Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 25.02.2009

LSG NRW: asthma bronchiale, fahrkosten, klinikum, innere medizin, materielles recht, ambulante behandlung, krankenversicherung, taxi, onkologie, verdacht

Landessozialgericht NRW, L 16 B 1/09 KR ER
Datum:
25.02.2009
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
16. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 16 B 1/09 KR ER
Vorinstanz:
Sozialgericht Köln, S 5 KR 563/08 ER
Sachgebiet:
Krankenversicherung
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des
Sozialgerichts Köln vom 12. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu
erstatten.
Gründe:
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I.
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Streitig ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme von
Fahrkosten mit dem Taxi zu ambulanten Behandlungen in Düsseldorf und Lüdenscheid.
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Die am 00.00.1970 geborene Antragstellerin (ASt’in), die bei der Antragsgegnerin
(AG’in) gegen Krankheit versichert ist, beantragte am 04.08.2008 unter Vorlage einer
Verordnung von Krankenbeförderung durch die Ärzte für Innere Medizin Dres. I und T
aus P vom 08.07.2008 die Übernahme von Kosten der Beförderung ein bis zwei Mal
monatlich von der Wohnung in P zum Krankenhaus Lüdenscheid und zum
Universitätsklinikum Düsseldorf mit dem Taxi/Mietwagen. Die ASt’in leide unter einem
Immundefektsyndrom und unter schwerem Asthma bronchiale. Wegen der Schwere des
Krankheitsbildes mit Infektanfälligkeit könne die ASt’in öffentliche Verkehrsmittel nicht
nutzen. Es könne auf diese Weise ein stationärer Aufenthalt vermieden werden.
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Mit Bescheid vom 08.08.2008 lehnte die AG’in die Übernahme der Fahrkosten ab. Es
liege keiner der in § 60 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i. V.
m. § 8 Abs. 2 und 3 der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über
die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransportleistungen und Rettungsfahrten
nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 12 SGB V (in der Fassung vom 22.01.94, zuletzt geändert am
21.12.04; in Kraft getreten am 02.03.05, sog. Krankentransport-RL) vor. Es handele sich
weder um Fahrten zur Chemo-/Strahlentherapie oder zur Dialysebehandlung noch um
Fahrten von Pflegebedürftigen der Pflegestufe 2 oder 3 oder von Schwerbehinderten mit
dem Eintrag "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung), "B" (Begleitung) oder "H"
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(hilflos) im Schwerbehindertenausweis. Auch seien keine Fahrten geplant, bei denen
nach ärztlicher Bescheinigung über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten eine
durchgehende Behandlungsfrequenz von mindestens zweimal wöchentlich notwendig
sei.
Mit dem dagegen gerichteten, am 03.09.2008 eingegangenen Widerspruch machte die
ASt’in geltend, sie leide an einer sehr seltenen Autoimmunerkrankung, die nur in
Düsseldorf und Lüdenscheid behandelt werden könne. Fahrten mit öffentlichen
Verkehrsmitteln seien ihr aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar. Bisher habe ihr
Mann sie zu den Behandlungsterminen gefahren, erhalte aber inzwischen keinen
Urlaub mehr für solche Fahrten. Die Übernahme der Fahrkosten sei notwendig, damit
die Behandlung fortgeführt werden könne.
