Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 29.07.2008

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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschluss vom 29.07.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Braunschweig S 33 AS 1356/08 ER
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 9 AS 397/08 ER
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Das Sozialgericht Braunschweig hat es mit rechtskräftigem Beschluss vom 5. Juni 2008 im Verfahren S 33 AS
1196/08 ER abgelehnt, die Beschwerdegegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zur Übernahme der Mietkaution in
Höhe von 700,- Euro für die im Dezember 2007 bezogene neue Wohnung der Beschwerdeführer zu verpflichten, die im
Bezug von Leistungen nach dem SGB II stehen.
Am 11. Juni 2008 haben die Beschwerdeführer bei dem Sozialgericht Braunschweig einen weiteren Antrag auf Erlass
einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit welchem sie begehrt haben,
den Antragstellern die Mietkaution von 700,- Euro und eine höhere Regelleistung um 60,- Euro zu zahlen.
Weitere Ausführungen zur Begründung der geltend gemachten Ansprüche sind nicht erfolgt. Die Nachfrage des
Sozialgerichts, ob sich die Sachlage hinsichtlich der Mietkaution verändert habe, ist von den Beschwerdeführern
ebenso wenig beantwortet worden wie seine Rückfrage, aus welchen Gründen sich ein Anspruch auf höhere
Regelleistung ergeben solle.
Mit Beschluss vom 23. Juni 2008 hat daraufhin das Sozialgericht den Antrag angelehnt. Zur Begründung hat es im
Wesentlichen ausgeführt, dass hinsichtlich der Mietkaution von 700,- Euro weiterhin keine besondere Eilbedürftigkeit
einer gerichtlichen Regelung erkennbar sei. Hinsichtlich der begehrten Erhöhung der Regelleistung um 60,- Euro fehle
es an jedem Anhaltspunkt für eine Fehlberechnung. Es dränge sich auf, dass dieser Betrag allein deshalb geltend
gemacht werde, um nunmehr den Beschwerdewert zu erreichen.
Mit ihrer hiergegen am 26. Juni 2008 eingelegten Beschwerde machen die Beschwerdeführer geltend, dass es eine
Verletzung des Mietvertrages darstelle, die zu Gerichts- und Anwaltskosten führen könne, wenn sie die Kaution nicht
zahlen würden; hieraus ergebe sich die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Verpflichtung der Beschwerdegegnerin. Die
Regelleistung sei tatsächlich zu niedrig, zumal das Bundesverfassungsgericht darüber noch nicht entschieden habe.
II.
Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen. Nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG in der Fassung des am 1. April 2008
in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.
März 2008 (BGBl. I S. 444) sind Beschwerden in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes lediglich noch dann
zulässig, wenn in der Hauptsache die Berufung zulässig wäre. In Verfahren, die eine Geld- oder geldwerte Sach- oder
Dienstleistung betreffen, ist danach die Beschwerde gem. § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG in der ab
1. April 2008 geltenden Fassung lediglich noch dann statthaft, wenn der Beschwerdewert den Betrag von 750,- Euro
übersteigt oder die Beschwerde wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
Diese Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Beschwerde sind vorliegend nicht erfüllt. In die Berechnung des
Beschwerdewertes gehen nämlich solche Begehren nicht mit ein, die ohne erkennbaren Grund verfolgt werden und
deshalb darauf schließen lassen, es würden willkürlich überhöhte Anträge gestellt, um die Berufungs- bzw.
Beschwerdefähigkeit herzustellen (vgl. Meyer – Ladewig in Meyer – Ladewig / Keller / Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, §
144 SGG Rdnr. 20 m.w.N.).
Dieser Fall ist vorliegend jedenfalls hinsichtlich der in erster Instanz geltend gemachten "höheren Regelleistung um 60
Euro" erfüllt. Die Beschwerdeführer haben im erstinstanzlichen Verfahren nicht einmal auf ausdrückliche Rückfrage
des Sozialgerichts mitgeteilt, bei wem von ihnen und für welchen Zeitraum eine zu geringe Regelleistung bewilligt
worden sein soll und unter welchem rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt sich ein höherer Anspruch ergeben
könnte. Dem Sozialgericht ist deshalb darin beizupflichten, dass dem erstinstanzlichen Begehren insoweit offenkundig
keine auch nur in Ansätzen erkennbare gedankliche Konzeption davon zugrunde gelegen hat, weshalb gerade eine um
genau 60,- Euro höhere Regelleistung verlangt worden ist. Nachdem die Beschwerdegegnerin im Übrigen noch
während des erstinstanzlichen Anordnungsverfahrens eine Neuberechnung der laufenden Leistungen vorgenommen
und dabei den hinsichtlich der Beschwerdeführer zu 2) und 3) anzurechnenden Unterhaltsbeitrag mit der Folge eines
im Juni 2008 um 100,- Euro erhöhten Leistungsanspruchs von 175,- Euro auf 125,- Euro verringert hat, fehlt es im
Übrigen angesichts des in erster Instanz völlig unbestimmt gebliebenen Vortrags der Beschwerdeführer auch an
jedem Anhaltspunkt für die erforderliche Bewertung, inwieweit dem Begehren der Beschwerdeführer hierdurch nicht im
Ergebnis entsprochen worden ist, so dass es hinsichtlich der verlangten 60,- Euro überhaupt an einer Beschwer durch
die nachfolgende erstinstanzliche Entscheidung fehlt.
Die erforderliche Beschwerdewert von mehr als 750,- Euro wird hiernach in keinem Fall erreicht. Deshalb kann
dahinstehen, ob hinsichtlich der Mietkaution von 700,- Euro nicht ohne weiteres die Rechtskraft des Beschlusses des
Sozialgerichts vom 5. Juni 2008 im Verfahren S 33 AS 1196/08 ER bei unveränderter Sachlage einer erneuten
Entscheidung zugunsten der Beschwerdeführer entgegensteht und auch insoweit von einer rechtsmissbräuchlichen
Antragstellung auszugehen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gem. § 177 SGG unanfechtbar.