Urteil des LSG Hessen vom 19.11.1997

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Hessisches Landessozialgericht
Urteil vom 19.11.1997 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Darmstadt S 3 U 931/93
Hessisches Landessozialgericht L 3 U 1215/95
Bundessozialgericht B 2 U 81/98 B
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 10. Oktober 1995 aufgehoben und
die Klage abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung und Entschädigung eines Ereignisses als Arbeitsunfall.
Der 1949 geborene Kläger war als wissenschaftliche Hilfskraft beim Allgemeinen Deutschen Hochschulverband in
tätig. Am Sonntag, dem 24. November 1991, erlitt er um ca. 17.00 Uhr als Radfahrer in der Gemarkung einen Unfall,
als ihm auf einem Feldweg, in Höhe einer Abzweigung zu dem Gehöft S., ein Hund ins Rad lief und der Kläger stürzte.
Dabei erlitt der Kläger nach Angaben der ihn behandelnden Ärzte eine Distorsion des rechten Kniegelenkes mit
Hämathros und lateraler Tibiakopffraktur.
Der Kläger, der damals in wohnte, befuhr an diesem Sonntag von aus über einen links von der Autobahn A 5
gelegenen Weg, der außerhalb der Orte Fehlheim, Rodau, Zwingenberg, Alsbach-Hähnlein, Bickenbach, Pfungstadt,
am östlichen Ortsrand von Eschollbrücken entlang bis in die Gemarkung Griesheim führte. Von dort aus sollte sein
Weg seinen Angaben zufolge am südlichen und östlichen Rand von Griesheim entlang über einen parallel der
Hauptverbindungsstraße von Griesheim nach Darmstadt verlaufenden Radweg in die straße führen. Dieser Weg hat
nach amtlicher Auskunft des Katasteramts des Landkreises Darmstadt-Dieburg zufolge eine Länge von 35,5 km. Er
ist von der Landstraße zwischen Pfungstadt und Griesheim bis zur Unfallstelle asphaltiert. Der weitere südlich von
Griesheim verlaufende Weg ist in einem Teilabschnitt von ca. 0,5 km ein nicht befestigter Sandweg.
Auf einem anderen Weg, der entlang des nord-westlichen Ortsrandes von Pfungstadt durch die Sandschollenschneise
und ab der Überführung über die A 5 über die Verbindungsstraße Eschollbrücken/Darmstadt (L 3097) nach Darmstadt
führt, hätte der Kläger 31 km zurücklegen müssen.
Wäre er nach Eschollbrücken direkt über die Verbindungsstraße Eschollbrücken/Darmstadt gefahren, hätte die
Entfernung 32,5 km betragen. Die L 3097 ist bis zum Ortseingang von Darmstadt im Bereich der Heimstättensiedlung
mit einem Radweg ausgestattet.
Der direkte Weg Bensheim-Gronau nach Darmstadt über die B 3 ist die kürzeste Verbindung und beträgt 27 km. Auf
dem Weg über die A 5 sind den Angaben des Klägers zufolge 37 km zurückzulegen.
Der Kläger begab sich am Montagmorgen, den 25. November 1991, um 8.00 Uhr in Behandlung des Orthopäden Dr. ,
Darmstadt. Dieser bejahte in seinem an die Beklagte gerichteten Bericht vom 13. Dezember 1991 die Frage, ob
Bedenken gegen die Richtigkeit der Angaben des Verletzten bestehen und fügte hinzu: "Patient gab nicht an, daß ein
Wegeunfall vorliegt. Deshalb primär Behandlung auf Krankenschein”.
Der Arbeitgeber des Klägers, der Hochschulsportverband, gab auf Anfrage der Beklagten bekannt, der Kläger habe
sich auf dem Weg zur Arbeitsstätte nach Darmstadt befunden. Er habe Presseorgane auf Hochschulsport relevante
Artikel auswerten wollen. Er sei um 15.15 Uhr in seiner Wohnung abgefahren. Die Tätigkeiten, die der Kläger habe
ausführen wollen, hätten dem Willen des Unternehmers entsprochen und einen betriebsdienlichen Zweck erfüllt. Die
Arbeitszeit des Klägers sei gemäß Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) geregelt. Zusätzlich sei vereinbart, daß
Arbeit an Feiertagen verlangt werden könne, die durch Freizeitausgleich an anderen Tagen kompensiert werde. Nach
dem Unfall habe sich der Kläger zwecks Hilfeleistung zur Arbeitsstätte begeben. Die Arbeit habe er nicht aufnehmen
können.