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Auf Nachfrage der AG’in, warum die Behandlung nicht in dem näher gelegenen Köln
stattfinden könne, teilte der die ASt’in behandelnde Dr. T mit, die ASt’in leide an einem
seltenen schwerwiegenden Immundefektsyndrom mit generalisierter Candidose
(Infektionskrankheit durch Pilze) bei Multimorbidität mit u. a. Asthma bronchiale,
multiplen Allergien, Verdacht auf Malabsorption (Störung der Aufnahme von
Nahrungsstoffen über die Darmschleimhaut) und Kachexie (42 kg Körpergewicht bei
169 cm Körpergröße). Nach vorausgegangener Behandlung in der Unihautklinik Bonn
sei wegen zunehmender Verschlechterung der pneumologischen Symptomatik eine
Behandlung in der Lungenklinik des Klinikums Lüdenscheid und von hier aus eine
Weiterleitung in die Klinik für Hämatologie, Onkologie und Immunologie der Uniklinik
Düsseldorf erfolgt. Hier sei die Verdachtsdiagnose eines Immundefektsyndroms gestellt
worden. Eine Weiterbehandlung der ASt’in an den beiden spezialisierten Kliniken sei
dringend erforderlich. Beigefügt waren Berichte über stationäre Behandlungen an der
Uniklinik Düsseldorf vom 07.04.2008 bis zum 13.04.2008 und vom 10.06.2008 bis zum
12.06.2008 sowie an dem Klinikum Lüdenscheid, Klinik für Pneumologie und
Infektiologie, in der Zeit vom 09.07.2007 bis zum 12.07.2007.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2008 wies die AG’in den Widerspruch der ASt’in
als unbegründet zurück. Im Wesentlichen stellte die AG’in zur Begründung darauf ab,
nach Rücksprache mit einem Beratungsarzt könnten die vorliegenden Erkrankungen
auch an der Uniklinik Köln (wegen der Hautprobleme und der Autoimmunerkrankung)
sowie im Klinikum Merheim (wegen der Lungenerkrankung) behandelt werden. Es
handele sich dabei um zumutbare geeignete Behandlungsmöglichkeiten in größerer
Nähe zum Wohnort der ASt’in. Darüber hinaus liege kein Ausnahmefall für die
Übernahme von Fahrten zu ambulanten Behandlungen vor.
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Dagegen hat die ASt’in am 06.11.2008 Klage zum Sozialgericht (SG) Köln erhoben, die
unter dem Az.: S 5 KR 543/08 anhängig ist. Zugleich hat sie am 01.12.2008 das
vorliegende einstweilige Anordnungsverfahren anhängig gemacht. Zur Begründung
ihres Eilantrages hat sie vorgetragen, eine Unterbrechung der ambulanten
Behandlungen in Düsseldorf und Lüdenscheid bedeuteten eine lebensbedrohliche
Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes. Ihr Ehemann könne sie nicht mehr wie
früher zu den Behandlungsterminen fahren, da ihm sein Arbeitgeber keinen Urlaub mehr
dafür gewähre.
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Die ASt’in hat schriftsätzlich beantragt,
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der AG’in im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, unter Aufhebung des
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Bescheides vom 08.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
28.10.2008 die Fahrkosten für die ambulanten Behandlungen in der Uniklinik
Düsseldorf sowie im Klinikum Lüdenscheid zu übernehmen.
Die AG’in hat schriftsätzlich beantragt,
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den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
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Sie hat zur Begründung vorgetragen, die ASt’in sei unzweifelhaft sehr schwer erkrankt.
Die Uniklinik Düsseldorf und das Klinikum Lüdenscheid stellten nicht die nächst
erreichbare geeignete Behandlungsmöglichkeit dar. Dies bestätige das neu eingeholte
Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Nordrhein vom
05.12.2008. Danach habe eine besondere Expertise der von der ASt’in gewählten
Krankenhäuser nicht durch eine Internetrecherche belegt werden können. Sowohl das
Uniklinikum Köln als auch das Klinikum Merheim könnten eine interdisziplinäre
Diagnostik und Behandlung der immunologischen und pneumologischen sowie
dermatologischen Erkrankungen der ASt’in sicherstellen. Dass wohnortnahe
Abklärungs- und Behandlungsansätze frustran verlaufen seien, werde nicht
vorgetragen. Es sei lediglich von einem Behandlungsversuch in der Uniklinik Bonn
berichtet worden.
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Mit Beschluss vom 12.12.2008 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung zurückgewiesen. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen darauf
abgestellt, die Voraussetzungen für den Erlass einer sog. Regelungsanordnung gemäß
§ 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) lägen nicht vor. Die ASt’in habe es
unterlassen, ihre wirtschaftlichen Verhältnisse darzulegen und zu erläutern, warum es
ihr nicht möglich sein solle, die Fahrkosten zunächst vorzustrecken und die
Kostenerstattung in einem Hauptsacheverfahren zu verfolgen. Neben dem
Anordnungsgrund fehle es aber auch an einem Anordnungsanspruch. Die in § 8
Krankentransport-RL genannten Ausnahmefälle lägen nicht vor. Auch sei nicht
plausibel, warum keine - kostengünstigere - wohnortnahe Diagnostik und Behandlung
erfolgen könne.
