Zeitraum 01.01.2009 bis 30.06.2009 monatliche Leistungen der Grundsicherung im Alter
und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII in Höhe von 971,25 EUR.
Hierin enthalten waren Kosten für die private Krankenversicherung des Antragstellers in
Höhe von 225,49 EUR und die private Pflegeversicherung in Höhe von 55,14 EUR. Die
Beiträge für die seitens der E als "Standardtarif" bezeichnete Versicherungsleistung
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betrugen somit insgesamt 280,63 EUR monatlich.
Mit Schreiben vom 04.02.2009 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller auf, zu
überprüfen, ob er bereits im reduzierten Basistarif versichert sei. Sollte dieses nicht der
Fall sein, werde er im Rahmen der Selbsthilfeverpflichtung des § 2 SGB XII aufgefordert,
unverzüglich bei seinem Versicherungsunternehmen einen Antrag auf Versicherung im
Basistarif ohne Selbstbeteiligung zu stellen. Sie wies darauf hin, dass der Beitrag, der
sozialrechtlich für eine private Kranken- und Pflegeversicherung berücksichtigt werden
könne, auf die Beiträge begrenzt sei, die für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in
der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen seien. Spätestens zum 01.03.2009 sei
beabsichtigt, die dem Antragsteller gewährte Sozialhilfe entsprechend umzustellen.
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Die E teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 18.02.2009 mit, dass der Beitrag im
reduzierten Basistarif in der Krankenversicherung 267,03 EUR und in der
Pflegeversicherung 35,83 EUR betrage. Der Antragsteller beantragte die Aufnahme in
den Basistarif.
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Mit Änderungsbescheid vom 19.02.2009 bewilligte die Antragsgegnerin dem
Antragsteller abweichend für den Zeitraum 01.03.2009 bis 30.06.2009 monatliche
Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel
des SGB XII in Höhe von 837,95 EUR. Dabei berücksichtigte sie jetzt nur noch Beiträge
für die Krankenversicherung des Antragstellers in Höhe von 129,54 EUR und für die
Pflegeversicherung in Höhe von 17,79 EUR. Der aktuelle, derzeit maßgebliche
Bewilligungsbescheid werde wegen einer Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen
Verhältnisse nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren
und Sozialdatenschutz - (SGB X) aufgehoben.
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Der Antragsteller legte mit Schreiben vom 07.03.2009, der Antragsgegnerin
zugegangen am 10.03.2009, Widerspruch gegen den Änderungsbescheid ein. Die ihm
gesetzte Frist für eine Tarifänderung seiner privaten Kranken-/Pflegeversicherung sei zu
kurz bemessen. Er habe der E gegenüber unverzüglich die Überführung in den
Basistarif beantragt. Für den Monat März 2009 habe diese jedoch
Versicherungsbeiträge auf der Grundlage des alten "Standardtarifs" von seinem Konto
eingezogen; 133,30 EUR mehr als von der Antragsgegnerin bei der
Leistungsgewährung berücksichtigt. Bis zur Umsetzung der Übernahme in den
Basistarif, auf deren zeitlichen Ablauf er keinen Einfluss habe, seien ihm
Sozialhilfeleistungen unter Berücksichtigung der vollen ihm entstehenden Kosten seiner
privaten Kranken-/Pflegeversicherung zu gewähren. Mit einer späteren Verrechnung
erkläre er sich einverstanden.
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Mit Schreiben vom 24.03.2009 ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung
des Änderungsbescheides vom 19.02.2009 gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 5
Sozialgerichtsgesetz (SGG) an. Es liege im öffentlichen Interesse, Sozialhilfeleistungen
nur in einem Umfang zu erbringen, in dem sie gesetzlich vorgeschrieben seien. Die mit
Änderungsbescheid vom 19.02.2009 vorgenommene Korrektur sei erforderlich
geworden, weil dem Antragsteller aufgrund der zu berücksichtigenden Änderungen
zukünftig geringere Sozialhilfeleistungen zustünden. Es liege auch nicht im Interesse
des Antragstellers, zu hohe Leistungen im noch laufenden Bewilligungszeitraum weiter
zu beziehen. Es bestünde für den Antragsteller sonst die Pflicht zur Rückzahlung der zu
viel geleisteten Sozialhilfe, wenn nach Unanfechtbarkeit des Bescheides feststehe,
dass der Änderungsbescheid zu Recht erlassen worden sei.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 14.04.2009 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch
zurück. Zur Begründung verwies sie im Wesentlichen darauf, dass sie gemäß § 12 Abs.
