Urteil des LSG Hessen vom 11.04.1990

LSG Hes: udssr, hallux valgus, spondylolyse, coxa vara, entschädigung, unfallversicherung, auflage, wahrscheinlichkeit, entstehung, anerkennung

Hessisches Landessozialgericht
Urteil vom 11.04.1990 (rechtskräftig)
Sozialgericht Frankfurt S 8 U 86/82
Hessisches Landessozialgericht L 3 U 1253/87
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 1987 wird
zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Entschädigung verschiedener Gesundheitsstörungen als Folge von
Berufskrankheiten (BKen).
Die 1929 in S./Ukraine geborene Klägerin ist als Vertriebene im Sinne des § 1 Bundes Versorgungsgesetz (BVG) und
als Heimkehrerin im Sinne des § 1 Abs. 3 Heimkehrergesetz (HKG) anerkannt. Nach Umsiedlung in den W. und
weiterer Flucht wurde sie am 25. März 1945 in der Nähe von C. von sowjetischen Truppen interniert, im Oktober 1945
nach Sibirien verschleppt und dort u.a. wegen der Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit am 4. Mai 1944 zu 20
Jahren Zwangsarbeit und Zwangssiedlung verurteilt. In Sibirien arbeitete sie laut Arbeitsbuch u.a. von Mai 1946 bis
März 1960 als Putzmaurerin. Nach einer gewissen Erleichterung der Lebensbedingungen durch Dekret vom 13.
Dezember 1955 und Umzug nach Lettland war sie zunächst wiederum als Putzmaurerin (Juni 1962 bis November
1962) und später u.a. als Malerin (Oktober 1964 bis Juli 1966) und Heizerin (Oktober 1966 bis April 1967, August 1967
bis September 1970) tätig. Am 24. Oktober 1975 wurde sie mit ihrer Familie aus dem Gewahrsam der UdSSR
entlassen und meldete sich am 25. Oktober 1975 in der Bundesrepublik Deutschland in F. an. Von der
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Berlin erhält die Klägerin seit dem 5. März 1977 eine Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit. Als Schädigungsfolgen nach dem BVG wurden vom Versorgungsamt F. bislang
Persönlichkeitsveränderungen durch Verfolgungserlebnisse im jugendlichen Alter, Unfallfolgen am rechten Klein- und
Zeigefinger sowie im Sinne der Verschlimmerung einer Spondydolyse und Spondylolisthesis im Bewegungssegment L
4/5 mit Folgeerscheinungen anerkannt und die Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 50 v.H. bewertet (Bescheid vom
22. November 1988). Insoweit ist beim Hessischen Landessozialgericht (HLSG) noch ein Verfahren anhängig (Az.: L-
5/V-508/87). Nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) wurde wegen dieser und weiterer Gesundheitsstörungen
im Bereich der Wirbelsäule, der Schulter-, Hüft- und Kniegelenke sowie wegen Entfernung der linken Brust ein Grad
der Behinderung (GdB) von 100 v.H. anerkannt (Az.: L-5/Vb-1172/87).
Am 18. November 1980 beantragte die Klägerin über den Deutschen Bundestag bei der Beklagten die Gewährung
einer Fremdrente. Sie machte geltend, daß alle bestehenden Gesundheitsstörungen im Bereich der Schulter-, Hüft-
und Kniegelenke, der Hände, Beine und der gesamten Wirbelsäule, Erkrankungen von Magen, Blase, Lunge,
Durchblutungs- und Herz-Kreislaufstörungen sowie ein im September 1976 diagnostiziertes und operiertes Mamma-
Carzinom der linken Brust auf die ca. 14jährige Tätigkeit als Putzmaurerin, die etwa 2jährige Tätigkeit als Malerin und
die 4jährige Tätigkeit als Heizerin zurückzuführen seien. Die körperlich schwere Tätigkeit als Putzmaurerin mit Tragen
schwerer Lasten Verputzen u.a. von Decken in, ungünstiger Körperhaltung und häufigen Arbeiten im Knien und in
gebückter Haltung habe sie unter unerträglichen Arbeitsbedingungen, u.a. ohne jede technische Hilfe, bei schlechtem
Essen, völlig unzureichender Kleidung und Temperaturen bis zu -35° C verrichten müssen. Bereits 1947 seien
Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule aufgetreten. Häufige Stöße gegen die linke Brust durch das Brett mit dem
Mörtel und Quetschungen bei vielen anderen Arbeiten seien auch Ursache des Brustkrebses. Hinzu komme noch die
Staubbelastung durch Baustoffe wie Kalk, Zement, Gips und Asbest. Die spätere Tätigkeit als Heizerin an einem
Hochdruckdampfkessel, bei der sie täglich tonnenweise Kohlen habe schaufeln müssen, sei ebenfalls körperlich
schwer gewesen. Gleiches gelte für die Tätigkeit als Malerin, bei der in jeder Schicht bis zu 16 Tonnen Gewicht
bewegt worden seien. Außerdem habe sie hier den ganzen Tag mit einer an einem Hochdruckschlauch
angeschlossenen Spritzpistole mit ca. 700 g Farbe in ausgestreckter Hand arbeiten müssen, wobei es durch die
Dämpfe von Nitrofarben, Nitroverdünnern oder Aceton zu einer chronischen Halserkrankung gekommen sei.
