Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 13.02.2014

LSG Niedersachsen: feststellungsklage, veranlagung, inhaber, akte, niedersachsen, datenschutz, vervielfältigung, verwaltungsakt, genehmigung, rechtssicherheit

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Angelegenheiten nach dem SGB II
SG Lüneburg 37. Kammer, Gerichtsbescheid vom 13.02.2014, S 37 AS 265/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten (nur noch) über den Berechnungsmodus der dem
Kläger gewährten Leistungen.
Der im Jahr 1959 geborene Kläger steht seit mehreren Jahren im
Leistungsbezug des Beklagten. Daneben ist er als selbständiger Unternehmer
in drei Bereichen tätig:
1.) Als Inhaber eines Garten- und Landschaftsbaubetriebs (= „D.“),
2.) als Inhaber eines Handelsgeschäfts für gebrauchte Allradfahrzeuge,
3.) als Gesellschafter der E..
Mit dem Bescheid vom 17.01.2012 gewährte ihm der Beklagte für die Zeit vom
01.02.2012 – 31.07.2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nach dem 2. Buch Sozialgesetzbuch (= SGB II). Die Gewährung erfolgte
vorläufig, da das Einkommen aus den selbständigen Tätigkeiten noch ermittelt
werden musste. Mit dem Schreiben vom 31.07.2012 übersandte der Kläger die
Nachberechnungen des Einkommens sowie die entsprechenden Belege und
wies darauf hin, dass er – entsprechend der vom Finanzamt und der
Berufsgenossenschaft praktizierten Verfahrensweise – den Kfz-Handel mit
dem Garten- und Landschaftsbaubetrieb zusammengefasst habe (Bl. 1072 der
Akte des Beklagten <= VA>). Der Beklagte ermittelte daraufhin für den
Bewilligungszeitraum letztendlich ein laufendes Einkommen aus allen
Selbständigkeiten i. H. v. 7,25 €/Monat. Abzüglich der Freibeträge gem. §§ 11
und 30 SGB II ergab sich somit kein anrechenbarer Gewinn (vgl. Bl. 1063 ff.
VA). Im Vermerk vom 02.01.2013 finden sich allerdings folgende
Ausführungen:
Entgegen der Auffassung des Klägers sind die beiden Selbständigkeiten
getrennt voneinander zu betrachten. D. ist primärer Sektor und
Fahrzeughandel der sekundäre Sektor. Außerdem können Gewinne aus der
einen Tätigkeit nicht dafür hergenommen werden, Verluste in einem von
vorneherein defizitärem und wohl aussichtslosen Geschäftsfeld zu deckeln (Bl.
1051 VA).
Mit dem Änderungsbescheid vom 09.01.2013 stellte der Beklagte die
Leistungen endgültig fest und gewährte für den o. g. Zeitraum eine monatliche
Regelleistung i. H. v. insgesamt 374,00 €. Die Differenz zu den vorläufig
gezahlten Leistungen i. H. v. 63,40 €/Monat wurde dem Kläger nachgezahlt.
Hiergegen erhob der Kläger am 15.01.2013 Widerspruch, womit er sich
ausschließlich gegen die getrennte Veranlagung der Erwerbszweige „Garten-
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und Landschaftsbau und Autohandel“ wandte. Zwischen beiden
Gewerbeteilen würde ein innerer Zusammenhang bestehen. Der Widerspruch
wurde mit dem Widerspruchsbescheid vom 13.02.2013 zurückgewiesen. Zur
Begründung wurde ausgeführt, dass der Widerspruch unzulässig sei, da dem
Kläger im Bewilligungszeitraum die Leistungen ohne Anrechnung von
Einkommen bewilligt worden seien und er daher nicht beschwert sei.
Hiergegen hat der Kläger am 19.02.2013 beim Sozialgericht (= SG) Lüneburg
Klage erhoben. Er hat hervorgehoben, dass sich die Klage nicht gegen den
finanziellen und wirtschaftlichen Aspekt des Bescheids, sondern einzig gegen
die getrennte Veranlagung der Erwerbszweige „Garten- und Landschaftsbau
und Autohandel“ richten würde. Er würde für seine weiteren Planungen
Rechtssicherheit benötigen. Hierfür sei erforderlich zu klären, ob die Gewinne
und Verluste aus den jeweiligen Erwerbszweigen gegenseitig verrechnet
werden können.
In der Folgezeit hat der Kläger die Klage um weitere Streitgegenstände
erweitert. Das Klageverfahren wurde jedoch inzwischen insoweit beendet
(Klagerücknahmeerklärungen vom 07.11.2013 und vom 03.12.2013, Bl. 82, 93
SG-Akte).
Am 07.11.2013 wurde außerdem ein Erörterungstermin durchgeführt. Dabei
wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass die Klage als kombinierte
Anfechtungs- und Verpflichtungsklage unzulässig sein dürfte, da ihm die vollen
Beträge gewährt worden seien. Auch eine Feststellungsklage dürfte nicht zum
Zuge kommen, da eine sog. Elementenfeststellungsklage unzulässig sei. Der
Kläger hält demgegenüber die Feststellungsklage für zulässig.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
festzustellen, dass die getrennte Veranlagung seiner selbständigen
Erwerbszweige unzulässig ist und für die Ermittlung des
anzurechnenden Einkommens eine einheitliche Gewinn- und
Verlustrechnung aller seiner selbständigen Erwerbszweige zu erfolgen
hat.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf die Prozessakte und die den Kläger betreffende
Leistungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unzulässig. Soweit sich der Kläger (anfänglich) im Wege der
kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gegen den Bescheid vom
09.01.2013 und den Widerspruchsbescheid vom 13.02.2013 gewandt hat,
fehlt es an der Beschwer. Beschwert wäre der Kläger nur, wenn er behaupten
kann, durch einen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein (§ 54
Abs. 1 S, 2 SGG). Die beantragten Leistungen wurden jedoch in voller Höhe
gewährt. In dem angefochtenen Bescheid wurde außerdem kein
Berechnungsmodus festgelegt. Der Verfügungssatz des Bescheids bezieht
sich ausdrücklich nur auf die Leistungsgewährung. Ein – wie der Kläger meint
– immaterieller Teil, der sich auf die Art und Weise der
Einkommensberechnung bezieht, ist daher in dem Bescheid nicht enthalten.
Auch als Feststellungsklage ist die Klage nicht zulässig. In Betracht kommt hier
nur eine Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Danach kann mit der
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Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines
Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes
Interesse an der baldigen Feststellung hat. Der Antrag des Klägers ist jedoch
nicht auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines
Rechtsverhältnisses, sondern gegen die Rechtsansicht des Beklagten
gerichtet. Nach allgemeiner Auffassung ist die Feststellungsklage jedoch nicht
zulässig, um Antworten auf Rechtsfragen – insbesondere
Berechnungselemente von Leistungen – durch gerichtliche Verfahren
herbeizuführen (BSG, Urt. v. 29.01.2003 – B 11 AL 47/02 R, Rz. 21). Die Klage
ist daher als sog. Elementenfeststellungsklage unzulässig (vgl. Keller in Meyer-
Ladewig, Kommentar zum SGG, 10. Aufl. 2012, § 55 Rz. 9, m. w. N.).
Die Entscheidung konnte im Wege des Gerichtsbescheids ergehen, da der
Sachverhalt – soweit er für die Entscheidung bedeutsam ist – geklärt ist, die
Sache keine in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht besonderen
Schwierigkeiten aufweist und die Beteiligten hierzu gehört wurden
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.