1c Satz 6 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) als Zuschuss zu den Kranken- und
Pflegeversicherungsbeiträgen nur den Betrag zahlen könne, der auch für einen
Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen sei.
Soweit der Antragsteller aufgrund der "schleppenden" Bearbeitungsweise der E eine
Weiterbewilligung der bisher gewährten höheren Leistungen fordere, müsse dieses
zurückgewiesen werde. Er sei durch das Schreiben vom 04.02.2009 rechtzeitig über die
gesetzlichen Änderungen und über die bevorstehende Leistungsumstellung zum
01.03.2009 informiert worden, sodass bei unverzüglicher Beantragung eine Umstellung
zum 01.03.2009, zumindest aber während des Monats März, möglich gewesen sei.
Sofern dem Antragsteller im Monat März aufgrund einer erteilten Einzugsermächtigung
noch der höhere Versicherungsbeitrag abgebucht worden sei und er deshalb nicht über
ausreichende Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts verfügt haben sollte, habe
für ihn die Möglichkeit bestanden, die Abbuchung stornieren zu lassen, wofür in der
Regel eine sechswöchige Frist gelte oder die Rückerstattung überzahlter Beiträge von
der E einzufordern. Auch sei der Einsatz ggf. vorhandenen Schonvermögens zu
überdenken gewesen.
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Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller am 04.05.2009 Klage erhoben (S 2 SO
102/09) und gleichzeitig um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht mit dem Antrag,
die mit der Entscheidung der Antragsgegnerin vom 24.03.2009 angeordnete sofortige
Vollziehung des Änderungsbescheides vom 19.02.2009 über die Gewährung von
Leistungen nach dem SGB XII auszusetzen. Zur Begründung hat er vorgetragen, der
Änderungsbescheid der Antragsgegnerin vom 19.02.2009 sei in formeller und
materieller Hinsicht rechtswidrig. Bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des
ursprünglichen Leistungsbewilligungsbescheides der Antragsgegnerin vom 17.12.2008
für den Zeitraum 01.01.2009 bis 30.06.2009 sei dieser die zum 01.01.2009 in Kraft
getretene neue gesetzliche Regelung des § 12 Abs. 1 Nr. 4 und 5 VAG bekannt
gewesen. Diese habe sie bereits damals berücksichtigen müssen. Eine nachträgliche
Änderung der bestandskräftigen Leistungsbewilligung zu seinen Lasten sei nicht
zulässig. Er habe auf die ursprüngliche, höhere Leistungsbewilligung vertrauen dürfen.
