Urteil des LSG Hessen vom 02.04.2017

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Hessisches Landessozialgericht
Urteil vom 02.12.1970 (rechtskräftig)
Sozialgericht Frankfurt
Hessisches Landessozialgericht L 5 V 956/67
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/M. vom 3. August 1967 wird
zurückgewiesen, soweit die Erstattungsforderung von 560,– DM betroffen ist.
Insoweit haben die Beteiligten keine Kosten zu erstatten.
Dagegen wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/M. vom 3. August 1967
aufgehoben, soweit die Ersatzforderung von 4.356,50 DM betroffen ist.
Der Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit wird für unzulässig erklärt. Auf den Antrag der Beteiligten
wird der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht F. verwiesen.
Tatbestand:
Der Kläger hatte Frau M. Z. (künftighin Z. genannt), wohnhaft in F., K. Straße , mit Bescheid der
Landesversicherungsanstalt Hessen vom 20. Dezember 1950 nach dem KB-Leistungsgesetz (KBLG) und mit
Bescheid vom 18. Januar 1952 des Versorgungsamtes F. nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen
Verschollenheit ihres Ehemannes A. Z. Versorgungsbezüge gewährt, nachdem sie im Antrag angegeben hatte, er sei
im März 1945 von den Russen in D-O verschleppt worden.
Die Beklagte machte daraufhin am 8. August 1950 einen Ersatzanspruch hinsichtlich der Nachzahlung für die
Versorgungsbezüge geltend, nachdem sie ab 1. April 1949 an Z. Unterhaltsbeihilfe von monatlich 70,– DM geleistet
hatte. Sie erhielt daraufhin von dem Kläger 560,– DM ausgezahlt.
Im Jahre 1958 erhielt der Kläger davon Kenntnis, daß A. Z. ab 1946 in W. gewohnt habe und am 31. März 1956 dort
verstorben sei. Der Kläger stellte hiernach mit Bescheid vom 26. Februar 1962 die Zahlung der
Verschollenheitsbezüge ein und forderte mit Bescheid vom 26. September 1963 die ab 1. April 1958 bis 31. August
1959 gezahlte Witwenrente von 1.955,– DM von Z. zurück, da sie ab März 1958 gewußt habe, daß ihr Ehemann A. Z.
nicht verschollen sei.
Mit Schreiben vom 29. Oktober 1963 meldete der Kläger bei der Beklagten gemäß § 81 b BVG den Ersatzanspruch
von insgesamt 10.918,– DM an, da an Z. für die Zeit vom 1. Juni 1950 bis 31. August 1959 die Witwenrente nach dem
BVG zu Unrecht gezahlt worden sei.
Die Beklagte teilte hiernach am 13. November 1963 mit, Z. habe nur in der Zeit vom 1. April 1949 bis 31. Mai 1950
eine Unterhaltsbeihilfe nach dem Soforthilfegesetz (SHG) bezogen. Erst am 26. September 1962 habe sie einen
Antrag auf Kriegsschadensrente nach dem Lastenausgleichsgesetz (LAG) eingereicht und daraufhin gemäß § 287
Abs. 1 LAG ab 1. Oktober 1962 eine Unterhaltshilfe erhalten. Eine frühere Gewährung der Kriegsschadensrente nach
dem LAG sei mangels Antragstellung nicht möglich.
Mit weiteren Schreiben vom 10. Dezember 1963, 23. April 1964, 7. August 1964 und 18. November 1965 lehnte die
Beklagte die Erstattung des Betrages von 560,– DM und die Neuberechnung der seit 1. Juni 1950 eingestellten
Unterhaltshilfe ab, woraufhin der Kläger den Betrag von 4.916,50 DM im Klageweg vor dem Sozialgericht Frankfurt/M.
gefordert hat.
Er hat ausgeführt, das Sozialgericht sei gemäß § 51 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zuständig. Gegen die
Beklagte habe er einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch. Dieser bestehe auch, obwohl für die Zeit vom 1.
