Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 26.06.2002

LSG Nsb: rentner, innere medizin, versorgung, budget, niedersachsen, vergleich, zahl, druck, anteil, arztpraxis

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urteil vom 26.06.2002 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hannover S 5 KA 466/98
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 3 KA 104/01
Das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 31. Oktober 2001 und der Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 1998
in der Fassung des Wi-derspruchsbescheides vom 22. April 1998 werden geändert. Die Beklagte wird verurteilt, über
die Honoraransprüche des Klägers für die Quartale ab II/98 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates
erneut zu entscheiden. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die notwendigen
außergerichtlichen Kosten des Klägers aus beiden Rechtszügen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger ist als Internist zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und nimmt gemäß § 73 Abs. 1 a Ziff. 3
Sozialgesetzbuch Buch V Gesetzliche Kran-kenversicherung (SGB V) an der hausärztlichen Versorgung teil. Er
wendet sich dagegen, dass ihm insbesondere für die Behandlung von Rentnern ein geringe-res Praxisbudget
zugewiesen wird als an der hausärztlichen Versorgung teilneh-menden Allgemeinärzten.
Mit Beschlüssen vom 19. November 1996 und 11. März 1997 fasste der Bewer-tungsausschuss den Einheitlichen
Bewertungsmaßstab für Ärzte (EBM), Allge-meine Bestimmungen A I, Teil B neu. Die im EBM enthaltenen ärztlichen
Leistun-gen unterliegen danach nach Maßgabe näherer Bestimmungen je Arztpraxis und Abrechnungsquartal für die
dort unter Ziff. 1.5 aufgeführten Arztgruppen einer fallzahlabhängigen Budgetierung. Die in dem Budget enthaltenen
Leistungen sind je Arztpraxis und Abrechnungsquartal jeweils nur bis zu einer begrenzten Ge-samtpunktzahl
abrechnungsfähig.
Dabei ist bei den von der Budgetierung erfassten Arztgruppen zwischen drei Leistungsbereichen zu unterscheiden.
Dem Praxisbudget (grüner Bereich) ist - von Arztgruppe zu Arztgruppe variierend - die Mehrzahl der ärztlichen Leistun-
gen zugeordnet, die das Behandlungsspektrum in der einzelnen Arztgruppe typi-scherweise abdecken. Dieses
Praxisbudget wird durch Multiplikation der arzt-gruppenspezifischen und nach Versichertenstatus variierenden
Fallpunktzahl mit der Zahl der in der Praxis behandelten budgetrelevanten Fälle ermittelt. Diese Multiplikation ergibt
ein individuelles, auf die einzelne Praxis bezogenes Budget als Obergrenze von Punktzahlanforderungen für den
budgetierten Leistungsbe-reich.
Bestimmte Leistungspositionen aller Arztgruppen sind nicht Bestandteil des Pra-xisbudgets, sondern einzelnen
Zusatzbudgets (gelber Bereich) zugewiesen, wenn sie eine zusätzliche Qualifikation erfordern, nur von wenigen
Ärzten einer Arzt-gruppe schwerpunktmäßig erbracht werden oder auf Grund eines besonderen Versorgungsbedarfes
gesondert zu berücksichtigen sind (Allg. Bestimmungen A I Teil B Nr. 4 EBM). Der danach noch verbleibende
Leistungsbereich bleibt unbud-getiert (roter Bereich).
Im vorliegenden Fall greift der Kläger die Berechnung des Praxisbudgets im grü-nen Bereich an. Die dort
maßgeblichen Fallpunktzahlen betragen nach Ziff. 1.5 der Allg. Bestimmungen A I Teil B zum EBM für hausärztliche
Internisten 1.035 in der Versichertengruppe der Rentner und 655 in den weiteren Versichertengrup-pen. Die
entsprechenden Zahlen für die Allgemeinärzte machen 1.175 und 585 Punkte je Behandlungsfall aus. Allerdings
haben die Kassenärztlichen Vereini-gungen (KV) nach Ziff. 3 der Allg. Bestimmungen A I Teil B die regionalen Fall-
punktzahlen für die Praxisbudgets nach der in der Anlage 3 aufgestellten Formel zu ermitteln. Ergibt sich dabei für
mindestens eine Arztgruppe eine Abweichung von mehr als 3 % von den durchschnittlichen für alle Versicherten
berechneten Fallpunktzahlen des EBM, sind die so berechneten regionalen Fallpunktzahlen für alle Arztgruppen nach
Ziff. 1.5 anzuwenden.
Eine entsprechende Abweichung von mehr als 3 % war in Niedersachsen festzu-stellen. Dementsprechend legte die
Beklagte die nach der Anlage 3 ermittelten regionalen Fallpunktzahlen für alle Arztgruppen der Berechnung des
Praxisbud-gets zu Grunde. Diese Ermittlung der regionalen Fallpunktzahlen ergab für haus-ärztliche Internisten in der
Versichertengruppe der Rentner eine Fallpunktzahl von 1.011,30 und für die übrigen Versichertengruppen einen
solchen Wert von 527,70, wohingegen Allgemeinärzte eine Fallpunktzahl von 1.375,60 für die Ver-sichertengruppe der
Rentner und von 538,60 für die übrigen Versichertengruppen erzielten (vgl. die Bekanntgabe der Fallpunktzahlen durch
die Beklagte im Nie-dersächsischen Ärzteblatt 3/2000, S. 64; vgl. Fallpunktzahlen ab dem Quartal II/99). Dies
bedeutet, dass nach Maßgabe der maßgeblichen regionalen Fall-punktzahl ein in Niedersachsen an der hausärztlichen
Versorgung teilnehmender Allgemeinmediziner im grünen Bereich je Rentner rund 36 % mehr Punkte als ein ebenfalls
an der hausärztlichen Versorgung teilnehmender Internist abrechnen kann.