Zudem sei der derzeitige Tarif seiner privaten Kranken-/Pflegeversicherung für ihn
vorteilhafter als der Basistarif. Ein Wechsel sei ihm nicht zuzumuten. Zu einem solchen
sei er nicht verpflichtet. Eine Anfrage bei der E als seinem Krankenversicherer habe
ergeben, dass der Basistarif mit monatlich insgesamt 302,86 EUR (267,03 EUR
Krankenversicherungs- und 35,83 EUR Pflegeversicherungsbeitrag) wesentlich teurer
sei, als sein aktueller tatsächlicher monatlicher Beitrag in Höhe von insgesamt 280,63
EUR. Außerdem weise der Basistarif gegenüber dem Standardtarif wesentliche
Nachteile, wie z. B. die Pflicht zur Entrichtung der Praxisgebühr sowie zu leistende
Arzneimittelzuzahlungen, auf. Er befinde sich derzeit in einer Zahnbehandlung und
habe Angst, dass sein Arzt die Behandlung einstellen oder die E seinen Vertrag ruhend
stellen könne. Er befürchte sogar, dass die E ihm kündigen werde, denn er verfüge über
keinerlei finanzielle Reserven mehr. Darüber hinaus sei nicht nachvollziehbar, warum er
in den teureren Basistarif wechseln solle. Auch befürchte er weitere Nachteile
resultierend aus aufgelaufenen Beitragsrückständen, wie z. B. Schufa-Einträge, welche
zu einer nur noch eingeschränkten Teilnahme am gesellschaftlichen Leben führen
könnten. Darüber hinaus bestehe die Gefahr, das sein Kranken-
/Pflegeversicherungsvertrag bei Zahlungsverzug ruhen gestellt werde und der
Versicherer mit rückständigen Beiträgen aufrechne, wenn er selbst die Erstattung von
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Kosten beantrage. Auch müsse er damit rechnen, dass gemäß § 193 Abs. 6 Satz 9 VAG
nach Ablauf eines Jahres seine Versicherung im Basistarif fortgesetzt werde. Dann
bestehe die Gefahr, dass er nicht ohne erneute Gesundheitsprüfung in den alten
Standardtarif zurückwechseln könne. Daraus folge die drohende Gefahr eines nicht
wiedergutzumachenden Nachteils, woraus sich ein Anordnungsgrund ergebe. Auch sei
der streitgegenständliche Bescheid rechtswidrig, da die Antragsgegnerin insoweit von
einem falschen Sachverhalt ausgehe, als sie unterstellt habe, er sei nicht bei der E,
sondern bei der H Krankenversicherung AG versichert. Es sei vor diesem Hintergrund
nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin eine Einzelfallentscheidung getroffen habe.
Auch sei die Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 24.03.2009 rechtswidrig. Die
dieser beigefügte Begründung genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen. Sie
berücksichtige den konkreten Einzelfall nicht ausreichend. Darüber hinaus ergebe sich
vor dem Hintergrund der vorstehend dargestellten Rechtswidrigkeit des
Änderungsbescheides vom 19.02.2009 auch die materielle Rechtswidrigkeit der
Anordnung der sofortigen Vollziehung.
Die Antragsgegnerin hat demgegenüber darauf hingewiesen, dass unter
Berücksichtigung des § 48 SGB XII eine Absicherung im Krankheitsfall nach Maßgabe
des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V)
ausreichend sei. Es könne ihrerseits nicht nachvollzogen werden, warum einem
einkommenslosen Grundsicherungsbezieher ein besserer Krankenversicherungsschutz
aus Geldern der öffentlichen Hand gewährleistet werden solle, als dem überwiegenden
Teil der Gesamtbevölkerung zustehe. Auch sei es aufgrund des Alters des
Antragstellers und seiner fehlenden eigenen Alterssicherung unwahrscheinlich, dass
diesem eine Rückkehr in den besseren Standardtarif gelinge.
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Mit Beschluss vom 06.07.2009 hat das Sozialgericht Duisburg den Antrag abgelehnt.
Zwar liege ein Anordnungsanspruch vor. Gemäß § 32 Abs. 5 Satz 1, Satz 4 SGB XII
habe die Antragsgegnerin die Aufwendungen für eine Kranken- und Pflegeversicherung
zu übernehmen, soweit diese angemessen seien und Hilfebedürftigkeit im Sinne von §
19 Abs. 1 SGB XII vorliege. Vorliegend stellten sich die vom Antragsteller im
Standardtarif zu entrichtenden Beiträge zu seiner Kranken-/Pflegeversicherung sogar
als günstiger dar als diejenigen nach dem vollen Basistarif. Da die Antragsgegnerin
jedoch nur monatliche Beiträge nach dem reduzierten Basistarif übernehme, entstehe
dem Antragsteller eine monatliche Beitragslücke in Höhe von 133,30 EUR. Da er keine
Möglichkeit habe, Mitglied der Gesetzlichen Krankenversicherung zu werden, dürfe der
Umstand, dass er Mitglied der privaten Krankenversicherung, sei nicht dazu führen,
dass er Beitragsrückstände ansammele. Daher sei der Angemessenheitsbegriff des §
32 Abs. 5 SGB XII dahingehend auszulegen, dass dem Antragsteller derselbe
Krankenversicherungsschutz zuteil werden müsse, welchen er auch über die
gesetzlichen Krankenkassen gemäß § 48 SGB XII erhalten würde. Hierzu gehöre auch,
dass die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung maximal in Höhe des
Basistarifs von der Antragsgegnerin übernommen würden. Dieser Auslegung stehe
auch nicht § 26 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für
Arbeitsuchende - (SGB II) entgegen, der auf § 12 Abs. 1c Satz 5 und 6 VAG verweise. §
32 Abs. 5 SGB XII enthalte keinen Verweis auf das VAG und unterscheide sich insofern
von der Regelung in § 26 Abs. 2 SGB II. Es fehle aber an einem Anordnungsgrund.