Juni 1950 bis 31. März 1958 für Z. keine Rückzahlungsverpflichtung gegeben sei; denn es stehe fest, daß er an Stelle
der Beklagten Leistungen an Z. abgeführt habe. Die Versorgungsverwaltung habe damit irrtümlich diese Beträge
gezahlt.
Hiergegen hat die Beklagte ausgeführt, für die Klage sei das Verwaltungsgericht und nicht das Sozialgericht
zuständig, was sich aus § 315 LAG ergebe. Passiv legitimiert sei die Stadt Frankfurt/M. und nicht die Bundesrepublik.
Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch stehe dem Kläger nicht zu, da dieser eine Unmittelbarkeit zwischen
dem Vermögensnachteil bei dem Kläger und einem Vermögensvorteil des Ausgleichsfonds erfordere. Die
Vermögensverschiebung sei jedoch nicht zwischen beiden öffentlichen Etats unmittelbar erfolgt. Der Anspruch könne
auch nicht auf § 81 b BVG gestützt werden, weil er nicht in das Lastenausgleichsrecht eingreifen könne. Außerdem
sei die Ausgleichsleistung der Versorgungsleistung gegenüber subsidär. Der Anspruch auf Rückzahlung der 560,– DM
sei verwirkt.
Mit Urteil vom 3. August 1967 hat das Sozialgericht Frankfurt/M. die Beklagte verurteilt, an den Kläger 4.916,50 DM
nebst 4 % Zinsen seit Klageerhebung zu zahlen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die Zulässigkeit
des Rechtswegs vor den Sozialgerichten sei § 51 Abs. 1 SGG zu entnehmen. Darunter fielen auch
Erstattungsstreitigkeiten im Wege der Leistungsklage. Eine Rubrumsänderung bezüglich der Passiv-Legitimation habe
es nicht bedurft, da eine ausdrückliche Vertretungsregelung aus § 305 LAG nicht abgeleitet werden könne. Die Klage
für den geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch sei begründet, der seit dem 1. Juni 1960 durch
§ 81 b BVG für das Gebiet des Versorgungsrechts gesetzlich normiert sei. Denn die Beklagte hätte an Stelle des
Klägers Leistungen nach dem SHG und LAG erbringen müssen. Die Versorgungsverwaltung sei nämlich nicht
berechtigt gewesen, an Z. Versorgungsbezüge zu gewähren, sondern an ihrer Stelle wäre das Ausgleichsamt der
Stadt Frankfurt/M. zur Leistung verpflichtet gewesen. Wäre die Witwenrente von der Versorgungsverwaltung nicht
bewilligt worden, so hätte Z. seit 1950 ununterbrochen Unterhaltsbeihilfe bezogen, was bereits ab 1. April 1949 der
Fall gewesen sei.
Gegen das an die Beklagte am 7. August 1967 mittels eingeschriebenen Briefes abgesandte Urteil ist die Berufung
am 23. August 1967 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangen.
Zur Begründung rügt sie, daß die Bundesrepublik Deutschland nicht passiv legitimiert sei. Die kommunalen
Ausgleichsämter nähmen vielmehr ihre Aufgaben in eigener Zuständigkeit wahr. Sollte der Kläger die Änderung des
Klagerubrums beantragen, werde kein Gegenantrag gestellt. Zu Unrecht sei vom Sozialgericht der Sozialgerichtsweg
für die Erstattungs- und Ersatzforderung bejaht worden. Auch hinsichtlich des Erstattungsanspruchs von 560,– DM
sei das Bundesausgleichsamt weiterhin der Auffassung, daß auch insoweit der Rechtsweg zu den allgemeinen
Verwaltungsgerichten gegeben sei, was auf jeden Fall für den Ersatzanspruch gelte. Es handele sich nicht um eine
Angelegenheit der Kriegsopferversorgung, sondern um eine ausschließlich nach dem LAG zu beurteilende
Ausgleichsleistung. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch sei deshalb nicht gegeben, weil der Kläger die
Verschollenheitsrente bis Ende August 1959 zu Recht erbracht habe. Die Grundlagen für die Gewährung der Rente
seien erst dann mit Wirkung ex nunc weggefallen, nachdem der Kläger davon Kenntnis erhalten hätte, daß A. Z. am
23. März 1956 verstorben gewesen sei. Die Witwenrente sei somit zu Recht gewährt worden, wenn der Ehemann
gemäß § 52 BVG verschollen gewesen sei und sein Ableben mit höchster Wahrscheinlichkeit angenommen werden
könnte. Die Rechtmäßigkeit dieser Leistung werde durch das spätere Wiederauftauchen des Ehemannes nicht
berührt.