Der Kläger überschritt das Praxisbudget nachhaltig. Im Quartal III/1997 rechnete er im so genannten grünen Bereich
742.570 Punkte ab. Das ihm zustehende Praxisbudget betrug hingegen nach den anfänglichen Ermittlungen der
Beklagten nur 538.761,1 Punkte. Dabei legte die Beklagte zu Grunde, dass der Kläger 289 budgetrelevante Fälle aus
der Versichertengruppe der Rentner und 338 budget-relevante Fälle aus den übrigen Versichertengruppen behandelt
hatte, wobei sei-ne budgetrelevante Gesamtfallzahl von 652 die Durchschnittsfallzahl der Arzt-gruppe von 1.078
unterschritt. Unter Zugrundelegung von (zunächst fehlerhaft ermittelten) regionalen Fallpunktzahlen für die Arztgruppe
der hausärztlichen In-ternisten in Höhe von 1.080 für die Versichertengruppe der Rentner und 563,6 für die übrigen
Versichertengruppen und unter Berücksichtigung eines Zuschlages von 7,19 % in Anwendung der
Anpassungsvorschrift der Ziff. 2 der Allg. Bestim-mungen A I Teil B zum EBM ergab sich das von der Beklagten zu
Grunde gelegte Praxisbudget im Umfang von 538.761,1 Punkten.
Den Antrag des Klägers, ihm das gleiche Praxisbudget wie einem Allgemeinarzt zuzugestehen, lehnte die Beklagte
mit Bescheid vom 18. Februar 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. April 1998 mit der
Begründung ab, dass sie das Praxisbudget nach den sie bindenden Vorgaben des EBM zu-treffend ermittelt habe.
Zugleich sicherte sie dem Kläger zu, dass auch ohne die Einlegung weiterer Rechtsbehelfe die Höhe des
Gesamthonorars für sämtliche auf die Stellung des Antrages folgenden Quartale zu seinen Gunsten neu festge-setzt
werde, soweit sein Rechtsbehelf gegen die Ablehnung der Budgeterweite-rung Erfolg haben würde.
Zur Begründung der am 30. April 1998 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass die Fallpunktzahlen
willkürlich festgesetzt worden seien. Es sei vorauszusehen gewesen, dass durch die Neuregelung vor allem
hausärztliche Internisten besonders stark benachteiligt würden. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die gleichen
hausärztlichen Leistungen unterschiedlich vergütet würden, je nach dem, ob sie ein Allgemeinmediziner oder ein (an
der hausärztlichen Versor-gung teilnehmender) Internist erbringe.
Mit Urteil vom 31. Oktober 2001, dem Kläger zugestellt am 30. November 2001, hat das Sozialgericht Hannover die
Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt: Die unterschiedlichen Fallpunktzahlen beruhten
auf den in den Basiszeiträumen festzustellenden Unterschieden bei den Umsätzen, Betriebskosten, Fallzahlen und
den Anteilen der dem Praxisbudget unterliegen-den Punktzahlen an der Gesamtpunktzahl der betroffenen
Arztgruppen.
Zur Begründung der am 27. Dezember 2001 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, dass zwischen
Allgemeinärzten und Internisten keine eine unter-schiedliche Bemessung des Praxisbudgets insbesondere bei
Rentnern rechtferti-genden wesentlichen Unterschiede beständen. Bezeichnenderweise würden sich beide
Arztgruppen häufig wechselseitig vertreten.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 31. Oktober 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 18. Februar
1998 in der Fas-sung des Widerspruchsbescheides vom 22. April 1998 aufzuheben und 2. die Beklagte zu
verpflichten, seine Honoraransprüche für die Quartale ab III/1997 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates
erneut zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hebt hervor, dass die in den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B des EBM enthaltenen Berechnungsvorgaben
auf in der Vergangenheit gewonnenen Ab-rechnungsdaten beruhten. Die Unterschiede in den Basisdaten würden die
spezi-fische Weiterbildung der Internisten verbunden mit einem auch heute noch ab-weichenden Leistungsspektrum
zum Ausdruck bringen. Darüber hinaus seien Unterschiede in den Praxiskosten und bei dem Anteil der
abrechnungsfähigen freien Leistungen festzustellen. Da einzelne Budgetanteile nicht modifiziert wer-den könnten,
ohne dass sich Auswirkungen auf alle anderen Budgetanteile erge-ben würden, erscheine ohnehin eine isolierte
Betrachtung der Praxisbudgets für Rentner nicht möglich.
Der beigeladene Bewertungsausschuss stellt keinen Antrag.
Der Beigeladene ist der Auffassung, dass der Weiterbildungsinhalt zum Fachge-biet "Innere Medizin” im Vergleich
zum Weiterbildungsinhalt "Facharzt für Allge-meinmedizin” nur unwesentliche Unterschiede beinhalte. Für die
Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen nach dem EBM zu Lasten der gesetzlichen Kran-kenkassen hätten diese
Unterschiede keine Bedeutung, da die an der hausärztli-chen Versorgung teilnehmenden Internisten keine anderen
Leistungen nach dem EBM abrechnen könnten als die von vornherein an dieser Versorgung teilneh-menden
Allgemeinärzte.
Allerdings sei in der Abrechnungspraxis festzustellen, dass die an der hausärztli-chen Versorgung teilnehmenden
Internisten bestimmte Leistungen häufiger ab-rechneten als Allgemeinärzte. Dies erkläre sich insbesondere daraus,
dass sich die Fachärzte für Innere Medizin in der Weiterbildung intensiver und umfangrei-cher mit bestimmten
ärztlichen Leistungen befassen würden. Dementsprechend verfüge ein höherer Prozentsatz der internistischen Praxen
über die zur Erbrin-gung etwa elektrokardiografischer Untersuchungen erforderliche apparative Aus-stattung.