Die Beklagte zog ein im Auftrag der BfA erstelltes chirurgisches Gutachten vom 24. April 1979 des Dr. Ha. bei und
ließ von Dr. Sch. unter dem 15. Juli 1981 ein internistisches Gutachten erstellen. Gestützt darauf lehnte sie durch
Bescheid vom 27. August 1981 die Gewährung einer Fremdrente ab, da eine BK im Sinne des § 551 Abs. 1 i.V.m. der
7. Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) vom 20. Juni 1968 und der BKVO vom 8. Dezember 1976 nicht vorliege.
Auf den Widerspruch der Klägerin holte sie ergänzend das Gutachten vom 15. Januar 1982 des Prof. Dr. S./Dr. Sc.
von der orthopädischen Universitätsklinik und Poliklinik F. sowie die Stellungnahme vom 23. Februar 1982 des
Landesgewerbearztes Dr. W. ein. Sodann wies sie durch Widerspruchsbescheid vom 18. März 1982 den Widerspruch
mit der Begründung zurück, daß die festgestellten Leiden der Klägerin weder als BK nach § 551 Abs. 1 RVO i.V.m.
der BKVO noch gemäß § 551 Abs. 2 RVO "wie eine BK” entschädigt werden könnten. Das Krebsleiden sei auch nicht
als Unfallfolge anzuerkennen, weil eine Verletzung erheblichen Grades sowie spezifische Brückensymptome nicht
nachgewiesen seien.
Am 1. April 1982 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Frankfurt am Main Klage erhoben und ergänzend geltend
gemacht, daß sie in der UdSSR in der Zeit von 1946 bis 1959 mehrere kleinere Unfälle erlitten habe, im Jahre 1948
mit einem zusammenbrechenden Gerüst aus ca. 3 Meter Höhe abgestürzt sei und sich dadurch mehrere Prellungen
und Verletzungen, z.B. an zwei Fingern der rechten Hand zugezogen habe. Durch Urteil vom 20. Oktober 1987 hat
das SG die Klage aus den Gründen der angefochtenen Bescheide abgewiesen; ob bei der Klägerin im Bereich der
rechten Hand entschädigungspflichtige Folgen eines Arbeitsunfalls vorlägen, sei im vorliegenden Verfahren nicht zu
entscheiden, da die Beklagte insoweit noch keine Entscheidung getroffen habe.
Dagegen hat die Klägerin am 5. November 1987 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen; das SG habe
nicht entscheiden dürfen, da sie den Vorsitzenden der 8. Kammer, Richter am SG W., mit Schriftsatz vom 24. August
1987 wegen Befangenheit abgelehnt habe. Mit allen Mitteln, u.a. durch finanzielle Auflagen, sei ihr das Recht nach §
109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verweigert worden. Nach der Sachlage sei das Gericht rechtlich verpflichtet
gewesen, kompetente medizinische Sachverständige, die Kenntnisse über Bauzwangslager in Sibirien in den Jahren
nach dem Kriege hätten, zu beauftragen. Das gelte um so mehr, als das Gutachten vom 15. Januar 1982 des Prof.
Dr. S./Dr. Sc. nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht verwertbar sei, da es nicht von dem
von der Beklagten beauftragten Prof. Dr. H. erstellt worden sei. Gleiches gelte für das Gutachten vom 23. Februar
1982 des Landesgewerbearztes Dr. W. Sämtliche von Prof. Dr. S./Dr. Sa. im Gutachten vom 9. Oktober 1986 und von
Dr. B. in seinem für das Verfahren L-5/Vb-1172/87 erstellten Gutachten vom 1. September 1989 aufgeführten
Schäden der Wirbelsäule, der Schulter-, Hüft- und Kniegelenke, der Hände und Füße sowie die Absetzung der linken
Brust seien auf die Bauzwangsarbeiten in Sibirien zurückzuführen und gemäß § 551 Abs. 2 RVO zu entschädigen.
