Urteil des LSG Hessen vom 26.11.1990

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Hessisches Landessozialgericht
Urteil vom 26.11.1990 (rechtskräftig)
Sozialgericht Gießen S 12 Ar 1552/88
Hessisches Landessozialgericht L 6 Ar 498/89
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 28. Februar 1989 wird
zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin und dem Beigeladenen die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung eines Zuschusses zu Vorruhestandsleistungen für die Zeit ab dem 1.
Januar 1990 bis zum 31. August 1992 streitig.
Bei der Klägerin handelt es sich um ein Unternehmen, auf das der Tarifvertrag über Vorruhestand und Alters-
Teilzeitarbeit in der Chemischen Industrie vom 1. März 1985 Anwendung findet.
Der Beigeladene ist 1929 geboren. Er war vom 1. April 1962 bis zum 31. Dezember 1987 bei der Klägerin beschäftigt.
Der Beigeladene ist aufgrund einer am 1. Dezember 1987 abgeschlossenen Vorruhestandsvereinbarung aus den
Diensten der Klägerin ausgeschieden. Aufgrund dieser Vereinbarung erhält der Beigeladene von der Klägerin seit dem
1. Januar 1988 ein monatliches Vorruhestandsgeld, das sich ab dem 1. Januar 1988 auf zunächst 4.451,– DM brutto
belief.
Für den ausgeschiedenen Beigeladenen wurde mit Wirkung zum 15. Januar 1988 der am 1968 geborene eingestellt,
für den nach Abschluß seiner am 14. Januar 1988 beendeten Ausbildung nach den Feststellungen der Beklagten kein
Arbeitsplatz zur Verfügung stand.
Zum Zeitpunkt 30. Juni 1965 bestanden für den Beigeladenen bei der in folgende Kapitallebensversicherungsverträge:
Vertr.Nr. Beginn Vers.summe Ablauf d. Versicherung 1) 1.12.55 5.000,– 1.12.94 2) 1.10.62 15.000,– 1.10.94 3)
1.07.65 40.203,– 1.07.94
Diese Versicherungen wurden als sogenannte "Befreiungsversicherungen” geführt. Die Beitragsentrichtung auf diese
Verträge ist bis zum heutigen Tage ohne Unterbrechung erfolgt.
Aufgrund dieser Kapitallebensversicherungsverträge wurde der Beigeladene ab dem 1. Juli 1965 nach Art. 2 § 1
Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der
Angestellten, zu der er seit dem 1. Oktober 1950 Pflichtbeiträge entrichtet hatte, befreit.
Nach erfolgter Befreiung schloß der Beigeladenen folgende weitere Kapitallebensversicherungsverträge bei der ab:
Vert.Nr. Beginn Vers.summe Ablauf d. Versicherung 1) 1.2.69 30.000,– 1.2.95 2) 1.1.73 40.913,– 1.1.90
Auch diese Versicherungen wurden von der als "Befreiungsversicherungen” geführt. Einschließlich der Gewinnanteile
errechnete sich aus dem Versicherungsvertrag Nr. eine am 1. Januar 1990 fällige Kapitalleistung in Höhe von
65.020,20 DM mit einem monatlichen Rentenwert von 353,40 DM.
Seit Januar 1976 entrichtet der Beigeladene neben den Beiträgen für die Kapitallebensversicherungsverträge freiwillige
Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten nach Art. 2 § 54 a AnVNG in Höhe der Mittelbeiträge. Unter der
Voraussetzung der Weiterzahlung der freiwilligen Beträge wird der Beigeladene die 35jährige Wartezeit für die
Gewährung des vorgezogenen Altersruhegeldes (§ 25 Abs. 7 Angestelltenversicherungsgesetz – AVG –) ab August
1992 erfüllen.