Der Beigeladene hebt ferner hervor, dass die Praxisbudgets keine verhaltens-steuernde Wirkung haben sollten.
Insbesondere habe der Bewertungsausschuss hausärztliche Internisten nicht zur Erbringung von Leistungen in
geringerem Um-fang bei der Versichertengruppe der Rentner anhalten wollen. Soweit das Praxis-budget für diese
Versichertengruppe erheblich niedriger als bei Allgemeinärzten ausgefallen sei, ergebe sich dies aus den in der
Vergangenheit erzielten Abrech-nungszahlen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt
der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat überwiegend Erfolg. Mit Wirkung zum Quartal II/1998 erweisen sich die Vorgaben über die
Bemessung der Praxisbudgets in den Allg. Bestimmungen A I Teil B des EBM insofern als rechtswidrig, als sie
zumindest in Niedersachsen zu einer erheblichen Benachteiligung der Gruppe der hausärztli-chen Internisten im
Vergleich zu der Gruppe der Allgemeinärzte führen. Dem Be-wertungsausschuss obliegt es, diesen Verstoß gegen
das Gleichbehandlungsge-bot aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) durch eine verfassungskonforme Neu-fassung des
EBM zu beheben. Auf der Grundlage dieser vom Bewertungsaus-schuss zu treffenden Neuregelung wird dann die
Beklagte erneut über die Hono-raransprüche des Klägers ab dem Quartal II/1998 zu entscheiden haben. Ledig-lich für
die ersten drei Quartale ab Inkrafttreten der Neuregelung des EBM zum 01. Juli 1997 muss sich der Kläger mit der
gleichheitswidrigen Benachteiligung im Hinblick darauf abfinden, dass bei Anfangs- und Erprobungsregelungen auch
gröbere Typisierungen hinzunehmen sind.
1. Die Vorgaben des EBM über die Berechnung der Praxisbudgets sind rechtswid-rig, soweit sie zur Folge haben,
dass das Praxisbudget eines Allgemeinarztes erheblich höher ausfällt als das Budget eines an der hausärztlichen
Versorgung teilnehmenden Internisten.
Allerdings ist der Beklagten und dem Beigeladenen zuzugestehen, dass die Ein-führung von Praxisbudgets im
Grundsatz den gesetzlichen Vorgaben Rechnung trägt.
Rechtsgrundlage für die Einführung von Praxisbudgets ist § 87 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 a Sätze 1 und 2 SGB V.
Danach bestimmt der EBM die Inhalte der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten
ausgedrücktes Verhältnis zueinander. Seit dem 01. Juli 1997 schreibt § 87 Abs. 2 a Satz 8 SGB V (in der Fassung
des 2. GKV-NOG vom 23. Juni 1997, BGBl I 1520) zu-sätzlich vor, dass für die Menge von Leistungen oder von
Gruppen von Leistun-gen, die von einer Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbar sind, Obergrenzen
vorgesehen werden können; diese können für die Arztgruppen un-terschiedlich festgesetzt werden. Dass die zum 01.
Juli 1997 eingeführten Praxis-budgets im EBM im Grundsatz nach Wortlaut und Zielsetzung dieser gesetzlichen
Vorgabe entsprechen, ist nicht zweifelhaft (vgl. BSG; Urteil vom 08. März 2000 – B 6 KA 7/99 R -, SozR 3-2500, § 87
SGB V Nr. 23).
Die Einführung von Praxisbudgets beruht auf der Einschätzung der Partner der gemeinsamen Selbstverwaltung von
Ärzten und Krankenkassen auf Bundesebe-ne, dass ein globales Ausgabenbudget der Krankenkassen für die
Gesamtver-gütung der vertragsärztlichen Versorgung auch nur in Form von Budgets an die Vertragsärzte
weitergegeben werden kann, wenn ein kontinuierlicher Rückgang der Auszahlungspunktwerte verhindert werden soll.
Durch Praxisbudgets und er-gänzende Maßnahmen der Honorarverteilung soll das insgesamt abgerechnete
Punktzahlvolumen reduziert werden mit der Folge, dass unter dem globalen Bud-get (Betrag der von allen
Krankenkassen für die vertragsärztliche Versorgung ge-zahlten Gesamtvergütungen) der Punktwert stabil bleibt oder
möglichst sogar wieder ansteigt. Dem Vertragsarzt soll durch stabilisierte Punktwerte vor der Leistungserbringung eine
ausreichende Kalkulation seiner Praxiseinnahmen er-möglicht werden. Gleichzeitig soll der unter einem globalen
Budget bestehende ökonomische Druck auf den einzelnen Arzt, zur Existenzsicherung das eigene Leistungsvolumen
immer weiter auszudehnen (sog. Hamsterradeffekt), durch die Stabilisierung der Punktwerte beendet werden (vgl.
ebenfalls BSG; a.a.O.). Es unterliegt keinem Zweifel, dass damit im Grundsatz vernünftige und wichtige Er-wägungen
des Allgemeinwohls verfolgt werden, wobei die entsprechenden Steue-rungsinstrumente bundeseinheitlich zu
normieren sind, was die entsprechende Regelung im EBM rechtfertigt.