Die Beklagte beantragt das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Main vom 3. August 1967 aufzuheben und die
Streitsache an das zuständige Verwaltungsgericht zu verweisen, hilfsweise, hinsichtlich des Erstattungsanspruchs
von 560,– DM das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Main aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, an ihn 560,– DM zu
zahlen und wegen des Ersatzanspruchs von 4.356,50 DM das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Main aufzuheben
und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht F. zu verweisen.
Er führt aus, der von ihm geltend gemachte Anspruch richte sich nicht gegen die Bundesrepublik Deutschland,
sondern die Trägerkörperschaft eines Ausgleichsamtes, so daß die Stadt Frankfurt/M., vertreten durch den Magistrat
– Ausgleichsamt – der richtige Beklagte sei. Der Anspruch auf Zahlung von 560,– DM sei ein öffentlich-rechtlicher
Erstattungsanspruch für den 4 % Zinsen nicht mehr geltend gemacht würden. Für diesen Anspruch sei der
Sozialrechtsweg gemäß § 51 Abs. 1 SGG gegeben, da er die Kehrseite des Anspruchs auf die gewährte
Versorgungsleistung sei. Es werde nämlich damit die Rückgewähr einer Leistung aus der Kriegsopferversorgung
(KOV) verlangt. Da bei Z. die Voraussetzungen für die Gewährung von Versorgungsbezügen tatsächlich nicht
vorgelegen und somit auch kein Nachzahlungsanspruch bestanden habe, wären die aus der Nachzahlung an die
Beklagte überwiesenen 560,– DM zu Unrecht geleistet. Bei dem Anspruch auf Zahlung von 4.356,50 DM handele es
sich dagegen um einen Ersatzanspruch, für den der allgemeine Verwaltungsrechtsweg gegeben sei.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Versorgungsakten mit der Grundlisten-Nr. und die Akte des Ausgleichsamtes der Stadt Frankfurt/M. Az.: haben
vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakte beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 SGG frist- und formgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat gemäß § 124 SGG im
Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig, da
Ausschlussgründe nicht entgegenstehen (§§ 143, 149 SGG).
Was zunächst das Rubrum des angefochtenen Urteils betrifft, so hat das Sozialgericht als Beklagte fälschlicherweise
die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Lastenausgleichsamt der Stadt Frankfurt/Main, bezeichnet. Der
Kläger hatte jedoch den Erstattungsanspruch und Ersatzanspruch gegen die für die Ansprüche zuständige Behörde –
den Lastenausgleichsfond – (§ 70 Abs. 1 Nr. 3 SGG) geltend machen müssen, nämlich die Stadt Frankfurt/M.,
gesetzlich vertreten durch den Magistrat – Ausgleichsamt –, was mit den Schriftsätzen vom 2. März und 12.
November 1967 auch geschehen ist. Damit war das Rubrum entsprechend der von dem Kläger vorgenommenen
Klageänderung, die die Beklagte gebilligt hat, zu ändern (§ 99 SGG).
