Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 31.03.2006
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Landessozialgericht NRW, L 19 B 15/06 AS ER
Datum:
31.03.2006
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
19. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 19 B 15/06 AS ER
Vorinstanz:
Sozialgericht Detmold, S 8 AS 195/05 ER
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des
Sozialgerichts Dortmund vom 26.01.2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
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Die zulässige Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Entscheidung
vom 03.03.2006), ist nicht begründet.
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Auch zur Überzeugung des Senats hat der Antragsteller keinen Anspruch auf
Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid der
Antragsgegnerin vom 17.11.2005, mit dem die Bewilligung von Arbeitslosengeld II (Alg
II) mit Wirkung ab 01.01.2005 teilweise aufgehoben worden ist.
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Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers ist als Antrag nach § 86b Abs. 1 Nr. 2
Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu qualifizieren. Denn der Widerspruch des Antragstellers
hat gemäß § 39 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für
Arbeitssuchende – (SGB II) keine aufschiebende Wirkung. § 39 Nr. 1 SGB II erfasst
auch Aufhebungsentscheidungen nach §§ 45 ff Sozialgesetzbuch Zehntes Buch –
Verwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – SGB X) i.V.m. § 40 SGB II (so auch
Eicher in Eicher/Spellbrink SGB II, 2005, § 39 Rdnr 12; anderer Ansicht: Conradis in
LPK – SGB II, 2005, § 39 Rdnr. 7). Denn auch die Rücknahme bzw. Aufhebung einer
Bewilligung und die Rückforderung überzahlter Leistungen stellen eine "Entscheidung"
über Leistungen der Grundsicherung dar und werden infolgedessen vom Wortlaut des §
39 Nr. 1 SGB II abgedeckt. Darüber hinaus ist zu beachten, dass diese Norm im
Gegensatz zu den Regelungen des § 86a Nrn. 2 und 3 SGG keine Beschränkung der
sofortigen Vollziehbarkeit auf "laufende Leistungen" enthält. Der Gesetzgeber hat damit
anderslautende Regelungen getroffen als in Angelegenheiten der Bundesagentur für
Arbeit bzw. der Sozialversicherung. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass
ihm das System des einstweiligen Rechtsschutzes in §§ 86a, 86b SGG und der
Verwaltungsgerichtsordnung unbekannt wäre, so dass eine bewußte und gewollte
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Abweichung anzunehmen ist. Gegen die hier vertretene Auffassung spricht auch nicht,
das damit die Regelung in § 39 Nr. 2 SGB II überflüssig würde, da der Vorschrift
zumindest eine klarstellende Funktion zukommt. Damit entfällt hier die aufschiebende
Wirkung in einem anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fall, § 86a Abs. 2 Nr.
4 SGG.
Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob bei der nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG
vorzunehmenden Interessenabwägung (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG,
8. Aufl. 2005, § 86b Rdz. 12f) von einem Regel-Ausnahmeverhältnis zwischen sofortiger
Vollziehbarkeit und aufschiebender Wirkung auszugehen ist, so dass das
Vollziehungsinteresse in der Regel den Vorrang hat (so LSG NRW Beschluss vom
22.08.2005 – L 1 B 3/05 AL ER mit ausführlicher Begründung und zahlreichen
Nachweisen). Danach ist darauf abzustellen, ob ernstliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder ob seine Vollziehung eine
unbillige, nicht durch überwiegend öffentliches Interesse gebotene Härte zur Folge
hätte. Nach der Gegenauffassung ist nur eine allgemeine Abwägung nach den
Erfolgsaussichten der Hauptsache vorzunehmen (Keller, a.a.0.). Beide
Abwägungsentscheidungen gehen hier nämlich zu Lasten des Antragstellers aus.
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Denn zum einen räumt der Antragsteller im Beschwerdeverfahren jetzt selbst ein, dass
seine Tochter nur bis zum 25.02.2005 bei ihrer Schwester gewohnt hat und danach
wieder zu ihm in die Wohnung gezogen ist. Damit wäre zumindest ab diesem Zeitpunkt
eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten, die eine Korrektur der
Bewilligungsentscheidung nach § 48 SGB X rechtfertigen würde. Zum anderen
bestehen aber begründete Zweifel an diesem späten Datum, da der Antragsteller schon
am 21.10.2004 einen Antrag auf Leistungen abgegeben hatte, in dem zunächst seine
Tochter als mit ihm in einem Haushalt lebende Person eingetragen gewesen war,
wenngleich dieser Eintrag dann wieder ausgestrichen worden ist. Schließlich hat er in
dem Folgeantrag am 31.05.2005 angegeben, seine Tochter L L sei "ca. seit Monaten"
neu im Haushalt. Auch wenn hier die Angabe fehlt, seit wievielen Monaten dies der Fall
ist, bleibt es doch bei dem Plural von Monaten.
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Dass die Rückzahlung der überzahlten Leistungen derzeit eine unbillige Härte darstellt,
hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. In diesem Zusammenhang ist auch zu
berücksichtigen, dass diese Zahlungen offenbar von der getrennt lebenden Ehefrau des
Antragstellers erbracht werden und bereits EUR 300,00 überwiesen worden sind. Der
Rückforderungsanspruch von insgesamt EUR 911,08 setzt sich aus den in den Monaten
Januar bis einschließlich April 2005 zu Unrecht bezogenen Leistungen zusammen.
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Die Kostenentscheidung ergeht in analoger Anwendung des § 193 SGG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
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