Urteil des LSG Hessen vom 02.04.2017

LSG Hes: allgemeine lebenserfahrung, mangel des verfahrens, rückwirkung, meisterprüfung, landwirtschaft, verfahrensmangel, schmiede, besitz, erkenntnis, rechtsmittelbelehrung

Hessisches Landessozialgericht
Urteil vom 06.11.1973 (rechtskräftig)
Sozialgericht Marburg
Hessisches Landessozialgericht L 4 V 920/73
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Marburg/Lahn vom 16. August 1973 aufgehoben
und die Sache zur anderweitigen Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten zu
entscheiden hat.
Tatbestand:
Die Klägerin erhält nach ihrem 1914 geborenen und 1945 verschollenen Ehemann J. S. Hinterbliebenenversorgung
nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Da ihr Ehemann Schmiedegeselle gewesen war, gewählte ihr der
Beklagte mit Bescheid vom 19. November 1965 Schadensausgleich unter Berücksichtigung eines
Durchschnittseinkommens ihres verstorbenen Ehemannes als Vollgeselle im Schlosserhandwerk.
Im Mai 1971 beantragte die Klägerin die Einstufung ihres verstorbenen Ehemannes in die Besoldungsgruppe A 9
Bundesbesoldungsgesetz (BBesG). Sie verwies darauf, daß der Vater ihres Ehemannes selbständiger
Schmiedemeister gewesen sei. Ihr Ehemann habe als einziger Sohn die Schmiede des Vaters übernehmen sollen.
Die Kreishandwerkerschaft Z. bestätigte am 3. Juni 1971, daß der Vater des Verschollenen von 1930 bis zum 31.
März 1952 "mit dem Schmiedehandwerk in die Handwerksrolle” eingetragen war. Der Bürgermeister in H. teilte am 10.
Juni 1971 mit, der Vater habe neben einer kleinen Landwirtschaft ein selbständiges Schmiedehandwerk betrieben, den
überwiegenden Teil seines Lebensunterhaltes aus der Schmiede bestritten, die sein verschollener Sohn habe
übernehmen sollen. Der Bürgermeister bescheinigte am 23. Juni 1971 eine Erklärung der Klägerin vom gleichen Tage
als wahrheitsgemäß, wonach ihr Ehemann im November 1937 zum Wehrdienst einberufen wurde und er vom
Abschluß seiner Berufsausbildung bis zur Einberufung als Schmiedegeselle berufstätig gewesen sei. Die Lehrzeit als
Schmied hatte die Klägerin früher von 1928 bis 1931 angegeben. Weiter teilte der Bürgermeister dem Beklagten noch
mit, daß in H. kein weiteres Schmiedehandwerk mehr angemeldet wurde, nachdem der Vater des Verschollenen sein
Handwerk abgemeldet hatte.
Am 10. Dezember 1971 erließ der Beklagte einen Bescheid nach § 40 Abs. 1 des Gesetzes über das
Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (VerwVG). Hierin berechnete der Beklagte den Schadensausgleich
der Klägerin unter Berücksichtigung eines Durchschnittseinkommens ihres verschollenen Ehemannes nach dem
Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 7 BBesG ab 1. Mai 1967 und berief sich für die vorangegangene Zeit auf die
Bindung des Bescheides vom 19. November 1965. Er führt aus, der frühere Bescheid sei insoweit unrichtig, als nicht
berücksichtigt worden sei, daß der Verschollene bei gesunder Heimkehr wahrscheinlich die 7,42 ha große elterliche
Landwirtschaft übernommen hätte. Es sei nicht wahrscheinlich, daß der Ehemann der Klägerin im Erlebensfalle heute
als Schmiedemeister selbständig tätig wäre.