Denn durch die Verweisung des Antragstellers auf das Hauptsacheverfahren
entstünden diesem keinerlei Nachteile. Vielmehr sei sein Versicherungsschutz trotz der
nur teilweisen Zahlung seiner Beiträge nicht gefährdet. Trotz der Zahlungsrückstände
könne das Versicherungsunternehmen nach § 193 Abs. 6 VVG den
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Versicherungsvertrag nicht rechtswirksam kündigen, sofern eine Versicherung im
Basistarif vorliege. Ein Wechsel in diesen sei dem Antragsteller jederzeit rechtlich
möglich und auch zuzumuten. Das Versicherungsunternehmen könne noch nicht einmal
das Ruhen der Leistungen, das mit einer Begrenzung auf Leistungen im Notfall
einhergehe, feststellen, wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person
hilfebedürftig im Sinne des SGB XII werde. Es bestehe daher keine Gefahr, dass der
Antragsteller seinen umfassenden Krankenversicherungsschutz verliere. Auch die
Gefahr einer Aufrechnung mit Beitragsrückständen bestehe nicht, da eine solche
Aufrechnung unzulässig sei. Gegebenenfalls habe der Antragsteller diesbezüglich ein
Verfahren vor den hierfür zuständigen Zivilgerichten anzustrengen.
Der Beschluss ist dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 02.11.2009
zugestellt worden.
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Hiergegen richtet sich die am 02.12.2009 eingelegte Beschwerde. Es bestehe ein
Anspruch des Antragstellers aus § 32 Abs. 5 SGB XII auf Übernahme der
angemessenen Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung maximal in Höhe des
Basistarifs und damit ein Anordnungsgrund im vorliegenden Verfahren. Die dahinter
zurückbleibenden tatsächlichen Kosten des Standardtarifs seiner Versicherung seien
durch die Antragsgegnerin vollständig zu tragen. Ein Anordnungsgrund sei, da
vorliegend ausschließlich ein Antrag nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG auf
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsmittels, nicht
hingegen - wie vom Sozialgericht angenommen - ein solcher nach § 86b Abs. 2 SGG
auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, statthaft sei, nicht Voraussetzung für den
Erfolg des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes. Soweit das Sozialgericht
festgestellt habe, dass ein Anspruch besteht, habe es das Aussetzungsinteresse im
Rahmen der vorzunehmenden Abwägung höher bewerten müssen als das
Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin. Da die Anordnung der sofortigen Vollziehung
schon formell rechtswidrig sei, sei der Antrag durch das Sozialgericht schon aus diesen
Gründen positiv zu bescheiden gewesen. Darüber hinaus läge jedoch - angenommen
es käme darauf vorliegend an - auch ein Anordnungsgrund vor. Diesbezüglich hat der
Antragsteller seine im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachte Argumentation im
Wesentlichen wiederholt. Es entstünden ihm bei einem Wechsel in den Basistarif nicht
hinnehmbare Nachteile. Dieses stelle eine unzumutbare Härte dar.