Daß sie nicht in der BKVO vom 8. Dezember 1976 aufgeführt seien, sei allein Folge davon, daß es vergleichbare
Bauzwangsarbeiten in der Bundesrepublik Deutschland nicht gebe und gegeben habe. In ihrem Falle könne jedoch
allein auf die Bedingungen im Sibirien abgestellt werden. In einem im Verfahren L-5/V-508/87 gegen das Land Hessen
zwischenzeitlich erstellten Gutachten vom 2. September 1988 habe Dr. B. insoweit zu Recht die Schwere der
Arbeiten und die Entbehrung im jugendlichen Alter hervorgehoben. Im übrigen sei auch unabhängig davon nach dem
orthopädischen Gutachten vom 15. Januar 1982 des Prof. Dr. S. aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse und
Erfahrungen bei Putzern, Maurern und Zimmerleuten eine besondere Belastung der Wirbelsäule anzuerkennen, so daß
bei degenerativen Erkrankungen die fortgesetzte schwere körperliche Arbeit zumindest als wesentlich mitwirkende
Teilursache grundsätzlich nicht abzulehnen sei. Schließlich seien auch die durch einen Arbeitsunfall verursachten
Schäden an der rechten Hand entgegen der Ansicht des SG streitbefangen, da sie sich darauf in mehreren
Schriftsätzen gestützt habe.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 1987 sowie den
Bescheid der Beklagten vom 27. August 1981 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 1982
aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die bei ihr bestehenden Erkrankungen im Bereich der Wirbelsäule, der
Schulter-, Hüft- und Kniegelenke, der Hände und Füße, des Magens, der Blase, des Herzens, der Lunge und rechten
Brust als Folge von BKen sowie die Verletzung am rechten Klein- und Zeigefinger als Folge eines Arbeitsunfalls
anzuerkennen und Verletztenrente nach einer MdE um 100 v.H. zu gewähren, hilfsweise, von Amts wegen einen
Sachverständigen mit Kenntnissen über die Verhältnisse in sibirischen Bauzwangslagern in der Nachkriegszeit mit der
Erstellung eines Gutachtens zu beauftragen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11. April 1990 hat die Beklagte sich bereit erklärt, bezüglich der geltend
gemachten Unfallfolgen am Klein- und Zeigefinger einen Bescheid zu erteilen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen
Akteninhalt, insbesondere den der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gerichtsakten S-14/17/An-35/82, S-2/15/V-
1216/84, S-11/2/Vsb-481/85, der Akten des Sozialamtes Frankfurt am Main sowie der Beschädigten- und
Schwerbehindertenakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat trotz des Ausbleibens der Klägerin im
Termin zur mündlichen Verhandlung entscheiden konnte, weil die ordnungsgemäße Ladung einen entsprechenden
Hinweis enthielt (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG), ist zulässig (§§ 143 f., 145, 151 SGG), jedoch unbegründet. Das SG hat
die Klage zu Recht abgewiesen.
Zunächst ist festzustellen, daß die 8. Kammer des SG Frankfurt am Main entgegen der Ansicht der Klägerin unter
dem Vorsitz des Richters am SG Walther entscheiden konnte. Daß aus dem Verhalten dieses Richters im
Zusammenhang mit dem von der Klägerin nach § 109 SGG gestellten Antrag eine Befangenheit nicht hergeleitet
werden kann, hat der Senat bereits in den Beschlüssen vom 30. September 1985 – L-3/S-170/85 – und 4. Februar
1986 – L-3/S-8/86 – entschieden. Ein weiterer gleichlautender Befangenheitsantrag der Klägerin ist mit Beschluss
vom 29. April 1986 – L-3/S-44/86 – als unzulässig verworfen worden. Soweit die Klägerin mit ihrem Schriftsatz vom
24. August 1987 und/oder vom 24. September 1987 erneut ein Befangenheitsgesuch wegen der Anforderung eines
Kostenvorschusses für ein nach § 109 SGG beantragtes Gutachten anbringen wollte, konnte dies vom SG mit
Stillschweigen übergangen werden (vgl. Bundessozialgericht – BSG – SozR § 41 ZPO Nr. 6; Meyer-Ladewig, SGG, 3.
Auflage, Anm. 10 zu § 60 m.w.N.), worauf die Klägerin im o.a. Beschluss vom 29. April 1986 bereits hingewiesen
worden ist.
Der Anspruch der Klägerin als Vertriebene im Sinne des § 1 BVG und Deutsche im Sinne des Art. 116 Grundgesetz
(GG) auf Gewährung einer Verletztenrente wegen in der UdSSR erlittener Gesundheitsstörungen beurteilt sich nach
dem Fremdrentengesetz (FRG) i.d.F. des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) vom 25.
Februar 1960 (BGBl. I 93). Nach § 5 FRG werden nach den für die gesetzliche Unfallversicherung maßgebenden
bundesrechtlichen Vorschriften auch außerhalb des Gesetzes aufgetretene Arbeitsunfälle und BKen entschädigt,
wenn für den Verletzten im Zeitpunkt des Unfalls bzw. des Eintritts der BK im Herkunftsland ein der RVO
vergleichbarer öffentlich-rechtlicher Unfallversicherungsschutz bestand oder unter den Voraussetzungen des § 5 Abs.
1 Nr. 2 b FRG nicht bestand und wenn er unter den für das Herkunftsland maßgeblichen Verhältnissen nach den im
Geltungsbereich des FRG geltenden Recht versichert gewesen wäre oder sich freiwillig hätte versichern können (vgl.
u.a. BSG SozR § 1 FRG Nr. 26; BSG SozR § 5 FRG Nrn. 7, 8; BSG SozR 5050 § 5 Nr. 1). § 7 FRG schreibt vor, daß
für Voraussetzungen, Art, Höhe und Dauer der Leistungen im übrigen die Vorschriften der gesetzlichen
Unfallversicherung gelten, die anzuwenden wären, wenn der Unfall oder die BK dort, wo sich der Berechtigte im
Geltungsbereich des FRG zur Zeit der Anmeldung gewöhnlich aufhält, ereignet hätte. Es kann im vorliegenden Fall
unterstellt werden, daß die Klägerin die versicherungsmäßigen Voraussetzungen für eine Leistungsberechtigung nach
dem FRG erfüllt, gleichgültig ob sie in der UdSSR in einem freien Arbeitsverhältnis oder – teilweise – in einem durch
Zwang begründeten Gewaltverhältnis gestanden hat (vgl. dazu BSGE 12, 71; 16, 140; BSG SozR § 5 FRG Nr. 6).