Insbesondere ist es im Grundsatz auch nicht zu beanstanden, dass die Höhe der jeweiligen Praxisbudgets in
Abhängigkeit von der jeweiligen Facharztgruppe be-stimmt wird. Typischerweise bestehen zwischen den einzelnen
Facharztgruppen erhebliche Unterschiede. Diese betreffen zum einen den Anteil der von den Pra-xisbudgets erfassten
Leistungen, die durchschnittliche Praxisunkostenquote und die durchschnittliche Höhe der je Patient aus dem grünen
Bereich zu erbringen-den Leistungen. Von daher liegt es auf der Hand, dass beispielsweise ein Chirurg nicht
beanspruchen kann, dass sein Budget sich nach denselben Vorgaben be-rechnet wie etwa das Budget eines
Augenarztes.
Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Bewertungsausschuss nach freiem Er-messen unterschiedliche Arztgruppen
mit unterschiedlich zu berechnenden Pra-xisbudgets ausstatten dürfte. Vielmehr muss die Arztgruppenunterteilung
nach sachlichen Gesichtspunkten erfolgen. Für die in Niedersachsen festzustellende gravierende Benachteiligung der
hausärztlichen Internisten bei der Berechnung des Praxisbudgets lassen sich keine rechtfertigenden sachlichen
Gründe fest-stellen. Ungeachtet der nur eingeschränkten gerichtlichen Überprüfbarkeit der vertraglichen Regelungen
im EBM und ungeachtet der bereits dargelegten prinzi-piellen Zulässigkeit der Einführung von Praxisbudgets sind die
konkreten Budget-berechnungsvorgaben in den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B Ziff. 3 des EBM i.V.m. der
Anlage 3 nichtig, soweit sie in einzelnen KV-Bereichen solche sachlich nicht gerechtfertigten erheblichen
Diskrepanzen zwischen den Praxis-budgets der miteinander vergleichbaren Arztgruppen Allgemeinärzte und haus-
ärztliche Internisten zulassen.
Die auf der Grundlage des § 87 SGB V von den Bewertungsausschüssen verein-barten EBMe, bei denen es sich um
untergesetzliche Rechtsnormen in der Form der Normsetzungsverträge handelt, sind wegen ihrer spezifischen
Struktur und der Art ihres Zustandekommens nicht in vollem Umfang der gerichtlichen Über-prüfung zugänglich. Durch
die personelle Zusammensetzung der – paritätisch mit Vertretern der Ärzte bzw. Zahnärzte und Krankenkassen
besetzten – Bewer-tungsausschüsse und den vertraglichen Charakter der Bewertungsmaßstäbe soll gewährleistet
werden, dass die unterschiedlichen Interessen der an der vertrags-ärztlichen Versorgung beteiligten Gruppen zum
Ausgleich kommen und auf diese Weise eine sachgerechte inhaltliche Umschreibung und Bewertung der ärztlichen
Leistungen erreicht wird. Das vom Bewertungsausschuss erarbeitete System au-tonomer Leistungsbewertung kann
seinen Zweck nur erfüllen, wenn Eingriffe von außen grundsätzlich unterbleiben (vgl. BSG, Urteil vom 20. Januar 1999
- B 6 KA 9/98 R – SozR 3-2500 § 87 SGB V Nr. 21).
Die gerichtliche Überprüfung ist daher im Wesentlichen darauf beschränkt, ob der Ausschuss den ihm zustehenden
Entscheidungsspielraum überschritten oder seine Bewertungskompetenzen missbräuchlich ausgenutzt hat. In diesem
Zu-sammenhang haben die Gerichte auch das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab
heranzuziehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Regelung eine Vergütung nur einer Arztgruppe gewährt,
obgleich die Leistung auch von anderen Arztgruppen erbracht wird bzw. erbracht werden kann (vgl. ebenfalls BSG,
a.a.O.).
Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verbietet, wesentlich Gleiches ungleich und gebietet, wesentlich Ungleiches
entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln. Bei der Überprüfung einer normativen Regelung auf ihre
Vereinbar-keit mit dem Gleichheitssatz ist von den Gerichten nicht zu untersuchen, ob der Normgeber die
zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner
Gestaltungsfreiheit über-schritten hat. Das kommt vor allem in Betracht, wenn er eine Gruppe von Norm-adressaten
im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obgleich zwischen den beiden Gruppen keine
Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten.
Dabei ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe
Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will. Der Gesetzgeber muss allerdings seine
Auswahl sachgerecht treffen. Was dabei in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd ist,
lässt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern nur stets in Bezug auf die Eigenart des konkreten
Sachbereichs, der geregelt werden soll (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09. März 1994 – u.a. 2 BvL 80/92 –, E 90, 145,
195 f. und Beschluss vom 08. Oktober 1991 – 1 BvL 50/86 – E 84, 348, 359).
Dabei unterliegt der Normsetzer ungeachtet des ihm zuzubilligenden Bewertungs- und Gestaltungsspielraums
regelmäßig einer strengen Bindung bei der Ungleich-behandlung von Personengruppen (vgl. BSG, Urteil vom 20.
Januar 1999, a.a.O.).
Im vorliegenden Zusammenhang wird die unterschiedliche Ausgestaltung des Budgets für Allgemeinärzte und
hausärztlich tätige Internisten nicht durch sachli-che Gründe gerechtfertigt. Allerdings ergibt sich die
Ungleichbehandlung nicht unmittelbar aus den Bestimmungen des EBM, da diese nicht direkt den Umfang des
Budgets festlegen, sondern lediglich – für den Regelfall einer Abweichung der regionalen Abrechnungsergebnisse von
den bundesweiten Vorgaben in Ziff. 1.5 der Allg. Bestimmungen A I Teil B entsprechend der Regelung in Ziff. 3 der
Allg. Bestimmungen A I Teil B des EBM – den rechnerischen Prozess vor-schreiben, in dem die jeweilige KV
entsprechend der Anlage 3 zu den Allg. Be-stimmungen des EBM die KV-bezogenen Fallpunktzahlen zu ermitteln hat.