Die Berufung ist unbegründet, soweit die Erstattungsforderung von 560,– DM betroffen ist.
Die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Sozialgerichten ist für diese Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) gegeben,
die dann stattfindet, wenn der öffentliche Rechtsträger seinen Anspruch nicht durch einen Verwaltungsakt geltend
machen kann, weil der Anspruchsgegner nicht seiner Hoheitsgewalt unterworfen ist. Das ist von dem Sozialgericht
hinsichtlich dieses Anspruches zu Recht bejaht worden, dessen Zulässigkeit sich aus § 51 Abs. 1 SGG ergibt. Nach
dieser Bestimmung entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in
Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung (KOV). Der Begriff "Angelegenheit der KOV” ist im Gesetz nicht näher
erläutert. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 2, 23) sind darunter jedenfalls solche
Angelegenheiten zu verstehen, die im BVG oder in älteren KOV-Gesetzen ihre Grundlage haben. Um eine solche
Angelegenheit handelt es sich vorliegend. Der Kläger verlangt nämlich Rückgewähr einer Leistung aus der KOV,
nämlich der, die die Landesversicherungsanstalt Hessen auf Grund des Bescheides vom 20. Dezember 1950 nach
dem KBLG und das Versorgungsamt Frankfurt/M. mit dem Bescheid vom 18. Januar 1952 nach dem BVG an Z. in
Form der Verschollenheitsrente erbracht hatte, wobei der Umstand, daß die Leistungen nicht an die
Leistungsempfängerin, sondern infolge des Forderungsübergangs an die Beklagte abgeführt worden sind (§ 290 Abs. 3
LSG), die Zulässigkeit des Sozialrechtsweges nicht beeinflußt (vgl. BSG 13, 94 ff). Der Forderungsübergang läßt
nämlich die versorgungsrechtliche Natur der Forderung als Leistung unberührt (Breith. 70, 334), denn der Anspruch auf
Rückgewähr einer solchen Leistung ist lediglich die Kehrseite des Anspruchs auf die gewährte Versorgungsleistung
(BSG 3, 57; 6, 197; 10, 206; 16, 151; Urt. v. 20.5.1970 Az.: 8 – RV 689/68) und deshalb rechtlich wie dieser zu
beurteilen (BSG Urt. v. 8.9.1970 Az.: 9 RV 488/67).
Die Rechtsgrundlage für das Leistungsbegehren des Klägers ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch als ein
allgemein anerkanntes Rechtsinstitut (vgl. BSG 16, 151 mit weiteren Hinweisen). Im öffentlichen Recht gilt ohne
ausdrückliche Normierung allgemein der Grundsatz, daß Leistungen, die eines rechtlichen Grundes entbehren, zu
erstatten sind, wobei Gläubiger derjenige ist, der sie geleistet hat, was für den Kläger zutrifft, der als nicht
verpflichteter Rechtsträger des öffentlichen Rechts an Stelle des Verpflichteten – nämlich der Beklagten – einem
vermeintlich berechtigten Dritten geleistet hat. Die Landesversicherungsanstalt Hessen und später das
Versorgungsamt Frankfurt/M. waren nämlich wegen des als vermißt geltenden Ehemannes der irrigen Meinung, daß
Z. einen Anspruch gemäß § 52 BVG auf die Verschollenheitsrente hat. Sie haben daher bei der Auszahlung der Rente
wegen der von der Beklagten für die Zeit vom 1. April 1949 bis 31. Mai 1950 gewährten Unterhaltshilfe nach dem BHG
560,– DM zum Zwecke der Erstattung überwiesen, obwohl ein Anspruch auf Verschollenheitsrente niemals bestanden
hat. Damit sind die auf Grund des vermeintlichen Versorgungsanspruchs der Z. gewährten Leistungen zu Unrecht,
nämlich aufgrund des vermeintlichen Anspruchs der Z. an die Beklagte gezahlt worden, was bedingt, daß diese
nunmehr aufgrund des Wegfalls der Leistungspflicht des Klägers zur Rückerstattung verpflichtet ist. Das Erfordernis
der Unmittelbarkeit ist damit gewahrt. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob damit der Rentenbewilligungsbescheid
als von Anfang an als unrichtig zurückgenommen worden ist, da der Bescheid vom 26. Februar 1962 nur
Bindungswirkung zwischen den Beteiligten erzeugt hat, das sind der Kläger und Z., nicht jedoch die Beklagte (§ 77
SGG, § 24 VerwVG). Insofern ist es auch für den Erstattungsanspruch, der vorliegend deshalb gegeben ist, weil der
Kläger der Beklagten eine Geldleistung erbracht hat, für die kein Rechtsgrund mehr besteht, ohne Bedeutung, daß im
Hinblick auf § 47 VerwVG diese für die Zeit vom 1. April 1949 bis 31. Mai 1950 gezahlten 560,– DM nicht von Z.