Soweit die Klägerin ihren Anspruch gegen die Beklagte auf schädigende Ereignisse stützt, für deren Folgen ihr durch
Bescheid vom 22. November 1988 des Versorgungsamtes Frankfurt am Main bereits Versorgung nach dem BVG
gewährt wird, liegen auch die Voraussetzungen einer Versicherungsfreiheit nach § 541 Abs. 1 Nr. 2 RVO (vgl. dazu
BSG SozR 3200 § 81 Nr. 13; Urteil des BSG vom 25. Oktober 1989 – 2 RU 40/86) schon deshalb nicht vor, weil diese
Vorschrift nur für Arbeitsunfälle gilt, die sich nach Inkrafttreten des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes
(UVNG) am 1. Juli 1963 ereignet haben (Art. 4 §§ 1 und 2 Abs. 1 UVNG). Für davorliegende schädigende Ereignisse
kommen, sofern sie nicht in die Zeit vom 1. Januar 1942 bis 8. Mai 1945 fallen, sowohl Ansprüche nach dem BVG als
auch nach dem 3. Buch der RVO in Betracht, deren Zusammentreffen sich ggf. nach § 65 BVG regelt (vgl.
Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Auflage, Band II, S. 478 g ff.; BSGE 23, 79). Der
Leistungsanspruch der Klägerin scheitert insgesamt jedoch daran, daß die übrigen Voraussetzungen für eine
Entschädigung der geltend gemachten Gesundheitsstörungen als BKen oder "wie eine BK” nicht erfüllt sind (§ 7 FRG
i.V.m. §§ 545 RVO a.F., 551 RVO n.F., Art. 4 § 2 Abs. 1 UVNG). Das steht zur Überzeugung des Senats nach dem
Gesamtergebnis des Verfahrens, u.a. den internistischen Gutachten des Dr. Sch. und Dr. G. vom 15. Juli 1981 und
16. Mai 1983, der chirurgischen Gutachten des Dr. We. vom 25. Oktober 1983 und des Dr. B. vom 2. September 1988
und 1. September 1989, der orthopädischen Gutachten vom 15. Januar 1982 und 9. Oktober 1986 des Prof. Dr. S.
sowie der Stellungnahme des Landesgewerbearztes Dr. W. vom 23. Februar 1982 fest. Entgegen der Ansicht der
Klägerin kann auch das für die Beklagte erstattete Gutachten vom 15. Januar 1982 des Prof. Dr. S. und die
gutachtliche Stellungnahme des Landesgewerbearztes zur Entscheidung herangezogen werden. Hierbei handelt es
sich nicht um gerichtliche Sachverständigengutachten im Sinne des § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. § 411 ZPO, so daß das
Urteil des BSG vom 28. März 1984 (SozR 1500 § 128 Nr. 24) nicht einschlägig ist. Vielmehr sind auch diese
Gutachten im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 SGG) im Wege des Urkundenbeweises (§ 118 Abs. 1 SGG
i.V.m. § 415 ff. ZPO) zu verwerten und können insoweit auch Entscheidungsgrundlage sein (BSG SozR § 118 SGG
Nr. 3; BSG SozR § 128 SGG Nr. 66; Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm. 12 zu § 118).