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Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 19.12.2008 zugestellten Beschluss hat
die ASt’in am 14.01.2008 Beschwerde erhoben. Sie trägt ergänzend vor, die Kosten von
Transporten mit dem Taxi bzw. Mietwagen, die bei ca. 200 EUR je Fahrt lägen, könne
sie aufgrund der finanziellen Verhältnisse der dreiköpfigen Familie nicht aufbringen.
Von einem monatlichen Einkommen von zusammen 2.567,52 EUR verblieben nach
Abzug aller fixen Kosten nur 1.046,40 EUR für den Lebensunterhalt. Ihr Ehemann
erhalte keinen Urlaub mehr, um sie zur Behandlung nach Düsseldorf bzw. Lüdenscheid
zu fahren. Ab Mai habe sie zwei Mal monatlich die Fahrten mit dem Taxi durchführen
müssen. Ergänzend nimmt die ASt’in auf eine ärztliche Bescheinigung der Klinik für
Hämatologie, Onkologie und klinische Immunologie der Uniklinik Düsseldorf vom
05.01.2009 Bezug, in der die ASt’in seit dem 26.01.2007 behandelt wird. Danach leidet
die ASt in an einem komplexen Krankheitsbild, dem am ehesten ein nicht genauer
zuzuordnender zellulärer Immundefekt zugrunde liege. Speziell bestehe der Verdacht
auf eine chronische, die Haut und die Schleimhaut betreffende Candidose mit
ausgeprägter chronischer Tinea (Pilzerkrankung) der Haut, Schleimhäute und Nägel
sowie abendlichen Fieberschüben und Zeichen einer chronischen
Entzündungsreaktion. Außerdem lägen eine symptomatische pulmonale Erkrankung mit
unklaren Lungengerüstveränderungen und eine Kachexie mit Verdacht auf
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Malabsorptionssymptom vor sowie ein arterieller Hypertonus, multiple
Unverträglichkeiten sowie angeborene Skelettdysplasien vor. Aktuell stehe eine
psychiatrische Erkrankung im Vordergrund, wobei sich die ASt’in in der Vergangenheit
mehrfach in ambulanter und stationärer psychiatrischer Therapie befunden habe. Eine
erneute stationäre psychiatrische Therapie sei geplant. Die ASt’in wolle sich im Übrigen
zur immunologischen Mitbehandlung bei Prof. Niehues im Klinikum Krefeld vorstellen,
der sie bereits in Düsseldorf mitbetreut habe. Aufgrund des komplexen Krankheitsbildes
und der psychischen Instabilität, die auch die Behandlung der körperlichen Erkrankung
behindere, sei eine kontinuierliche Behandlung in Zentren, die das Vertrauen der
Patientin genössen, besonders wichtig. Ein Zentrumswechsel sei nicht anzuraten.
Die ASt’in beantragt schriftsätzlich,
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den Beschluss des SG Köln vom 12.12.2008 zu ändern und der AG’in im Wege der
einstweiligen Anordnung aufzugeben, unter Aufhebung des Bescheides vom
08.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2008 die Fahrkosten
für die ambulanten Behandlungen in der Uniklinik Düsseldorf sowie im Klinikum
Lüdenscheid zu übernehmen.
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Die AG’in beantragt schriftsätzlich,
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die Beschwerde der ASt’in gegen den Beschluss des SG Köln vom 12.12.2008
zurückzuweisen.
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Sie erachtet die angefochtene Entscheidung als zutreffend. Ergänzend weist sie darauf
hin, dass selbst dann, wenn der ASt’in die Vorfinanzierung der Fahrkosten nicht
zumutbar sein sollte, deren Behandlung nicht gefährdet wäre. Wie der MDK zu Recht
ausgeführt habe, könne die erforderliche ambulante Behandlung der ASt’in im
regionalen Umfeld qualitativ sichergestellt werden. Dies lasse sich auch nicht durch die
Bescheinigung der Uniklinik Düsseldorf vom 05.01.2009 in Zweifel ziehen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage wird auf den Inhalt der
Prozess- sowie der Verwaltungsakte und der Akte des SG Köln, Az.: S 5 KR 543/08,
Bezug genommen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Beratung und
Entscheidung gewesen sind.
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II.
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Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde der ASt. gegen den
Beschluss des SG Köln vom 12.12.2008 ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht den
Antrag auf Übernahme der Fahrkosten zu ambulanten Behandlungen in der Uniklinik
Düsseldorf und im Klinikum Lüdenscheid abgelehnt. Ein entsprechender Anspruch steht
der ASt. nicht zu.