zurückgefordert werden können. Denn der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist nicht von einem
Rückforderungsanspruch der Versorgungsverwaltung gegen den Versorgungsberechtigten abhängig (Zentralbl. f. Soz.
Versicherung 1969, 86; BSG Urt. v. 20.5.1970 Az.: – 8 RV 589/68).
Der Einwand der Beklagten, daß der Erstattungsanspruch verwirkt sei, ist nicht zutreffend. Denn die Geltendmachung
dieses Anspruches stellt keine Treu und Glauben widersprechende unzulässige Rechtsausübung und damit auch
keinen Rechtsmißbrauch dar. Bei der Verwirkung handelt es sich um Fälle, die auf Tatbestand und Rechtsfolge einer
illoyalen Verspätung der Rechtsausübung beruhen, was bedeutet, daß der bloße Zeitablauf den Rechtsverlust durch
Verwirkung allein nicht herbeiführen kann, sondern vielmehr weitere Umstände hinzutreten müssen, welche die späte
Geltendmachung des Rechts mit der Wahrung von Treu und Glauben nicht als vereinbar und dem Rechtspartner
gegenüber wegen des illoyalen Verhaltens des Berechtigten nicht mehr als zumutbar erscheinen lassen. Neben der
Untätigkeit des Berechtigten ist zur Annahme einer Verwirkung daher weiterhin erforderlich, daß die andere Seite aus
dieser Untätigkeit geschlossen haben muß, der Berechtigte werde von seinem Recht keinen Gebrauch mehr machen,
und daß sie sich im Vertrauen hierauf in ihren Vorkehrungen und Maßnahmen entsprechend eingerichtet hat. Bei
Anwendung dieser Grundsätze erweist sich der geltend gemachte Erstattungsanspruch des Klägers von 560,– DM als
nicht verwirkt, denn die Zeitspanne, die zwischen der Kenntnisnahme von dem 1956 eingetretenen Tod des A. Z.
liegt, nämlich das Jahr 1958 und der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs am 29. Oktober 1963 ist nicht als
ungewöhnlich lang zu bezeichnen, noch dazu der Kläger umfangreiche Ermittlungen anstellen mußte, ehe er gegen Z.
den Bescheid vom 26. September 1963 gemäß § 47 VerwVG erlassen konnte. Das Untätigsein der
Versorgungsverwaltung gegenüber der Beklagten beruht somit auf Gründen, die dieses Verhalten rechtfertigen, wobei
sie durch Vorlage des Bescheides vom 26. Februar 1962 durch Z. am 3. Oktober 1962 bereits davon Kenntnis erhielt,
daß A. Z. am 31. März 1956 verstorben war und Z. die gewährte Verschollenheitsrente mit Ende August 1959
entzogen worden ist. Die Beklagte konnte nach Auffassung des Senats aus dem Gesamtverhalten des Klägers nicht
den Schluß herleiten, daß dieser von dem Recht der Rückforderung keinen Gebrauch mehr machen würde. Dafür hat
die Beklagte auch nichts vorgetragen, auch nicht dafür, daß ihr dadurch ein unbilliger zusätzlicher Nachteil zugefügt
worden sei.