Nach dem Ausscheiden des Beigeladenen aus den Diensten der Klägerin beantragte diese die Gewährung eines
Zuschusses zu den von ihr dem Beigeladenen geleisteten Vorruhestandsleistungen. Durch Bescheid vom 28. Juni
1988 wurde diesem Antrag für die Zeit vom 15. Januar 1988 bis längstens zum 31. Dezember 1989 entsprochen. Der
dagegen eingelegte Widerspruch, mit dem die Klägerin die Weitergewährung des Zuschusses bis zur Vollendung des
63. Lebensjahres des Beigeladenen begehrte, wurde durch Widerspruchsbescheid vom 27. September 1988
zurückgewiesen. Im Widerspruchsbescheid führte die Beklagte aus, § 2 Abs. 2 Vorruhestandsgesetz (VRG) schließe
eine Zuschußgewährung über den 31. Dezember 1989 hinaus aus. Denn ab diesem Zeitpunkt stünden dem
Beigeladenen Leistungen aus dem mit Wirkung zum 1. Januar 1973 abgeschlossenen befreienden
Lebensversicherungsvertrag zu. Die Leistung aus diesem Versicherungsvertrag sei nach § 2 Abs. 2 VRG als eine
dem § 2 Abs. 1 Nr. 1 b vergleichbare Leistung anzusehen. Da der Kläger für die Dauer von 14 Jahren und 7 Monaten
Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet und Beiträge für den am 1. Januar 1973 begonnenen
Lebensversicherungsvertrag für die Dauer von insgesamt 17 Jahren entrichtet worden seien, stellte die Leistung aus
diesem Versicherungsvertrag zugleich die Hauptversorgung des Beigeladenen dar. Dies schließe die Weitergewährung
eines Zuschusses zu den Vorruhestandsleistungen für die Zeit nach dem 31. Dezember 1989 aus.
Auf die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Gießen durch Urteil vom 28. Februar 1989 die angefochtenen
Bescheide der Beklagten abgeändert und die Beklagte dazu verurteilt, der Klägerin für den Beigeladenen auch in der
Zeit vom 1. Januar 1990 bis zum 31. August 1992 einen Zuschuß zu den Aufwendungen für die
Vorruhestandsleistungen zu gewähren. Das Sozialgericht hat die Auffassung vertreten, die mögliche
Inanspruchnahme von Leistungen aus den vom Kläger abgeschlossenen Versicherungsverträgen sei zwar
grundsätzlich mit der Möglichkeit der Geltendmachung eines Rentenanspruchs vergleichbar. Bei dem am 1. Januar
1990 fällig gewordenen Lebensversicherungsvertrag sei dies indes nicht der Fall, da dieser nicht der Hauptversorgung
des Beigeladenen diene. Insoweit komme es nicht auf einen Vergleich der zeitlichen Dauer des
Versicherungsvertrages mit der Zeit des Bestehens einer beitragspflichtigen Beschäftigung an. Maßgeblich sei
vielmehr die Höhe der zu erwartenden Altersbezüge des Beigeladenen. Bei einem solchen Vergleich ergebe sich, daß
die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung ab August 1992 monatlich mit etwa 1.350,– DM anzusetzen
seien, denen private Leistungen in Höhe von ca. 1.150, DM gegenüberstünden. Nicht zulässig sei es insbesondere,
allein auf den zuletzt abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag mit einem Verrentungswert von 353,40 DM
abzustellen, nachdem die weiteren vier befreienden Lebensversicherungen mit einem Verrentungswert von ca. 800,–
DM erst 1994 bzw. 1995 und somit erst nach dem Auslaufen der Vorruhestandsleistungen fällig würden. Diese
Lebensversicherungsverträge müßten vielmehr als Einheit angesehen werden, zumal nach den glaubhaften und
unwidersprochenen Ausführungen des Beigeladenen die Gesamtheit aller fünf Lebensversicherungsverträge neben
den Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung als zweites selbständiges Standbein der geplanten
Altersversorgung dienen sollten.
Gegen das der Beklagten am 3. April 1989 zugestellte Urteil richtet die am 27. April 1989 eingegangene Berufung. Die
Beklagte hält daran fest, daß der Anspruch auf Zuschuß zu den Vorruhestandsleistungen mit der Fälligkeit einer
befreienden Lebensversicherungsvertrages ende, wenn die Versicherung zugleich die Hauptversorgung darstelle. Dies
sei dann der Fall, wenn die zeitliche Dauer des Versicherungsvertrages bis zu der tatsächlichen oder zumutbaren
Inanspruchnahme länger sei als die Zeit des Bestehens einer beitragspflichtigen Beschäftigung in der gesetzlichen
Rentenversicherung ohne Ausfall – und Ersatzzeiten. Die Höhe der zu beanspruchenden Versicherungsleistung sei
dabei ohne Bedeutung. Darüber hinaus sei von Bedeutung, daß der Beigeladene mit einem Grad der Behinderung von
50 v.H. schwerbehindert sei. Da ein Schwerbehinderter, der der Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Rentenversicherung unterliege, mit 60 Jahren vorgezogenes Altersruhegeld beanspruchen könne, müsse – zur
Vermeidung einer Ungleichbehandlung von Schwerbehinderten, die rentenversicherungspflichtig seien und solchen,
die sich von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung hätten befreien lassen – auch ein von
der Versicherungspflicht befreiter Schwerbehinderter so behandelt werden, als erhalte er nach Vollendung des 60.