Mit dem Widerspruch behauptete die Klägerin, ihr Ehemann habe den Schmiedebetrieb seines Vaters übernehmen
und die Meisterprüfung ablegen sollen. In der Regel hätten sieh die früheren Schmiedebetriebe auf
Landwirtschaftsmaschinen umgestellt. Sie begehrte Einstufung in die Besoldungsgruppe A 9 BBesG. Die
Zugunstenentscheidung müsse auf den 1. Januar 1967 zurückwirken, was sich aus einem BSG-Urteil ergebe. Sie
überreichte eine Bescheinigung des Gemeindevorstandes zu G. vom 6. Januar 1972. Hiernach war der Vater des
Gefallenen Schmiedemeister und Landwirt. Da sich die vorhandenen Schmiedebetriebe auf Landmaschinen umgestellt
hätten, hätte dies auch der Gefallene getan, nachdem unmittelbar im Anschluß an den Krieg noch ein großer Bedarf
an Schmieden vorhanden gewesen sei. Mit Bescheid vom 8. Mai 1972 wies der Beklagte den Widerspruch unter
Hinweis darauf zurück, daß kaum noch selbständige Schmiedemeister ihre Betriebe als alleinige Erwerbsquelle führen
könnten. Die Rückwirkung von 4 Jahren für den Zugunstenbescheid sei nach den Verwaltungsvorschriften Nr. 8 zu §
40 Abs. 1 VerwVG richtig berechnet.
Mit ihrer Klage hielt die Klägerin an der Widerspruchsbegründung fest. Der Beklagte verwies darauf, daß der
Verschollene bei der vollständigen Gewerbefreiheit nach dem Kriege eine Meisterprüfung zur Übernahme eines
Handwerksbetriebes nicht habe abzulegen brauchen.
Das Sozialgericht Marburg/Lahn verurteilte den Beklagten entsprechend dem Klageanträge mit Urteil vom 16. August
1973 unter Abänderung der angefochtenen Bescheide der Klägerin ab 1. Januar 1967 Schadensausgleich unter
Zugrundelegung der Besoldungsgruppe A 9 BBesG zu gewähren. Es begründete sein Urteil damit, es habe ein neuer
Bescheid nach § 40 Abs. 2 VerwVG erteilt werden müssen, weil das Bundessozialgericht nunmehr eine andere
Rechtsauffassung vertrete. Der Beklagte habe den Ehemann der Klägerin nicht als selbständigen Landwirt einordnen
dürfen, sondern, als Schmied. Trotz Rückgang des Schmiedehandwerkes in ländlichen Gegenden seien die
Schmiedebetriebe selbst durch Umstellung auf andere Metallberufe aufrecht erhalten geblieben. Sie hätten sieh auf
Bauschlosserei oder landwirtschaftliche Geräte und Maschinen spezialisiert. Bei der Aufgabe des Betriebes im Jahre
1952 durch den Vater des Verschollenen sei eine Umstellung des Schmiedebetriebes aus wirtschaftlichen Gründen
noch nicht nötig gewesen. Der Verschollene hätte den Betrieb deshalb bei gesunder Rückkehr aus dem Kriege
fortgeführt und auch entsprechend umgestellt.
Bei ländlichen Handwerkern sei stets ein gewisser landwirtschaftlicher Besitz vorhanden. "Als Hauptteil” müsse aber
der Handwerksbetrieb angesehen werden. Es sei anderenfalls nicht einleuchtend, warum der ländliche Handwerker
eine Meisterprüfung ablege, um einen Betrieb zu gründen und Lehrlinge anzuleiten, wenn er diese Tätigkeit als
Nebenerwerb ansehe. Die allgemeine Lebenserfahrung und die Kenntnis ländlicher Verhältnisse habe das
Sozialgericht zu der Überzeugung geführt, daß der Beklagte sein Ermessen nicht ausreichend ausgeübt habe. Da nur
die Beurteilung des Ehemannes der Klägerin als selbständig tätiger Schmied zutreffend sei, sei ein
Ermessensspielraum bei sachgemäßer Ausübung des Ermessens nicht mehr vorhanden, "infolgedessen” habe "auch
die Rückwirkung der Zugunstenentscheidung auf 4 Jahre vor Antragsjahr festgelegt werden” müssen. Das Urteil
enthielt die Rechtsmittelbelehrung, daß die Berufung gemäß § 148 Ziff. 3 SGG nicht zulässig sei, sofern nicht ein
wesentlicher Mangel des Verfahrens gerügt werde.