Der Kläger gab an, der von ihm am Unfalltag gewählte Weg führe auf gut ausgebauten Radwegen direkt bis vor die
Haustür seiner Arbeitsstätte. Es sei die verkehrssicherste und schnellste Verbindung zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte und vermeide weitestgehend größere und unfallträchtige Ortskerne.
Durch Bescheid vom 9. September 1992 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Entschädigung aus Anlaß des
Ereignisses vom 24. November 1991 ab. Zur Begründung führte sie aus, auf Umwegen bestehe kein
Versicherungsschutz. Der Kläger habe mit dem Fahrrad einen Weg zurückgelegt, der von dem üblichen Weg zur
Arbeit im Bereich Pfungstadt-Griesheim einen ganz erheblichen Umweg darstelle. Dieser Weg sei nicht durchgehend
mit ausgebauten Radwegen ausgestattet. Insbesondere bei der Unfallstelle handele es sich um einen unbefestigten
Feldweg mit großen Schlaglöchern. Der verkehrsgünstigste und sicherste Weg sei der Weg entlang der B 3 über die
Orte Bensheim, Zwingenberg, Bickenbach, Jugendheim und Seeheim nach Darmstadt. Beim Nachfahren dieser
Strecke habe sich ergeben, daß hier auch Fahrradwege ausgeschildert seien.
Der Kläger legte hiergegen am 30. September 1992 Widerspruch ein.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers durch Widerspruchsbescheid vom 6. Juli 1993 als unbegründet
zurück.
Der Kläger hat hiergegen am 5. August 1993 beim Sozialgericht Darmstadt (SG) Klage erhoben und vorgetragen, es
sei nicht ungewöhnlich, eher normal, gewesen, daß er an einem Sonntag nachmittag zur Arbeit gefahren sei. Die
Auswertung von Presseorganen, insbesondere auch der Wochenendausgaben, sei häufig am Sonntag gemacht
worden, weil sonst dafür keine Gelegenheit gewesen sei. Es komme im Sportbereich häufig vor, daß gerade montags
sich einiges aufstaue, so daß es von Vorteil sei, wenn man zu diesem Zeitpunkt bereits einen Überblick über die
Veröffentlichungen habe. Werktags sei er nicht mit dem Fahrrad gefahren, aber bei ordentlichem Wetter auch schon
mal an Tagen, an denen er seine Dienstzeit selber habe bestimmen können. Er habe damals ein Mountain-Bike, d.h.
ein etwas sportliches Fahrrad, gehabt. Am Unfalltag habe seine Frau im Raum Darmstadt zu tun gehabt und sie
hätten vereinbart, daß sie ihn am Abend im Büro abhole und sie gemeinsam im Auto nach Hause zurückführen. Er sei
die Strecke, die er am Unfalltag gefahren sei, vorher schon des öfteren gefahren. Er habe sie gekannt, weil er früher in
Griesheim im Verein tätig gewesen sei. Das Gelände zwischen Pfungstadt und Griesheim kenne er relativ gut. Den
Weg über die Sandschollenschneise habe er hingegen nicht gekannt. Den Weg über die L 3097 (Eschollbrücker
Straße) habe er nicht genommen, weil ihm gerade an einem Sonntag der Autoverkehr zu stark gewesen sei.
Das SG hat am 10. Oktober 1995 die Strecke Bensheim-Darmstadt über die B 3 sowie über die "Alte Bergstraße”
(Zwingenberg-Jugenheim-Seeheim-Malchen) in Augenschein genommen. Wegen der dabei getroffenen Feststellungen
wird auf das gefertigte Protokoll des SG (Bl. 53 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Durch Urteil vom 10. Oktober 1995 hat das SG die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben und die
Beklagte verurteilt, dem Kläger aus Anlaß eines Arbeitsunfalls vom 24. November 1991 Entschädigung aus der
gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Gegen das ihr am 30. Oktober 1995 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 15. November 1995,
eingegangen am 20. November 1995, beim Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt und geltend gemacht,
zwar sei der Versicherte grundsätzlich in der Wahl des Weges frei. Jedoch habe das SG den Spielraum zu Gunsten
des Verletzten viel zu weit gefaßt. Dem Kläger hätten zumindest zwei sicherere Radverbindungen zur Verfügung
gestanden, die deutlich kürzer gewesen seien. Der Kläger habe den weiteren Weg nicht aufgrund eines
Sicherheitsbedürfnisses gewählt. Denn ein Teil des Weges, der nach der Unfallstelle beginne, habe sich wegen vieler
Schlaglöcher in einem so schlechten Zustand befunden, daß dieser Teil nur mit einem Mountain-Bike habe befahren
werden können. Der Reiz, eine "Mountain-Bike-gerechte” Wegstrecke befahren zu können, sei ausschlaggebend für
die Wahl des Weges gewesen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 10. Oktober 1995 aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, die Wegstreckenwahl habe nicht eigenwirtschaftlichen Motiven gedient. Er habe Berührungspunkte mit
dem Kfz.-Verkehr – nicht zuletzt auch wegen der damit verbundenen Abgase – vermeiden wollen.