Die Berufung der Beklagten war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 4 SGG, weil die beteiligten Behörden bzw. Körperschaften des
öffentlichen Rechts sind.
Die Berufung ist dagegen begründet, als das angefochtene Urteil, soweit es den Ersatzanspruch von 4.356,50 DM
betrifft, wegen der Unzulässigkeit des Rechtsweges aufzuheben war.
Nach § 51 Abs. 1 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in
Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Arbeitslosenversicherung und der übrigen Aufgaben der Bundesanstalt
für Arbeit sowie der Kriegsopferversorgung mit Ausnahme der Maßnahmen auf dem Gebiet der sozialen Fürsorge
nach § 25 bis 27 BVG. Die vorliegende öffentlich-rechtliche Streitigkeit, der der Ersatzanspruch des Klägers zugrunde
liegt, der sich aus den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts über den internen Leistungsausgleich
zwischen öffentlich-rechtlichen Leistungsträgern herleiten läßt oder seine Rechtsgrundlage in § 81 b BVG i.d.F. des 1.
Neuordnungsgesetzes (NOG) findet, betrifft jedoch keine solche "in Angelegenheiten der KOV” im Sinne des § 51
Abs. 1 SGG. Es handelt sich vielmehr um den von der Versorgungsbehörde gegenüber dem Ausgleichsamt geltend
gemachten Anspruch auf Erstattung von Leistungen der KOV aus Mitteln des Ausgleichsamtes, der sich allein aus
dem Lastenausgleichsrecht herleitet (vgl. BSG-Urt. v. 30.10.1969 Az.: 8 RV 229/68; Urt. v. 8.10.1969 Az.: 9 RV
430/67). Der Kläger fordert nämlich nicht von der Beklagten die an Z. gezahlte Hinterbliebenenrente zurück, sondern
er will auf der Grundlage des Ersatzanspruchs zum Ausgleich der gewährten Leistungen diejenigen Beträge erhalten,
die seiner Ansicht nach die Beklagte nach dem LAG in Höhe von 4.356,50 DM an Z. zu zahlen hatte. Die
Verpflichtung der Beklagten richtet sich damit ausschließlich nach den Bestimmungen des LAG, wobei sich aus dem
Verhältnis der Beklagten zur Ehefrau des Verschollenen Z. Leistungsgrund und Höhe des Klageanspruchs ergeben.
Da sich mithin der Klageanspruch nur aus dem LAG-Recht herleiten läßt, betrifft die öffentlich-rechtliche Streitigkeit
nicht eine Angelegenheit der KOV i.S. des § 51 Abs. 1 SGG, sondern eine Angelegenheit des
Lastenausgleichsrechts, für die nach § 315 LAG der Rechtsweg zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten eröffnet ist.
Da das Sozialgericht § 51 Abs. 1 SGG verletzt und zu Unrecht den Rechtsweg vor den Gerichten der
Sozialgerichtsbarkeit für zulässig erachtet hat, war das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/M. vom 3. August 1967
hinsichtlich des Ersatzanspruchs aufzuheben und auszusprechen, daß der Rechtsweg vor den Gerichten der
Sozialgerichtsbarkeit nicht zulässig ist. Auf den gestellten Verweisungsantrag der Beteiligten war die Sache gemäß §
52 Abs. 3 SGG an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht in F. zu verweisen (§§ 40, 52 Nr. 5 VwG).
Die Entscheidung über die Kosten des sozialgerichtlichen Verfahrens bleibt insoweit in entsprechender Anwendung
des § 98 Abs. 3 SGG dem Verwaltungsgericht überlassen (BSG 2, 29; Urt. v. 27.11.1964 in BVBl. 65, 46).