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Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruch ist, worauf das SG zu Recht
hingewiesen hat, § 86b Abs. 2 S. 2 SGG (sog. Regelungsanordnung). Danach kann das
Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand
treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden
Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des ASt. vereitelt oder wesentlich erschwert
werden würde (§ 86b Abs. 2 S. 1 SGG). Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind einstweilige
Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges
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Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher
Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung dafür ist das Vorliegen eines
Anordnungsanspruchs (materielles Recht, für das einstweiliger Rechtsschutz begehrt
wird) und eines Anordnungsgrundes (Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, wenn
ein Abwarten auf eine Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten ist). Dabei
stehen sich Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert einander
gegenüber, vielmehr besteht zwischen ihnen eine funktionelle Wechselbeziehung
dergestalt, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender
Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Eingriffs (Anordnungsgrund) zu verringern
sind oder umgekehrt. Dabei dürfen keine zu hohen Anforderungen an die
Glaubhaftmachung im Eilverfahren gestellt werden, die Anforderungen haben sich
vielmehr am Rechtsschutzziel zu orientieren, das der ASt. mit seinem Begehren verfolgt,
Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschlüsse vom 29.07.2003, Az.: 2 BvR 311/03,
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2004, 95; vom 19.03.2004, Az.: 1 BvR
131/04, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2004, 3100). Ist dagegen dem Gericht
eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, ist
anhand einer Folgenabwägung unter umfassender Berücksichtigung der
grundrechtlichen Belange aller Beteiligter zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom
12.05.2005, Az.: 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, 803 -; Keller, in Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b RdNr. 27 f. m. w. N.).
Die danach zum Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung notwendigen
Voraussetzungen liegen nicht vor. Nach der gebotenen summarischen Prüfung hat die
AG’in zu Recht die Erbringung der begehrten Leistungen abgelehnt. Ein
Anordnungsanspruch ist nicht ersichtlich.
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Im Rahmen des § 60 SGB V (in der ab 1.1.2004 geltenden Fassung von Art. 1 Nr. 37
des Gesetzes zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung vom
14.11.2003 (GMG), Bundesgesetzblatt (BGBl) I 2190), der Ansprüche auf Fahrkosten
abschließend regelt (vgl. zuletzt Bundessozialgericht (BSG), Urt. vom 02.11.2007, Az.: B
1 KR 4/07 R, www.bundessozialgericht.de; BSG Sozialrecht (SozR) 4-2500 § 60 Nr. 1),
kommt als Anspruchsgrundlage für die ASt in allein § 60 Abs. 1 S. 3 SGB V in Betracht.
Nur diese Rechtsnorm befasst sich nach der Gesetzessystematik (neben § 60 Abs 2 Nr
4 SGB V) mit der Übernahme von Fahrten bei Benutzung eines Taxis oder Mietwagens
zu einer als solchen allein erforderlichen ambulanten Behandlung. Nach § 60 Abs. 1 S.
3 SGB V "übernimmt" die Krankenkasse die "Fahrkosten zu einer ambulanten
Behandlung" unter Abzug des sich nach § 61 S. 1 SGB V ergebenden Betrages nur
nach vorheriger Genehmigung in besonderen Ausnahmefällen, die der GBA in den
Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 12 SGB V festgelegt hat. Vorliegend geht es, wie
es ohnehin nur vom Schutzzweck einstweiliger Anordnungen erfasst würde,
ausschließlich um die Kostenübernahme für zukünftige Fahrten und nicht um eine
Kostenerstattung für Fahrten, die bereits durchgeführt wurden, und die bei konkreter
Bezifferung der Kosten und Nachweis der Kostentragung u. a. Gegenstand des
Hauptsacheverfahrens sein dürften. Im Übrigen gehen die Beteiligten wie auch das SG
zu Recht davon aus, dass nicht vor jeder einzelnen Fahrt ein Genehmigungsantrag
gestellt werden muss, es vielmehr ausreicht, dass um Genehmigung - wie hier - für alle
im Rahmen einer konkreten Behandlungsmaßnahme notwendigen Fahrten ersucht wird
(vgl z. B. Baier in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Stand:
März 2008, § 60 SGB V, RdNr. 12; Hasfeld in: juris-Praxiskommentar (jurisPK) SGB V,
2008, § 60 SGB V RdNr. 70).