Lebensjahres eine ausreichende Geldrente aus der Lebensversicherung. Auch insoweit sei jedoch die Höhe der
tatsächlich gezahlten Leistungen aus der Lebensversicherung nicht von Bedeutung. All dies schließe einen Anspruch
der Klägerin auf Zuschußzahlungen für die Zeit nach dem 31. Dezember 1989 aus.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 28. Februar 1989 aufzuheben und die Klage
abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hält die sozialgerichtlichen Entscheidung für zutreffend.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vertrags der Beteiligten wird im übrigen auf den gesamten weiteren
Inhalt der Gerichtsakte, die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten (VOG – Stammnr. ) sowie die weiterhin
beigezogene Versichertenakte der Bundesanstalt für Angestellte des Beigeladenen (Vers.Nr. ) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) ist zulässig.
Berufungsausschließungsgründe nach §§ 144 ff. SGG liegen nicht vor. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Im
Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte zur
Zuschußgewährung auch über den 31. Dezember 1989 hinaus verurteilt.
Nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Förderung von Vorruhestandsleistungen (Vorruhestandsgesetz – VRG –) gewährt
die Bundesanstalt für Arbeit Arbeitgebern Zuschüsse zu den Aufwendungen für Vorruhestandsleistungen an
Arbeitnehmer, die das 58. Lebensjahr vollendet und ihre Erwerbstätigkeit beendet haben. Der Anspruch auf den
Zuschuß setzt nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 b VRG in der hier allein in Betracht kommenden Alternative voraus, daß der
Arbeitgeber aufgrund eines Tarifvertrages Vorruhestandsgeld bis zum Ablauf des Kalendermonats zu zahlen hat, in
dem der ausgeschiedene Arbeitnehmer das 65. Lebensjahr vollendet, längstens jedoch bis zum Ablauf des
Kalendermonats vor dem Monat, von dem ab der ausgeschiedene Arbeitnehmer Altersruhegeld vor Vollendung des
65. Lebensjahres, Knappschaftsausgleichsleistungen oder ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art beanspruchen
kann.
Gemäß § 2 Abs. 2 VRG stehen den in Abs. 1 Nr. 1 b genannten Leistungen vergleichbare Leistungen einer
Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder eines Versicherungsunternehmens gleich, wenn der
ausgeschiedene Arbeitnehmer in der vorhergehenden Beschäftigung von der Versicherungspflicht in der
Rentenversicherung befreit war.
Da dem Beigeladenen solche Leistungen unzweifelhaft ab dem 15. Januar 1988 jedenfalls zunächst nicht
zugestanden haben und auch die übrigen Voraussetzungen für die Zuschußgewährung – insbesondere hinsichtlich der
Wiederbesetzung des Arbeitsplatzes des Beigeladenen nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 VRG – erfüllt waren, ist der Klägerin ab
diesem Zeitpunkt zu Recht der beantragte Zuschuß gewährt worden.
Der Anspruch auf die Zuschußgewährung ist mit Ablauf des 31. Dezember 1989 auch nicht erloschen.
§ 5 Abs. 1 Nr. 2 VRG sieht ein solches Erlöschen mit dem Beginn des Monats vor, für den der ausgeschiedene
Arbeitnehmer eine der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 b genannten Altersrenten oder Altersbezüge oder eine Leistung
beanspruchen kann, die nach § 2 Abs. 2 VRG den Altersrenten oder Altersbezügen gleichgestellt ist Auch der
maßgebliche Tarifvertrag über Vorruhestand und Alters-Teilzeitarbeit in der Chemischen Industrie vom 1. März 1985
enthält in seinem § 16 Abs. 1 b eine im wesentlichen gleichlautende Bestimmung, die den Wegfall des Anspruchs auf
Vorruhestandsgeld des ausgeschiedenen Arbeitnehmers gegenüber seinem früheren Arbeitgeber in Anlehnung an § 5
Abs. 1 Nr. 1 VRG regelt.