In Umsetzung dieser Vorgaben des EBM hat die insoweit gebundene Beklagte in Anknüpfung an die
vorausgegangenen Abrechnungsergebnisse in ihrem Bereich für die Quartale III/97 bis I/99 berechnet, dass die
Fallpunktzahlen bei hausärztli-chen Internisten 1.011,30 je Rentner und 527,70 für andere Versicherte ausma-chen,
wohingegen die entsprechenden Zahlen bei – ebenfalls hausärztlich tätigen – Allgemeinärzten 1.375,60 und 538,60
ausmachen (vgl. die Mitteilungen der Be-klagten im Niedersächsischen Ärzteblatt 3/2000, S. 64, an deren Richtigkeit
zu zweifeln der Senat keinen Anlass hat). Durch die Normierung des maßgeblichen Rechenweges sind die im Bereich
der Beklagten maßgebenden Fallpunktzahlen jedoch den Vertragspartnern des EBM zuzurechnen. Insbesondere
waren die Vertragspartner des EBM auf Grund der ihnen obliegenden Beobachtungs- und ggfs. Nachbesserungspflicht
gehalten zu überprüfen, ob die Heranziehung der jeweiligen regionalen Abrechnungsergebnisse in den Vorjahren bei
der Umset-zung der Berechnungsvorgaben der Anlage 3 zu den Allg. Bestimmungen des EBM für einzelne betroffene
Normadressaten zu unzumutbaren Auswirkungen geführt hat (vgl. allgemein zu solchen Pflichten: BSG, Urteil vom
29. Januar 1997 – 6 RKa 3/96 – SozR 3-2500 § 87 SGB V Nr. 15). In dem Zeitraum ab dem 2. Quartal 1998 hätten die
Normgeber des EBM erkennen müssen, dass sich im Bereich der Beklagten derart gravierende Nachteile bei der
Budgetbemessung für hausärztliche Internisten im Vergleich zu Allgemeinärzten ergaben.
Die Differenzen zwischen der Budgetbemessung bei hausärztlichen Internisten und bei Allgemeinmedizinern waren im
Bereich der Beklagten so erheblich, dass die Vertragspartner des EBM entsprechend der ihnen obliegenden Beobach-
tungs- und Reaktionspflicht zu einer Änderung bzw. Weiterentwicklung der Vor-gaben des EBM über die Berechnung
der KV-bezogenen Fallpunktzahlen für das Praxisbudget verpflichtet waren. Durch die erheblich abweichenden
Budgetbe-messungen bei hausärztlichen Internisten und Allgemeinärzten wurde der Zweck der Regelung teilweise
verfehlt (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 09. September 1998 – B 6 KA 55/97 R – E 83, 1, 5).
Beide Arztgruppen nehmen gemäß § 73 Abs. 1 a Ziffn. 1 und 3 SGB V an der hausärztlichen Versorgung teil und sind
dementsprechend gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 SGB V insbesondere für die allgemeine und fortgesetzte ärztliche
Betreu-ung eines Patienten in Diagnostik und Therapie bei Kenntnis seines häuslichen und familiären Umfeldes, für
die Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen, für die Dokumentation, insbesondere
Zusammenfüh-rung, Bewertung und Aufbewahrung der wesentlichen Behandlungsdaten, Befun-de und Berichte aus
der ambulanten und stationären Versorgung und für die Einleitung oder Durchführung präventiver und rehabilitativer
Maßnahmen sowie für die Integration nichtärztlicher Hilfen und flankierender Dienste in die Behand-lungsmaßnahmen
zuständig. Damit geht einher, dass beide Arztgruppen, worauf der Beigeladene zutreffend hinweist, die gleichen
Möglichkeiten zur Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen nach dem EBM zu Lasten der gesetzlichen Kran-
kenkassen haben. Bezeichnenderweise stimmen auch die Regelungen über die qualifikationsgebundenen
fallzahlabhängigen Zusatzbudgets in den Allg. Bestim-mungen A I Teil B Ziff. 4.1 des EBM für die Gruppen der
Allgemeinärzte und der hausärztlichen Internisten überein.
Ausgehend von gleichen Behandlungs- und Abrechnungsmöglichkeiten durften die Vertragspartner des EBM keine
erheblichen Unterschiede in der Budget-Bemessung zwischen Allgemeinärzten und hausärztlichen Internisten
hinnehmen, soweit diese nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt waren. Die Erheblichkeit der Abweichung liegt
bezogen auf die im Bereich der Beklagten vorzunehmende Budgetberechnung auf der Hand: Beispielsweise hat der
Kläger im Quartal III/1997 als budgetrelevante Fälle 289 Rentner und 338 übrige Versicherte be-handelt. Unter
Zugrundelegung der von der Beklagten zwischenzeitlich im Nie-dersächsischen Ärzteblatt 3/2000 S. 64 mitgeteilten
korrigierten Fallpunktzahlen stand ihm als hausärztlicher Internist (unter Einbeziehung der fallzahlbedingten
Budgetveränderungsrate von 1,0719) nach Maßgabe der von der Beklagten er-mittelten korrigierten Fallpunktzahlen (je
Rentner 1.011,3 und für übrige Versi-cherte 527,7) ein Praxisbudget von 504.466 Punkten zu. Wären statt dessen die
für Allgemeinmediziner maßgeblichen Werte (1.375,60 für Rentner und 538,60 für sonstige Versicherte) maßgeblich
gewesen, dann hätte sein Budget 621.268 Punkte ausgemacht. Im zweiten Quartal 1998 betrug das Budget des
Klägers unter Zugrundelegung der korrigierten Fallpunktzahlen für hausärztliche Internisten und unter
Berücksichtigung einer fallzahlbedingten Budgetverände-rungsrate von 1,1 bei 235 budgetrelevanten Fällen im Bereich
der Rentner und 271 budgetrelevanten Fällen im Bereich der übrigen Versicherten 418.728 Punkte; als
Allgemeinmediziner hätte er hingegen 516.149 Punkte als Praxisbudget beanspruchen können. Auch für die übrigen
hausärztlich tätigen Internisten hat die von der Gruppe der Allgemeinmediziner abweichende Berech-nung des
Praxisbudgets erhebliche Nachteile zur Folge, deren Ausmaß im Ein-zelnen von dem jeweiligen Anteil der Rentner
unter den Versicherten abhängt.