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Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
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unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Sozialgerichts Duisburg vom
06.07.2009 die mit Entscheidung der Antragsgegnerin vom 24.03.2009 angeordnete
sofortige Vollziehung des Änderungsbescheides vom 19.02.2009 auszusetzen und
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hilfsweise, wie vom Gericht in I. Instanz ausgelegt, dem Antragsteller vorläufig bis zur
Entscheidung über die Hauptsache Leistungen für die private Kranken- und
Pflegeversicherung in tatsächlicher Beitragshöhe zu gewähren.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Der erstinstanzlichen Entscheidung sei zu folgen. Diese sei rechtmäßig ergangen. Das
Sozialgericht habe den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im
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Interesse des Antragstellers nachvollziehbar als solchen auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG ausgelegt. Dieser habe mangels
Vorliegens eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes keinen Erfolg.
Eilbedürftigkeit sei nicht gegeben, da dem Antragsteller durch ein Abwarten einer
Entscheidung in der Hauptsache keine Nachteile, insbesondere keine Gefährdung
seines Kranken- und Pflegeversicherungsschutzes, entstünden. Weder Kündigung noch
Ruhen habe die E angekündigt. Der Antragsteller habe ab dem 01.03.2009 nur noch
einen Anspruch auf Leistungen für Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe der
Beiträge, welche für Bezieher von Arbeitslosengeld II in der Gesetzlichen
Krankenversicherung zu leisten seien, d. h. in Höhe von derzeit 147,33 EUR. Auch bei
Annahme der ausschließlichen oder jedenfalls ergänzenden Statthaftigkeit eines
Antrags nach § 86b Abs. 1 Satz1 Nr. 2 SGG habe das Rechtsschutzgesuch des
Antragstellers im Ergebnis jedenfalls keine Aussicht auf Erfolg. Der angefochtene
Änderungsbescheid vom 18.02.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom
14.04.2009 sei aus den dargestellten Gründen rechtmäßig. Auch sei die Anordnung der
sofortigen Vollziehung vom 23.04.2009 formal rechtmäßig, da sie auf den konkreten
Einzelfall abstelle.
Mit Beschwerdeschriftsatz vom 02.12.2009 hat der Antragsteller zugleich die
Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten
für das Beschwerdeverfahren beantragt.
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Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der
Antragsgegnerin, die der Entscheidungsfindung ebenfalls zugrunde gelegen haben,
verwiesen.
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II.
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Die Beschwerde hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet.
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Diese wurde fristgemäß eingelegt. Der Beschluss des Sozialgerichts vom 06.07.2009 ist
dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers erst am 02.11.2009 zugestellt worden.
Die Einlegung der Beschwerde erfolgte am 02.12.2009.
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Auch ist die Beschwerde statthaft. Sie ist nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG
ausgeschlossen. Danach sind Beschwerden in Verfahren des einstweiligen
Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig
wäre. Dieses ist gemäß § 144 Abs. 1 SGG, da das Gesetz in Verfahren des
einstweiligen Rechtsschutzes eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht vorsieht
(Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, §
172, Rn. 7, Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 03.08.2009
- L 8 B 157/09), dann der Fall, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer
Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung betrifft 750,00 EUR nicht übersteigt
bzw. wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Dabei
erfolgt eine Zusammenrechnung des Wertes von Haupt- und Hilfsantrag nur dann, wenn
sie auf einen unterschiedlichen Gegenstand gerichtet sind, nicht aber, wenn diese einen
identischen Gegenstand haben (Littmann in: Lüdtke, Kommentar zum SGG, 3. Auflage