Die schriftliche Berufung des Beklagten gegen dieses ihm am 27. August 1973 zugestellte Urteil ging am 25.
September 1973 beim Hessischen Landessozialgericht ein. Der Beklagte hält die Berufung schon deshalb für
statthaft, weil eine Zugunstenentscheidung im Streit steht. Außerdem liege ein Verfahrensmangel darin, daß das
Sozialgericht zu einer Leistung verurteilt habe, was nur dann möglich sei, wenn jede andere Entscheidung
ermessenswidrig wäre. Gerade die Erwägungen beim Schadensausgleich hinsichtlich hypothetischer
Berufsentwicklungen seien klassische Beispiele dafür, daß man nie exakt sagen könne, wie sich die Dinge entwickelt
hätten. Das Sozialgericht habe neue Beweise nicht erhoben und habe sich lediglich für die Möglichkeit einer anderen
hypothetischen Berufsentwicklung entschieden. Der landwirtschaftliche Besitz von etwa 7,5 ha habe nach Maßgabe
des § 1 GAL eine Existenzgrundlage geboten. Da der Bürgermeister die Anfrage des Versorgungsamtes, ob seit dem
Jahre 1953 in H. noch ein anderer Schmiedebetrieb bestanden habe nicht bejaht habe, Müsse davon ausgegangen
werden, daß sieh für einen hauptberuflichen Schmied keinerlei Existenzgrundlage mehr gefunden hätte. Die
Erwägungen des Sozialgerichtes hinsichtlich der ländlichen Handwerker träfen jedenfalls nicht für die Berufe zu, die
aufgrund der veränderten Wirtschaftsstruktur nach dem Kriege im Aussterben begriffen seien, wie Schmiede oder
Schumacher. Es habe auch nicht angenommen werden können, daß der Verschollene die Meisterprüfung noch
abgelegt hätte. Als hauptberuflicher Schmied ohne Meisterprüfung würde aber die gleiche Einstufung wie in dem
angefochtenen Bescheid erfolgen. Mit der vom Sozialgericht angeordneten Rückwirkung der angefochtenen
Zugunstenentscheidung sei die Verwaltungsvorschrift Nr. 8 zu § 40 VerwVG mißachtet worden, wonach die
Rückwirkung von Zugunstenentscheidungen auf 4 Jahre vom Antragsmonat an festzusetzen seien. Hierzu verwies
der Beklagte auf die Urteile des Hessischen Landessozialgerichtes vom 14. März 1973 – L-5/V – 429/72 – und vom 5.
Juni 1973 – L-4/V – 573/72 –.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichtes Marburg/Lahn vom 16. August 1973 - S-5/V-93/72 -
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streitakte in beiden Rechtszügen und den der
Versorgungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist form- und fristgerecht erhoben. Sie Ist auch statthaft. Entgegen der Rechtsmittelbelehrung im
sozialgerichtlichen Urteil liegen die Voraussetzungen des § 148 Nr. 3 SGG nicht vor. Daß die Berufung keinen Streit
"wegen Änderung der Verhältnisse” betrifft, ergibt sieh schon daraus, daß die Klägerin sich ja nicht auf eine Änderung
solcher Verhältnisse beruft, sondern vorträgt, die dem bindenden Bescheid vom 19. November 1965 zugrunde
liegenden Verhältnisse seien unrichtig beurteilt, so daß dieser Bescheid als von Anfang an falsch anzusehen sei. Das
Vorbringen der Klägerin ist damit darauf gerichtet, ihr einen Zugunstenbescheid nach § 40 Abs. 1 VerwVG zu erteilen
und nicht einen Bescheid nach § 62 BVG. Daraus folgt, daß nicht ein Rechtsanspruch, sondern eine
Ermessensleistung im Streit steht. Darüber hinaus würde die vom Sozialgericht ausgesprochene Verurteilung über
einen anderen Zeitpunkt als den vom Beklagten seiner Leistung Zugrundegelegten den Beginn im Sinne des § 148
Ziff. 2 SGG betreffen. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein hierdurch bedingter Berufungsausschluß durch die weiter
unten zu erörternden wesentlichen Mängel des Verfahrens vor dem Sozialgericht aufgehoben würde, weil insoweit kein
reiner "Beginnstreit” im Sinne der genannten Bestimmung vorliegt (vgl. Peters-Sautter-Wolff, Anm. 3 b zu § 145
SGG). Auch insoweit wäre also ein Berufungsausschluß nicht gegeben.