Diese erhebliche Benachteiligung der Gruppe der hausärztlich tätigen Internisten ist nicht durch sachliche Gründe
gerechtfertigt.
Durch die Einführung der Praxisbudgets und die damit verbundenen ergänzenden Maßnahmen der Honorarverteilung
sollte, wie bereits dargelegt, das insgesamt abgerechnete Punktzahlvolumen reduziert werden mit dem Ziel, dass
ungeachtet des globalen Budgets der Punktwert stabil bleiben bzw. wieder ansteigen würde. Auf diese Weise sollte
dem Vertragsarzt durch stabilisierte Punktwerte vor der Leistungserbringung eine ausreichende Kalkulation seiner
Praxiseinnahmen er-möglicht werden. Gleichzeitig sollte der Druck auf den einzelnen Arzt, zur Exis-tenzsicherung das
eigene Leistungsvolumen immer weiter zu vergrößern, been-det werden (vgl. BSG, Urteil vom 08. März 2000 a.a.O.).
Diese vernünftigen und wichtigen Erwägungen des Allgemeinwohls rechtfertigen sowohl nach der Recht-sprechung
des BSG (a.a.O.) als auch des erkennenden Senates (vgl. etwa Urteil vom 21. Februar 2001 – L 3/5 KA 71/99 -) die
grundsätzliche Einführung der Pra-xisbudgets; sie vermögen aber schon im Ansatz keine erheblich abweichende
Budgetberechnung bei Allgemeinärzten und hausärztlich tätigen Internisten zu rechtfertigen. Insbesondere würde die
Effektivität der mit der Einführung der Pra-xisbudgets verfolgten Ziele nicht einmal tangiert, wenn die Praxisbudgets
für die betroffenen beiden Arztgruppen der Allgemeinärzte und der hausärztlichen Inter-nisten nach denselben
Vorgaben berechnet (oder wenn jedenfalls durch entspre-chende Zusatzregelungen erhebliche Abweichungen – wie sie
im vorliegenden Zusammenhang festzustellen sind – vermieden) würden.
Auch sonst sind keine rechtfertigende Gründe ersichtlich. Namentlich lässt sich die abweichende erheblich
differierende Budgetberechnung nicht damit rechtfer-tigen, dass in der Vergangenheit hausärztliche Internisten im
Bereich der Be-klagten die ab Mitte 1997 budgetierten Leistungen im Durchschnitt in erheblich geringerem Umfang als
Allgemeinärzte abgerechnet haben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Unterschiede ein so großes Ausmaß wie bei
der Versicherten-gruppe der Rentner im Bereich der Beklagten erreichen. Unter Zugrundelegung der korrigierten
Fallpunktzahlen überschreitet die Fallpunktzahl der Allgemeinme-diziner die der hausärztlichen Internisten insoweit um
rund 36 % (wobei sich bei den übrigen Versicherten noch eine weitere – wenngleich geringfügige – Abwei-chung zu
Lasten der hausärztlichen Internisten von mehr als 2 % ergibt). Unter Zugrundelegung der bundesweit erzielten
Abrechnungsergebnisse ergibt sich demgegenüber eine weit geringere Benachteiligung der hausärztlichen Internis-ten:
Danach ist die Fallpunktzahl der Allgemeinärzte bei der Versichertengruppe der Rentner nur um 13,5 % höher, wobei
dieser Nachteil jedenfalls teilweise da-durch ausgeglichen wird, dass bei den anderen Versicherten die Fallpunktzahl
der hausärztlichen Internisten die der Allgemeinärzte spürbar, und zwar um knapp 12 %, übersteigt (vgl. die in den
Allg. Bestimmungen Teil B A I Ziff. 1.5 des EBM festgehaltenen Fallpunktzahlen). Schon dies macht deutlich, dass
die er-hebliche Benachteiligung der hausärztlichen Internisten im Bereich der Beklagten auf einem atypischen
regionalen Abrechnungsverhalten in der Vergangenheit beruht, für das jedenfalls hinsichtlich des Ausmaßes der
Differenzen keine plau-siblen Gründe erkennbar sind und auch von den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens nicht
aufgezeigt werden konnten. Bei gleichem gesetzlichen Leis-tungsauftrag (vgl. wiederum § 73 SGB V) spricht kein
sachlicher Grund dafür, dass frühere atypische Abrechnungsverhalten der hausärztlichen Internisten in Niedersachsen
vermittels der EBM-Bestimmungen über die Berechnung der KV-bezogenen Fallpunktzahlen für das Praxisbudget in
die Zukunft verbindlich fort-zuschreiben.