2009, § 144, Rn. 9; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 144, Rn. 17;
Frehse in: Jansen, Kommentar zum SGG, 3. Auflage 2008, § 144, Rn. 9, m.w.N.). Sind
Haupt- und Hilfsantrag vom Sozialgericht abgewiesen worden und hält der Kläger beide
Anträge in der Berufung aufrecht, werden sie im Rahmen der Berufung
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zusammengerechnet (Littmann in: Lüdtke, a.a.O., § 144, Rn. 9). Während der
Antragsteller im Rahmen seiner Antragsschrift vom 20.04.2009 hinsichtlich der
Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ausschließlich die Aussetzung der von der
Antragsgegnerin hinsichtlich des Änderungsbescheides vom 19.02.2009 angeordneten
sofortigen Vollziehung begehrte, hat das Sozialgericht dessen Antrag auf Gewährung
einstweiligen Rechtsschutzes ausschließlich als solchen gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2
SGG auf Erlass einer Regelungsanordnung hinsichtlich der vorläufigen Gewährung von
Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel
des SGB XII für die private Kranken-/Pflegeversicherung des Antragstellers "bis zur
Entscheidung in der Hauptsache" ausgelegt und verstanden. Mit seiner Entscheidung
vom 06.07.2009 hat es diesen vollständig abgelehnt. Der Antragsteller hat diese
Auslegung aufgegriffen und beantragt im Beschwerdeverfahren neben seinem
ursprünglichen Begehren, der Anordnung der Aussetzung der sofortigen Vollziehung,
hilfsweise die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur vorläufigen Gewährung von
Leistungen nach dem SGB XII unter vollständiger Berücksichtigung der ihm
entstehenden Kosten seiner Kranken-/Pflegeversicherung. Nach dem ursprünglichen
Antrag des Antragstellers berechnet, hätte der Streitwert ausschließlich 533,20 EUR
betragen. Dieser hätte sich aus der Differenz zwischen dem Antragsteller seitens der
Antragsgegnerin mit Bescheid vom 17.12.2008 bewilligter Leistungen für den Zeitraum
01.03.2009 bis 30.06.2009 in Höhe von 971,25 EUR monatlich und mit
Änderungsbescheid vom 19.02.2009 abweichend für den gleichen Zeitraum bewilligter
monatlicher Leistungen in Höhe von 837,95 EUR ergeben (4 Monate x 133,30 EUR =
533,20 EUR). Durch den durch Auslegung des Antrags seitens des Sozialgerichts
erfolgten Einbezug von dem Antragsteller seitens der Antragsgegnerin für
Folgezeiträume bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren, welches noch nicht
abgeschlossen wurde, zu gewährender weiterer Leistungen, welche zu den tatsächlich
gewährten Leistungen ebenfalls eine monatliche Differenz von 133,30 EUR aufweisen,
werden beide Alternativen des § 144 Abs. 1 SGG erfüllt. Da der Antragsteller dieses
durch Auslegung durch das Sozialgericht benannte Begehren, über welches das
Sozialgericht auch tatsächlich in der mit der Beschwerde angefochtenen Entscheidung
entschieden hat, mit der Beschwerde - jedenfalls hilfsweise - weiterverfolgt, richtet sich
der Beschwerdewert entsprechend den vorstehenden Ausführungen nach Haupt- und
Hilfsantrag im Beschwerdeverfahren. Diese sind zusammen zurechnen, da sie
unterschiedliche Zeiträume und damit unterschiedliche Streitgegenstände betreffen.
Die Beschwerde ist auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Antrag auf
einstweiligen Rechtsschutz mit der Begründung abgelehnt, dass es an einem
Anordnungsgrund fehle. Auf das Vorliegen eines solchen kommt es - entsprechend dem
Vorbringen beider Beteiligten im Beschwerdeverfahren - vorliegend nicht an, da es sich
bei dem vom Antragsteller gestellten Antrag nicht um einen solchen auf Erlass einer
Regelungsanordung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG handelt, sondern um einen - vom
Antragsteller mit Antragsschriftsatz vom 20.04.2009 auch ausdrücklich gestellten -
Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den
Änderungsbescheid der Antragsgegnerin vom 19.02.2009 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 14.04.2009 gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG.
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Die Voraussetzungen für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung liegen vor.