In der mündlichen Verhandlung vom 16. Juli 1997 hat der Senat den Kläger zum Sachverhalt befragt und in der
mündlichen Verhandlung vom 19. November 1997 die jetzige Generalsekretärin und den ehemaligen Generalsekretär
des Hochschulsportverbandes, Dr. und als Zeugen vernommen. Diesen Aussagen zufolge war der Kläger vom 1.
Januar 1991 bis 31. Dezember 1992 im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme mit wöchentlich 19,5 Stunden
im Hochschulsportverband beschäftigt. Der Verband ist intern in drei Referate – für Bildung, Öffentlichkeitsarbeit und
Wettkampf – gegliedert. Der Kläger hatte für alle Referate Arbeiten zu verrichten. Arbeitsschwerpunkte waren
Öffentlichkeitsarbeit, Erstellung eines Sponsoringkonzeptes und Betreuung von Wettkampf- und
Bildungsveranstaltungen. Bei der Erledigung von Öffentlichkeitsarbeiten hatte der Kläger mit dem damaligen
Generalsekretär des Verbandes, dem Zeugen und dem Referenten für Öffentlichkeitsarbeit zu tun. Zu den Arbeiten für
den Bereich Öffentlichkeitsarbeit gehörte auch die Auswertung von Presseorganen auf für den Hochschulsport
relevante Artikel. Der Kläger war verpflichtet, zumindest seine Mindestarbeitszeit zu verrichten, dabei war er – ebenso
wie die Referenten – nicht an feste Arbeitszeiten gebunden. Er hatte jedoch ebenso wie die Referenten durch
Aushang anzugeben bzw. anzukündigen, wann er jeweils anwesend sein wird. Für Überstunden wurde keine
Vergütung, sondern Freizeitausgleich gewährt. Wenn an Wochenenden Veranstaltungen zu betreuen waren, z.B.
Bildungsveranstaltungen, konnte der Kläger angewiesen werden, auch am Wochenende zu arbeiten.
Zum weiteren Inhalt der Angaben des Klägers und der Zeugenaussagen wird auf die Sitzungsprotokolle vom 16. Juli
1997 und 19. November 1997 verwiesen. Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf die
Gerichtsakte und die zum Verfahren beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der
mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Der Kläger hat am 24. November 1991 keinen Arbeitsunfall
erlitten. Er hat deshalb auch keinen Anspruch auf Entschädigung wegen der Unfallfolgen.
Der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch richtet sich auch nach Inkrafttreten des 7. Buches des
Sozialgesetzbuches (SGB VII) am 1. Januar 1997 nach den bis dahin geltenden Vorschriften der
Reichsversicherungsordnung (RVO). Denn nach § 212 SGB VII gilt das neue Recht grundsätzlich für
Versicherungsfälle, die nach dem 31. Dezember 1996 eingetreten sind. Einer der Ausnahmetatbestände nach §§ 213
ff. SGB VII ist hier nicht gegeben.
Als Arbeitsunfall (§ 548 Abs. 1 RVO) gilt auch ein Unfall auf einem mit einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545
RVO genannten Tätigkeiten zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 550 Abs. 1 RVO).