Ein sachlicher Grund für die Fortführung der Differenzierung ist umso weniger erkennbar, als auch unter dem
Gesichtspunkt der mit der Neuregelung des EBM bezweckten verhaltenssteuernden Wirkung kein sinnvolles Ergebnis
festzustellen ist. Dem EBM kommt auch eine Steuerungsfunktion zu (vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2001 – B 6 KA
20/00 R – SozR 3-2500 § 87 SGB V Nr. 29). Bezeichnen-derweise rechtfertigt das BSG (vgl. Urteil vom 08. März
2000 a.a.O.) gerade die Einführung der Praxisbudgets auch mit der Erwägung, dass der ökonomische Druck auf den
einzelnen Arzt, zur Existenzsicherung das eigene Leistungsvolu-men immer weiter auszudehnen, beendet werden
soll. Das Ziel der Aufhebung eines solchen ökonomischen Drucks bringt aber nichts anderes zum Ausdruck, als dass
sich die betroffenen Ärzte bei ihrem Leistungsverhalten auch an den Vorgaben des EBM orientieren sollen. Die
Einführung von Praxisbudgets legt den betroffenen Ärzten nahe, bei einer sich abzeichnenden Budgetüberschreitung
besonders kritisch die Notwendigkeit und Unaufschiebbarkeit budgetrelevanter ärztlicher Maßnahmen zu hinterfragen.
Jedes andere Verständnis würde an den ökonomischen Grundlagen der Ausübung des Arztberufes im Rahmen einer
wirt-schaftlich selbstständigen freien Berufstätigkeit vorbeigehen. Bei gleichem Leis-tungsauftrag (§ 73 SGB V) macht
es aber unter diesem Ansatz keinen Sinn, die mit der Überschreitung der Budgetgrenze einhergehende Appellfunktion
für All-gemeinärzte in erheblich anderer Höhe als für hausärztliche Internisten festzuset-zen. Es ist geradezu
sinnwidrig, hausärztliche Internisten bereits – bezogen auf die Versichertengruppe der Rentner – bei Überschreitung
einer durchschnittlichen Fallpunktzahl von 1.011,3 Punkten zur Zurückhaltung anzuhalten, bei Allgemein-medizinern
diese Grenze jedoch erst auf 1.375,6 Punkte festzusetzen. Nament-lich liegen keine Anhaltspunktspunkte dafür vor,
dass bei objektiver Betrachtung mit den unterschiedlichen Fallpunktzahlen auch ein entsprechend höherer Be-
handlungsbedarf der von Allgemeinärzten behandelten Rentner einhergeht, zu-mal, wie dargelegt, bei bundesweiter
Betrachtung sich nicht annähernd vergleich-bar hohe Differenzen feststellen lassen.
Auch unter Kostengesichtspunkten lässt sich die Differenzierung nicht rechtferti-gen. Vielmehr weisen nach Maßgabe
der Anlage 3 zu den Allgemeinen Bestim-mungen A I Teil B des EBM hausärztliche Internisten mit 60,1 % und
Allgemein-mediziner mit 59,3 % annähernd gleiche Kostensätze auf.
Letztlich wird mit den unterschiedlichen Fallpunktzahlen ein ökonomischer Druck auf die Gruppe der hausärztlichen
Internisten ausgeübt, vermehrt Leistungen zu erbringen, die von der Budgetierung nicht betroffen sind oder über
Zusatzbudgets gesondert honoriert werden. Auch unter diesem Gesichtspunkt lässt sich die un-terschiedliche
Budgetberechnung jedoch nicht rechtfertigen, sie widerspricht vielmehr dem Grundsatz der Berufsfreiheit aus Art. 12
Abs. 1 GG. Gerade vor dem Hintergrund des einheitlichen gesetzlichen Leistungsauftrages aus § 73 SGB V
gewährleistet dieses Grundrecht jedem betroffenen Arzt sowohl aus der Gruppe der Allgemeinärzte als auch aus der
Gruppe der hausärztlichen Internis-ten das Recht, nach eigener Wahl und auch unter Berücksichtigung der damit
verbundenen ökonomischen Chancen den Schwerpunkt der hausärztlichen Pra-xistätigkeit zu wählen. Ebenso wie
hausärztliche Internisten sich auf klassische hausärztliche Tätigkeiten – etwa die Durchführung von Hausbesuchen –
konzent-rieren dürfen, haben Allgemeinärzte das Recht, ihre Praxis zunehmend auf die Erbringung nichtbudgetierter
Leistungen auszurichten. Solange das ärztliche Be-rufsrecht und (an sachliche Gesichtspunkte anknüpfende)
Abrechnungsregelun-gen diese Freiheiten nicht einschränken, ist es auch den Vertragspartnern des EBM verwehrt,
durch an historische Abrechnungsunterschiede anknüpfende Budgetberechnungsregelungen die Wettbewerbsfreiheit
der hausärztlichen Inter-nisten unter diesem Gesichtspunkt einzuengen.
Die fehlende Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung der Allgemein-ärzte und der hausärztlichen
Internisten lässt sich auch nicht aus der Notwendig-keit einer typisierenden Regelung gewinnen. Allerdings muss der
Gesetzgeber bei der Ordnung von Massenerscheinungen nicht um die Gleichbehandlung aller denkbaren Einzelfälle
besorgt sein. Er ist vielmehr berechtigt, von einem Ge-samtbild auszugehen, das sich aus den ihm vorliegenden
Erfahrungen ergibt. Auf dieser Grundlage darf er generalisierende, typisierende und pauschalierende Re-gelungen
verwenden, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbun-denen Härten gegen den allgemeinen
Gleichheitssatz zu verstoßen. Die Typisie-rung setzt allerdings voraus, dass die durch sie eintretenden Härten und
Unge-rechtigkeiten nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den
Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist. Wesentlich ist fer-ner, ob die Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar
wären; hierfür sind auch praktische Erfordernisse der Verwaltung von Gewicht (vgl. ebenfalls BVerfG, Be-schluss vom
08. Oktober 1991 a.a.O. S. 359 f.).
Im vorliegenden Zusammenhang könnte der Normgeber den aufgezeigten Gleichheitsverstoß jedoch bereits dadurch
vermeiden, dass er einheitliche Vorga-ben für die Berechnung des Praxisbudgets für die Arztgruppen der Allgemein-
ärzte und der hausärztlichen Internisten normiert. Die sich für die hausärztlichen Internisten ergebenden Härten wären
mithin mit nur geringen Schwierigkeiten vermeidbar. Überdies ist der Verstoß gegen den Gleichheitssatz als intensiv
zu bewerten, auch macht die Zahl der hausärztlichen Internisten nicht nur eine ver-hältnismäßig kleine Zahl von
Personen in der Gesamtgruppe der Ärzte aus.