Aufgrund der Gutachten des Dr. Sch. und Dr. G. ist davon auszugehen, daß bei der Klägerin ein Magen- und
Blasenleiden sowie arterielle Durchblutungsstörungen nicht nachweisbar und in die weitere Prüfung deshalb auch nicht
einzubeziehen sind. Im übrigen leidet die Klägerin nach den Feststellungen des Dr. Sch. auf internistischem Gebiet an
einer latenten Herzinsuffizienz mit Coronar-Aortensklerose, einem Lungenemphysem und nach dem Gutachten des
Dr. G. außerdem an einer chronischen Halsentzündung sowie an den Folgen des im September 1976 operierten
Mamma-Carzinoms links. Auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet bestehen bei der Klägerin u.a. nach den
Gutachten des Prof. Dr. S. und des Dr. B. eine Periarthrosis humero-scapularis bds., eine beginnende, sekundäre
Hüftgelenksarthrose bds. bei Coxa vara bds., eine mediale Gonarthrose in den Kniegelenken und Retropatellararthrose
bds. bei Fehlform der Kniescheiben im Sinne eines Wibergtyps II bis III, statische Fußgerüstverbildungen mit
statischen Beinbeschwerden gefördert durch Übergewicht, eine Arthrose der Großzehengrundgelenke bds. bei Hallux
valgus, Senk-Spreiz-Fußdeformität und Fersensporn, eine einsetzende Heberden- und Bouchardarthrose an den
Fingern der Hände und leichte arthrotische Veränderungen im rechten Drehgelenk, eine geringe mäßiggradige
Uncarthrose und Spondylose der HWS, eine vermehrte Brustkyphose mit mäßiger Arthrose der Rippenwirbelgelenke
sowie Chondrosen und Osteochondrosen. Des weiteren wurde eine Spondylolyse und Spondylolisthese bei L 4/5 mit
völliger Zerstörung der Zwischenwirbelscheibe, Osteochondrose im Präsacralraum, mäßiger Spondylose und
Spondylarthrose der unteren LWS sowie ein ausgeprägtes Baastrupsyndrom in der unteren LWS diagnostiziert. Bei
allen diesen ärztlicherseits festgestellten Erkrankungen handelt es sich nicht um BKen. BKen sind nach § 551 Abs. 1
RVO nur solche Krankheiten, die die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen in einer
Rechtsverordnung als solche bezeichnet hat. Dabei darf der Verordnungsgeber nur solche Krankheiten als BK
bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht
worden sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige
Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 551 Abs. 1 Satz 2 RVO). Neben der Aufnahme der Krankheit in die Liste der BKen
aus den in § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO genannten Gründen ist für die Anerkennung als BK außerdem erforderlich, daß
sie mit der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit im Sinne der
Entstehung oder der Verschlimmerung durch die versicherte Tätigkeit wesentlich (mit) verursacht worden ist. Das gilt
auch für die Entschädigung einer Krankheit "wie eine BK” nach § 551 Abs. 2 RVO, die im Einzelfall dann in Betracht
kommt, wenn die Krankheit in der Rechtsverordnung nicht bezeichnet ist oder die dort bestimmten Voraussetzungen
nicht vorliegen, jedoch nach neuen Erkenntnissen die übrigen Voraussetzungen des § 551 Abs. 1 erfüllt sind.
Im vorliegenden Fall ist die 7. BKVO vom 20. Juni 1968 (BGBl. I 727) oder die zuvor seit 1943 geltende 4., 5. oder 6.
BKVO, nicht aber die VO zur Änderung der 7. BKVO vom 7. Dezember 1976 (BGBl. I 3329) anzuwenden, da die von
der Klägerin geltend gemachten internistischen und orthopädischen Leiden während ihrer Arbeit als Putzmaurerin (Mai
1946 bis März 1960, Juni 1962 bis November 1962), Malerin (Oktober 1964 bis Juli 1966) und Heizerin (Oktober 1966
bis April 1967, August 1967 bis September 1970) entstanden bzw. verstärkt worden sein sollen (vgl. auch BSG SozR
5670 Nr. 1 zur Anl. 1 Nr. 4302 BKVO; BSG SozR 5677 Nr. 1 zur Anl. 1 Nr. 46). Vom Krankheitsbild her unterfällt
allenfalls die Periarthrosis humero-scapularis der Liste der BKen. Ob es sich bei dieser Erkrankung nach den
anatomisch-pathologischen Voraussetzungen um eine Erkrankung der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes
sowie der Sehnen- oder Muskelansätze im Sinne der Nr. 43 der Anl. 1 zur 7. BKVO handelt, ist allerdings umstritten
(vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 2. Auflage, S. 423 f.). Im allgemeinen wird
jedenfalls ein Zusammenhang mit beruflichen Einflüssen verneint. Außerberufliche Schädigungsmöglichkeiten sind
auszuschließen. Unter die Nr. 43 der Anl. 1 zur 7. BKVO fallen u.a. auch nicht Folgezustände degenerativer und
anderer Veränderungen an Gelenken, insbesondere der HWS (vgl. Merkblatt des BMA zu Nr. 43 der Anl. 1 der 7.
BKVO und Nr. 2101 der Anlage zur BKVO vom 8. Dezember 1976). Derartige Veränderungen liegen bei der Klägerin
aber in Form einer gering- bis mäßiggradigen Uncarthrose und Spondylose der HWS und einer Verschmälerung des
Akromiogelenks vor. Ein Zusammenhang der Periarthrosis humero-scapularis bds. mit der Tätigkeit in der UdSSR
wurde auch von keinem der orthopädischen/chirurgischen Gutachter bejaht. Im übrigen wäre die Erkrankung nur dann
als BK zu entschädigen, wenn sie die Klägerin zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit
gezwungen hätte, wofür gleichfalls nichts ersichtlich ist. Das außerdem festgestellte Lungenemphysem stellt kein
Bronchialasthma im Sinne der Nr. 41 der Anl. 1 zur 7. BKVO dar und kommt auch ebensowenig wie der Brustkrebs
und die anderen bei der Klägerin nachgewiesenen Gesundheitsstörungen als Erkrankung verursacht durch Asbest in
Betracht. Insoweit ist in den Nrn. 30 und 31 der Anl. 1 zur 7. BKVO nur die Asbeststaublungenerkrankung
(Asbestose) und die Asbestose in Verbindung mit Lungenkrebs als BK aufgeführt. Da der Inhalation von
Asbeststäuben keine allgemein krebserzeugende Wirkung zukommt, ist auch eine Verursachung des bei der Klägerin
festgestellten Mamma-Carzinoms durch diesen Arbeitsstoff mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
auszuschließen, wie Dr. Sch. überzeugend dargelegt hat. Erkrankungen durch Nitrofarben und Lösungsmittel und evtl.