In diesem Zusammenhange ist auch darauf hinzuweisen, daß die Auffassung des Sozialgerichts die Rückwirkung auf
den 1. Januar 1967 sei allein richtig und es könne deshalb den Beklagten zur Leistung verurteilen, schon deshalb
unzutreffend ist, weil die Möglichkeit, auch noch für die Zeit vor dem 1. Januar 1967 Rente zu gewähren, durchaus
besteht. Es könnte ja der Fall sein, daß die Voraussetzungen für eine nach Nr. 8 der Verwaltungsvorschriften zu § 40
VerwVG vorgesehene Abweichung von der Regel vorliegen. Das Landessozialgericht hat zur Frage der Rückwirkung
u.a. in den Urteilen vom 15. März 1973 – L-4/V – 429/72 – und vom 4. Juni 1973 – L-4/V–573/72 – Stellung
genommen.
Die fehlerhafte Beurteilung des von der Klägerin erhobenen Anspruchs somit zu einem wesentlichen
Verfahrensmangel schon insoweit geführt, als das Sozialgericht zur Verurteilung gelangte, statt lediglich den
angefochtenen, von ihm für rechtswidrig gehaltenen Bescheid aufzuheben. Liegt schon in der Auffassung, es handele
sieh um einen Bescheid wegen Änderung der Verhältnisse und der Erkenntnis, daß es sich um eine Ermessensfrage
handele, ein Widerspruch in der Urteilsfindung, so hat das Sozialgericht weiter die Auffassung vertreten, seine
Beurteilung des Sachverhalts sei die einzig mögliche. Dem steht schon entgegen, daß der Beklagte den Sachverhalt
anders beurteilte und daß eine Reihe von anderen Schlußfolgerungen als die vom Sozialgericht hypothetisch
aufgestellte Entwicklungsauffassung möglich ist. Für eine Verurteilung war nach den prozessualen Bestimmungen
hier kein Raum.
Ein weiterer Verfahrensmangel liegt darin, daß das Sozialgericht zu seiner Auffassung nicht aufgrund des
Gesamtergebnisses der Verhandlung, insbesondere des Akteninhalts bzw. aufgrund weiterer Aufklärung gelangt ist (§
128 SGG), sondern lediglich durch eine von ihm als einzig zutreffend behauptete andere Auffassung über die
Entwicklung des Berufsweges beim Verschollenen. Schon die Tatsache, daß das Sozialgericht behauptet hat, es sei
ein Anspruch im Sinne des § 40 Abs. 2 VerwVG streitig, aber nicht angibt, welche Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts sich in dieser Richtung geändert haben soll und welche ständige neue Rechtsprechung es
nunmehr vertritt, fehlt es am Schöpfen der Entscheidung aus dem Gesamtergebnis.
Im übrigen reichen, wie der erkennende Senat schon mehrfach betont hat, für die Annahme einer Berufsentwicklung
Acht hypothetische Erwägungen oder Schlußfolgerungen aus bloßen Fähigkeiten des Beschädigten aus (vgl. BSG
Urteil vom 26. Januar 1972 – 10 RV – 216/70).