Entgegen der Annahme der Beklagten sind die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 VRG vorliegend nach Ablauf
des 31. Dezember 1989 nicht eingetreten. Denn bei den Zahlungen, die der Beigeladene aus dem mit der
abgeschlossenen Versicherungsvertrag Nr. dem 1. Januar 1990 beanspruchen kann, handelt es sich um keine
gleichgestellten Leistungen i.S. von § 2 Abs. 2 VRG.
Gleichgestellte Leistungen aus Lebensversicherungsverträgen können nach Auffassung des Senats lediglich solche
Leistungen sein, die aus Verträgen gezahlt werden, die ihrerseits anstelle der sonst bestehenden
Rentenversicherungspflicht abgeschlossen und mit einer entsprechenden Beitragsentrichtung kontinuierlich fortgeführt
worden sind. Bei einer solchermaßen kontinuierlichen Fortführung dieser Verträge kommen dagegen
Leistungsansprüche nicht als gleichgestellte Leistungen in Betracht, die aus nachfolgend abgeschlossenen Verträgen
entstehen, die ihrerseits eine zusätzliche Alterssicherung bewirken sollen (vgl. zur "zusätzlichen” Alterssicherung,
Faude/Schüren, Vorruhestandsgesetz, Anm. 14 zu § 2).
Dies ergibt sich bereits daraus, daß das Gesetz nicht generell jegliche Versicherungsleistungen in die
Gleichstellungsregelung einbezieht, sondern die Gleichstellung an den Personenkreis bindet, der von der
Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit war. Daraus wird zugleich deutlich, daß
Versicherungsleistungen, etwa aus Lebensversicherungsverträgen, nicht unabhängig von der Art ihrer Anknüpfung und
Entstehung in die Gleichstellungsregelung einbezogen Werden können, sondern nur insoweit, als ein unmittelbarer
Zusammenhang mit dem Befreiungstatbestand gegeben gewesen ist. Eine solche Auslegung gebietet insbesondere
auch der Gleichheitssatz des Art. 3 Grundgesetz, der es ausschließt, Leistungen aus einer zusätzlichen
Alterssicherung bei nicht von der Rentenversicherungspflicht Befreiten beim Wegfalltatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 2
VRG unbeachtlich zu lassen, während dies bei gleichgelagerten Leistungen der von der Rentenversicherungspflicht
Befreiten nicht der Fall wäre.
Daß insbesondere der Vertrag Nr. des Beigeladenen in diesem Sinne der zusätzlichen Alterssicherung diente, läßt
sich schon aus dem Vertragsbeginn ableiten, der 6 1/2 Jahre nach der erfolgten Befreiung von der
Rentenversicherungspflicht liegt und insoweit einen Zusammenhang mit dieser Befreiung nicht mehr erkennen läßt.
Daß dieser Vertrag vom Versicherungsunternehmen unter denselben Voraussetzungen und den gleichen Bedingungen
abgeschlossen worden ist, wie dies bei den ersten drei Verträgen der Fall war, und auch für die späteren Verträge die
Bezeichnung als "befreiende Lebensversicherung” gewählt worden ist, ändert am Charakter dieser "Zusätzlichkeit”
nichts. Nicht zu prüfen war deshalb auch, in welcher Höhe zum Zeitpunkt 1. Januar 1973 – dem Vertragsbeginn des
umstrittenen Lebensversicherungsvertrages – vom Beigeladenen tatsächlich Beiträge für
Lebensversicherungsverträge geleistet worden sind und ob deren Höhe dem entsprach, was ggf. ansonsten als
Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung hätte entrichtet werden müssen. Denn die Wirkung der Befreiung beim
Beigeladenen war nicht davon abhängig, daß ihre Voraussetzungen auch noch nach dem 1. Juli 1965 vorgelegen
haben (BSG Urteil vom 22. Mai 1985 – 1 RS 1/84 = SozR 5755 Art. 2 § 1 Nr. 6 m.w.N.). Jeder nachfolgend
abgeschlossene Versicherungsvertrag erhält dadurch das Merkmal der Zusätzlichkeit und zwar unabhängig von
seinem Fälligkeitsdatum und der durch ihn zu erwartenden Leistungshöhe. Voraussetzung ist lediglich, daß die zum
Zeitpunkt der Befreiung abgeschlossen gewesenen Kapitallebensversicherungsverträge auch weiterhin Bestand
gehabt haben und für sie regelmäßig Beiträge entrichtet worden sind. Dies ist vorliegend der Fall.