Lacke (BK nach den Nrn. 4, 5, 9 der Anl. 1 zur 7. BKVO) können schon deshalb nicht angenommen werden, weil nicht
festzustellen ist, daß die Klägerin Einwirkungen dieser Stoffe in einem die höchstzulässige Konzentration
übersteigenden Ausmaß ausgesetzt war. Gleiches gilt für die Arbeitsstoffe Zement, Kalk und Gips. Für die bei der
Klägerin bestehenden internistischen Krankheiten sind sie nach den Ausführungen des Dr. Sch. als
Schädigungsursache auch sonst nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen. Abgesehen davon handelt es sich bei dem
Lungenemphysem, der Herzinsuffizienz, Coronar-Aortensklerose und der chronischen Halsentzündung um
Allgemeinerkrankungen, die nach ärztlicher Beurteilung hinsichtlich Art und Ausmaß keine Besonderheiten aufweisen,
die einer Erklärung durch andere – berufliche – Ursachen bedürften. Ein Ursachenzusammenhang mit irgendwelchen
Einwirkungen bei der Arbeit in der UdSSR ist allein deshalb unwahrscheinlich; über wiegende medizinische Gründe
sprechen nicht dafür (BSG SozR § 542 RVO a.F. Nr. 20; Lauterbach/Watermann, Unfallversicherung, 3. Auflage,
Anm. 17 zu § 548). Damit entfällt auch von vornherein eine Entschädigung dieser Leiden "wie eine BK” nach § 551
Abs. 2 RVO. Entsprechendes gilt für die o.a. Veränderungen im Bereich der Hüften, Knie, Hände, Füße, der HWS und
BWS. Auch hinsichtlich dieser Gesundheitsstörungen ist mit Prof. Dr. S. und Dr. B. festzustellen, daß sie, soweit sie
nicht ohnehin anlage- bzw. konstitutionell bedingt sind, nach Entwicklungs- und Ausbildungsgrad im radiologischen
Befund über den altersphysiologischen Rahmen degenerativer Veränderungen nicht hinausgehen. Letzteres wäre für
die Anerkennung eines Kausalzusammenhangs mit der beruflichen Arbeit aber in jedem Fall zu fordern, selbst wenn
davon ausgegangen wird, daß die Klägerin bei ihrer 14jährigen Tätigkeit als Putzmaurerin in der Zeit von Mai 1946 bis
November 1962 und später auch als Malerin und Heizerin besonders schweren Belastungen in Bezug auf die
Wirbelsäule und den Bewegungsapparat ausgesetzt war.
Die schweren und von der Klägerin im einzelnen dargestellten körperlichen Belastungen bei der Arbeit sind schließlich
auch nicht mit Wahrscheinlichkeit Ursache im Rechtssinne für die weiterhin noch vorliegende Spondylolisthese bei L
4/5 oder das 1976 operierte Mamma-Carzinom. Zu letzterem hat Dr. B. in Übereinstimmung mit dem medizinischen
Schrifttum zu Recht darauf hingewiesen, daß es zur Annahme eines derartigen Kausalzusammenhangs des
Nachweises von Einwirkungen an dem späteren Ort der Tumorbildung bedarf, die so schwer waren, daß sie eine
längerdauernde und eingreifende Gewebs- und Stoffwechselstörung hervorrufen konnten, und außerdem das Vorliegen
von Brückensymptomen zu verlangen ist (vgl. auch Baumer/Fischer/Salzmann, Die gesetzliche Unfallversicherung,
Anm. 68 zu § 548 Stichwort "Brustkrebs” m.w.N.; Urteil des HLSG vom 3. September 1980 – L-3/U-219/80; Bayer.
LSG in BG 1965, 495; LSG Baden-Württemberg in Soz Entsch IV § 542 Nr. 75 und in Breithaupt 1955, 701). Traumen
dieser Intensität und Brückensymptome sind jedoch nicht erwiesen, d.h. mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit nicht festzustellen, da ärztliche Unterlagen mit Befunden und Beschwerden aus der UdSSR nicht
verfügbar sind. Es bleiben nur die naturgemäß unbestimmten und nicht objektivierbaren Angaben der Klägerin über
wiederholte Stöße, Prellungen, Quetschungen und Blutergüsse und das Auftreten von Schmerzen an der linken Brust
schon in den letzten Jahren in der UdSSR bzw. 1959/60. Außerdem wurde der Brustdrüsenkrebs bei der Klägerin erst
in erheblichem zeitlichem Abstand dazu im Jahre 1976 sowie in einem Alter festgestellt, in dem eine derartige
Erkrankung keine Seltenheit ist. Insoweit ist von Dr. B. sogar die Möglichkeit einer Kann-Versorgung nach dem BVG,
die es im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung in vergleichbarer Weise nicht gibt, abgelehnt worden. Die
Beklagte hat in ihrem Widerspruchsbescheid deshalb auch zu Recht eine Entschädigung des Mamma-Carzinoms
unter dem Gesichtspunkt eines Arbeitsunfalls abgelehnt.
