Urteil des LSG Hamburg vom 24.02.2011

LSG Ham: venire contra factum proprium, vergütung, krankenkasse, verordnung, taxe, leistungserbringer, lieferung, form, verfügung, abrechnung

Landessozialgericht Hamburg
Urteil vom 24.02.2011 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hamburg S 37 KR 486/06
Landessozialgericht Hamburg L 1 KR 32/08
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 18. Juni 2008 abgeändert. Die
Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 2.217,13 nebst 5 v.H. über dem Basiszinssatz ab dem 17. Mai 2006 zu
zahlen. 2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. 3. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Die
Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung für von der Klägerin im Direktvertrieb an Arztpraxen geliefertes
Verbandsmaterial als Sprechstundenbedarf.
Die Klägerin vertreibt Medizinprodukte, unter anderem Verbandsmaterial, sowohl über Apotheken und Fachhandel als
auch im Direktvertrieb gegenüber Ärzten in Praxen und Kliniken. Aufgrund der zwischen der Kassenärztlichen
Vereinigung Hessen und der Beklagten sowie weiteren Krankenkassen geschlossenen Vereinbarung über die
vertragsärztliche Verordnung von Sprechstundenbedarf vom 7. November 1994 (SSBV; Stand: Juli 2005) haben die
Vertragsärzte in Hessen die Möglichkeit, Sprechstundenbedarf zu Lasten der Beklagten auf Rezept zu verordnen, um
dadurch ihre Bestände wieder aufzufüllen. Die Verordnungen werden von den Ärzten an den jeweiligen Lieferanten
geschickt, der die Artikel wiederum direkt an den Arzt liefert. Die Abrechnung erfolgt seitens des Lieferanten allein
gegenüber der Beklagten, die den Ausgleich im Innenverhältnis mit den übrigen Krankenkassen vornimmt (§ 1 Abs. 1
SSBV). Als Sprechstundenbedarf gelten nur solche Mittel, die ihrer Art nach bei mehr als einem Versicherten
Verwendung finden oder bei Notfällen sowie im Zusammenhang mit einem ärztlichen Eingriff bei mehr als einem
Patienten zur Verfügung stehen müssen (§ 2 Abs. 1 S. 2 SSBV).
In der Vergangenheit erfolgte die Abrechnung und Vergütung des von der Klägerin gelieferten Sprechstundenbedarfs
stets nach Maßgabe der in der Lauer-Taxe (ABDA-Artikelstamm/Große Deutsche Spezialitätentaxe) enthaltenen
Netto-Listenpreise zuzüglich Mehrwertsteuer, die allerdings den mit den Apotheken seinerzeit vereinbarten Preisen
weitgehend entsprachen. Zum 1. März 2005 schlossen die Verbände der Primärkrankenkassen mit dem H.
Apothekerverband e.V. einen neuen Arzneilieferungsvertrag, der unter anderem eine Sonderpreisliste für als
Sprechstundenbedarf gelieferte Verbandsstoffe mit niedrigeren Preisen als bisher enthält. Diese Preise legte die
Beklagte ab Mai 2005 auch der Abrechnung gegenüber Direktlieferanten zugrunde, indem sie die Rechnungen
entsprechend kürzte und in einem Begleitschreiben auf die geänderte Vergütungspraxis hinwies. Mit Schreiben vom
12. Juli 2005 widersprach die Klägerin unter Bezugnahme auf ein Schreiben der Beklagten vom 21. Juni 2005 den
Rechnungskürzungen sowie der Auffassung der Beklagten und forderte die Nachzahlung der Differenzbeträge.
Nach weiterem Schriftwechsel hat die Klägerin am 17. Mai 2006 Klage erhoben und vorgetragen, ihr Anspruch auf
Zahlung einer höheren Vergütung ergebe sich aus den mit der Beklagten geschlossenen Kaufverträgen. Die zwischen
den Vertragsparteien vereinbarte Vergütung entspreche den Preisen der Lauer-Taxe, sodass die Beklagte hiervon
nicht einseitig abweichen könne. Auch der objektive Verkehrswert der gelieferten Artikel werde durch die seit jeher
geltenden Listenpreise der Lieferanten, also durch die Lauer-Taxe, bestimmt. Die Beklagte habe sich in Widerspruch
zu der langjährigen gemeinsamen Praxis gesetzt und verstoße gegen das sich aus § 242 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs (BGB) ergebende Prinzip des "venire contra factum proprium". Schließlich habe der mit dem
Apothekerverband geschlossene Vertrag keine Drittwirkung für die Klägerin. Hinsichtlich der Höhe der geltend
gemachten Beträge hat die Klägerin auf ihre Aufstellung der eingereichten Rechnungen ab 15. Juni 2005 sowie die
darin aufgeführten Differenzbeträge zu den tatsächlich erfolgten Zahlungen verwiesen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass eine Vergütungsvereinbarung zwischen ihr und der Klägerin nicht
geschlossen worden sei. Sie sei daher auch nicht einseitig von einer vereinbarten Vergütung abgewichen, sondern
habe lediglich die vorgelegten Rechnungen nicht mehr nach den von der Klägerin einseitig festgelegten Preisen
vergütet. Gehe man davon aus, dass gemäß § 154 BGB keine Verträge zustande gekommen seien, komme allenfalls
Bereicherungsrecht in Betracht, sodass die Klägerin nach §§ 812, 818 Abs. 2 BGB Wertersatz geltend machen
könne. Die Höhe des Wertersatzes bestimme sich danach, was die Beklagte durch die Lieferung der Klägerin an
Aufwendungen erspart habe. Dies seien jedoch nur die Beträge nach Maßgabe der Sonderpreisliste des mit dem H.
Apothekerverband e.V. geschlossenen Vertrages.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 18. Juni 2008 – den Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 8.
Juli 2008 – abgewiesen und ausgeführt, zwischen den Beteiligten bestehe zwar eine vertragliche Vereinbarung, es
fehle aber an einer Einigung über die Vergütung. Diese Vertragslücke sei durch Auslegung zu schließen, wobei davon
auszugehen sei, dass die Beteiligten den angemessenen Preis vereinbart hätten. Dies sei der Marktpreis, also der
Durchschnittspreis der an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit gezahlten Preise, der sich aus der
Sonderpreisliste des mit dem H. Apothekerverband e.V. geschlossenen Vertrages ergebe. Folge man demgegenüber
der Auffassung der Klägerin, dass die dortigen Preise nicht die vereinbarten Preise seien, fehle es an einer
vertraglichen Vereinbarung und ein Anspruch ergebe sich lediglich aus Bereicherungsrecht. Die Beklagte wäre der
Klägerin zum Ersatz des objektiven Verkehrswertes verpflichtet, der ebenfalls der geleisteten Vergütung nach der
Sonderpreisliste entspreche.
Die Klägerin hat dagegen am 21. Juli 2008 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, entgegen der Auffassung des
Sozialgerichts liege eine Einigung der Beteiligten über die Vergütung vor, sodass eine Vertragslücke nicht bestehe
und für eine Auslegung kein Raum sei. Zwar gebe es keine schriftliche Vereinbarung, eine Einigung sei jedoch durch
die mehr als 20 Jahre andauernde Vertragspraxis erfolgt, sodass die Beklagte auch weiterhin diese vereinbarte
Vergütung zu zahlen habe. Verträge könnten auch stillschweigend geschlossen und durchgeführt werden. Hier sei die
Annahme des Vertragsangebots der Klägerin, zu den Preisen der Lauer-Taxe zu liefern, spätestens im Zeitpunkt der
Rechnungsbegleichung erfolgt. Die Behauptung, dass jede Lieferung einen neuen Vertragsschluss beinhalte, sei
demgegenüber eine lebensfremde Aufspaltung des bestehenden Dauervertragsverhältnisses. Selbst wenn man aber
davon ausginge, dass es an übereinstimmenden Willenserklärungen hinsichtlich der Preise fehle, wäre dies allenfalls
ein verdeckter Dissens, sodass der Vertrag nach § 154 BGB lediglich "im Zweifel" als nicht geschlossen gelte.
Aufgrund der langjährigen Vertragspraxis seien aber die Voraussetzungen dieser Zweifelsregelung nicht gegeben.
Weiterhin sei entgegen der Auffassung des Sozialgerichts der Marktpreis auch keineswegs immer der angemessene
Preis. Vielmehr sei aufgrund der langjährigen deutschlandweiten Abrechnung nach Maßgabe der Lauer-Taxe dies der
marktübliche Preis. Aufgrund des bestehenden Vertrages könne Bereicherungsrecht nicht zur Anwendung kommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 18. Juni 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin
EUR 99.201,80 zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozent über dem Basiszinssatz seit dem 18. März 2006 aus EUR
39.509,41 sowie seit dem 23. Januar 2007 aus EUR 31.881,59 sowie aus EUR 27.810,79 ab Rechtshängigkeit zu
zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt vor, es gehe vorliegend nicht um die Beanstandung von
bereits bezahlten Rechnungen, sondern um solche Rechnungen, die die Beklagte gerade nicht widerspruchslos
entgegen genommen habe. Die Beklagte habe der Klägerin mitgeteilt, dass sie die von ihr vorgegebenen Preise nicht
mehr in der gewünschten Höhe bezahlen werde, da sie dem aktuellen Preisgefüge nicht mehr entsprächen. Da es eine
Einigung über den Preis somit nicht gegeben habe, habe das Sozialgericht den Vertrag zu Recht diesbezüglich
ausgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte und die Verwaltungsakte der
Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige (§§ 143, 151 SGG) Berufung ist nur zu
einem geringen Teil begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung von weiteren EUR 2.217,13 nebst
Zinsen beanspruchen. Darüber hinaus gehende Ansprüche hat sie nicht.
Der Anspruch auf Zahlung einer weiteren Vergütung in Höhe von EUR 2.217,13 ergibt sich aus § 433 Abs. 2 BGB, der
gemäß § 69 Abs. 1 S. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) auf die
Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern grundsätzlich anwendbar ist. Die Klägerin
gehört zwar nicht zu den in §§ 124 ff. SGB V genannten Leistungserbringern, sie ist diesen aber gemäß § 1 Ziffer 1.6
der Richtlinien der Spitzenverbände der Krankenkassen nach § 302 Abs. 2 SGB V über Form und Inhalt des
Abrechnungsverfahrens mit "Sonstigen Leistungserbringern" sowie mit Hebammen und Entbindungspflegern (§ 301 a
SGB V) in der Fassung vom 9. Mai 1996 (BAnz Nr. 112 vom 20.06.1996), zuletzt geändert durch Beschluss vom 20.
November 2006, gleichgestellt.
Zwischen den Beteiligten sind in der Vergangenheit Kaufverträge über die gelieferten Sprechstundenbedarfsartikel
zustande gekommen. Im Leistungserbringerrecht besteht ein Dreiecksverhältnis zwischen Leistungserbringer,
Krankenkasse und Versicherten, wobei typischerweise ein unmittelbarer Austausch von Willenserklärungen zwischen
dem Leistungserbringer und der Krankenkasse nicht stattfindet. Vielmehr handelt der Vertragsarzt, der die
entsprechende Verordnung für den Versicherten ausstellt, damit als Vertreter der Krankenkasse und gibt mit Wirkung
für und gegen diese eine Willenserklärung ab. Der Leistungserbringer, dem das Vertragsangebot der Krankenkasse
mit der Vorlage der vertragsärztlichen Verordnung angetragen wird, nimmt dieses an, indem er dem Versicherten die
Leistung zur Verfügung stellt. Es handelt sich mithin um einen zwischen der Krankenkasse und dem
Leistungserbringer – unter Einschaltung des Vertragsarztes als Vertreter der Krankenkasse – geschlossenen Vertrag
zugunsten des Versicherten. Der Leistungserbringer, der einem Versicherten aufgrund einer vertragsärztlichen
Verordnung eine Leistung zur Verfügung stellt, erwirbt dadurch einen vertraglichen Zahlungsanspruch gegen die
Krankenkasse (BSG, Urteil vom 17.01.1996 – 3 RK 26/94 zur Arzneimittelversorgung durch Apotheken; LSG
Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.03.2005 – L 5 KR 84/03; beide Juris).
Etwas anderes ergibt sich vorliegend nicht daraus, dass das gelieferte Verbandsmaterial nicht für einen bestimmten
Versicherten verordnet worden war, sondern als Sprechstundenbedarf für eine Vielzahl von Patienten zur Verfügung
stehen sollte. Auch die Verordnung von Verbandmitteln gehört zur vertragsärztlichen Versorgung (§ 73 Abs. 2 Nr. 7
SGB V). Aufgrund der SSBV besteht zwischen Ärzten, Krankenkassen und Lieferanten Einigkeit darüber, dass der
Vertragsarzt die benötigten Artikel des Sprechstundenbedarfs zu Lasten der Beklagten verordnet und die Verordnung
sodann an die Apotheke oder einen sonstigen Lieferanten übersendet. Werden die Artikel vom Lieferanten an den Arzt
geschickt, sieht § 2 Abs. 7 der SSBV ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass der Lieferant direkt mit der Beklagten
abrechnet.
Voraussetzung für das Zustandekommen eines Kaufvertrags ist allerdings, dass über alle wesentlichen
Vertragsbestandteile Einigkeit besteht, beim Kaufvertrag muss dies also den Kaufgegenstand und den Preis betreffen
(Backmann in jurisPK-BGB, § 145 Rn. 15). Fehlt es an einer solchen Einigung über die wesentlichen Punkte, ist der
Vertrag nicht geschlossen (§ 154 Abs. 1 S. 1 BGB). Eine ausdrückliche Einigung über den jeweils zu erbringenden
Kaufpreis hat es zwischen den Beteiligten zu keinem Zeitpunkt gegeben; insbesondere haben sie keinen schriftlichen
Rahmenvertrag geschlossen. Eine Einigung kann aber auch durch schlüssiges Handeln, insbesondere durch eine im
Rahmen einer dauernden Geschäftsverbindung bestehende langjährige unbeanstandete Praxis der
Vertragsdurchführung, erfolgen. Der Inhalt des Vertrages richtet sich dann danach, wie die Parteien ihn tatsächlich
durchführen (LG Mannheim, Urteil vom 10.12.2004 – 23 O 89/04; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.11.1994 – 22 U
59/94; beide Juris).
Vorliegend hat in der Vergangenheit Einigkeit darüber bestanden, dass das gelieferte Verbandsmaterial zu den in der
Lauer-Taxe angegebenen Preisen abgerechnet werden sollte, da dies der langjährigen unbeanstandeten
Vertragspraxis entsprach. Solange die Beklagte der Klägerin gegenüber nicht zum Ausdruck gebracht hat, dass sie
diese Praxis nicht fortführen will, konnte und musste die Klägerin nach dem objektiven Empfängerhorizont davon
ausgehen, dass das durch die vertragsärztliche Verordnung erfolgende Kaufvertragsangebot weiterhin zu den
bisherigen Bedingungen erfolgte. Ihre in der Lieferung an den Vertragsarzt bestehende Annahme dieses Angebots
bezog sich daher ebenfalls auf die bisher üblichen Preise, sodass die Verträge jeweils zu diesen Bedingungen
zustande kamen.
Für den Zeitpunkt, zu dem die Beklagte erstmals darauf hingewiesen hat, dass sie an der bisherigen
Vergütungspraxis nicht mehr festhält, trägt diese die Feststellungslast. In Ermangelung weiterer Anhaltspunkte steht
lediglich fest, dass der Klägerin dies jedenfalls am 12. Juli 2005 bekannt war, da sie mit Schreiben von diesem Tag
der Auffassung der Beklagten ausdrücklich entgegen getreten ist. Die Kürzungen der vor diesem Zeitpunkt erstellten
Rechnungen vom 15. und 17. Juni 2005 erfolgte somit zu Unrecht. Der Nachzahlungsbetrag in Höhe von EUR
2.217,13 ergibt sich aus der rechnerisch unbeanstandeten Aufstellung der Klägerin.
Die Beklagte hat diesen Betrag gemäß § 61 S. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und
Sozialdatenschutz (SGB X) in Verbindung mit §§ 291, 288 BGB mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab
Rechtshängigkeit der Klage – hier also ab dem 17. Mai 2006 (§ 94 SGG) – zu verzinsen (vgl. BSG, Urteil vom
22.03.2006 – B 3 KR 6/05 R – Juris). Für den geltend gemachten höheren Zinsanspruch der Klägerin gibt es keine
Rechtsgrundlage.
Darüber hinaus gehende Zahlungsansprüche hat die Klägerin nicht. Ab dem Zeitpunkt, in dem die Beklagte der
Klägerin gegenüber unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, dass sie die bisherigen Preise nicht mehr zahlen
will, sind Verträge zwischen den Beteiligten nicht mehr zustande gekommen. Einen Grundsatz, nach dem eine
bisherige Vergütungsvereinbarung bis zum Abschluss einer neuen vertraglichen Übereinkunft fortbestehen würde, gibt
es nicht (BSG, Urteil vom 13.05.2004 – B 3 KR 2/03 R – Juris). Die Vertragsangebote der Beklagten erfolgten
vielmehr auf Basis der neuen Kaufpreise. Diese Angebote hat die Klägerin modifiziert angenommen, weil sie deutlich
gemacht hat, nur zu den bisher geltenden Preisen liefern zu wollen. Dies ist gemäß § 150 Abs. 2 BGB als Ablehnung
zu werten, verbunden mit einem neuen Antrag. Zwar bestand zwischen den Beteiligten Einigkeit, dass der
Sprechstundenbedarf durch die Klägerin geliefert werden sollte, jedoch wollte jede Seite die Verträge nur auf der
Grundlage ihrer eigenen Preisvorstellungen abschließen. Mangels Einigung über alle wesentlichen
Vertragsbestandteile sind Verträge nicht zustande gekommen (§ 154 Abs. 1 S. 1 BGB). Ebenso wenig besteht ein
einseitiges Preisbestimmungsrecht eines der Beteiligten entsprechend §§ 315, 315 BGB, da dies dem erkennbaren
Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufen würde, wonach Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern im
freien Spiel der Kräfte marktgerecht ausgehandelt werden sollen (BSG, Urteil vom 13.05.2004, a.a.O.).
Grundlage der Zahlungsansprüche der Klägerin war daher ab 12. Juli 2005 nur noch Bereicherungsrecht in Form einer
Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. i.V.m. § 818 Abs. 2 BGB). Es handelte sich jeweils um Leistungen im
Dreiecksverhältnis, da neben der Klägerin und der Beklagten noch die Versicherten eingebunden waren, für die das
gelieferte Verbandmaterial in der Arztpraxis verwendet werden sollte. Die Klägerin wollte mit der Lieferung des
Verbandmaterials aber keine Leistung gegenüber den Versicherten erbringen, sondern deren Anspruch gegen die
Krankenkasse auf Sachleistungen erfüllen (vgl. BSG, Urteil vom 13.05.2004, a.a.O.). Durch das Tätigwerden der
Klägerin ist daher die Beklagte von ihren Verbindlichkeiten gegenüber den Versicherten befreit worden, ohne dass
hierfür ein Rechtsgrund in Form einer vertraglichen Vereinbarung bestand. Da die Herausgabe des dadurch Erlangten
aufgrund seiner Beschaffenheit nicht möglich ist, muss die Beklagte Wertersatz leisten (§ 818 Abs. 2 BGB).
Maßgeblich hierfür ist der objektive Verkehrswert des Erlangten. Der objektive Verkehrswert für die Befreiung von den
Sachleistungsansprüchen gegenüber den Versicherten wird durch den finanziellen Aufwand dargestellt, den die
Beklagte ihrerseits erspart hat (BSG, Urteil vom 13.05.2004, a.a.O.). Da die Beklagte ab März 2005 gegenüber den
Apotheken und ab Mai 2005 auch gegenüber den anderen Direktlieferanten nur noch die Preise entsprechend der
Sonderpreisliste abgerechnet hat, sind dies die Vergütungssätze, die sie hätte aufwenden müssen, wenn sie den
Sprechstundenbedarf ohne die Einschaltung der Klägerin hätte finanzieren müssen (vgl. LSG Schleswig-Holstein,
a.a.O.). Angesichts des Umstandes, dass nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten lediglich 2 % des
Gesamtvolumens für Verbandstoffe durch die Klägerin abgedeckt wurden, hätte sie die Versorgung auch ohne diese
sicherstellen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 1 S. 3
Verwaltungsgerichtsordnung. Aufgrund des nur geringfügigen Unterliegens der Beklagten waren ihr keine Kosten
aufzuerlegen. Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160
Abs. 2 SGG nicht vorliegen.