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Gemäß § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage außer in
den in § 86a Abs. 2 SGG genannten Fällen aufschiebende Wirkung. Nach § 86a Abs. 2
Nr. 5 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung in den Fällen, in denen die sofortige
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Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines
Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den
Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung
des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet. Die
Antragsgegnerin hat mit "Bescheid" vom 24.03.2009 die sofortige Vollziehung des
Änderungsbescheides vom 19.02.2009 angeordnet, so dass dem Widerspruch und
auch der Klage des Antragstellers keine aufschiebende Wirkung zukommt. Gemäß §
86b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen,
in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die
aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ein solcher Antrag ist begründet,
wenn im Rahmen einer Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse des
Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und dem, durch
die Antragsgegnerin vertretenen, Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen
Vollziehung das private Interesse überwiegt. Bei der Interessenabwägung ist u. a. die
nach summarischer vorläufiger Prüfung der Rechtslage zu bewertende Erfolgsaussicht
des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen (Keller in: Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86b, Rn. 12c, m.w.N.; Berlit, info also 2005, S. 3, 6;
Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage 2008, S. 92). Die offensichtliche
Rechtmäßigkeit spricht im Regelfall gegen die Wiederherstellung der aufschiebenden
Wirkung, die offensichtliche Rechtswidrigkeit dafür. Liegt nach summarischer Prüfung
ein offener Ausgang des Hauptsacheverfahrens vor, sind im Rahmen der
Interessenabwägung das öffentliche Interesse an einer Vollziehung des
Verwaltungsaktes sowie das private Interesse an der Wiederherstellung des
Suspensiveffektes unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalles miteinander
abzuwägen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86b, Rn. 12 ff.).
Darüber hinaus ist vom Gericht vorrangig zu prüfen, ob die Anordnung der sofortigen
Vollziehung formal rechtmäßig getroffen worden ist. Gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG
bedarf die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer schriftlichen Begründung. Dabei
ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Behörde mit einer auf den
konkreten Einzelfall abstellenden und nicht lediglich formelhaften Begründung des
besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes
zu versehen. Die Begründung muss erkennen lassen, aus welchen Gründen das
besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das Interesse des
Betroffenen im konkreten Fall überwiegt und warum die Anordnung der sofortigen
Vollziehung dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entspricht. Dabei sind an die
Begründung im Hinblick auf die mit ihr verbundene Warnfunktion für die Behörde sowie
die dadurch bezweckte Transparenz und Rechtsklarheit hohe Anforderungen zu stellen.
Die Begründung darf sich nicht in einer bloß allgemeinen Wendung oder Wiederholung
des Gesetzestextes erschöpfen. Es müssen sämtliche Gesichtspunkte enthalten sein,
die die Behörde in ihre Entscheidung einbezogen hat (Landessozialgericht Nordrhein-
Westfalen (LSG NRW), Beschluss vom 18.12.2009 - L 9 B 49/09 SO ER -, Keller in:
Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86a, Rn. 21b, m.w.N.; Düring in: Jansen,
a.a.O., § 86a, Rn. 14, m.w.N.; Binder in Lüdtke, a.a.O., § 86a, Rn. 21, m.w.N.).