Das Sozialgericht hätte vielmehr, wenn es die Beurteilung des Sachverhalts durch den Beklagten für falsch hielt –
lediglich diese Voraussetzung wurde den Beklagten verpflichten, einen neuen Bescheid zu erteilen – (vgl. BSG im
Urteil vom 10. Februar 1972 – 8 RV 563/71 = KOV 1973 S. 188 folgende), diese seine Erkenntnis aus dem
Gesamtergebnis des Verfahrens gewinnen müssen und nicht lediglich eine andere Hypothese über die Entwicklung
aufstellen dürfen, sondern den Sachverhalt weiter erforschen müssen (§ 103 SGG). Wenn sich das Sozialgericht
hierzu auf seine Kenntnisse der ländlichen Verhältnisse und eine allgemeine Lebenserfahrung bezog, so hätte es
hierüber nicht nur verhandeln müssen – weder aus dem Tatbestand noch aus dem Verhandlungsprotokoll ist
entsprechendes ersichtlich –, sondern auch angeben müssen, aus welcher Quelle es sein "gerichtsbekanntes”
Material schöpfte (vgl. BSG vom 24. Oktober 1972 – 9 RV 100/73 sowie Rosenberg-Schwab, Zivilprozeßrecht, 10.
Aufl., 1969, S. 579). Dem Senat ist jedenfalls nicht allgemein bekannt, daß sich in dem Lebensraum der Klägerin bzw.
ihres Ehemannes die vom Sozialgericht behauptete Entwicklung abgezeichnet hätte. Zur Feststellung der
Rechtswidrigkeit einer früheren, verbindlich gewordenen Entscheidung des Beklagten reicht die bloße abweichende
Auffassung des Sozialgerichts nicht aus.
Bei dieser Sachlage war der Senat gezwungen zu prüfen, ob er die für die Feststellung einer Rechtswidrigkeit des
früheren Bescheides notwendigen Feststellungen selbst treffen konnte oder von der Möglichkeit des § 159 Abs. 1 Nr.
2 SGG Gebrauch machen mußte. Der Senat kam zu letzter Auffassung, weil die noch nötigen Ermittlungen besser in
räumlicher Nähe des Sozialgerichts als vom Landessozialgericht aus vorgenommen werden können. Danach wäre
zunächst fest zustellen, welche Entwicklung die selbständigen Schmiedehandwerke in dem Kreis Z. bzw. in der
näheren Umgebung des Verstorbenen genommen haben, ggf. welche Erfahrungen hierüber die zuständigen Behörden,
etwa die Kreishandwerkerschaft oder die Innungen einschließlich des Landwirtschaftsamts Z. gemacht haben. Es
erscheint dem Senat zweifelhaft, daß jeder Schmiedebetrieb durch einen Landmaschinenhandel oder auch nur eine
Landmaschinenreparatur ersetzt wurde oder daß jetzige Schloßereibetriebe in größerem Umfang aus ehemaligen
Schmiedebetrieben hervorgegangen seien. Vielmehr hätte das Sozialgericht nachzuprüfen, ob der allgemein bekannte
Rückgang der Landwirtschaft und die nach einem vom Senat veröffentlichten Urteil bekannte Tatsache, daß im
allgemeinen nur Betriebe über 30 ha eine ausreichende landwirtschaftliche Lebensgrundlage sichern (vgl. Urteil des
erkennenden Senats vom 20. Februar 1973 – L-4/V – 441/70), den Verschollenen gezwungen hätte, sich dem
allgemeinen Trend anzuschließen und einen Erwerb in der umliegenden Industrie oder Wirtschaft zu suchen. Bei
Prüfung dieser Fragen hätte das Sozialgericht zu erwägen, ob die vom Beklagten durchgeführte Einstufung als
Landwirt objektiv falsch gewesen war, oder ob sie lediglich als eine Möglichkeit zur Wahrscheinlichkeit erhoben wurde,
ohne daß diese Wahrscheinlichkeit widerlegt werden kann und somit bestehen bleiben muß.
Das Sozialgericht wird in einer neuen Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens
zu entscheiden haben.