Daß auch die Spondylolisthese (Wirbelgleiten) der Klägerin bei L 4/5 durch die Verhältnisse im russischen
Gewahrsam, u.a. insbesondere durch die hier allein maßgebenden Umstände der Berufsarbeit im Sinne der
Entstehung nicht verursacht worden sein kann, haben im übrigen Dr. B., Prof. Dr. S., Dr. We. und der
Landesgewerbearzt Dr. W. unter Berücksichtigung der grundlegenden medizinischen Erkenntnisse über die primäre
Ursache für das Zustandekommen dieser Erkrankung übereinstimmend und überzeugend dargelegt. Denn danach tritt
eine Spondylolisthese in der überwiegenden Zahl der Fälle aus angeborenen, konstitutionellen Gründen, nämlich
infolge einer angeborenen Spondylolyse (Spaltbildung) oder Hypoplasie im Zwischengelenksstück des Wirbelbogens
und bevorzugt an den Lendenwirbeln 5, 4 oder 3 auf (vgl. auch Günther-Hymmen, Unfallbegutachtung, 8. Auflage, S.
135; Liniger-Molineus, Der Unfallmann, 8. Aufl., S. 160 f.). Derartige Anomalien sind bei der Klägerin auch
röntgenologisch im Bereich des Wirbelbogens L 4 nachgewiesen worden. Daß das Grundleiden der Spondylolyse
durch die Arbeitstätigkeit in der UdSSR rechtlich wesentlich verschlimmert worden ist, d.h. hierdurch eine Erweiterung
der Defektbildung stattgefunden hat, kann ebenfalls nicht angenommen werden. Prof. Dr. S. hat dazu überzeugend
ausgeführt, daß aufgrund einer Reihe von Untersuchungen zur Entstehung und zum Verlauf der Spondylolisthese eine
evtl. Verursachung durch körperlich schwere Arbeit auch bei besonderer Beanspruchung der Wirbelsäule nicht
wahrscheinlich zu machen ist; vielmehr ist die Ursächlichkeit von Arbeitseinflüssen wenig wahrscheinlich (vgl. auch
LSG Niedersachsen in Breithaupt 1986, 667; zur ausnahmsweisen Verschlimmerung durch ein erhebliches
Unfallgeschehen vgl. auch Günther-Hymmen, a.a.O., S. 160 f., Baumer/Fischer/Salzmann, a.a.O., Anm. 68 zu § 548
Stichwort "Spondylolisthesis”). Objektive Befunde für eine Verschlimmerung der Spondylolyse durch die
Arbeitstätigkeit gibt es im Falle der Klägerin auch nicht, da Krankenunterlagen aus der UdSSR nicht existieren und
u.a. insbesondere keine Röntgenaufnahmen aus der Zeit vor der Internierung vorliegen, aus denen eine Erweiterung
der Defektbildung abgeleitet werden könnte. Soweit Dr. B. in seinem Gutachten vom 2. November 1988 eine
Schädigung nach dem BVG im Sinne einer nachhaltigen Verschlimmerung der Spondylolyse angenommen hat, wurde
dies auch nicht allein und entscheidend mit der Schwere der körperlichen Arbeit u.a. durch das Fehlen von
technischen Hilfen, sondern wesentlich damit begründet, daß die ersten Rückenbeschwerden 1946/47 und damit zu
einer Zeit aufgetreten seien, in der bei der Klägerin mit Wahrscheinlichkeit ein stark reduzierter Kräfte- und
Ernährungszustand mit Elastizitätsverlust der bindegewebigen Verbindung in dem fehlangelegten Bogen des 4. LWK
bestanden habe und vor allem die Wachstums- und Entwicklungsphase noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Für
die Art und den Zeitpunkt des Auftretens von Wirbelsäulenbeschwerden gibt es indes ebenfalls keine Belege durch
objektive ärztliche Befunde, sondern nur die nach Jahrzehnten gemachten Angaben der Klägerin, die nach den
Beweisanforderungen der gesetzlichen Unfallversicherung allein nicht ausreichen können. Für den Fall einer
Dekompensation des fehlangelegten Wirbelbogens bzw. einer Manifestation des Wirbelgleitens im Erwachsenenalter
hat Dr. B. aber ebenfalls eine anhaltende Verschlimmerung verneint, da in zwei Drittel der Fälle der Vorgang des
Wirbelgleitens mit der Beendigung des Wachstums abgeschlossen ist. Ob die schwere körperliche Belastung und
Beanspruchung der Wirbelsäule durch die Tätigkeit in der UdSSR zu einer nur vorübergehenden Dekompensation des
Wirbelgleitens im Sinne einer Schmerzwahrnehmung für die Dauer dieser Tätigkeit führen konnte und geführt hat,
kann dahinstehen, weil nach dem FRG Leistungen für die Zeit des gewöhnlichen Aufenthalts außerhalb des
Geltungsbereichs dieses Gesetzes nicht in Betracht kommt (§ 12 Abs. 1 FRG).