Da bereits die bundesweit geltenden Vorgaben des EBM als solche dem Gleich-behandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1
GG entsprechen müssen, kommt es nicht darauf an, inwieweit die Bestimmungen der Honorarverteilungsmaßstäbe
einzel-ner Kassenärztlicher Vereinigungen zu einem Punktwertvorteil für hausärztliche Internisten im Vergleich zu
Allgemeinmedizinern führen mögen. Erst recht ist es unerheblich, ob die – von vielen Faktoren abhängigen –
individuellen Honorarein-nahmen des Klägers hinter den durchschnittlichen Honoraren eines Allgemein-mediziners
zurückgeblieben sind.
Nicht relevant ist im vorliegenden Zusammenhang auch die Möglichkeit, nach Ziffer 4.3 der Allgemeinen
Bestimmungen A I Teil B des EBM eine Erweiterung des Praxisbudgets zu beantragen. Eine solche Erweiterung
kommt nur aus-nahmsweise zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs in Be-tracht; unter dieser
Voraussetzung können Ärzte aller Fachgruppen eine solche Erweiterung beantragen.
Für den vorliegenden Fall folgt damit, dass die den Honorarbescheiden zu Grun-de liegenden Bestimmungen des EBM
über die Berechnung der KV-bezogenen Fallpunktzahlen für das Praxisbudget mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar sind,
so-weit sie auch im Zeitraum ab dem 2. Quartal 1998 zu einer erheblichen Benach-teiligung der Fachgruppe der
hausärztlichen Internisten im Vergleich zu der Gruppe der Allgemeinärzte in Niedersachsen geführt haben.
Dementsprechend ist dem Normgeber, d.h. dem Bewertungsausschuss, Gelegenheit zu einer grundgesetzkonformen
Neuregelung zu geben. Die nach der Neuregelung erfor-derliche Neubescheidung ist dann von der Beklagten
vorzunehmen (vgl. zu die-sen Rechtsfolgen: BSG, Urteil vom 20. Januar 1999, a.a.O.). Dabei steht es unter
Berücksichtigung der vom BSG im Urteil vom 20. Januar 1999 (a.a.O.) aufge-zeigten Grenzen im Ermessen des
Normgebers, auf welche Weise er den aufge-zeigten Gleichheitsverstoß beseitigen will.
2. Hingegen vermag der Kläger mit seinem Begehren für die Quartale III/1997 bis I/1998 nicht durchzudringen. Bei der
Neuregelung komplexer Materien steht dem Normgeber auch unter dem Gesichtspunkt der Anfangs- und
Erprobungsregelun-gen ein Gestaltungsspielraum zu, weil sich häufig bei Erlass der maßgeblichen Vorschriften deren
Auswirkungen nicht in allen Einzelheiten übersehen lassen und deshalb auch gröbere Typisierungen und geringere
Differenzierungen zu-nächst hingenommen werden müssen (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 1997 - 6 RKa 3/96 –
SozR 3-2500 § 87 SGB V Nr. 15). Die Einführung von Praxisbud-gets mit Wirkung zum 01. Juli 1997 stellte sich als
eine solche Neuregelung kom-plexer Materien dar. Gerade unter Einbeziehung der für den Regelfall vorgesehe-nen
regionalen Ermittlung der maßgeblichen Fallpunktzahlen (vgl. Anlage 3 zu den Allg. Bestimmungen) waren die
konkreten Auswirkungen der bundesrechtli-chen Vorgaben für die Vertragspartner im Bewertungsausschuss nicht im
Einzel-nen abzusehen. Insbesondere war nach den dem Bewertungsausschuss vorlie-genden bundesweiten
Ermittlungen der Fallpunktzahlen (vgl. Ziff. 1.5 der Allg. Bestimmungen A I Teil B des EBM) die von dem Kläger im
Ergebnis zu Recht beanstandete erhebliche Diskriminierung der hausärztlichen Internisten in Nie-dersachsen nicht
abzusehen. Bei dieser Sachlage durfte der Kläger nicht erwar-ten, dass der EBM von vornherein Sonderregelungen
vorsah, die derartige er-hebliche Benachteiligungen der hausärztlichen Internisten in den betroffenen Ge-bieten
vermieden.
Allerdings korrespondierte dieser relativ weiten Gestaltungsfreiheit des Verord-nungsgebers bei Erlass der
Neuregelung eine Beobachtungs- und ggfs. Nach-besserungspflicht (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 1997 a.a.O.), bei
deren Be-achtung der Normgeber alsbald, wie dargelegt, zu einer Korrektur zu Gunsten der hausärztlichen Internisten
in Niedersachsen verpflichtet gewesen wäre. Dabei geht der Senat davon aus, dass für diese Beobachtung und die
sich auf Grund ihrer ergebende Notwendigkeit einer Nachbesserung ein Zeitraum von drei Quartalen notwendig, aber
auch ausreichend war (vgl. BSG, Urteil vom 09. September 1998 a.a.O.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs. 2 Ziff. 1 SGG zugelassen.