Dadurch, daß von dem Gesetzgeber ein Zusammenhang zwischen der Tätigkeit und dem Weg zu oder von dem Ort
der Tätigkeit verlangt wird, fordert er eine feststellbare innere Verknüpfung, die dem Weg ein rechtlich erhebliches
Gepräge gibt. Fehlt es an einem solchen inneren Zusammenhang, scheidet die Annahme eines versicherten Unfalls
von vornherein selbst dann aus, wenn sich der Unfall auf derselben Strecke ereignet, die der Versicherte gewöhnlich
benutzen muß (BSG SozR 2200 § 550 Nrn. 34 und 60; BSGE 58, 76; BSG, Urteil vom 27. Januar 1985 – 2 RU 44/85
–). Denn ein innerer ursächlicher Zusammenhang liegt nicht schon dann vor, wenn der Weg unmittelbar zur
Arbeitsstätte führt, weil mit der Arbeit anschließend begonnen werden soll. Eine dadurch gegebene ursächliche
Verknüpfung mit der versicherten Tätigkeit muß vielmehr rechtlich so wesentlich sein, daß andere mit der
versicherten Tätigkeit nicht zusammenhängende Ursachen für das Zurücklegen des Weges demgegenüber in den
Hintergrund treten und als rechtlich unwesentlich unberücksichtigt bleiben können. Der erforderliche Zusammenhang
des Weges mit der versicherten Tätigkeit setzt nicht nur eine äußere – zeitliche und räumliche – Beziehung zwischen
Weg und Tätigkeit voraus, die durch Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie die Richtung des Weges nach und von
dem Tätigkeitsort begründet wird. Es muß darüber hinaus auch ein innerer Zusammenhang des Weges mit der
Tätigkeit vorliegen, der in der Regel darin zum Ausdruck kommt, daß der Weg wesentlich Interessen desjenigen
Betriebes dient oder zu dienen bestimmt ist, für den die versicherte Tätigkeit verrichtet wird (Lauterbach/Watermann,
Gesetzliche Unfallversicherung, § 550 Anm. 4, S. 258/6 m.w.N.). Ob eine Tätigkeit dem Betrieb zu dienen bestimmt
ist, beurteilt sich nicht danach, ob sie dem Unternehmen tatsächlich objektiv dienlich war oder dienlich gewesen wäre,
sondern es ist ausreichend, daß der Versicherte von seinem Standpunkt aus aufgrund objektiver Anhaltspunkte der
Auffassung sein konnte, die Tätigkeit sei geeignet, den Interessen des Unternehmens zu dienen (Brackmann,
Handbuch der Sozialversicherung, Band 3, 79. Lieferung, Januar 1997, § 8 SGB VII, Rdnr. 32 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall ist der Senat nicht zu der Überzeugung gelangt, daß der von dem Kläger am 24. November 1991
zurückgelegte Weg wesentlich mit der versicherten Tätigkeit in Zusammenhang stand.
Der Kläger hat den von ihm am 24. November 1991 gefahrenen Weg gewählt, weil es ihm wesentlich war, Fahrrad zu
fahren und die Strecke zwischen seinem Wohnort in Bensheim-Gronau und Darmstadt mit dem Mountain-Bike
zurückzulegen. Die 35 km lange und gut zwei Stunden dauernde Fahrt mit dem Mountain-Bike diente der sportlichen
Ertüchtigung und somit einer privaten, dem unversicherten Bereich zuzurechnenden Freizeitgestaltung.
Entgegen der Auffassung des SG ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, daß diese privaten, eigenwirtschaftlichen
Gründe für den Kläger im Vordergrund gestanden haben und die Zurücklegung des Weges nicht wesentlich den
Interessen des Betriebes und der versicherten Tätigkeit diente oder zu dienen bestimmt war. Denn der Kläger konnte
nicht überzeugend darlegen, daß er am Sonntagnachmittag des 24. November 1991 die Fahrt nach Darmstadt im
wesentlichen unternommen hat, um an seiner Arbeitsstelle den betrieblichen Interessen dienende Arbeiten zu
verrichten.
Aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarungen war der Kläger nicht verpflichtet, an dem betreffenden Sonntag zu
arbeiten. Es fanden an diesem Sonntag keine Veranstaltungen statt, so daß der Kläger keiner Anweisung, am
Sonntag zu arbeiten, Folge leisten mußte. Der Kläger hatte auch nicht angekündigt, daß er an diesem Sonntag
arbeiten werde oder dies in anderer Form mit dem damaligen Generalsekretär oder den Referenten abgesprochen, wie
dies ansonsten üblich war. Es ist auch nicht feststellbar, daß für Arbeiten am Sonntag eine tatsächliche Übung in der
von dem Kläger geschilderten Art bestand. Sein diesbezüglicher Vortrag steht in wesentlichen Punkten im
Widerspruch zu den Angaben der Zeugen und Dr ...