Allerdings ist auch die Leistungshöhe im Falle des Versicherungsvertrags vom 1. Januar 1973 ein Merkmal dafür, daß
es sich bei ihr – wie das Sozialgericht zu Recht ausgeführt hat – nicht um eine gleichgestellte Leistung gemäß § 2
Abs. 2 VRG handelt.
Die Regelungen des VRG und die darauf beruhenden Tarifverträge gehen davon aus, daß das Vorruhestandsgeld zu
einer Substitution des Arbeitseinkommens führt. Dementsprechend muß auch dem auf einer gleichgestellten Leistung
beruhenden Wegfalltatbestand hinsichtlich des Vorruhestandsgeldes – und demzufolge auch hinsichtlich der
Zuschußgewährung – eine solche Substitutionswirkung innewohnen. Ähnlich wie dies bei der Ruhensbestimmung des
§ 118 Abs. 1 Nr. 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) für "ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art” gilt (vgl. dazu BSG
Urteil vom 9. November 1983 – 7 RAr 58/82 = SozR 4100 § 118 Nr. 12 m.w.N.), muß die entsprechende Leistung ihrer
Gesamtkonzeption nach so bemessen sein, daß sie im allgemeinen den Lebensunterhalt sicherstellen kann.
Dies ist bei den Leistungen, die dem Beigeladenen aus dem Lebensversicherungsvertrag vom 1. Januar 1973
zustehen, ersichtlich nicht der Fall.
Ab August 1992 – dem Zeitpunkt des voraussichtlichen Anspruchsbeginns auf das vorgezogene Altersruhegeld – hat
der Beigeladene, wie die Beklagte ermittelt hat, nach den derzeitigen Berechnungsgrundlagen aus der
Rentenversicherung der Angestellten eine Rente von etwa 1.350,– DM zu erwarten. Der Rentenwert der
abgeschlossenen Lebensversicherungsverträge wird zu diesem Zeitpunkt mit insgesamt etwa 1.133,– DM anzusetzen
sein. Der Betrag von 2.483,– DM wird demnach rechnerisch die Gesamtversorgung des Beigeladenen nach dem
Erreichen des Rentenalters darstellen, mit der Besonderheit, daß allerdings ein Teil dieser Ansprüche erst nach
diesem Zeitpunkt fällig wird. Demgegenüber beträgt der Leistungsanspruch aus dem derzeit allein fälligen Vertrag vom
1. Januar 1973 gerade ein Siebtel dieser Gesamtversorgung. In der Gesamtkonzeption beim Aufbau einer
Altersversorgung durch den Beigeladenen, deren Schwerpunkt durch die Leistungen aus der gesetzlichen
Rentenversicherung auf den Zeitpunkt des Eintritts des 62. Lebensjahres ausgerichtet ist, spielt die
Versicherungsleistung aus dem Versicherungsvertrag vom 1. Januar 1973 damit lediglich eine untergeordnete Rolle,
die auch aus diesem Grunde eine Gleichstellung gemäß § 2 Abs. 2 VRG nicht erlaubt.
Die zeitliche Dauer der Beitragsentrichtung für diesen Versicherungsvertrag, die die Beklagte als das maßgebliche
Kriterium ansieht, ist insoweit demgegenüber ohne Belang. Sie findet keinerlei Stütze im Gesetz. Ohnehin ist insoweit
nicht nachvollziehbar, weshalb allein auf einen zeitlichen Vergleich der Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen
Rentenversicherung mit den Beitragszeiten des Versicherungsvertrages vom 1. Januar 1973 abgestellt werden soll.
Wenn überhaupt, so kann alleine auf einen zeitlichen Vergleich zwischen diesen Beitragszeiten und derjenigen
Beitragsdauer abgestellt werden, die zur Hauptversorgung des Beigeladenen führen wird. Ein Vergleich mit den
Gesamtbeitragszeiten in der Rentenversicherung der Angestellten ergibt aber – selbst ohne Ausfall- und Ersatzzeiten
– bereits eine längere Beitragsentrichtungszeit für die den Schwerpunkt bildende Altersversorgung aus der
gesetzlichen Rentenversicherung des Beigeladenen gegenüber der Beitragsdauer hinsichtlich des
Versicherungsvertrages vom 1. Januar 1973.
Auch aus diesem Grunde war nach alledem die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.