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Fraglich ist bereits, ob einem Anspruch der ASt in auf Übernahme der Fahrkosten zu
den ambulanten Behandlungen in der Uniklinik Düsseldorf und im Klinikum
Lüdenscheid nicht bereits die fehlende hohe Behandlungsfrequenz - erforderlich sind
nach Einschätzung der behandelnden Ärzte derzeit lediglich monatlich ein bis zwei
Behandlungen - entgegen steht. Denn die Krankentransport-RL fordern in § 8 Abs. 2 S.
1 i. V. m. der Anlage 2 eine Behandlungsfrequenz von mehr als einmal wöchentlich,
wobei das BSG eine einmal wöchentlich notwendige Behandlung, die hier nicht einmal
gegeben ist, als ausreichend ansieht, wenn wegen der Erkrankung der Versicherten auf
unabsehbare Dauer mit einer entsprechend langfristigen, eventuell jahrelangen
Transportnotwendigkeit zu rechnen ist (vgl. BSG, Urt. vom 28.07.2008, Az.: B 1 KR
27/07 R, www.bundessozialgericht.de). Hinzu kommt, dass es sich nicht um nach einem
Therapieschema absehbare regelmäßige Behandlungsabschnitte handelt, wie in dem
vom BSG entschiedenen Fall einer LDL-Apherese-Behandlung bei Fettstoffwechsel-
Erkrankung; vielmehr erscheint nach Aktenlage eine Behandlung eher an immer wieder
auftretende krisenhafte Zuspitzungen des vielfältigen schweren Krankheitsbildes der
ASt in anzuknüpfen.
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Darüber hinaus hat das SG zutreffend darauf hingewiesen, dass die gemäß § 3 Abs. 3
Krankentransport-RL zu beachtende Beschränkung der Kostenübernahme auf Fahrten
zu der nächst erreichbaren geeigneten Behandlungsmöglichkeit von der AG in zu
beachten ist. Auch unter Berücksichtigung des Vortrages in der zweiten Instanz und der
vorgelegten ärztlichen Bescheinigung der Klinik für Hämatologie, Onkologie und
klinische Immunologie der Uniklinik Düsseldorf vom 05.01.2009 vermag der Senat nicht
zu erkennen, warum ausschließlich die Behandlung in den Kliniken in Düsseldorf und
Lüdenscheid, nicht aber in Köln-Stadt und Köln-Merheim geeignet sein soll. Das SG hat
zutreffend Gründe für eine Einschränkung auf die von der ASt in gewählten Kliniken
nicht zu erkennen vermocht. Insoweit ist zu bedenken, dass zu einer Einrichtung kein
persönliches Verhältnis aufzubauen ist, allenfalls zu einem bestimmten Behandler, auf
den die ASt in in einem Krankenhaus aufgrund der unterschiedlichen Einsatzzeiten des
beschäftigten Personals aber nicht unbedingt bei der nächsten Behandlung treffen
muss. Im stationären Bereich ist sie ohnehin von einer Vielzahl von Person behandelt
und betreut worden. Die ASt in scheint auch nicht aus psychischen Gründen gehindert
zu sein, sich auf neue Situationen einzustellen, wollen die behandelnden Ärzte sie
ohnehin an das Klinikum Krefeld verweisen, in dem zuvor noch keine Behandlung
stattgefunden hat. Auch hat sie stationäre Behandlungen in Düsseldorf vorzeitig
abgebrochen, so dass ein besonderes Vertrauensverhältnis, das ohnehin eine positive
Entscheidung nicht allein stützen könnte, offenbar nicht besteht (siehe zu persönlichen
Behandlungswünschen BSG, Urt. vom 02.11.2007, Az.: B 1 KR 11/07 R,
www.bundessozialgericht.de). Hinzu kommt, dass die offensichtlich sehr schwierige
Diagnostik noch nicht abgeschlossen werden konnte. Um so wichtiger erscheint es in
diesem Zusammenhang, zusätzliche Kompetenz der in Köln-Stadt und Köln-Merheim
tätigen Ärzte, insbesondere im Hinblick auf das schwere Krankheitsbild der ASt in, zu
nutzen. Bei Änderungen im Krankheitsverlauf steht es der ASt in ohnehin jederzeit offen,
einen neuen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu stellen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
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Der Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
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