Im übrigen kommt eine Entschädigung der Spondylolyse und Spondylolisthese und aller weiteren Erkrankungen der
Klägerin gemäß § 551 Abs. 2 RVO auch deshalb nicht in Betracht, weil bislang keine verwertbaren medizinisch-
wissenschaftlichen Erkenntnisse – und zwar weder neue, d.h. nach der letzten Ergänzung der BKVO durch die VO
vom 22. März 1988 gewonnene noch alte – darüber vorliegen, daß Putzmaurer oder auch Maler oder Heizer bei ihrer
Tätigkeit in einem erheblich höheren Grad als die übrige Bevölkerung der Gefahr ausgesetzt sind, an einer
Spondylolyse und nachfolgenden Spondylolisthese oder an einem Brustkrebs oder den im übrigen geltend gemachten
orthopädischen und internistischen Leiden zu erkranken, insoweit also eine gruppentypische besondere Gefährdung
durch die Arbeitsleistung vorliegt (vgl. auch Urteile des LSG Niedersachsen vom 2. März 1988 – L-6/U-286/87 und 18.
Juli 1985 in Breithaupt 1986, 667). Angesichts der medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Entstehung
und den Verlauf dieser Erkrankungen spricht auch der Umstand, daß sie nicht nur in den Anlagen der 4. bis 7. BKVO
nicht aufgeführt sind, sondern auch bei der Änderung der Anlage durch die BKVO vom 8. Dezember 1976 und 22.
März 1988 (BGBl. I 400) nicht einbezogen wurden, dafür, daß medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse insoweit
nicht bzw. nicht in ausreichendem Maße vorliegen und vorgelegen haben und eine Berücksichtigung in der Liste der
BKen bislang nicht lediglich deshalb unterblieb, weil entsprechende "neue” Erkenntnisse dem Verordnungsgeber nicht
bekannt geworden sind. Ob der ursächliche Zusammenhang zwischen der körperlichen Arbeit und der Erkrankung
aufgrund der Beweiswürdigung im Einzelfall als hinreichend wahrscheinlich anzusehen ist, z.B. weil bestimmte
konstitutionelle Voraussetzungen, wie sie hier von Dr. B. für die Anerkennung einer anhaltenden Verschlimmerung der
Spondylolyse und Spondylolisthese gefordert wurden, vorgelegen haben, ist letztlich unerheblich. Vielmehr muß die
generelle Geeignetheit der Einwirkung auf die Entstehung oder Verschlimmerung der Krankheit in der medizinischen
Wissenschaft allgemein anerkannt sein (BSG SozR 2200 § 551 Nr. 18; Urteil des BSG vom 30. Juli 1987 – 2 RU
30/86). Die Vorschrift des § 551 Abs. 2 RVO will insoweit weder erreichen, daß jede Krankheit, deren ursächlicher
Zusammenhang mit der Berufstätigkeit im Einzelfall nachgewiesen oder hinreichend wahrscheinlich ist, "wie eine BK”
entschädigt werden soll, noch stellt sie eine "Härteklausel” dar, nach der nur deshalb zu entschädigen ist, weil die
Nichtentschädigung für den Betroffenen eine individuelle Härte bedeuten würde (BSG SozR 2200 § 551 Nr. 27).
Damit steht fest, daß die Beklagte zu Recht eine Entschädigung der geltend gemachten Gesundheitsstörungen als
BK oder "wie eine BK” abgelehnt hat. Ob es sich bei der festgestellten Arthrose des rechten Klein- und Zeigefingers
der rechten Hand um die Folge eines Arbeitsunfalls, d.h. eines bestimmten Ereignisses innerhalb einer Arbeitsschicht
handelt, hatte der Senat ebenso wie das SG nicht zu prüfen. Auf ein Unfallereignis hatte die Klägerin sich im
Verwaltungsverfahren nicht berufen; eine Prüfung und Entscheidung von Seiten der Beklagten unter diesem
Gesichtspunkt ist demgemäß nicht erfolgt. Soweit die Klägerin in erster Instanz für die Arthrose der genannten Finger
der rechten Hand erstmals ein Unfallereignis bzw. einen Sturz aus ca. 3 Meter Höhe mit einem zusammenbrechenden
Gerüst im Jahre 1948 verantwortlich gemacht hat, handelt es sich um eine Klageänderung im Sinne des § 99 Abs. 1
SGG, da durch die Einbeziehung eines weiteren Klagebegehrens der Klagegrund, also der dem Klageantrag
zugrundeliegende Lebenssachverhalt erweitert worden ist. Dieser Klageänderung hat die Beklagte nicht zugestimmt (§
99 Abs. 2 SGG). Sie ist auch nicht als sachdienlich zuzulassen, da über die geänderte Klage mangels Vorliegens
einer anfechtbaren Entscheidung und deswegen fehlender Prozeßvoraussetzung sachlich nicht entschieden werden
könnte (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm. 10, 14 zu § 99; Behn in ZfS 1987, 257, 261 ff.). Auch für eine Umdeutung
in eine Untätigkeitsklage besteht kein Raum, nachdem die Beklagte sich zur Erteilung eines Bescheides im Termin
zur mündlichen Verhandlung verpflichtet hat. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, diejenige über
die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.