33
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe trägt die von der Antragsgegnerin mit
Schreiben vom 24.03.2009 gegebene Begründung die Anordnung der sofortigen
Vollziehung zur Überzeugung des Senats nicht. Diese war daher rechtswidrig und die
aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bzw. der Anfechtungsklage anzuordnen. Die
Begründung der Antragsgegnerin lässt insbesondere nicht erkennen, aus welchen
besonderen Gründen des Einzelfalls entgegen dem vom Gesetzgeber als Regelfall
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angeordneten Überwiegen des Aussetzungsinteresses eine sofortige Vollziehung
gerade im hiesigen Einzelfall erforderlich sein soll. Diese beschränkt sich vielmehr auf
allgemeine Wendungen und Argumente, die weder den Einzelfall überhaupt noch
dessen Besonderheiten aufgreifen und diesen daher auch nicht gerecht werden (vgl. für
eine vergleichbare Konstellation: LSG NRW, Beschluss vom 18.12.2009 - L 9 B 49/09
SO ER -). Die Antragsgegnerin hat zur Begründung zum einen lediglich darauf
hingewiesen, dass es im öffentlichen Interesse liege, öffentliche Mittel nur in dem
Umfang zu erbringen in dem sie gesetzlich vorgeschrieben seien. Hierbei handelt es
sich jedoch nicht um ein Eingehen auf den Einzelfall, sondern nur um die Wiederholung
eines allgemein geltenden Grundsatzes des öffentlich-rechtlichen
Verwaltungshandelns. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist einer
Vielzahl öffentlich-rechtlicher Normen zu entnehmen. Soweit die Antragsgegnerin zur
Begründung darüber hinaus noch ausgeführt hat, sie wolle den Antragsteller vor einer
Rückzahlungsverpflichtung schützen, lässt auch dies nicht erkennen, warum dies
gerade im konkreten Einzelfall ein Überwiegen des Vollziehungsinteresses begründen
soll. Denn auch bei diesem Argument handelt es sich um eine jeden Leistungsfall
betreffende Selbstverständlichkeit, da eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung
grundsätzlich jeden Bezieher von Leistungen nach dem SGB XII betrifft, der solche zu
Unrecht bezieht bzw. bezogen hat. Darüber hinaus zeigt bereits die äußere Form des
Schreibens der Antragsgegnerin vom 24.03.2009, soweit dieses der Behörde die
Möglichkeit einräumt einzelne Textpassagen durch Ankreuzen zum Teil des Schreibens
zu machen bzw. darauf zu verzichten, dass eine Einzelfallentscheidung offensichtlich
nicht beabsichtigt war. Zwar nimmt die Behörde mit diesem eine Individualisierung und
Anpassung ihres Standardschreibens an den Einzelfall insoweit vor, als sie sich für eine
der danach möglichen Textvarianten entscheidet. Ein hinreichende Eingehen auf den
Einzelfall sowie eine diesbezügliche ausreichende Würdigung sind jedoch auch darin
grundsätzlich nicht zu erblicken. Dieses gibt bereits deshalb, weil die danach mögliche
Textgestaltung - soweit ersichtlich - neben der Darstellung der o. g. Argumente und
Abwägungsfaktoren eine weitere Anpassung an den Einzelfall gar nicht vorsieht bzw.
zulässt. Jedenfalls wurde anderes durch die Antragsgegnerin weder dargetan noch
glaubhaft gemacht.
Der Antragsgegnerin steht es nunmehr ggf. frei, erneut die sofortige Vollziehung
anzuordnen und sich dabei einer Begründung zu bedienen, die den Anforderungen des
§ 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG entspricht.
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Über den Hilfsantrag des Antragstellers hatte der Senat aufgrund des Erfolgs des
Hauptantrags nicht mehr zu entscheiden. Vorbeugend wird allerdings darauf
hingewiesen, dass es nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats zumutbar sein
dürfte, dass ein Bezieher von Leistungen nach dem SGB XII seine Ausgaben für die
Kranken- und Pflegeversicherung auf das Ausmaß reduziert, bei dem der
Antragsgegnerin die geringsten Ausgaben entstehen, bei dem er aber den
Basiskrankenversicherungsschutz erhält. Es ist daher grundsätzlich zu verlangen, dass
ein Hilfeempfänger in den Basistarif wechselt, um auf diese Weise eine Reduzierung
der Beitragszahlung durch die Antragsgegnerin zu erreichen (LSG NRW, Beschluss
vom 01.03.2010 - L 12 B 95/09 SO ER -) sowie den Antragsteller vor Ruhendstellung
bzw. Kündigung des Versicherungsvertrages und ggf. Aufrechnung zu schützen. Diese
Rechtsauffassung wird auch von anderen Spruchkörpern geteilt (LSG NRW, Beschluss
vom 18.12.2009 - L 9 B 49/09 SO ER -; LSG NRW, Beschluss vom 29.01.2010 - L 7 B
449/09 AS ER -). Ob darüber hinaus - wie vom Sozialgericht verneint - vorliegend ein
Anordnungsgrund im Sinne des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG bestünde, kann hier
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dahinstehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193
SGG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
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