Seine Angaben, diese Arbeit sei häufig am Sonntag gemacht worden, weil sonst dafür keine Gelegenheit gewesen
sei, es sei eher normal gewesen, daß er sonntags gearbeitet habe, sein regelmäßiges Arbeiten am Wochenende sei
allgemein bekannt gewesen, konnten die von dem Senat gehörten Zeugen nicht bestätigen. Eine regelmäßige
Sonntagsarbeit hätte auch nicht den betrieblichen Interessen entsprochen, weil dem Kläger für die am Sonntag
geleisteten Arbeitsstunden wochentags ein Freizeitausgleich hätte gewährt werden müssen. Dies hat die Zeugin Dr.
deutlich gemacht mit ihrer Aussage, daß der Kläger, wenn er öfter in seinem Arbeitsplan Sonntagsarbeit angegeben
hätte, gefragt worden wäre, wie er sich in den allgemeinen Ablauf des Büros einbringen wolle.
Es lagen auch keine besonderen Umstände vor – weder generell noch an dem 24. November 1991 – die eine
Auswertung der am Wochenende erschienenen Presseorgane bereits am Sonntag im betrieblichen Interesse
erforderlich machten. Die Angaben des Klägers, der damalige Generalsekretär, der Zeuge sei gelegentlich sonntags
gegen Abend im Büro gewesen und wichtige Artikel hätten diesem sofort vorgelegt werden müssen, konnte dieser in
der Beweisaufnahme nicht bestätigen. Vielmehr gab der Zeuge an, er sei häufig sonntags mittags oder nachmittags
zwischen einer halben bis vier Stunden im Büro gewesen und habe nicht erwartet, daß der Kläger sonntags ins Büro
komme. Beide Zeugen haben auch bekundet, daß es sich bei der Auswertung von Presseorganen im allgemeinen
nicht um eine termingebundene Arbeit gehandelt hat. Eine Auswertung bereits am Sonntag nur dann erforderlich
gewesen wäre, wenn die Artikel bereits am Montagmorgen für eine Vorstandssitzung hätten vorliegen müssen oder
von dem Zeugen in seiner Funktion als Generalsekretär oder der Zeugin Dr. für ihre Referatsarbeit gleich am
Montagmorgen benötigt worden wäre. Die Zeugin Dr. hielt die Notwendigkeit einer Auswertung der Presseorgane
bereits sonntags außerdem für vorstellbar, wenn der Kläger montags nicht hätte ins Büro kommen können, er somit
die für Montag vorgesehene Arbeit bereits sonntags hätte erledigen sollen. Solche besonderen Umstände, die eine
Auswertung der am Wochenende erschienenen Presseorgane bereits am 24. November 1991 erforderlich machten,
lagen jedoch dem Vortrag des Klägers und den Zeugenaussagen zufolge nicht vor.
Der Vortrag des Klägers, er habe diese Arbeiten sonntags erledigt, weil sonst keine Gelegenheit dafür gewesen sei,
ist in Anbetracht der Tatsache, daß der Kläger bei einer Wochenarbeitszeit von 19,5 Stunden durchschnittlich 3,9
Stunden täglich zu arbeiten hatte, nicht überzeugend. Denn wenn der Kläger innerhalb seiner Stammarbeitszeit von
normalerweise vier bis fünf Stunden – so seine Angaben – für die Auswertung der Presseorgane nicht die Zeit
gefunden hätte, wäre es naheliegend gewesen, am Montag etwas länger zu arbeiten, anstatt jeweils sonntags, unter
Inkaufnahme eines zusätzlich langen und zeitlich aufwendigen Arbeitsweges, diese Arbeiten zu verrichten.
Im übrigen läßt auch der Umstand, daß der Kläger am Montagmorgen gegenüber Dr. keine Angaben über einen
Wegeunfall gemacht hat, darauf schließen, daß im wesentlichen private Gründe den Kläger zu der Fahrradtour am
Sonntagnachmittag veranlaßt haben.
Objektive Anhaltspunkte, die es vom Standpunkt des Klägers aus im Interesse des Betriebes notwendig oder
sachdienlich erscheinen ließen, die Auswertung von Presseorganen bereits am Sonntag, den 24. November 1991,
vorzunehmen, sind somit nicht feststellbar. Es fehlt deshalb an dem notwendigen inneren Zusammenhang zwischen
dem von dem Kläger am 24. November 1991 mit dem Mountain-Bike zurückgelegten Weg und der versicherten
Tätigkeit. Der am 24. November 1991 erlittene Unfall kann folglich nicht als Arbeitsunfall im Sinne des § 548 RVO
anerkannt werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG), die über die Nichtzulassung der Revision aus §
160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG.