Urteil des LSG Hamburg vom 18.05.2004

LSG Ham: private krankenversicherung, heim, form, versicherungspflicht, arbeitsentgelt, vergütung, organisation, beitragsforderung, geschäftsführer, abrechnung

Landessozialgericht Hamburg
Urteil vom 18.05.2004 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hamburg S 23 KR 94/98
Landessozialgericht Hamburg L 1 KR 80/04
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 25. April 2001 wird, soweit sie die
Frage der versichtungspflichtigen Beschäftigung des C. S. betrifft, zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten der
Klägerin sind nicht zu erstatten. Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten des C. S. zu erstatten. 3. Die Revision
wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der von der Klägerin als Pflegekraft an verschiede-ne Alten- und Pflegeheime
vermittelte Beigeladene zu 4) versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist.
Die Klägerin betrieb in der Form der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts den S. S. P ... Sie wandte sich schriftlich
an verschiedene Alten- und Pflegeheime und bot ihre Hilfe bei Engpässen im Pflegekräftebereich an. Dabei bot sie an,
gegen Zahlung von 24 DM pro Stunde (zuzüglich 1 DM pro Stunde bei Nachtwache) eine Pflegekraft nach Bedarf zur
Verfügung zu stellen (Mindesteinsatzzeit von 3 Stunden pro Tag).
Durch Schaltung von Zeitungsanzeigen nahm die Klägerin auch Kontakt zu Pflegekräften auf. Diesen händigte sie
Informationsblätter für freiberuflich Tätige aus, in denen allgemeine Themen wie Einkommensteuer, Umsatzsteuer,
Krankenversicherung und Meldung zur Berufsgenossenschaft für Selbständige dargestellt waren. Sie wies dort weiter
darauf hin, dass sie Aufträge nur an Selbständige vergebe (freie Mitarbeiter oder Gewerbescheininhaber), welche
Honorare im Einzelnen für die jeweilige Tätigkeitsart (z. B. ab 1.7.91 20,50 DM für Tagdienst in der Woche zuzüglich
14% MWSt bei nicht examinierten Kräften) gälten, dass ein Gesundheitszeugnis vorliegen müsse, die jeweilige Kraft
für die Arbeitskleidung selbst zu sorgen habe, eine Sammelhaftpflichtversicherung bereits abgeschlossen worden sei
(der die jeweilige Pflegekraft beitreten könne) und dass für eine fehlerlose Abrechnung des Honorars Änderungen der
angegebenen Schichtzeiten sofort mitzuteilen seien. In der Folgezeit vermittelte die Klägerin den Pflegekräften
Aufträge und führte die Abrechnung der Entgelte für diese durch.
Nachdem die Bundesanstalt für Arbeit Ermittlungen wegen illegaler Arbeitnehmerüberlassung begonnen hatte, prüfte
auch die Beklagte das Vorliegen von Versicherungspflicht hinsichtlich der eingesetzten Pflegekräfte.
Mit Bescheid vom 27. November 1992 machte sie gegen die Klägerin Beitragsforderungen für eine Vielzahl von in der
Zeit vom 1. Juni 1990 bis 30. Juni 1991 eingesetzter Pflegekräfte in Höhe von insgesamt 192.961,73 DM geltend. Auf
Widerspruch der Klägerin hin überprüfte sie ihren Bescheid. U. a. versandte sie Fragebögen an die jeweiligen
Pflegekräfte, in denen sie Einzelheiten der Tätigkeit abfragte, und holte eine Auskunft des Altenheims St. M. ein.
Dieses teilte mit, dass die von der Klägerin vermittelten Pflegekräfte ihre Arbeitszeit nicht hätten selbst einteilen
können. Die Pflegedienstleitung lege die Arbeitszeit fest. Auch hätten die Pflegekräfte nicht selbst entscheiden
können, welche Pflegeleistungen sie hätten erbringen wollen. Teilweise hätten sie dieselben Arbeiten zu erledigen
gehabt wie das Stammpersonal. Die Arbeit werde durch die Stations- bzw. Schichtleitung des Heimes kontrolliert. Es
existiere eine mündliche Rahmenvereinbarung mit der Klägerin, während es mit den Pflegekräften keine eigenen
Vereinbarungen gebe. Eine zugewiesene Arbeit habe eine Pflegekraft nicht ablehnen können. Nach Abschluss dieser
Ermittlungen erließ die Beklagte den Bescheid vom 16. Februar 1995, in dem sie eine Beitragsforderung von nunmehr
105.359,06 DM geltend machte.
Hinsichtlich des Beigeladenen zu 4) wurde im Bescheid vom 16. Februar 1995 für den Zeitraum 1. Februar 1991 bis
30. Juni 1991 eine Lohnsumme von 19.710,00 DM zugrunde gelegt und eine Beitragsforderung von insgesamt
4.365,66 DM ermittelt. Der Beigeladene zu 4) hat im Verwaltungsverfahren lediglich mitgeteilt, er habe als
Honorarkraft gearbeitet.
Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. August 1995 zurück.
Im sozialgerichtlichen Verfahren ist der Geschäftsführer M. in der Sitzung vom 8. Januar 1998 gehört worden. Er hat
dargelegt, die Pflegekräfte hätten die Klägerin jeweils bis auf Widerruf beauftragt, ihnen Pflegeaufträge zu besorgen.
Die Vermittlung der Pflegekräfte sei stets unter Zeitdruck erfolgt, weil die Heime im Allgemeinen sehr kurzfristige
Bedarfe gehabt hätten. Häufig sei eine Anforderung sogar erst eine ½ Stunde vor dem Arbeitseinsatz gekommen.
Eine Arbeitnehmerüberlassung sei hierfür zu schwerfällig. Feste Entgelte habe es nicht gegeben, nur eine bestimmte
Marge, die nicht habe überschritten werden können. Hätte jemand ein höheres Honorar verlangt, hätte bei dem
entsprechenden Heim nachgefragt werden müssen, was aber nicht vorgekommen sei. Geworben habe die Klägerin mit
Stundentarifen. Das sei in diesem Bereich nicht anders möglich gewesen. In Einzelfällen habe es Abweichungen von
den schriftlich genannten Honoraren gegeben.
In der Sitzung des Sozialgerichts am 25. April 2001 hat der Beigeladene zu 4) ausgeführt, dass er nach Abitur und
Zivildienst erst verschiedene Hilfsarbeiten ausgeübt und sich Anfang 1991 bei der Klägerin vorgestellt habe. Er habe
sich dann einen Gewerbeschein besorgt, sich privat krankenversichert und habe bis Februar 1995 in einer
wirtschaftlichen Verbindung zur Klägerin gestanden. Die angebotenen Aufträge hätte er auch ablehnen können. Er
habe ca. 50 bis 300 Stunden monatlich gearbeitet und daneben bis Anfang 1994 keine weitere Tätigkeit ausgeübt. Es
sei auch vorgekommen, dass er einen Auftrag abgelehnt habe, weil er keine Zeit hatte. Normalerweise habe er aber
uneingeschränkt die Klägerin zur Verfügung gestanden und sich daneben auch nicht um andere Aufträge bemüht.
Das Sozialgericht hat nach Trennung des Rechtstreits in jeweils eine einzelne Pflegekraft betreffende Verfahren u. a.
die Klage bezüglich des Beigeladenen zu 4) mit Urteil vom 25. April 2001 abgewiesen. Die Pflegekräfte seien bei der
Klägerin abhängig beschäftigt gewesen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Die Entscheidung des Sozialgerichts sei unzutreffend,
berücksichtige nicht die Rechtsprechung zur Abgrenzung von Arbeitnehmereigenschaft und selbständiger Tätigkeit.
Die Klägerin sei keinesfalls Arbeitgeberin der Pflegekräfte gewesen. Insbesondere seien diese in keiner Form in ihre
Organisation eingegliedert gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 25. April 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. November
1992 in der Fassung des Wider- spruchsbescheides vom 16. Februar 1995 und des Widerspruchsbescheides vom 11.
August 1995 hinsichtlich der Beitragszahlung für die Beschäftigung des Carol Stecker aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Die Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Zwar möge es sein, dass die Pflegekräfte einzelne
Aufträge hätten ablehnen können, aber sie seien zumindest unständig Beschäftigten gleichzusetzen, denn bei
Bereitschaft zur Übernahme der Arbeit hätten sie diese dann wie abhängig Beschäftigte durchgeführt. Für die Tage,
an denen nicht gearbeitet worden sei, nehme die Beklagte auch keine Versicherungspflicht an und erhebe mangels
Vergütung keine Beiträge.
In der mündlichen Verhandlung vom 18. Mai 2004 sind sowohl die beiden Geschäftsführer der Klägerin als auch P. E.
(Beigeladener zu 4 im Verfahren L 1 KR 65/04) und der Beigeladene zu 4 im Verfahren L 1 KR 65/04) gehört worden.
Die Geschäftsführer haben dargelegt, dass ein Auftrag eine Pflegeeinrichtung drei Stunden bis zu mehreren Wochen
habe in Anspruch nehmen können. Für diese Zeiträume habe die Klägerin dann jeweils eine Pflegekraft vermittelt. Die
Abwicklung sei bei allen Pflegeeinsätzen für sämtliche Kräfte gleich gewesen. Die Klägerin habe nur zwischen
examinierten Pflegekräften und Pflegehelfern unterschieden. Der Beigeladene E. hat ausgeführt, eine Einweisung im
eigentlichen Sinne habe es wegen des in den Heimen herrschenden Zeitdrucks nicht gegeben. Nach Meldung bei der
Stationsleitung habe er sich über die Pflegebedürftigen mündlich oder durch Einsichtnahme in Krankenakten und
Pflegeprotokolle informiert. Aufgrund beruflicher Vorkenntnisse sei ihm jeweils bekannt, welche Aufgaben in welcher
Schicht zu erledigen seien. Die einzelnen Heime seien allerdings unterschiedlich und er habe sich den jeweiligen
Gepflogenheiten anpassen und sich wegen des herrschenden Zeitdrucks sofort in den Heimbetrieb eingliedern
müssen.
Der Beigeladene zu 4) hat erklärt, diese Darlegungen träfen auch vollumfänglich auf seine Tätigkeit als Pflegekraft zu.
Er habe sich ebenfalls den Arbeitsabläufen in den verschiedenen Pflegeheimen anpassen müssen. Auch konkrete
Anweisungen habe er erhalten. Er habe versucht, seine Arbeitsausführung identisch zu der der angestellten Kräfte zu
gestalten.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die in der Sitzungsniederschrift vom 18. Mai 2004 aufgeführten Akten
und Unterlagen verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
Trotz des Nichterscheinens der Beigeladenen zu 3) zum Verhandlungstermin kann der Senat den Rechtsstreit
entscheiden, weil diese ausweislich des Zustellnachweises ordnungsgemäß vom Termin benachrichtigt und darauf
hingewiesen worden ist, dass auch im Falle ihres Ausbleibens entschieden werden könne (§ 110 Abs. 1 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin (vgl. §§ 143,
144, 151 SGG) ist nicht begründet. Der Bescheid vom 27. November 1992 in der Fassung des Bescheides vom 16.
Februar 1995 und des Widerspruchsbescheides vom 11. August 1995 ist hinsichtlich der Beitragszahlung für die
Beschäftigung des Beigeladenen zu 4) nicht zu beanstanden. Die Verjährung der Beitragsansprüche wurde bereits
durch den Bescheid aus dem Jahre 1992 unterbrochen. Die Klägerin ist auch zur Beitragszahlung verpflichtet, weil der
Beigeladene zu 4) versicherungspflichtig beschäftigt war und die Klägerin Schuldnerin der Beitragsforderung ist.
Versicherungspflichtig sind u. a. Arbeiter und Angestellte bzw. Arbeitnehmer, die gegen Entgelt beschäftigt sind (§ 5
Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 1227 Abs. 1 Nr. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) und §
168 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) jeweils in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung). Eine
Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Viertes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB IV)). Nicht versicherungspflichtig zur Krankenversicherung ist, wer hauptberuflich selbständig
tätig ist (§ 5 Abs. 5 SGB V). Versicherungsfreiheit besteht ebenfalls bei geringfügiger Beschäftigung im Sinne des § 8
SGB IV (§ 7 SGB V, § 1228 Abs. 1 Nr. 3 RVO, § 169a Abs. 2 AFG). Eine geringfügige Beschäftigung liegt vor, wenn
die Beschäftigung regelmäßig weniger als 15 Stunden in der Woche ausgeübt wird und das Arbeitsentgelt ein Siebtel
der monatlichen Bezugsgröße bzw. bei höherem Arbeitsentgelt ein Sechstel des Gesamteinkommens nicht übersteigt
oder die Beschäftigung innerhalb eines Jahres seit ihrem Beginn auf längstens zwei Monate oder fünfzig Arbeitstage
nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass sie berufsmäßig
ausgeübt wird und ihr Entgelt die genannten Grenzen übersteigt (§ 8 SGB IV). In der Arbeitslosenversicherung ist
auch beitragsfrei, wer eine kurzzeitige Beschäftigung ausübt (§ 169a Abs. 1 AFG). Kurzzeitig ist eine Beschäftigung,
die auf weniger als 18 Stunden wöchentlich der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegt oder im voraus durch
einen Arbeitsvertrag beschränkt ist, wobei gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer unberücksichtigt bleiben (§
102 AFG). Versicherungsfrei sind – auch bei Ausübung einer nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V versicherungspflichtigen
Beschäftigung - ebenfalls Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer
Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Entgelt beschäftigt sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 3,
Abs. 3 SGB V, § 1228 Abs. 1 Nr. 3 RVO, § 169b Satz 1 Nr. 2 AFG).
Vorliegend ist kein Sachverhalt gegeben, aufgrund dessen nach Vorstehendem Versicherungspflicht ausscheidet. Der
Beigeladene zu 4) war während des Zeitraums, für den Beiträge gefordert werden, weder Student noch in Ausbildung.
Die Beschäftigung war nicht von vornherein zeitlich begrenzt. Da es die einzige Beschäftigung des Beigeladenen zu
4) war, stellte das Arbeitsentgelt nicht nur einen Anteil des Gesamteinkommens, sondern das gesamte Einkommen
dar. Es überstieg auch ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße in Höhe von 470 DM im Jahre 1990 und 480 DM für
die westlichen Bundesländer im Jahre 1991. Bei Ausübung einer abhängigen Beschäftigung bestand deswegen
Versicherungspflicht.
Zur Abgrenzung zwischen einer abhängigen und einer selbständigen Beschäftigung hat die Rechtsprechung Kriterien
herausgearbeitet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung
voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden
Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und
Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige
Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die
Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit
gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale
überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den
tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (vgl. BSG 12.2.04 - B 12 KR 26/02 R, nicht
veröffentlicht; grundlegend bereits BSG 1.12.77 - 12/3/12 RK 39/74, BSGE 45, 199). Vornehmlich bei Diensten
höherer Art kann das Weisungsrecht des Arbeitgebers auch eingeschränkt und "zur dienenden Teilhabe am
Arbeitsprozess" verfeinert sein, wenn der Versicherte nur in den Betrieb eingegliedert ist (vgl. BSG 18.12.01 - B 12
KR 8/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 19).
Ausgehend von diesen Kriterien war der Beigeladene zu 4) im streitbefangenen Zeitpunkt abhängig beschäftigt. Hierfür
spricht vor allem, dass die Pflegekräfte nur entscheiden konnten, ob sie einen bestimmten Auftrag annehmen, dann
aber bereits durch die Anforderung des jeweiligen Heimes hinsichtlich Arbeitszeit, -ort, -dauer und Art der
Arbeitsausführung festgelegt waren. Sie hatten konkret die Arbeit zu erledigen, für die sie angefordert worden waren,
denn in den Heimen waren stets ganz bestimmte Tätigkeiten nicht durch eigene Arbeitnehmer abgedeckt, sei es, weil
urlaubs- oder krankheitsbedingte Ausfälle zu kompensieren waren oder bestimmte Tätigkeiten vom Stammpersonal
nicht mit erledigt werden konnten. Dabei war die Pflegekraft in die Organisation im Heim eingebunden und verwendete
die im Heim vorhandenen Arbeitsmittel (z. B. Rollstühle zum Transport von Pflegebedürftigen). Das wird besonders
die im Heim vorhandenen Arbeitsmittel (z. B. Rollstühle zum Transport von Pflegebedürftigen). Das wird besonders
deutlich an den Darlegungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht, in denen geschildert
worden ist, dass sich die jeweilige Pflegekraft den Gepflogenheiten des Heimes anpasste und anpassen musste
sowie den Anweisungen der Stationsleitung bzw. der Pflegedienstleitung Folge zu leisten hatte. In ihrer
Arbeitsleistung und ihrem Verhalten am Arbeitsplatz unterschied sich der Beigeladene zu 4) nicht von den fest
angestellten abhängig beschäftigten Pflegekräften. Zwar mag es je nach Vorbildung der jeweiligen Pflegekraft und
abhängig von der zu verrichtenden Tätigkeit in unterschiedlichem Ausmaß zur Überprüfung der Arbeitsleistung
gekommen sein, aber die Tätigkeit stand unter der Kontrolle des jeweiligen Heimes, also der dortigen Schicht- oder
Stationsleitung. Die über die Klägerin angeforderten Pflegekräfte verrichteten nicht nur genau dieselbe Arbeit wie die in
den Heimen fest angestellten Arbeitnehmer, sondern arbeiteten zum Teil mit diesen auch Hand in Hand. Die Zahlung
der auf Stundenbasis berechneten Vergütung erfolgte durch die Klägerin. Dabei ist ohne Belang, dass das Aufsetzen
der Rechnungen, die Abrechnung der beanspruchten Beträge inklusive der Überwachung des Zahlungseingangs und
die Überweisung der Vergütungszahlung an die Pflegekräfte als Serviceleistung gegenüber den als selbständig
eingeschätzten Kräften erfolgen sollte und die Klägerin hierfür eine Verwaltungsgebühr vom Vergütungsbetrag
einbehielt.
Gegenüber den für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Kriterien treten die für eine Selbständigkeit
sprechenden Gesichtspunkte in der Gesamtbetrachtung zurück. Ein typisches Unternehmerrisiko bestand nicht, denn
lediglich die Vergütung konnte ausfallen. Die Pflegekräfte verfügten auch über keine eigene Betriebsstätte. Eine
solche wäre allenfalls für die der Klägerin übertragene Erledigung von Verwaltungsaufgaben sowie Auftragssuche
erforderlich gewesen. Je nach Ausgestaltung des Arbeitsvertrages kommt es auch bei angestellten Pflegekräften vor,
dass sie sich ihre Arbeitskleidung selbst beschaffen müssen, so dass dies ebenfalls kein Gesichtspunkt ist, der für
eine selbständige Beschäftigung spricht. Über die eigene Arbeitskraft konnten die Pflegekräfte zwar insoweit
verfügen, als ihnen die Annahme des jeweiligen Auftrages freistand, aber wie oben ausgeführt konnte die Tätigkeit
selbst und auch die Arbeitszeit nicht frei gestaltet werden. Dabei fällt nicht ins Gewicht, dass nach Angabe der
Klägerin gelegentlich mit einem Heim abgesprochen werden konnte, dass eine Pflegekraft statt der Frühschicht die
Spätschicht ableistet, denn eine Absprache der Schichteinteilung ist auch mit abhängig Beschäftigten durchaus
üblich. Der Umstand, dass nach den mündlichen Vereinbarungen die Arbeit der Pflegekräfte selbständig ausgestaltet
werden sollte, und deswegen diese von der Klägerin aufgefordert wurden, ein Gewerbe anzumelden,
Einkommensteuer abzuführen, der Berufsgenossenschaft Mitteilung von der Tätigkeitsaufnahme zu machen und eine
private Krankenversicherung abzuschließen – während sie der Berufshaftpflicht über die Klägerin abschließen konnten
(wozu sie aber nicht verpflichtet waren) – hat kein entscheidendes Gewicht, weil damit nur der äußere Rahmen der
Tätigkeit gestaltet wurde, während die tatsächlichen Verhältnisse der Erbringung der Arbeitsleistung hiervon
abweichten. Ebenso kann für die Beurteilung der Tätigkeit nicht ausschlaggebend sein, dass alle Beteiligten eine
selbständige Tätigkeit der Pflegekräfte anstrebten und von einer solchen Ausgestaltung auch teilweise profitierten. Die
Frage, ob eine selbständige Beschäftigung vorliegt, ist nämlich nicht vollständig in die Privatautonomie der
Vertragsschließenden gestellt. Zwar mag es eine Reihe von Tätigkeiten geben, die sowohl selbständig als auch
abhängig ausgeübt werden können. Dies mag sogar im Pflegebereich z. B. bei der Übernahme von Pflegeaufträgen im
privaten Haushalt der Fall sein. Geht es jedoch um die Pflege in einem Heim, die nach der Organisation dieses
Heimes durch eine Vielzahl von abhängig beschäftigten Pflegekräften sichergestellt wird, und wird eine solche
Pflegestelle durch einen Dritten ersetzt, erfolgt aufgrund der Eingliederung der Ersatzkraft in das Gesamtgefüge diese
Arbeitsleistung in aller Regel ebenfalls in abhängiger Beschäftigung.
Es kann unentschieden bleiben, ob der Beigeladene zu 4) bei Ausübung seiner abhängigen Beschäftigung in den
Betrieb der Klägerin oder in den Betrieb der jeweiligen Alten- und Pflegeheime, in denen die Tätigkeit stattfand,
eingegliedert war. Die Klägerin ist in beiden Fällen zur Zahlung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge verpflichtet.
Bei Eingliederung in ihren Betrieb hätte sie als Arbeitgeberin die Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen (§ 28e Abs. 1
SGB IV). Auch bei Eingliederung in den Betrieb eines der Heime wäre die Klägerin zur Abführung der
Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet. In diesem Fall würde es sich nämlich um Arbeitnehmerüberlassung handeln.
Die Klägerin hatte zumindest teilweise Arbeitgeberfunktion. Sie nahm Kontakt zu geeigneten Pflegekräften auf und
stellte fest, für welche Arbeiten diese qualifiziert waren. Dann ordnete sie einer Pflegekraft einen bestimmten von ihr
akquirierten Auftrag – unter dem Vorbehalt, dass diese von ihrem grundsätzlichen Recht zur Ablehnung keinen
Gebrauch machte – zu, indem sie den Auftrag der Pflegekraft telefonisch anbot. Sie erfasste die absolvierten
Stunden, errechnete die Vergütung und überwies nach Zahlung durch den Auftraggeber der Pflegekraft den
zustehenden Betrag. Obwohl sie durch die Vertragsgestaltung die Übernahme des Arbeitgeberrisikos und weitgehend
auch der üblichen Arbeitgeberpflichten vermied, lag keine Arbeitsvermittlung vor. Eine solche wird gemäß § 1 Abs. 2
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nur widerleglich vermutet und ist durch die tatsächliche Abwicklung der
Pflegeaufträge widerlegt. Lediglich die bei einer Arbeitnehmerüberlassung ebenfalls typische Erteilung der Weisungen
hinsichtlich der Arbeitsleistung wurde von der jeweiligen Pflegeeinrichtung übernommen. Ansonsten hatten die
Einrichtungen ausschließlich vertragliche Beziehungen zu der Klägerin – in Form mündlicher Rahmenvereinbarungen
und der Absprache des konkreten Auftrages. Zwischen Pflegekraft und Pflegeeinrichtung fand kein über die
Ableistung des konkreten Einsatzes hinausgehender Kontakt statt. Das zeigte sich insbesondere daran, dass sich die
Pflegekräfte bei größeren Einrichtungen nur am Einsatzort meldeten, also auf der jeweiligen Station bzw. in der
jeweiligen Abteilung und gerade nicht in der Personalstelle, die bei einer Einstellung hätte tätig werden müssen. Des
Weiteren spricht gegen eine Arbeitsvermittlung, dass auch die Pflegekräfte selbst davon ausgingen, keine (abhängige)
Beschäftigung vermittelt zu bekommen und sie nur zur Klägerin eine vertragliche Beziehung hatten. Da die Klägerin
über keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügt, läge illegale Arbeitnehmerüberlassung vor, bei der der
Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber gilt, und den auf das von ihm gezahlte Arbeitsentgelt entfallenden
Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen hat sowie hierfür neben dem Entleiher als
Gesamtschuldner haftet (§ 28e Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB IV).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG in der bis 1. Januar 2002 gültigen und hier noch
anzuwendenden Fassung.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht
vorliegen.